Mieter pleite! Droht der Verlust der Wohnung?
11.07.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Privatpersonen, die zahlungsunfähig werden, können seit 1999 Insolvenz anmelden. Dieses Verfahren nennt sich Privatinsolvenz- oder Verbraucherinsolvenzverfahren. Für den privaten Insolvenzschuldner wird dabei ein Insolvenzverwalter – hier heißt er "Treuhänder" - bestellt. Dieser hat die Aufgabe, die Insolvenzmasse – also das gesamte Vermögen des Betreffenden – zu sichten. Auch muss er noch vorhandene Werte zusammenhalten und schließlich gerechte Anteile an die Gläubiger auszahlen. Jeder Gläubiger bekommt letztendlich eine Quote an der Insolvenzmasse. Für Schuldner wichtig zu wissen: Im Rahmen einer Verbraucherinsolvenz kann man beim Insolvenzgericht das Restschuldbefreiungsverfahren beantragen. Dann werden dem Schuldner oder der Schuldnerin nach einer Zeit des "Wohlverhaltens", während der diese den pfändbaren Teil ihrer Einkünfte an den Treuhänder abliefern müssen, ihre restlichen Schulden erlassen. Anschließend ist ein schuldenfreier Neustart möglich.
Allein, weil beim Mieter ein Insolvenzverfahren läuft, darf der Vermieter diesem nicht einfach kündigen. Ein Recht zur Kündigung hat er höchstens dann, wenn der Mieter nach dem Stellen des Insolvenzantrages keine Miete mehr zahlt. Für eine fristlose Kündigung reicht es generell aus, dass ein Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Miete oder einem erheblichen Teil davon in Rückstand ist oder dass er über einen längeren Zeitraum hinweg einen Mietrückstand aufbaut, der zwei Monatsmieten entspricht. Allerdings hat der Mieter die Möglichkeit, durch eine Nachzahlung des ausstehenden Betrages die Kündigung zu verhindern.
Ebenso darf der Vermieter den Mietvertrag kündigen, wenn er einen anderen gesetzlich erlaubten Grund dafür hat - etwa einen nachweisbaren Eigenbedarf.
Wenn der Mieter erst einmal den Insolvenzantrag gestellt hat, untersagt das Gesetz dem Vermieter die Kündigung aus folgenden Gründen:
- wegen Verzuges mit der Mietzahlung in der Zeit vor der Insolvenzantragstellung,
- wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Mieters.
Ist der Vermieter zur Kündigung berechtigt, muss er das entsprechende Schreiben sowohl an den Mieter richten, als auch an dessen Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder.
Unterscheiden muss man den Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung und den danach. Gibt es Mietrückstände aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung, muss der Vermieter diese als Insolvenzforderung geltend machen. Er muss den Betrag beim Treuhänder anmelden und erhält am Ende seine Quote wie alle anderen Insolvenzgläubiger.
Mit der Miete aus der Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhält es sich anders. Sie ist eine sogenannte Masseforderung. Das heißt: Sie geht zulasten der Insolvenzmasse und muss vom Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder laufend weiter bezahlt werden (§ 108 Insolvenzordnung). Ist beim Mieter nicht genug Geld vorhanden, kann der Vermieter versuchen, den Treuhänder auf Schadensersatz zu verklagen. Sinn macht dies aber nur, wenn er diesem irgendwelche Pflichtverletzungen nachweisen kann.
Ist ein Mieter pleite, muss es jedoch nicht zwingend zu einem Mietausfall kommen. Immerhin gibt es ja die Pfändungsfreigrenze, die es Schuldnern ermöglichen soll, die Kosten für den notwendigsten Lebensunterhalt trotz Überschuldung zu tragen. Pfänden zum Beispiel die Gläubiger den Arbeitslohn direkt beim Arbeitgeber, muss dem verschuldeten Arbeitnehmer immer noch der Pfändungsfreibetrag bleiben. Wenn der Mieter dann davon die Miete zahlt, scheidet eine Kündigung wegen Mietschulden aus.
