KiTa-Platz: Wer hat ein Recht darauf und wer zahlt für Ersatz?
26.05.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Eltern, die für ihre Kinder keinen offiziellen Kita-Platz bekommen, müssen wohl oder übel selbst für Ersatz sorgen. Dafür kommt etwa eine private Kinderbetreuung oder eine Tagesmutter in Frage, die die Eltern privat bezahlen. Meist sind solche Lösungen teurer als eine öffentliche Kindertagesstätte. Daher haben Eltern bereits in verschiedenen Fällen die Gemeinde auf eine Kostenerstattung verklagt.
Nach § 24 des 8. Sozialgesetzbuches (SGB VIII) haben Kinder vom ersten Geburtstag bis zur Einschulung Anspruch auf einen Kita-Platz bzw. eine Tagespflege. Einen solchen Anspruch können sogar Kinder unter einem Jahr haben. Die Voraussetzung ist, dass die Eltern erwerbstätig oder auf Arbeitssuche sind, sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder Bürgergeld erhalten. Der Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte oder in der Tagespflege ist einklagbar. Daher können Eltern von der Gemeinde verlangen, ihnen einen solchen Platz für ihr Kind zur Verfügung zu stellen. Das Problem ist: In vielen Gemeinden stehen nach wie vor einfach nicht genug Kita-Plätze zur Verfügung.
Eltern müssen einen Kita-Platz bei der Gemeindeverwaltung des Wohnortes beantragen. Dies muss drei bis sechs Monate, bevor das Kind den Platz braucht, passieren.
Das Oberverwaltungsgericht Saarlouis hat im März 2023 entschieden, dass der Landkreis Neunkirchen verpflichtet sei, einem dreijährigen und einem circa eineinhalb Jahre alten Kind ab sofort einen wohnortnahen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege nachzuweisen, und zwar von Montag bis Freitag zwischen 7.00 Uhr und 15.30 Uhr. Das Gericht akzeptierte das Argument des Landkreises nicht, dass die Mutter der Kinder sich aufgrund verlängerter Elternzeit selbst um diese kümmern könne. Hier handle es sich um einen Anspruch der Kinder selbst, nicht der Mutter. Das Gesetz setze nicht voraus, dass die Eltern auf den Kita-Platz angewiesen seien. Es gebe jedem Kind im entsprechenden Alter den Anspruch auf Betreuung und frühkindliche Förderung (Beschluss vom 22.3.2023, Az. 2 B 10/23).
Eine gerichtliche Klage auf einen Kita-Platz hat Aussicht auf Erfolg, wenn es in der Gemeinde nachweislich freie Kita-Plätze gibt. Sind jedoch alle verfügbaren Kita-Plätze schon belegt, wird das Verwaltungsgericht die Klage abweisen. Schließlich kann auch das Gericht keinen Kindergartenplatz schaffen. Hier bleibt Eltern dann nur die Möäglichkeit, sich selbst um eine private Kinderbetreuung zu kümmern - und dann die Gemende auf Kostenerstattung zu verklagen. Welche Chancen auf Erfolg eine Klage im konkreten Fall hat, kann ein Rechtsanwalt am besten beurteilen.
Die Gerichte urteilen dazu etwas unterschiedlich. So hat das Verwaltungsgericht Aachen entschieden: Eltern - oder eigentlich deren Kinder - haben Anspruch auf eine Betreuungszeit von 20 Stunden pro Woche in der Kita. Je nach der beruflichen Situation der Eltern kann dieser Anspruch sich auch erhöhen auf eine Betreuungszeit vom bis zu 45 Stunden (Az. 8 L 700/18). Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg räumt dreijährigen Kindern einen Anspruch auf Betreuung im Kindergarten von montags bis freitags für sechs Stunden pro Tag ein (Az. 10 ME 170/21). Nach dem Verwaltungsgericht Stuttgart hat ein zweijähriges Kind jedoch keinen Anspruch auf täglich acht Stunden Betreuung in der Kita. Rein persönliche Interessen der Eltern seien kein Grund, die Betreuungszeit zu erhöhen (Az. 7 K 2688/13).
