Kind nach Seitensprung: Hat der Vater ein Umgangsrecht?

09.10.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Umgangsrecht,Seitensprung,außerehelich,Kind,Vaterschaft Auch bei einer außerehelichen Vaterschaft können Väter ein Umgangsrecht haben. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Interesse des Vaters: Für ein Umgangsrecht des leiblichen, nicht-rechtlichen Vaters ist zunächst Voraussetzung, dass dieser ein ernsthaftes Interesse an seinem aus dem Seitensprung herrührenden Kind zeigt und seiner Verantwortung als Elternteil nachkommen möchte.

2. Kindeswohl: Weitere Voraussetzung ist, dass der Umgang dem Wohl des Kindes dient und insoweit die Entwicklung einer persönlichen Beziehung zwischen Vater und Kind ermöglicht.

3. Durchsetzung des Umgangsrechts: Verweigert sich die Mutter des Seitensprungkindes, muss der leibliche, aber nicht-rechtliche Vater zunächst auf Zustimmung zu einem Vaterschaftstest klagen. Ist dieser positiv, muss er im zweiten Schritt sein Umgangsrecht einklagen.
Grundsätzlich haben auch nicht verheiratete Väter das Recht auf Umgang mit ihrem leiblichen Kind. Ein Seitensprung macht das Ganze komplizierter, besonders, wenn das daraus entstandene Kind in eine andere Beziehung oder Ehe hineingeboren wird. Die Ehepartner werden in der Regel nämlich kaum ein Interesse daran haben, dass der "Seitensprung-Vater" jedes zweite Wochenende vorbeischaut, um sein Kind zu besuchen.

Wie wird man Vater – vor dem Gesetz?


Man unterscheidet zwischen dem rechtlichen Vater und dem biologischen. Wenn während einer Ehe ein Kind geboren wird, gilt der Ehemann rechtlich als dessen Vater. Dies ist jedoch in Zeiten von Patchwork-Familien und wechselnden Beziehungen gar nicht so einfach. Manches Paar betrachtet eine Ehe gar nicht als notwendig, hat aber trotzdem zusammen Kinder.

Es gibt auch noch andere Möglichkeiten, rechtlich zum Vater zu werden: So kann der Mann die Vaterschaft anerkennen, oder seine Vaterschaft wird vom Familiengericht festgestellt. Wollen beide Elternteile, dass der Vater auch vor dem Gesetz zu seiner Vaterschaft steht, gibt es meist kein großes Problem. Schwierig wird es eher, wenn die Mutter sich inzwischen vom leiblichen Vater getrennt hat und womöglich mit einem anderen Mann zusammenlebt, während der leibliche Vater weiterhin Kontakt mit seinem Kind möchte. Oder eben, wenn das Kind im Rahmen eines Seitensprunges gezeugt wurde.

Denn: Wer nicht in rechtlicher Hinsicht als Vater angesehen wird, kann zwar rein biologisch Vater sein. Er hat aber keine Rechte und Pflichten. Zwar muss er keinen Unterhalt zahlen. Aber: Er hat ein Kind, dass er nie zu Gesicht bekommt und für das er sich nicht interessieren darf. Beim Thema Umgangsrecht gibt es jedoch eine Ausnahme.

Ist ein Umgangsrecht für leibliche, aber nicht-rechtliche Väter möglich?


Mit § 1686a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen, nach der auch nicht-rechtliche, leibliche Väter ein Umgangsrecht mit ihrem Kind haben. Dieses Umgangsrecht ist jedoch an strenge Voraussetzungen geknüpft. Dazu gehört, dass der Vater ein ernsthaftes Interesse an dem Kind zeigen muss. Außerdem muss der Umgang des Kindes mit seinem leiblichen Vater dem Kindeswohl dienen. Gerade letzteres kann zu Problemen führen, da das Kind in diesem Fall zwischen zwei Vätern hin- und hergerissen ist. Meist ist das Umgangsrecht nach einem Seitensprung nicht ohne gerichtliche Schritte durchzusetzen. Immerhin muss als Erstes ja festgestellt werden, dass es sich überhaupt um das Kind des Nicht-Ehepartners handelt. Viele Ehefrauen werden das eher nicht zugeben wollen.

Hat der leibliche Vater ein Recht auf eine Abstammungsuntersuchung?