Zwar darf der Treuhänder Mietverträge des Schuldners kündigen, aber nur solche, die nicht dessen Wohnung betreffen. Der Treuhänder darf jedoch hinsichtlich der Forderungen aus dem Mietvertrag eine sogenannte "Entlastungserklärung" abgeben. Er erklärt damit, dass nur die ersten drei Monatsmieten unter die Regeln der Insolvenz fallen (§ 109 InsO). Oder, anders herum: Dass der Vermieter Mietforderungen, die nach Ablauf der Dreimonatsfrist fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend machen kann. Für alles, was danach kommt, gelten dann also die normalen rechtlichen Vorschriften: Der Insolvenzverwalter braucht die Miete nicht mehr weiter aus der Insolvenzmasse zu bezahlen. Der Vermieter kann direkt den Mieter auf Zahlung verklagen. Er kann dem Mieter auch bei einem entsprechenden Mietrückstand nach den ganz normalen Regeln fristlos kündigen.
Wenn der Treuhänder die Entlastungserklärung abgegeben hat, kann der Vermieter sogar wegen Mietrückständen kündigen, die schon vor dem Beginn des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden (17.6.2015, Az. VIII ZR 19/14).
Hat der Mieter ein Privatinsolvenzverfahren beantragt, bevor er überhaupt in seine neue Mietwohnung eingezogen ist, können der Insolvenzverwalter (für den Mieter) und der Vermieter jeweils vom Mietvertrag zurücktreten. Beide können außerdem den jeweils anderen mit einer zweiwöchigen Frist auffordern, zu erklären, ob dieser einen solchen Rücktritt vom Mietvertrag beabsichtigt. Versäumen sie die Frist, bleiben sie an den Mietvertrag gebunden.
Es kommt vor, dass außer dem Mieter, der sich im Verbraucherinsolvenzverfahren befindet, noch weitere Mieter in der Wohnung leben. Als Mieter gelten sie rechtlich nur dann, wenn sie im Mietvertrag als solche genannt werden und diesen mit unterschrieben haben.
Der Insolvenzverwalter ist nicht dazu berechtigt, im Namen des zahlungsunfähigen Mieters dessen Wohnungs-Mietvertrag zu kündigen. Allerdings ist eine Kündigung durch den Vermieter möglich, wenn der Insolvenzverwalter die Entlastungserklärung abgegeben hat und die Miete nicht mehr bezahlt wird. Mitmieter sollten also dafür sorgen, dass keine Mietrückstände entstehen.
Die Entlastungserklärung führt dazu, dass die Mietkaution nach Ablauf der Dreimonatsfrist ab Zugang der Erklärung beim Vermieter nicht mehr in die Insolvenzmasse fällt. Wenn das Mietverhältnis ordnungsgemäß und zum Beispiel ohne Schäden an der Wohnung beendet wird, muss also der Vermieter von diesem Zeitpunkt an die Kaution an den Mieter auszahlen - und nicht an den Insolvenzverwalter.
Der Insolvenzverwalter gibt nicht selten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die sogenannte Entlastungserklärung gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 InsO ab. Dann besteht die Gefahr einer Kündigung wegen Mietrückständen. Pfändungsfreigrenzen und Instrumente wie das Pfändungsschutzkonto sollen dafür sorgen, dass Mieter durch Verschuldung nicht auch noch obdachlos werden.
Menschen mit finanziellen Problemen können für rechtlichen Rat die staatliche Beratungshilfe in Anspruch nehmen. In einigen Bundesländern gibt es dafür auch besondere Rechtsauskunftsstellen. Wer einen Anwalt aufsucht, sollte sich an einen Fachanwalt für Insolvenzrecht wenden.
Das Wichtigste in Kürze
1. Kündigung durch den Vermieter: Ein Insolvenzverfahren des Mieters ist kein Grund zur Kündigung für den Vermieter. Gerät der Mieter allerdings nach Stellung des Insolvenzantrags mit zwei Monatskaltmieten in Verzug, droht eine fristlose Kündigung.
2. Mietschulden vor Insolvenzantrag: Der Vermieter darf dem Mieter nicht wegen Mietschulden aus der Zeit vor dem Insolvenzantrag kündigen. Ausnahme: Der Treuhänder hat die Entlastungserklärung abgegeben. Auch eine Kündigung wegen der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse ist unzulässig.
3. Kündigung durch Treuhänder: Der Treuhänder ist nicht befugt, den Mietvertrag des Mieters wegen dessen Insolvenz zu kündigen. Er kann allerdings eine sogenannte Entlastungserklärung abgeben. Dann gelten nach drei Monaten ab Insolvenzeröffnung wieder die normalen Kündigungsregeln für den Vermieter.
