Kann man einen Arbeitsvertrag mündlich kündigen?

29.02.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Kündigung,mündlich,Arbeitsvertrag,Kündigungsschutzklage Eine mündliche Kündigung erfolgt oft vorschnell. Manchmal ist sie rechtswirksam. © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Rechtliche Regelung: Gemäß § 623 BGB ist die Kündigung eines Arbeitsvertrages nur dann wirksam, wenn sie in Schriftform stattfindet. Das bedeutet schriftlich auf Papier und eigenhändig vom Kündigenden unterschrieben. Diese Regelung gilt für den Arbeitgeber ebenso, wie für den Arbeitnehmer.

2. Mündliche Kündigung: Die Arbeitsgerichte sehen allerdings nicht jede mündliche Kündigung durch den Chef als unwirksam an. Unternimmt der Arbeitnehmer nichts oder erst sehr spät etwas dagegen, kann sie wirksam werden. Arbeitnehmer sollten deshalb ihre Arbeitskraft weiterhin anbieten und innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben.

3. Kein übereiltes Handeln: Arbeitnehmern ist von einer - übereilt ausgesprochenen - mündlichen Kündigung abzuraten, weil die Gerichte diese unter Umständen als wirksam ansehen. Bleibt ein Mitarbeiter nach seiner mündlichen Kündigung einfach der Arbeit fern, liefert er dem Chef zudem einen Grund für dessen Kündigung.
Das Gesetz schreibt für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses die Schriftform vor. Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass jemand im Zorn seinen Arbeitsvertrag mündlich kündigt, häufig obendrein auch noch fristlos. Später bereut man es dann vielleicht. In solchen Fällen sollte man sich nicht allzu sehr darauf verlassen, dass die mündliche Kündigung nicht wirksam ist. Einige Gerichte haben diese bereits als wirksam angesehen – trotz der gesetzlichen Formvorschrift.

Was muss man zum Arbeitsvertrag wissen?


Ein Arbeitsvertrag ist ein zivilrechtlicher Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Darin verpflichtet sich der Arbeitnehmer, weisungsabhängig eine bestimmte Tätigkeit für den Arbeitgeber zu leisten. Dieser wiederum hat dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung zu zahlen und muss ihn beschäftigen. Ein Arbeitsvertrag kann befristet oder unbefristet sein. Ein unbefristetes Arbeitsverhältnis lässt sich nur durch eine Kündigung oder einen Aufhebungsvertrag beenden – oder durch das Erreichen des Rentenalters. Ein befristetes Arbeitsverhältnis endet durch Zeitablauf. Die Einzelheiten des Arbeitsvertrages regelt § 611a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Was sagt das Gesetz zur Form der Kündigung?


Auch eine Formvorschrift gibt es für die Kündigung: Sie ist nach § 623 BGB nur dann wirksam, wenn sie in Schriftform stattfindet. Damit ist Papier mit einer eigenhändigen Unterschrift gemeint. Ausdrücklich ausgeschlossen ist die elektronische Form. Unwirksam ist daher eine Kündigung per SMS, WhatsApp oder E-Mail.

Ist eine mündliche Kündigung durch den Arbeitgeber wirksam?


Eine mündliche Kündigung durch den Arbeitgeber ist in aller Regel rechtlich nicht wirksam. Immerhin verstößt sie gegen die Formvorschrift des § 623 BGB. Es kann jedoch Ausnahmefälle geben, in denen sie trotzdem wirksam wird:

Ein Arbeitnehmer muss grundsätzlich zwar nach einer nicht formwirksamen Kündigung weiterbeschäftigt werden. Es sind jedoch auch Fälle denkbar, in denen sein Anspruch auf Weiterbeschäftigung erlischt. Wenn er die mündliche Kündigung seines Chefs akzeptiert, einfach nach Hause geht und ein paar Monate lang mit rechtlichen Schritten wartet, hat er sein Recht auf Weiterbeschäftigung verwirkt. Dann ist er seinen Job los – trotz eigentlich unwirksamer Kündigung.

Hier ist § 4 des Kündigungsschutzgesetzes wichtig. Danach hat der Arbeitnehmer nach Erhalt einer schriftlichen Kündigung gerade einmal drei Wochen Zeit, um beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage zu erheben. Natürlich gibt es hier nun gerade keine schriftliche Kündigung. Trotzdem wenden die Gerichte sehr wahrscheinlich diese Frist an. Aus diesem Grund blieb auch die Kündigungsschutzklage eines Berliner Bauarbeiters erfolglos. Dieser hatte erst nach sieben Monaten Kündigungsschutzklage erhoben (LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.8.2010, Az. 25 Ta 1628/10). Dieser Mann verlor also seine Arbeit, obwohl sein Chef ihm lediglich mündlich und damit unwirksam gekündigt hatte.