Am 14.2.2017 hat das Oberlandesgericht Oldenburg ein wichtiges Urteil zum Umgangsrecht für leibliche Väter gefällt. Das Gericht hat entschieden, dass die Mutter einen Vaterschaftstest (DNA-Test nach Abstrich von der Mundschleimhaut) dulden muss, wenn der mögliche außereheliche Vater ein ernsthaftes Interesse an seinem Vielleicht-Kind hat.

In diesem Fall war es zu einem Seitensprung gekommen und neun Monate später zu einer Geburt. Allerdings bestritt das Ehepaar alle Voraussetzungen für ein Umgangsrecht des leiblichen Vaters nach dem oben genannten § 1686a BGB. Nach Ansicht der Eheleute war es ihr Kind. Der Seitensprung-Partner habe sowieso kein ernsthaftes Interesse an dem Kind gezeigt. Auch entspreche es nicht dem Wohl des Kindes, wenn sich ein Außenstehender in die Familie und das offenbar wieder bestehende Eheglück einmische.

Da war der Seitensprung-Gefährte der Frau jedoch ganz anderer Ansicht: Er wollte unbedingt wissen, ob er Vater geworden sei – und wenn ja, wollte er Umgang mit seinem Kind haben. Er biss jedoch auf Granit: Die Mutter weigerte sich, eine Abstammungsuntersuchung durchführen zu lassen. Sie war damit vor dem Amtsgericht als der ersten Instanz auch zunächst erfolgreich. Das Gericht schloss sich ihrer Ansicht an, dass die Einmischung eines fremden Mannes ins Familienleben bei einem mittlerweile knapp einjährigen Kind kaum dem Kindeswohl dienen könne. Das Amtsgericht sah als richtigen Zeitpunkt für eine Aufklärung des Kindes über seinen – vielleicht – biologischen Vater das Vorschulalter an.

Vaterschaftstest Vorbedingung für Frage nach Umgangsrecht?


Anders argumentierte im gleichen Fall das Oberlandesgericht Oldenburg. In solchen Fällen sei eine Interessenabwägung erforderlich. Diese falle hier zu Gunsten des Mannes aus. Der Vaterschaftstest sei keine zusätzliche Belastung für das Familienleben – schließlich wisse der Ehemann ja über den Seitensprung seiner Frau Bescheid. Ob ein Umgang des Kindes mit dem nicht ehelichen Vater dem Kindeswohl diene, könne überhaupt erst geklärt werden, wenn dessen biologische Vaterschaft festgestellt sei. Erst dann mache es auch Sinn, sich über mögliche Vorwürfe gegen den Mann Gedanken zu machen – solche hatte das Ehepaar nämlich geäußert. Ggf. sei dann auch das Kind zu informieren. Sei der Vaterschaftstest aber negativ, wäre die Angelegenheit sowieso erledigt. Daher müsse die Mutter zunächst einmal eine Abstammungsuntersuchung dulden (OLG Oldenburg, Beschluss vom 14.2.2017, Az. 13 WF 14/17).

Entscheidung des OLG Frankfurt / M.


Das Oberlandesgericht Frankfurt hat sich der Rechtsprechung des OLG Oldenburg angeschlossen. Auch das Frankfurter Gericht hat im Fall eines möglichen unehelichen Kindes, das während einer bestehenden Ehe gezeugt worden war, entschieden, dass die Mutter einen Vaterschaftstest dulden müsse (Beschluss vom 2.1.2019, Az. 6 WF 115/18).

Praxistipp zum Umgangsrecht mit Kind aus Seitensprung


Das OLG Oldenburg hat die Rechte leiblicher, nicht-rechtlicher Väter gestärkt. Das Vorgehen in einem solchen Fall ist jedoch noch immer recht umständlich. Der mutmaßliche leibliche Vater muss zunächst auf die Zustimmung der Mutter zu einer Abstammungsuntersuchung (Vaterschaftstest) klagen. Gewinnt er und verläuft die Untersuchung für ihn positiv, muss er noch einen weiteren Prozess über das eigentliche Umgangsrecht führen. Dabei wird dann ggf. auch die "schmutzige Wäsche" ausgepackt, um zu belegen, dass ein Umgang mit diesem Mann für das Kind nicht gut ist. Dann sind gute Nerven gefragt – und ein guter Anwalt für Familienrecht.

(Wk)


 Günter Warkowski
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