Mehrere Gerichte haben Eltern bereits einen Anspruch auf Kostenerstattung für einen selbst beschafften Kinderbetreuungsplatz zugestanden. Dies waren zum Beispiel das Verwaltungsgericht Mainz (Urteil vom 10.5.2012, Az. 1 K 981/11) und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.10.2012, Az. 7 A 10671/12). Im zweiten Fall hat auch das Bundesverwaltungsgericht das Urteil bestätigt. Die Eltern hatten ihre zweijährige Tochter in einer privaten Kinderkrippe untergebracht, da die Gemeinde keinen freien Kita-Platz hatte.
Das Bundesverwaltungsgericht (Az. 5 C 35.12) nannte hier auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kostenerstattung für die private Kinderbetreuung:
- Die Eltern haben die Gemeinde rechtzeitig (!) vor der Selbstbeschaffung über den Bedarf informiert,
- die Voraussetzungen für die Zuteilung eines Gemeinde-Platzes lagen vor.
- die Deckung des Platzbedarfs hat keinen zeitlichen Aufschub geduldet.
Der Bundesgerichtshof hat im Oktober 2016 Eltern, die wegen eines fehlenden Kita-Platzes nicht zur Arbeit gehen können, einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber ihrer Gemeinde zugestanden. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn die Gemeinde den Platz nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt.
Vor dem BGH wurden drei parallele Gerichtsverfahren verhandelt. Darin ging es um Eltern, die nach der einjährigen Elternzeit wieder in den Vollzeit-Beruf zurückwollten. Zwar hatten sie ihre Kinder rechtzeitig angemeldet, damit diese mit Vollendung des ersten Lebensjahres in die Kita kommen könnten. Aber: Die Gemeinden hatten keine freien Plätze. Daher musste jeweils ein Ehepartner zu Hause bleiben, statt zu arbeiten. Die Eltern verlangten daraufhin von den Gemeinden den Ersatz ihres Verdienstausfalles für die Zeit vom 1. Geburtstag des Kindes bis zur Beschaffung eines Kita-Platzes.
Der Bundesgerichtshof gab ihnen grundsätzlich recht. Ein solcher Schadensersatzanspruch setze eine Amtspflichtverletzung der Gemeinde voraus. Von einer solchen müsse man ausgehen, wenn die Gemeinde keinen Kita-Platz zur Verfügung stelle. Die Gemeinde könne sich jedoch entlasten, indem sie beweise, dass sie keine Schuld treffe und dass sie eine sachgerechte Bedarfsplanung durchgeführt habe. Der BGH sah rein finanzielle Gründe nicht als ausreichende Entschuldigung an (Urteile vom 20.10.2016, Az. III ZR 278/15, 302/15 und 303/15).
Zum Anspruch gehört auch, dass die Kita, welche die Gemeinde zuteilt, wohnortnah sein muss. Nur ist dieser Begriff recht dehnbar und auch die Gerichte urteilen hier nicht einheitlich. So sah das Verwaltungsgericht München eine Wegstrecke von jeweils 30 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch als zumutbar an. Vorschlag des Gerichts war, dass die beiden berufstätigen Eltern abwechselnd das 13 Monate alte Kind zur Kita bringen könnten, um ihren Zeitaufwand zu begrenzen (Urteil vom 18.9.2013, Az. M 18 K 13.2256). Das Gericht wies die Klage der Eltern auf Zuweisung eines näher gelegenen Kita-Platzes ab.
Das Verwaltungsgericht Köln sah im städtischen Bereich einen Kita-Platz in bis zu fünf Kilometern Entfernung vom Wohnort noch als angemessen an (Az. 19 L 877/13).
