Kirchensteuer ist verfassungsgemäß
11.02.2016, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Die Kirchensteuer ist bei vielen Mitbürgern unbeliebt. Mancher hat wenig Verständnis dafür, dass der Staat diese für die Kirchen einzieht. Immerhin gibt es ein solches System im Steuerrecht der meisten Staaten nicht. Ein Ehepaar aus Rheinland Pfalz erhielt vom Finanzamt Mayen einen Bescheid über katholische Kirchensteuer und entschied sich, dieses Thema nun gründlich gerichtlich prüfen lassen. Das Paar verklagte das Bundesland. Insbesondere argumentierten beide damit, dass die Kirchensteuerpflicht die verfassungsrechtlich geschützte Glaubensfreiheit und das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung verletze und damit einen Verstoß gegen die Verfassung darstelle. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Kläger legten jedoch beim Oberverwaltungsgericht Koblenz Berufung ein.
Das OVG prüfte gründlich die Frage, ob durch die Kirchensteuerpflicht gegen Grundrechte verstoßen werde. Es kam zu dem Ergebnis, dass die gesetzlichen Regelungen über die Erhebung der Kirchensteuer durch die Finanzämter weder gegen die Glaubensfreiheit, noch gegen das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung verstießen. Denn jedes Kirchenmitglied habe das Recht, jederzeit aus seiner jeweiligen Kirche auszutreten und dadurch künftige Steuerzahlungen zu vermeiden.
Die Kläger hatten nun aber damit argumentiert, dass sie zur Vermeidung der Kirchensteuer praktisch ihren Glauben aufgeben müssten. Denn wenn sie nur um dem "staatlichem Zwang" in Gestalt der Steuererhebung zu entgehen, aus der Kirche austreten würden, könnte sie ihre gewohnte Art der Religionsausübung nicht fortsetzen. Dieses Argument erkannte das Gericht nicht an. Denn die Rolle des Staates – genauer gesagt der Landesfinanzbehörden – sei es lediglich, auf Antrag der Kirchen die Verwaltungsarbeit im Zusammenhang mit den Kirchensteuern zu übernehmen. Erhoben würden diese Steuern nicht vom Bundesland, sondern von den katholischen Diözesen und den evangelischen Landeskirchen auf Basis ihrer Kirchensteuerordnungen. Das rheinland-pfälzische Kirchensteuergesetz gewähre ihnen dazu das Recht, verpflichte sie aber nicht dazu.
Führe ein Kirchenaustritt zu Einschränkungen bei der Religionsausübung oder der aktiven Teilnahme am kirchlichen und religiösen Leben, seien diese nicht vom Bundesland verordnet, sondern Sache der Kirche, hier des Bistums Trier. Erst 2012 habe ein Dekret der Deutschen Bischofskonferenz klargestellt, dass ein ziviler Kirchenaustritt eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft darstelle. Jeder, der diese begehe, müsse demgemäß mit erheblichen Einschränkungen bei der aktiven Teilnahme am kirchlichen Leben rechnen. Das Dekret befasse sich gerade auch mit der Frage, ob man die Kirche als Körperschaft und Institution von der Kirche als Glaubensgemeinschaft trennen könne – mit dem Ergebnis, dass dies nicht möglich sei.
Schon aus verfassungsrechtlicher Sicht sei es gar nicht möglich, den Austritt aus der Kirche darauf zu beschränken, dass der Betreffende die Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts verlasse, aber seinen Glauben weiter im Rahmen der Kirche als Religionsgemeinschaft ausübe. Denn der Staat dürfe sich in die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Religionsgemeinschaften nicht stärker einmischen, als es nötig sei, um die Glaubensfreiheit des Einzelnen zu gewährleisten. Wolle ein Kirchenmitglied in der Kirche bleiben, könne der Staat nicht die Auswirkungen der Mitgliedschaft in seinem Zuständigkeitsbereich zurücknehmen und ihn aus der Kirchensteuerpflicht entlassen. Denn dann würde der Staat gegen die Rechte der Kirche verstoßen.
Ein weiterer Kritikpunkt der Kläger war ein angeblicher Verstoß gegen das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung durch die Übermittlung steuerlich relevanter Daten vom Staat an die Kirche. Das Gericht sah auch hier keinen Grundrechtsverstoß. Denn das Recht des Bürgers auf Selbstbestimmung über seine Daten sei nicht schrankenlos. Hier werde es ganz legimtim durch das Kirchensteuergesetz eingeschränkt. Das Gericht in Koblenz wies die Klage insgesamt ab (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1.2.2016, Aktenzeichen 6 A 10941/15).
Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat sich mit der Kirchensteuer beschäftigt. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass diese verfassungsgemäß sei. Auch könne man nicht allein aus der Kirche als öffentlich rechtlicher Körperschaft austreten, um "staatlichen Zwang" zu vermeiden, gleichzeitig aber Mitglied der Glaubensgemeinschaft bleiben.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Kirchensteuer als Zankapfel Verstoß gegen Grundrechte? Eingeschränkte Religionsausübung nach Kirchenaustritt Wer ist für Einschränkungen verantwortlich? Ist ein "eingeschränkter Kirchenaustritt" möglich? Datenübermittlung: Ein Verstoß gegen die informationelle Selbstbestimmung? Kirchensteuer als Zankapfel
Die Kirchensteuer ist bei vielen Mitbürgern unbeliebt. Mancher hat wenig Verständnis dafür, dass der Staat diese für die Kirchen einzieht. Immerhin gibt es ein solches System im Steuerrecht der meisten Staaten nicht. Ein Ehepaar aus Rheinland Pfalz erhielt vom Finanzamt Mayen einen Bescheid über katholische Kirchensteuer und entschied sich, dieses Thema nun gründlich gerichtlich prüfen lassen. Das Paar verklagte das Bundesland. Insbesondere argumentierten beide damit, dass die Kirchensteuerpflicht die verfassungsrechtlich geschützte Glaubensfreiheit und das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung verletze und damit einen Verstoß gegen die Verfassung darstelle. Das Verwaltungsgericht wies die Klage ab. Die Kläger legten jedoch beim Oberverwaltungsgericht Koblenz Berufung ein.
Verstoß gegen Grundrechte?
Das OVG prüfte gründlich die Frage, ob durch die Kirchensteuerpflicht gegen Grundrechte verstoßen werde. Es kam zu dem Ergebnis, dass die gesetzlichen Regelungen über die Erhebung der Kirchensteuer durch die Finanzämter weder gegen die Glaubensfreiheit, noch gegen das Grundrecht der ungestörten Religionsausübung verstießen. Denn jedes Kirchenmitglied habe das Recht, jederzeit aus seiner jeweiligen Kirche auszutreten und dadurch künftige Steuerzahlungen zu vermeiden.
Eingeschränkte Religionsausübung nach Kirchenaustritt
Die Kläger hatten nun aber damit argumentiert, dass sie zur Vermeidung der Kirchensteuer praktisch ihren Glauben aufgeben müssten. Denn wenn sie nur um dem "staatlichem Zwang" in Gestalt der Steuererhebung zu entgehen, aus der Kirche austreten würden, könnte sie ihre gewohnte Art der Religionsausübung nicht fortsetzen. Dieses Argument erkannte das Gericht nicht an. Denn die Rolle des Staates – genauer gesagt der Landesfinanzbehörden – sei es lediglich, auf Antrag der Kirchen die Verwaltungsarbeit im Zusammenhang mit den Kirchensteuern zu übernehmen. Erhoben würden diese Steuern nicht vom Bundesland, sondern von den katholischen Diözesen und den evangelischen Landeskirchen auf Basis ihrer Kirchensteuerordnungen. Das rheinland-pfälzische Kirchensteuergesetz gewähre ihnen dazu das Recht, verpflichte sie aber nicht dazu.
Wer ist für Einschränkungen verantwortlich?
Führe ein Kirchenaustritt zu Einschränkungen bei der Religionsausübung oder der aktiven Teilnahme am kirchlichen und religiösen Leben, seien diese nicht vom Bundesland verordnet, sondern Sache der Kirche, hier des Bistums Trier. Erst 2012 habe ein Dekret der Deutschen Bischofskonferenz klargestellt, dass ein ziviler Kirchenaustritt eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft darstelle. Jeder, der diese begehe, müsse demgemäß mit erheblichen Einschränkungen bei der aktiven Teilnahme am kirchlichen Leben rechnen. Das Dekret befasse sich gerade auch mit der Frage, ob man die Kirche als Körperschaft und Institution von der Kirche als Glaubensgemeinschaft trennen könne – mit dem Ergebnis, dass dies nicht möglich sei.
Ist ein "eingeschränkter Kirchenaustritt" möglich?
Schon aus verfassungsrechtlicher Sicht sei es gar nicht möglich, den Austritt aus der Kirche darauf zu beschränken, dass der Betreffende die Kirche als Körperschaft des öffentlichen Rechts verlasse, aber seinen Glauben weiter im Rahmen der Kirche als Religionsgemeinschaft ausübe. Denn der Staat dürfe sich in die verfassungsmäßig garantierten Rechte der Religionsgemeinschaften nicht stärker einmischen, als es nötig sei, um die Glaubensfreiheit des Einzelnen zu gewährleisten. Wolle ein Kirchenmitglied in der Kirche bleiben, könne der Staat nicht die Auswirkungen der Mitgliedschaft in seinem Zuständigkeitsbereich zurücknehmen und ihn aus der Kirchensteuerpflicht entlassen. Denn dann würde der Staat gegen die Rechte der Kirche verstoßen.
Datenübermittlung: Ein Verstoß gegen die informationelle Selbstbestimmung?
Ein weiterer Kritikpunkt der Kläger war ein angeblicher Verstoß gegen das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung durch die Übermittlung steuerlich relevanter Daten vom Staat an die Kirche. Das Gericht sah auch hier keinen Grundrechtsverstoß. Denn das Recht des Bürgers auf Selbstbestimmung über seine Daten sei nicht schrankenlos. Hier werde es ganz legimtim durch das Kirchensteuergesetz eingeschränkt. Das Gericht in Koblenz wies die Klage insgesamt ab (Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 1.2.2016, Aktenzeichen 6 A 10941/15).
(Ma)