Mahnung, Drohung, Hausbesuch: Was ist Inkassobüros erlaubt?
08.11.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Bei so manchem Schuldner löst ein Brief vom Inkassobüro ein flaues Gefühl in der Magengegend aus. Viele Gläubiger versprechen sich davon eine höhere Zahlungsquote. Aber: Inkassobüros dürfen rechtlich nur ganz bestimmte Maßnahmen ergreifen.
Häufig verwenden Inkassobüros in ihren Schreiben eine deutliche Sprache. Zwar macht oft bereits ihr bloßes Tätigwerden Eindruck auf den Schuldner. Trotzdem werden häufig schon früh drastische Worte verwendet. Natürlich werden auch rechtliche Schritte angekündigt, wie etwa die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder einer Klage. Nicht immer bleibt es jedoch dabei. Es hat in der Vergangenheit immer wieder Fälle gegeben, in denen bei Nichtzahlung ein negativer Schufa-Eintrag angekündigt oder sogar "Hausbesuche" angedroht wurden.
Dazu muss man wissen: Eine negative Eintragung bei der Schufa ist an strenge gesetzliche Voraussetzungen gebunden. Sie darf nicht nach Belieben stattfinden. Erlaubt ist sie nach § 31 Bundesdatenschutzgesetz nur bei Forderungen,
- die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt (z. B. gerichtlicher Vergleich, Kostenfestsetzungsbeschluss, Europäischer Zahlungsbefehl) oder
- die nach der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind oder
- die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat oder
- bei denen
a) der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b) die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c) der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d) der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
- deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Verbraucher sollten insbesondere auf die vorgeschriebene Anzahl und die Zeitabstände der Mahnungen achten.
Denn: Als Schuldner müssen Sie die Möglichkeit haben, die Forderung auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Ergibt sich dabei zum Beispiel, dass Sie das teure Abo gar nicht bestellt haben, können Sie die Forderung bestreiten. Dann darf zunächst mal gar nichts bei der Schufa (oder bei einer anderen Bonitäts-Auskunftei) eingetragen werden.
Der Bundesgerichtshof hat am 19.3.2015 entschieden, dass in einem Mahnschreiben nicht mit der Schufa gedroht werden darf (Az. I ZR 157/13). Zumindest nicht, ohne gleichzeitig deutlich zu sagen, dass ein Bestreiten der Forderung ausreicht, um den Eintrag vorläufig zu verhindern. Dazu erklärte der BGH: Eine solche Drohung, womöglich verbunden mit dem Hinweis, dass der Schuldner dann seine Kreditwürdigkeit verliert, setzt den Empfänger derartig unter Druck, dass er auch unberechtigte Forderungen bezahlt. Im konkreten Fall sah der BGH in dem Schreiben einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht (§ 4 UWG).
In einigen Fällen wurde sogar für den Fall einer weiter ausbleibenden Zahlung der abendliche Besuch eines "besonders geschulten Mitarbeiterteams" angekündigt. Solche Formulierungen können so verstanden werden, dass Gewalt eingesetzt werden soll. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts München lag hier ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vor. Ein Verbraucherverband hatte das Inkassobüro mit Erfolg auf Unterlassung solcher Ankündigungen verklagt (Urteil vom 9.7.2009, Az. 29 U 1852/09).
Vor mehreren Jahren wurde eine besonders einfallsreiche Methode ausprobiert: Dabei lief dem Schuldner ein schwarz gekleideter auffälliger Mann mit Melone auf dem Kopf und Gehstock hinterher und folgte ihm den ganzen Tag in geringem Abstand, ohne Büros oder Privaträume zu betreten – solange, bis bezahlt wurde. Aber: Auch der "schwarze Mann" oder "schwarze Schatten" ist wettbewerbsrechtlich unzulässig und wurde von mehreren Gerichten per einstweiliger Verfügung in Rente geschickt (Beschluss des LG Köln, Az. 81 O 114/94; Beschluss des LG Leipzig, Az. 6 O 4342/94).
Auch unter dem Begriff "Moskau Inkasso" wurde mit Inkassodienstleistungen geworben. Explizit mit der Ansage "Wir sind kein herkömmliches, normales zugelassenes Inkassounternehmen! Und wir wollen es auch nicht sein...". Bei Schuldnern erfolgten Hausbesuche von finster dreinblickenden Muskelmännern in schusssicheren Westen und Einsatzhandschuhen, maximale Aufmerksamkeit der Nachbarn war garantiert.
Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) ging gegen diese Praxis mit einer Unterlassungsklage vor. Erfolgreich: Das Landgericht Köln verbot dem Unternehmen "ITM Inkasso-Team Moskau" 2008, Inkasso-Dienstleistungen anzukündigen oder auszuführen und auch, Hausbesuche bei Schuldnern zu machen (Urteil vom 18.3.2008, Az. 33 O 390/06).
Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat dem Inhaber des Unternehmens 2010 die Gewerbeausübung untersagt (Urteil vom 20.1.2010, Az. 5 A 155/08).
Inkassobüros müssen seit einiger Zeit beim Abfassen ihrer Mahnungen Regeln nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (§ 13a) beachten. Zum Beispiel müssen Sie dem Empfänger mitteilen
- wer der Auftraggeber ist,
- um welche Forderung es geht (Vertragsgegenstand und Datum des Vertragsabschlusses),
- wenn Inkassokosten geltend gemacht werden, Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund,
- woraus sich die Berechnung von Zinsen ergibt.
In Deutschland müssen Inkassobüros registriert sein. Dies lässt sich online überprüfen unter www.rechtsdienstleistungsregister.de. Dort findet sich auch eine Auflistung der Aufsichtsbehörden, nämlich der örtlich zuständigen Amts- und Landgerichte.
Achtung: Nicht alle Schreiben von Inkassobüros sind echt. Betrüger kopieren inzwischen sogar Briefköpfe und Firmenlogos registrierter und seriöser Unternehmen, um frei erfundene Forderungen einzutreiben.
Versucht ein Inkassobüro bei Ihnen unberechtigte Forderungen einzutreiben? Oder werden Drohungen mit anderen Dingen als gerichtlichen Schritten ausgesprochen? Dann sollten Sie sich zeitnah von einem Anwalt für Zivilrecht beraten lassen. Alleine werden sie mit einer solchen Situation eher schlecht fertig.
So manches Inkassobüro arbeitet mit unlauteren Mitteln, etwa mit der Androhung eines Schufa-Eintrags oder eines "Hausbesuchs". Gläubiger versprechen sich davon schnelleren Erfolg. Aber: Was ist noch erlaubt und was nicht mehr?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wie verhalten sich Inkassobüros? Inkasso: Wann ist ein Schufa-Eintrag überhaupt zulässig? Was sagt der Bundesgerichtshof zur Schufa-Drohung? Dürfen Inkassobüros Hausbesuche androhen? Verfolgung durch einen "schwarzen Schatten" erlaubt? Moskau Inkasso: "andere Methoden" Welchen Mindestinhalt muss ein Inkassoschreiben haben? Wo kann ich nachsehen, ob ein Inkassobüro registriert ist? Praxistipp zu Inkassobüros Wie verhalten sich Inkassobüros?
Häufig verwenden Inkassobüros in ihren Schreiben eine deutliche Sprache. Zwar macht oft bereits ihr bloßes Tätigwerden Eindruck auf den Schuldner. Trotzdem werden häufig schon früh drastische Worte verwendet. Natürlich werden auch rechtliche Schritte angekündigt, wie etwa die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder einer Klage. Nicht immer bleibt es jedoch dabei. Es hat in der Vergangenheit immer wieder Fälle gegeben, in denen bei Nichtzahlung ein negativer Schufa-Eintrag angekündigt oder sogar "Hausbesuche" angedroht wurden.
Inkasso: Wann ist ein Schufa-Eintrag überhaupt zulässig?
Dazu muss man wissen: Eine negative Eintragung bei der Schufa ist an strenge gesetzliche Voraussetzungen gebunden. Sie darf nicht nach Belieben stattfinden. Erlaubt ist sie nach § 31 Bundesdatenschutzgesetz nur bei Forderungen,
- die durch ein rechtskräftiges oder für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil festgestellt worden sind oder für die ein Schuldtitel nach § 794 der Zivilprozessordnung vorliegt (z. B. gerichtlicher Vergleich, Kostenfestsetzungsbeschluss, Europäischer Zahlungsbefehl) oder
- die nach der Insolvenzordnung festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind oder
- die der Schuldner ausdrücklich anerkannt hat oder
- bei denen
a) der Schuldner nach Eintritt der Fälligkeit der Forderung mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden ist,
b) die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegt,
c) der Schuldner zuvor, jedoch frühestens bei der ersten Mahnung, über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist und
d) der Schuldner die Forderung nicht bestritten hat oder
- deren zugrunde liegendes Vertragsverhältnis aufgrund von Zahlungsrückständen fristlos gekündigt werden kann und bei denen der Schuldner zuvor über eine mögliche Berücksichtigung durch eine Auskunftei unterrichtet worden ist.
Verbraucher sollten insbesondere auf die vorgeschriebene Anzahl und die Zeitabstände der Mahnungen achten.
Denn: Als Schuldner müssen Sie die Möglichkeit haben, die Forderung auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen. Ergibt sich dabei zum Beispiel, dass Sie das teure Abo gar nicht bestellt haben, können Sie die Forderung bestreiten. Dann darf zunächst mal gar nichts bei der Schufa (oder bei einer anderen Bonitäts-Auskunftei) eingetragen werden.