1. Kündigung durch den Vermieter: Ein Insolvenzverfahren des Mieters ist kein Grund zur Kündigung für den Vermieter. Gerät der Mieter allerdings nach Stellung des Insolvenzantrags mit zwei Monatskaltmieten in Verzug, droht eine fristlose Kündigung.
2. Mietschulden vor Insolvenzantrag: Der Vermieter darf dem Mieter nicht wegen Mietschulden aus der Zeit vor dem Insolvenzantrag kündigen. Ausnahme: Der Treuhänder hat die Entlastungserklärung abgegeben. Auch eine Kündigung wegen der Verschlechterung der Vermögensverhältnisse ist unzulässig.
3. Kündigung durch Treuhänder: Der Treuhänder ist nicht befugt, den Mietvertrag des Mieters wegen dessen Insolvenz zu kündigen. Er kann allerdings eine sogenannte Entlastungserklärung abgeben. Dann gelten nach drei Monaten ab Insolvenzeröffnung wieder die normalen Kündigungsregeln für den Vermieter.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Darf der Vermieter wegen Insolvenz des Mieters kündigen? Welche Besonderheiten gibt es in der Insolvenz eines Mieters? An wen muss der Vermieter die Kündigung richten? Wann kann der Vermieter die Miete des insolventen Mieters einklagen? Drohen wegen der Insolvenz des Mieters ausbleibende Mietzahlungen? Darf der Treuhänder den Mietvertrag kündigen? Welche Folgen hat die Entlastungserklärung? Was gilt bei einer Insolvenz vor Einzug des Mieters? Was passiert, wenn es mehrere Mieter gibt? Welche Folgen hat die Entlastungserklärung für die Mietkaution? Praxistipp zum insolventen Mieter Darf der Vermieter wegen Insolvenz des Mieters kündigen?
Allein, weil beim Mieter ein Insolvenzverfahren läuft, darf der Vermieter diesem nicht einfach kündigen. Ein Recht zur Kündigung hat er höchstens dann, wenn der Mieter nach dem Stellen des Insolvenzantrages keine Miete mehr zahlt. Für eine fristlose Kündigung reicht es generell aus, dass ein Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Miete oder einem erheblichen Teil davon in Rückstand ist oder dass er über einen längeren Zeitraum hinweg einen Mietrückstand aufbaut, der zwei Monatsmieten entspricht. Allerdings hat der Mieter die Möglichkeit, durch eine Nachzahlung des ausstehenden Betrages die Kündigung zu verhindern.
Ebenso darf der Vermieter den Mietvertrag kündigen, wenn er einen anderen gesetzlich erlaubten Grund dafür hat - etwa einen nachweisbaren Eigenbedarf.
Welche Besonderheiten gibt es in der Insolvenz eines Mieters?
Wenn der Mieter erst einmal den Insolvenzantrag gestellt hat, untersagt das Gesetz dem Vermieter die Kündigung aus folgenden Gründen:
- wegen Verzuges mit der Mietzahlung in der Zeit vor der Insolvenzantragstellung,
- wegen Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Mieters.
An wen muss der Vermieter die Kündigung richten?
Ist der Vermieter zur Kündigung berechtigt, muss er das entsprechende Schreiben sowohl an den Mieter richten, als auch an dessen Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder.
Wann kann der Vermieter die Miete des insolventen Mieters einklagen?
Unterscheiden muss man den Zeitraum vor der Insolvenzeröffnung und den danach. Gibt es Mietrückstände aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung, muss der Vermieter diese als Insolvenzforderung geltend machen. Er muss den Betrag beim Treuhänder anmelden und erhält am Ende seine Quote wie alle anderen Insolvenzgläubiger.
Mit der Miete aus der Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhält es sich anders. Sie ist eine sogenannte Masseforderung. Das heißt: Sie geht zulasten der Insolvenzmasse und muss vom Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder laufend weiter bezahlt werden (§ 108 Insolvenzordnung). Ist beim Mieter nicht genug Geld vorhanden, kann der Vermieter versuchen, den Treuhänder auf Schadensersatz zu verklagen. Sinn macht dies aber nur, wenn er diesem irgendwelche Pflichtverletzungen nachweisen kann.
Drohen wegen der Insolvenz des Mieters ausbleibende Mietzahlungen?