Das Gesetz spricht zwar bei Kindern ab drei Jahren ausdrücklich von der Betreuung in einer Tageseinrichtung. Bei Kindern unter drei Jahren ist jedoch die Rede von einem "Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege". Demnach muss die Gemeinde nicht zwingend einen Platz in einer Kindertagesstätte oder einem Kindergarten zur Verfügung stellen. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster kann die Gemeinde bei unter dreijährigen Kindern die Eltern durchaus auch auf einen Platz bei einer Tagesmutter verweisen, wenn kein Kita-Platz zur Verfügung steht (Az. 12 B 793/13).
Um die Kostenerstattung für eine privat organisierte Kinderbetreuung ging es auch in einem Fall in München. Die Mutter eines unter dreijährigen Kindes hatte ihren Bedarf rechtzeitig angekündigt. Die Stadt München wies ihr jedoch keinen Kita-Platz nach, sondern sechs Tagespflegeplätze. Allerdings lehnte die Mutter alle Tagesmütter ab, weil diese zu früh schließen würden oder einen Wochentag zu wenig anboten. Sie meldete ihr Kind stattdessen in einer privaten Betreuungseinrichtung an. Dort gab es eine frühkindliche Förderung von 40 Wochenstunden inklusive Yoga und Tanz zu einem Preis von monatlich 1.380 Euro. Die Differenz zwischen den Kosten für einen öffentlichen Kita-Platz und der Privatlösung (etwa 1.000 Euro im Monat) verlangte sie als Kostenerstattung von der Stadt München.
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage der Mutter ab. Zwar seien die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Kostenerstattung durch die Gemeinde erfüllt. Aber: Eltern hätten kein Wahlrecht zwischen Kita und Tagesmutter oder zwischen einer öffentlichen und einer privaten Kita. Auch sei die Gemeinde nicht dazu verpflichtet, Eltern einen kostenfreien oder kostengünstigen Platz zuzuweisen – lediglich unzumutbar dürften die Kosten nicht werden. Wann dies der Fall ist, geht aus dem Urteil nicht hervor (Urteil vom 26.10.2017, Az. 5 C 19.16).
Eltern sollten ihren Bedarf unbedingt rechtzeitig, drei bis sechs Monate vorher bei der Gemeinde anmelden. Wenn die Gemeinde ihnen keinen Betreuungsplatz für ihr Kind nachweist – bei einer Kita oder ggf. Tagesmutter – sind Ansprüche auf Kostenerstattung möglich, wenn die Eltern selbst eine anderweitige kostenpflichtige Betreuung organisieren. Rat und Hilfe bei Problemen mit der Gemeinde finden Sie bei einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht.
Das Wichtigste in Kürze
1. Anspruch auf Kitaplatz: Alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr haben einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege.
2. Betreuungszeit / Fahrzeit: Die Betreuungszeit ist nicht gesetzlich geregelt. Die Rechtsprechung schwankt hier je nach Bedarf seitens der Eltern zwischen 20 und 45 Stunden in der Woche.
3. Fahrzeit zur Kita: Eine Fahrzeit zur Kita von einer halben Stunde bzw. eine Weg von 5 km wird von den Gerichten als zumutbar angesehen.
4. Ersatzbeschaffung: Eltern haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen selbst beschafften Kinderbetreuungsplatz zugestanden.
5. Ersatz des Verdienstausfalls: Können die Eltern wegen eines fehlenden Kita-Platzes ihre Tätigkeit nicht wieder aufnehmen, können sie Schadensersatz von der Gemeinde verlangen.
1. Anspruch auf Kitaplatz: Alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr haben einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege.
2. Betreuungszeit / Fahrzeit: Die Betreuungszeit ist nicht gesetzlich geregelt. Die Rechtsprechung schwankt hier je nach Bedarf seitens der Eltern zwischen 20 und 45 Stunden in der Woche.
3. Fahrzeit zur Kita: Eine Fahrzeit zur Kita von einer halben Stunde bzw. eine Weg von 5 km wird von den Gerichten als zumutbar angesehen.
4. Ersatzbeschaffung: Eltern haben unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für einen selbst beschafften Kinderbetreuungsplatz zugestanden.