Was kann ich als Arbeitnehmer tun, wenn der Chef mir mündlich kündigt?


Sofern nicht ernsthafte Anzeichen darauf hindeuten, dass der Chef es nicht so gemeint hat, sollte der Arbeitnehmer nicht einfach die Arbeit einstellen und auf etwas Schriftliches warten. Stattdessen empfiehlt es sich, innerhalb von drei Wochen nach der mündlichen Kündigung Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht einzureichen.

Ist eine mündliche Kündigung durch den Arbeitnehmer wirksam?


Grundsätzlich gilt die Formvorschrift für die Kündigung des Arbeitsvertrages auch für den Arbeitnehmer. Auch er muss schriftlich kündigen; eine mündliche Kündigung ist unwirksam. Auch hier sind jedoch Ausnahmen möglich, in denen tatsächlich eine mündliche Kündigung wirksam ist.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz beschäftigte sich mit dem Fall einer Friseurin. Diese hatte im Streit mit ihrer Chefin am Telefon mehrfach vehement ihren Arbeitsvertrag fristlos gekündigt. Die Arbeitgeberin hatte sie zwar darauf hingewiesen, dass die Feiertage vor der Tür stünden und sie doch die Kündigungsfrist einhalten solle. Die Friseurin lehnte dies jedoch in deutlichen Worten ab und blieb zu Hause. Daraufhin kündigte ihr die Arbeitgeberin schriftlich fristlos.

Nun reichte die Arbeitnehmerin Kündigungsschutzklage ein und berief sich aus formalen Gründen (= keine Schriftform) auf die Unwirksamkeit ihrer Kündigung. Das Arbeitsgericht entschied zugunsten der Arbeitgeberin: Die Friseurin habe sich widersprüchlich verhalten, indem sie ihren Arbeitsvertrag zuerst selbst gekündigt und sich dann auf die formelle Unwirksamkeit ihrer eigenen Kündigung berufen habe. Ihr widersprüchliches Verhalten ginge zu ihren eigenen Lasten. Nach Meinung des Gerichts hatte schon die mündliche Kündigung der Friseurin das Arbeitsverhältnis beendet. Daher befasste sich das Gericht nicht mehr damit, ob die Kündigung durch die Arbeitgeberin wirksam gewesen war (Urteil vom 8.2.2012, Az. 8 Sa 318/11). Natürlich stellt dieses Urteil einen Einzelfall dar.

Was kann der Arbeitgeber tun, wenn der Arbeitnehmer mündlich gekündigt hat?


Arbeitgeber sollten in einem solchen Fall zunächst das Gespräch mit dem Arbeitnehmer suchen, um festzustellen, ob dessen mündliche Kündigung überhaupt ernst gemeint war. Es empfiehlt sich auch, den Arbeitnehmer darauf hinzuweisen, dass eine mündliche Kündigung grundsätzlich nicht wirksam ist und dass er diese schriftlich – und unter Einhaltung der Kündigungsfrist – vornehmen sollte. Wenn der Arbeitnehmer ein Gespräch verweigert oder weiter auf seiner Kündigung besteht, sollte der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag zur Sicherheit selbst schriftlich fristlos kündigen. Dann hat zumindest er die Formvorschrift gewahrt.

Welche Form der Kündigung ist für den Arbeitnehmer besser?


Arbeitnehmern ist von einer mündlichen Kündigung abzuraten. Einen Arbeitsvertrag zu kündigen, ist ein ernster Schritt. Diesen sollte man sich gründlich überlegen. Diese Entscheidung sollte keinesfalls im Streit und aus einer spontanen aufgeregten Stimmung heraus fallen – genau deswegen gibt es die gesetzliche Formvorschrift. Wie das oben erläuterte Urteil zeigt, sehen die Gerichte nicht jede mündliche Kündigung automatisch als unwirksam an. Daher sollten Arbeitnehmer auch im Streit mit dem Chef die Nerven behalten, das Wort "Kündigung" vermeiden und nur nach ausführlicher Überlegung und schriftlich kündigen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist auch zu beachten: Hat ein Arbeitnehmer mündlich gekündigt, ist diese Kündigung gemäß § 623 BGB unwirksam. Er ist also weiterhin verpflichtet zur Arbeit zu erscheinen. Tut er dies nicht, kann der Chef das Arbeitsverhältnis seinerseits - ggf. nach Abmahnung - kündigen.

Praxistipp zur mündlichen Kündigung des Arbeitsvertrages


Arbeitnehmer sollten nicht vergessen, dass eine von ihnen selbst ausgesprochene oder verursachte Kündigung zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führt. Bei arbeitsrechtlichen Fragen oder einer Kündigungsschutzklage steht Ihnen ein Fachanwalt für Arbeitsrecht mit Rat und Tat zur Seite.

(Bu)


 Stephan Buch
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