Was sagt der Bundesgerichtshof zur Schufa-Drohung?
Der Bundesgerichtshof hat am 19.3.2015 entschieden, dass in einem Mahnschreiben nicht mit der Schufa gedroht werden darf (Az. I ZR 157/13). Zumindest nicht, ohne gleichzeitig deutlich zu sagen, dass ein Bestreiten der Forderung ausreicht, um den Eintrag vorläufig zu verhindern. Dazu erklärte der BGH: Eine solche Drohung, womöglich verbunden mit dem Hinweis, dass der Schuldner dann seine Kreditwürdigkeit verliert, setzt den Empfänger derartig unter Druck, dass er auch unberechtigte Forderungen bezahlt. Im konkreten Fall sah der BGH in dem Schreiben einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht (§ 4 UWG).
Dürfen Inkassobüros Hausbesuche androhen?
In einigen Fällen wurde sogar für den Fall einer weiter ausbleibenden Zahlung der abendliche Besuch eines "besonders geschulten Mitarbeiterteams" angekündigt. Solche Formulierungen können so verstanden werden, dass Gewalt eingesetzt werden soll. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts München lag hier ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht vor. Ein Verbraucherverband hatte das Inkassobüro mit Erfolg auf Unterlassung solcher Ankündigungen verklagt (Urteil vom 9.7.2009, Az. 29 U 1852/09).
Verfolgung durch einen "schwarzen Schatten" erlaubt?
Vor mehreren Jahren wurde eine besonders einfallsreiche Methode ausprobiert: Dabei lief dem Schuldner ein schwarz gekleideter auffälliger Mann mit Melone auf dem Kopf und Gehstock hinterher und folgte ihm den ganzen Tag in geringem Abstand, ohne Büros oder Privaträume zu betreten – solange, bis bezahlt wurde. Aber: Auch der "schwarze Mann" oder "schwarze Schatten" ist wettbewerbsrechtlich unzulässig und wurde von mehreren Gerichten per einstweiliger Verfügung in Rente geschickt (Beschluss des LG Köln, Az. 81 O 114/94; Beschluss des LG Leipzig, Az. 6 O 4342/94).
Moskau Inkasso: "andere Methoden"
Auch unter dem Begriff "Moskau Inkasso" wurde mit Inkassodienstleistungen geworben. Explizit mit der Ansage "Wir sind kein herkömmliches, normales zugelassenes Inkassounternehmen! Und wir wollen es auch nicht sein...". Bei Schuldnern erfolgten Hausbesuche von finster dreinblickenden Muskelmännern in schusssicheren Westen und Einsatzhandschuhen, maximale Aufmerksamkeit der Nachbarn war garantiert.
Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) ging gegen diese Praxis mit einer Unterlassungsklage vor. Erfolgreich: Das Landgericht Köln verbot dem Unternehmen "ITM Inkasso-Team Moskau" 2008, Inkasso-Dienstleistungen anzukündigen oder auszuführen und auch, Hausbesuche bei Schuldnern zu machen (Urteil vom 18.3.2008, Az. 33 O 390/06).
Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat dem Inhaber des Unternehmens 2010 die Gewerbeausübung untersagt (Urteil vom 20.1.2010, Az. 5 A 155/08).
Welchen Mindestinhalt muss ein Inkassoschreiben haben?
Inkassobüros müssen seit einiger Zeit beim Abfassen ihrer Mahnungen Regeln nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz (§ 13a) beachten. Zum Beispiel müssen Sie dem Empfänger mitteilen
- wer der Auftraggeber ist,
- um welche Forderung es geht (Vertragsgegenstand und Datum des Vertragsabschlusses),
- wenn Inkassokosten geltend gemacht werden, Angaben zu deren Art, Höhe und Entstehungsgrund,
- woraus sich die Berechnung von Zinsen ergibt.
Wo kann ich nachsehen, ob ein Inkassobüro registriert ist?
In Deutschland müssen Inkassobüros registriert sein. Dies lässt sich online überprüfen unter www.rechtsdienstleistungsregister.de. Dort findet sich auch eine Auflistung der Aufsichtsbehörden, nämlich der örtlich zuständigen Amts- und Landgerichte.
Achtung: Nicht alle Schreiben von Inkassobüros sind echt. Betrüger kopieren inzwischen sogar Briefköpfe und Firmenlogos registrierter und seriöser Unternehmen, um frei erfundene Forderungen einzutreiben.
Praxistipp zu Inkassobüros
Versucht ein Inkassobüro bei Ihnen unberechtigte Forderungen einzutreiben? Oder werden Drohungen mit anderen Dingen als gerichtlichen Schritten ausgesprochen? Dann sollten Sie sich zeitnah von einem Anwalt für Zivilrecht beraten lassen. Alleine werden sie mit einer solchen Situation eher schlecht fertig.
(Wk)