5. Ersatz des Verdienstausfalls: Können die Eltern wegen eines fehlenden Kita-Platzes ihre Tätigkeit nicht wieder aufnehmen, können sie Schadensersatz von der Gemeinde verlangen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Kinder haben Anspruch auf einen Kita-Platz? Wo und wann muss ich den Antrag stellen? Anspruch auf Kita-Platz ohne "wenn und aber" Wann hat es Sinn, auf einen Platz im Kindergarten zu klagen? Wie viel Betreuungszeit können Eltern von der Kita verlangen? Wie erhält man Kostenerstattung für den selbst beschafften Platz? Wann gibt es Ersatz für den Verdienstausfall der Eltern? Welche Fahrzeit zur Kita ist noch zumutbar? Kinder unter drei Jahren: Tagesmutter statt Kita? Werden auch die Kosten für Luxus-Kita erstattet? Praxistipp zum Anspruch auf einen Kita-Platz Welche Kinder haben Anspruch auf einen Kita-Platz?
Nach § 24 des 8. Sozialgesetzbuches (SGB VIII) haben Kinder vom ersten Geburtstag bis zur Einschulung Anspruch auf einen Kita-Platz bzw. eine Tagespflege. Einen solchen Anspruch können sogar Kinder unter einem Jahr haben. Die Voraussetzung ist, dass die Eltern erwerbstätig oder auf Arbeitssuche sind, sich in einer beruflichen Bildungsmaßnahme, in der Schulausbildung oder Hochschulausbildung befinden oder Bürgergeld erhalten. Der Anspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte oder in der Tagespflege ist einklagbar. Daher können Eltern von der Gemeinde verlangen, ihnen einen solchen Platz für ihr Kind zur Verfügung zu stellen. Das Problem ist: In vielen Gemeinden stehen nach wie vor einfach nicht genug Kita-Plätze zur Verfügung.
Wo und wann muss ich den Antrag stellen?
Eltern müssen einen Kita-Platz bei der Gemeindeverwaltung des Wohnortes beantragen. Dies muss drei bis sechs Monate, bevor das Kind den Platz braucht, passieren.
Anspruch auf Kita-Platz ohne "wenn und aber"
Das Oberverwaltungsgericht Saarlouis hat im März 2023 entschieden, dass der Landkreis Neunkirchen verpflichtet sei, einem dreijährigen und einem circa eineinhalb Jahre alten Kind ab sofort einen wohnortnahen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder Kindertagespflege nachzuweisen, und zwar von Montag bis Freitag zwischen 7.00 Uhr und 15.30 Uhr. Das Gericht akzeptierte das Argument des Landkreises nicht, dass die Mutter der Kinder sich aufgrund verlängerter Elternzeit selbst um diese kümmern könne. Hier handle es sich um einen Anspruch der Kinder selbst, nicht der Mutter. Das Gesetz setze nicht voraus, dass die Eltern auf den Kita-Platz angewiesen seien. Es gebe jedem Kind im entsprechenden Alter den Anspruch auf Betreuung und frühkindliche Förderung (Beschluss vom 22.3.2023, Az. 2 B 10/23).
Wann hat es Sinn, auf einen Platz im Kindergarten zu klagen?
Eine gerichtliche Klage auf einen Kita-Platz hat Aussicht auf Erfolg, wenn es in der Gemeinde nachweislich freie Kita-Plätze gibt. Sind jedoch alle verfügbaren Kita-Plätze schon belegt, wird das Verwaltungsgericht die Klage abweisen. Schließlich kann auch das Gericht keinen Kindergartenplatz schaffen. Hier bleibt Eltern dann nur die Möäglichkeit, sich selbst um eine private Kinderbetreuung zu kümmern - und dann die Gemende auf Kostenerstattung zu verklagen. Welche Chancen auf Erfolg eine Klage im konkreten Fall hat, kann ein Rechtsanwalt am besten beurteilen.
