Karibikurlaub: Sind jodelnde Schweizer ein Reisemangel?
26.03.2016, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Das Landgericht Frankfurt a.M. musste sich jedoch mit einem Reisemangel ganz anderer Art beschäftigen. Ein deutsches Ehepaar hatte eine Kreuzfahrt in die Karibik gebucht. Im Prospekt wurde vollmundig mit dem Stil, dem Charme und der Atmosphäre auf dem Schiff geworben, mit romantischen Sonnenuntergängen und vielfältigen Unterhaltungsangeboten. Die Praxis sah jedoch anders aus als der Prospekt.
An Bord waren etwa 60 Deutsche und 500 Schweizer. Letztere gehörten zu einer einheitlichen Reisegruppe, deren Reise von einem Schweizer Folkloreverein veranstaltet wurde. Der Reiseleiter des Vereins übernahm in Absprache mit der Reederei die Gestaltung des Veranstaltungsprogramms auf der gesamten Kreuzfahrt. Dieses wurde nun ganztags von vier Schrammelgruppen und Blaskapellen sowie einem "Folkorechoerli" bestritten, die allesamt schweizerische Volksmusik zum Besten gaben. Bereits um 9 Uhr 30 morgens kam es zu ersten Trachtentänzen auf dem Sonnendeck. Die Karibikstimmung war nun von Kuhglockengeläut, lautem Dauerjodeln und permanenter Blasmusik geprägt. Die Lautsprecherdurchsagen an die Gäste fanden teils auf "Schwyzer Dütsch" statt. Die deutschen Gäste beschwerten sich zwar, fanden aber kein Gehör. Man wies ihnen eine besondere Lounge zu, einen dunklen und relativ kleinen Raum, in dem nach wie vor die schweizerische Fröhlichkeit deutlich zu hören war. Während die Reederei die deutschen Gäste auf die trotz allem vorhandene karibische Sonne und das kristallklare Wasser hinwies, empfanden die deutschen Reisenden die gesamte Reise, so wörtlich, als "Schweizer Käse". Wie andere Teilnehmer ging auch das hier betroffene Ehepaar vor Gericht und verlangte eine Minderung des Reisepreises.
Das Landgericht Frankfurt gestand ihnen die Minderung in Höhe von 40 Prozent zu. Auf einer Kreuzfahrt könne man ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm erwarten. Dieses habe sich an der geografischen Umgebung auszurichten, in der die Kreuzfahrt stattfinde. Bei einer Karibikkreuzfahrt könnten die Gäste mit südamerikanischen Rhythmen rechnen, insbesondere, wenn im Prospekt ausführlich auf die Karibikstimmung eingegangen werde. Mit den berechtigten Erwartungen der Reisenden sei das Schweizer Folkloreprogramm einfach nicht zu vereinbaren. Die Ausgrenzung der deutschen Gäste in einen besonderen Raum bewertete das Gericht als zusätzlichen Reisemangel.
Auf Schmerzensgeldansprüche wegen akustischer Grausamkeit scheinen die Kläger hier großzügigerweise verzichtet zu haben.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 19. April 1993, Az. 2/24 S 341/92
Man fährt auf dem Kreuzfahrtschiff in der Karibik, schaut auf den herrlichen Sonnenuntergang, aber es jodelt den ganzen Tag um einen herum. Stellen solcherlei Geräuscheinflüsse einen Reisemangel dar, wegen dem man den Reisepreis mindern kann?
Reisemängel beschäftigen oftmals die Gerichte. Kein Wunder, denn wer sich wochen- oder monatelang auf den gebuchten Urlaub gefreut hat, möchte ihn dann auch genießen. Da kann einem ein dreckiges Hotelzimmer oder eine nicht erbrachte Leistung des Reiseveranstalters schon mal die Urlaubsfreude vermiesen.Das Landgericht Frankfurt a.M. musste sich jedoch mit einem Reisemangel ganz anderer Art beschäftigen. Ein deutsches Ehepaar hatte eine Kreuzfahrt in die Karibik gebucht. Im Prospekt wurde vollmundig mit dem Stil, dem Charme und der Atmosphäre auf dem Schiff geworben, mit romantischen Sonnenuntergängen und vielfältigen Unterhaltungsangeboten. Die Praxis sah jedoch anders aus als der Prospekt.
An Bord waren etwa 60 Deutsche und 500 Schweizer. Letztere gehörten zu einer einheitlichen Reisegruppe, deren Reise von einem Schweizer Folkloreverein veranstaltet wurde. Der Reiseleiter des Vereins übernahm in Absprache mit der Reederei die Gestaltung des Veranstaltungsprogramms auf der gesamten Kreuzfahrt. Dieses wurde nun ganztags von vier Schrammelgruppen und Blaskapellen sowie einem "Folkorechoerli" bestritten, die allesamt schweizerische Volksmusik zum Besten gaben. Bereits um 9 Uhr 30 morgens kam es zu ersten Trachtentänzen auf dem Sonnendeck. Die Karibikstimmung war nun von Kuhglockengeläut, lautem Dauerjodeln und permanenter Blasmusik geprägt. Die Lautsprecherdurchsagen an die Gäste fanden teils auf "Schwyzer Dütsch" statt. Die deutschen Gäste beschwerten sich zwar, fanden aber kein Gehör. Man wies ihnen eine besondere Lounge zu, einen dunklen und relativ kleinen Raum, in dem nach wie vor die schweizerische Fröhlichkeit deutlich zu hören war. Während die Reederei die deutschen Gäste auf die trotz allem vorhandene karibische Sonne und das kristallklare Wasser hinwies, empfanden die deutschen Reisenden die gesamte Reise, so wörtlich, als "Schweizer Käse". Wie andere Teilnehmer ging auch das hier betroffene Ehepaar vor Gericht und verlangte eine Minderung des Reisepreises.
Das Landgericht Frankfurt gestand ihnen die Minderung in Höhe von 40 Prozent zu. Auf einer Kreuzfahrt könne man ein umfangreiches Unterhaltungsprogramm erwarten. Dieses habe sich an der geografischen Umgebung auszurichten, in der die Kreuzfahrt stattfinde. Bei einer Karibikkreuzfahrt könnten die Gäste mit südamerikanischen Rhythmen rechnen, insbesondere, wenn im Prospekt ausführlich auf die Karibikstimmung eingegangen werde. Mit den berechtigten Erwartungen der Reisenden sei das Schweizer Folkloreprogramm einfach nicht zu vereinbaren. Die Ausgrenzung der deutschen Gäste in einen besonderen Raum bewertete das Gericht als zusätzlichen Reisemangel.
Auf Schmerzensgeldansprüche wegen akustischer Grausamkeit scheinen die Kläger hier großzügigerweise verzichtet zu haben.
LG Frankfurt am Main, Urteil vom 19. April 1993, Az. 2/24 S 341/92
(Bu)