Ist ein Mieter pleite, muss es jedoch nicht zwingend zu einem Mietausfall kommen. Immerhin gibt es ja die Pfändungsfreigrenze, die es Schuldnern ermöglichen soll, die Kosten für den notwendigsten Lebensunterhalt trotz Überschuldung zu tragen. Pfänden zum Beispiel die Gläubiger den Arbeitslohn direkt beim Arbeitgeber, muss dem verschuldeten Arbeitnehmer immer noch der Pfändungsfreibetrag bleiben. Wenn der Mieter dann davon die Miete zahlt, scheidet eine Kündigung wegen Mietschulden aus.
Darf der Treuhänder den Mietvertrag kündigen?
Zwar darf der Treuhänder Mietverträge des Schuldners kündigen, aber nur solche, die nicht dessen Wohnung betreffen. Der Treuhänder darf jedoch hinsichtlich der Forderungen aus dem Mietvertrag eine sogenannte "Entlastungserklärung" abgeben. Er erklärt damit, dass nur die ersten drei Monatsmieten unter die Regeln der Insolvenz fallen (§ 109 InsO). Oder, anders herum: Dass der Vermieter Mietforderungen, die nach Ablauf der Dreimonatsfrist fällig werden, nicht im Insolvenzverfahren geltend machen kann. Für alles, was danach kommt, gelten dann also die normalen rechtlichen Vorschriften: Der Insolvenzverwalter braucht die Miete nicht mehr weiter aus der Insolvenzmasse zu bezahlen. Der Vermieter kann direkt den Mieter auf Zahlung verklagen. Er kann dem Mieter auch bei einem entsprechenden Mietrückstand nach den ganz normalen Regeln fristlos kündigen.
Welche Folgen hat die Entlastungserklärung?
Wenn der Treuhänder die Entlastungserklärung abgegeben hat, kann der Vermieter sogar wegen Mietrückständen kündigen, die schon vor dem Beginn des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden (17.6.2015, Az. VIII ZR 19/14).
Was gilt bei einer Insolvenz vor Einzug des Mieters?
Hat der Mieter ein Privatinsolvenzverfahren beantragt, bevor er überhaupt in seine neue Mietwohnung eingezogen ist, können der Insolvenzverwalter (für den Mieter) und der Vermieter jeweils vom Mietvertrag zurücktreten. Beide können außerdem den jeweils anderen mit einer zweiwöchigen Frist auffordern, zu erklären, ob dieser einen solchen Rücktritt vom Mietvertrag beabsichtigt. Versäumen sie die Frist, bleiben sie an den Mietvertrag gebunden.
Was passiert, wenn es mehrere Mieter gibt?
Es kommt vor, dass außer dem Mieter, der sich im Verbraucherinsolvenzverfahren befindet, noch weitere Mieter in der Wohnung leben. Als Mieter gelten sie rechtlich nur dann, wenn sie im Mietvertrag als solche genannt werden und diesen mit unterschrieben haben.
Der Insolvenzverwalter ist nicht dazu berechtigt, im Namen des zahlungsunfähigen Mieters dessen Wohnungs-Mietvertrag zu kündigen. Allerdings ist eine Kündigung durch den Vermieter möglich, wenn der Insolvenzverwalter die Entlastungserklärung abgegeben hat und die Miete nicht mehr bezahlt wird. Mitmieter sollten also dafür sorgen, dass keine Mietrückstände entstehen.
Welche Folgen hat die Entlastungserklärung für die Mietkaution?
Die Entlastungserklärung führt dazu, dass die Mietkaution nach Ablauf der Dreimonatsfrist ab Zugang der Erklärung beim Vermieter nicht mehr in die Insolvenzmasse fällt. Wenn das Mietverhältnis ordnungsgemäß und zum Beispiel ohne Schäden an der Wohnung beendet wird, muss also der Vermieter von diesem Zeitpunkt an die Kaution an den Mieter auszahlen - und nicht an den Insolvenzverwalter.
Praxistipp zum insolventen Mieter
Der Insolvenzverwalter gibt nicht selten nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die sogenannte Entlastungserklärung gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 InsO ab. Dann besteht die Gefahr einer Kündigung wegen Mietrückständen. Pfändungsfreigrenzen und Instrumente wie das Pfändungsschutzkonto sollen dafür sorgen, dass Mieter durch Verschuldung nicht auch noch obdachlos werden.
Menschen mit finanziellen Problemen können für rechtlichen Rat die staatliche Beratungshilfe in Anspruch nehmen. In einigen Bundesländern gibt es dafür auch besondere Rechtsauskunftsstellen. Wer einen Anwalt aufsucht, sollte sich an einen Fachanwalt für Insolvenzrecht wenden.
(Wk)