Wie viel Betreuungszeit können Eltern von der Kita verlangen?
Die Gerichte urteilen dazu etwas unterschiedlich. So hat das Verwaltungsgericht Aachen entschieden: Eltern - oder eigentlich deren Kinder - haben Anspruch auf eine Betreuungszeit von 20 Stunden pro Woche in der Kita. Je nach der beruflichen Situation der Eltern kann dieser Anspruch sich auch erhöhen auf eine Betreuungszeit vom bis zu 45 Stunden (Az. 8 L 700/18). Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg räumt dreijährigen Kindern einen Anspruch auf Betreuung im Kindergarten von montags bis freitags für sechs Stunden pro Tag ein (Az. 10 ME 170/21). Nach dem Verwaltungsgericht Stuttgart hat ein zweijähriges Kind jedoch keinen Anspruch auf täglich acht Stunden Betreuung in der Kita. Rein persönliche Interessen der Eltern seien kein Grund, die Betreuungszeit zu erhöhen (Az. 7 K 2688/13).
Wie erhält man Kostenerstattung für den selbst beschafften Platz?
Mehrere Gerichte haben Eltern bereits einen Anspruch auf Kostenerstattung für einen selbst beschafften Kinderbetreuungsplatz zugestanden. Dies waren zum Beispiel das Verwaltungsgericht Mainz (Urteil vom 10.5.2012, Az. 1 K 981/11) und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 25.10.2012, Az. 7 A 10671/12). Im zweiten Fall hat auch das Bundesverwaltungsgericht das Urteil bestätigt. Die Eltern hatten ihre zweijährige Tochter in einer privaten Kinderkrippe untergebracht, da die Gemeinde keinen freien Kita-Platz hatte.
Das Bundesverwaltungsgericht (Az. 5 C 35.12) nannte hier auch die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kostenerstattung für die private Kinderbetreuung:
- Die Eltern haben die Gemeinde rechtzeitig (!) vor der Selbstbeschaffung über den Bedarf informiert,
- die Voraussetzungen für die Zuteilung eines Gemeinde-Platzes lagen vor.
- die Deckung des Platzbedarfs hat keinen zeitlichen Aufschub geduldet.
Wann gibt es Ersatz für den Verdienstausfall der Eltern?
Der Bundesgerichtshof hat im Oktober 2016 Eltern, die wegen eines fehlenden Kita-Platzes nicht zur Arbeit gehen können, einen Anspruch auf Schadensersatz gegenüber ihrer Gemeinde zugestanden. Dieser Anspruch besteht auch dann, wenn die Gemeinde den Platz nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt.
Vor dem BGH wurden drei parallele Gerichtsverfahren verhandelt. Darin ging es um Eltern, die nach der einjährigen Elternzeit wieder in den Vollzeit-Beruf zurückwollten. Zwar hatten sie ihre Kinder rechtzeitig angemeldet, damit diese mit Vollendung des ersten Lebensjahres in die Kita kommen könnten. Aber: Die Gemeinden hatten keine freien Plätze. Daher musste jeweils ein Ehepartner zu Hause bleiben, statt zu arbeiten. Die Eltern verlangten daraufhin von den Gemeinden den Ersatz ihres Verdienstausfalles für die Zeit vom 1. Geburtstag des Kindes bis zur Beschaffung eines Kita-Platzes.
Der Bundesgerichtshof gab ihnen grundsätzlich recht. Ein solcher Schadensersatzanspruch setze eine Amtspflichtverletzung der Gemeinde voraus. Von einer solchen müsse man ausgehen, wenn die Gemeinde keinen Kita-Platz zur Verfügung stelle. Die Gemeinde könne sich jedoch entlasten, indem sie beweise, dass sie keine Schuld treffe und dass sie eine sachgerechte Bedarfsplanung durchgeführt habe. Der BGH sah rein finanzielle Gründe nicht als ausreichende Entschuldigung an (Urteile vom 20.10.2016, Az. III ZR 278/15, 302/15 und 303/15).
Welche Fahrzeit zur Kita ist noch zumutbar?
Zum Anspruch gehört auch, dass die Kita, welche die Gemeinde zuteilt, wohnortnah sein muss. Nur ist dieser Begriff recht dehnbar und auch die Gerichte urteilen hier nicht einheitlich. So sah das Verwaltungsgericht München eine Wegstrecke von jeweils 30 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch als zumutbar an. Vorschlag des Gerichts war, dass die beiden berufstätigen Eltern abwechselnd das 13 Monate alte Kind zur Kita bringen könnten, um ihren Zeitaufwand zu begrenzen (Urteil vom 18.9.2013, Az. M 18 K 13.2256). Das Gericht wies die Klage der Eltern auf Zuweisung eines näher gelegenen Kita-Platzes ab.
Das Verwaltungsgericht Köln sah im städtischen Bereich einen Kita-Platz in bis zu fünf Kilometern Entfernung vom Wohnort noch als angemessen an (Az. 19 L 877/13).
Kinder unter drei Jahren: Tagesmutter statt Kita?
Das Gesetz spricht zwar bei Kindern ab drei Jahren ausdrücklich von der Betreuung in einer Tageseinrichtung. Bei Kindern unter drei Jahren ist jedoch die Rede von einem "Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer Tageseinrichtung oder in Kindertagespflege". Demnach muss die Gemeinde nicht zwingend einen Platz in einer Kindertagesstätte oder einem Kindergarten zur Verfügung stellen. Nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster kann die Gemeinde bei unter dreijährigen Kindern die Eltern durchaus auch auf einen Platz bei einer Tagesmutter verweisen, wenn kein Kita-Platz zur Verfügung steht (Az. 12 B 793/13).
Werden auch die Kosten für Luxus-Kita erstattet?
Um die Kostenerstattung für eine privat organisierte Kinderbetreuung ging es auch in einem Fall in München. Die Mutter eines unter dreijährigen Kindes hatte ihren Bedarf rechtzeitig angekündigt. Die Stadt München wies ihr jedoch keinen Kita-Platz nach, sondern sechs Tagespflegeplätze. Allerdings lehnte die Mutter alle Tagesmütter ab, weil diese zu früh schließen würden oder einen Wochentag zu wenig anboten. Sie meldete ihr Kind stattdessen in einer privaten Betreuungseinrichtung an. Dort gab es eine frühkindliche Förderung von 40 Wochenstunden inklusive Yoga und Tanz zu einem Preis von monatlich 1.380 Euro. Die Differenz zwischen den Kosten für einen öffentlichen Kita-Platz und der Privatlösung (etwa 1.000 Euro im Monat) verlangte sie als Kostenerstattung von der Stadt München.
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage der Mutter ab. Zwar seien die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Kostenerstattung durch die Gemeinde erfüllt. Aber: Eltern hätten kein Wahlrecht zwischen Kita und Tagesmutter oder zwischen einer öffentlichen und einer privaten Kita. Auch sei die Gemeinde nicht dazu verpflichtet, Eltern einen kostenfreien oder kostengünstigen Platz zuzuweisen – lediglich unzumutbar dürften die Kosten nicht werden. Wann dies der Fall ist, geht aus dem Urteil nicht hervor (Urteil vom 26.10.2017, Az. 5 C 19.16).
Praxistipp zum Anspruch auf einen Kita-Platz
Eltern sollten ihren Bedarf unbedingt rechtzeitig, drei bis sechs Monate vorher bei der Gemeinde anmelden. Wenn die Gemeinde ihnen keinen Betreuungsplatz für ihr Kind nachweist – bei einer Kita oder ggf. Tagesmutter – sind Ansprüche auf Kostenerstattung möglich, wenn die Eltern selbst eine anderweitige kostenpflichtige Betreuung organisieren. Rat und Hilfe bei Problemen mit der Gemeinde finden Sie bei einem Fachanwalt für Verwaltungsrecht.
(Bu)