Halteverbot & Co: Kann ich gegen ein Verkehrszeichen vor Gericht klagen?
19.04.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Viele neue Verkehrszeichen sorgen für Missstimmung bei Bürgern. Dies können Parkverbotsschilder sein, neue Vorfahrtsregelungen, oder kreative Einbahnstraßenlabyrinthe. Auch gegen dieses staatliche Handeln sind jedoch rechtliche Schritte möglich. Bei einer Anfechtungsklage gegen ein neues Verkehrszeichen ist jedoch einiges zu beachten.
Die Aufstellung eines Verkehrsschildes ist eine sogenannte Allgemeinverfügung und damit ein Dauerverwaltungsakt. Wird durch das Schild ein Gebot oder Verbot ausgesprochen - zum Beispiel Tempo 30, Parkverbot, Durchfahrt verboten, Einbahnstraße, Radfahrstraße - können Bürger dagegen mit einer Anfechtungsklage vorgehen. Vorher müssen sie jedoch Widerspruch einlegen. Erst, wenn dieser abgewiesen wurde, kann die Klage vor dem Verwaltungsgericht folgen. Bei Verkehrsschildern besteht die Besonderheit, dass Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Das bedeutet: Bis zur Entscheidung muss man das Verkehrszeichen weiter beachten.
Tatsächlich wird auch durch andere Dinge als Schilder ein Gebot oder Verbot ausgesprochen. Beispiele sind Ampeln, Parkuhren, Parkscheinautomaten mit zugehöriger Beschilderung. Auch gegen diese ist daher ein solches Vorgehen möglich, sofern sie auf öffentlichem Grund von der Gemeinde aufgestellt wurden.
Richtiger Adressat für einen Widerspruch ist die Behörde, die den entsprechenden Verwaltungsakt erlassen hat. Dies wäre die jeweils zuständige Straßenverkehrsbehörde zum Beispiel bei der Gemeinde oder dem jeweiligen Landkreis. Der Widerspruch kann nach § 70 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch an die nächsthöhere Behörde gerichtet werden. Wichtig ist die Einhaltung der Widerspruchsfrist von einem Monat ab Aufstellung des Verkehrszeichens.
Es gibt auch Ausnahmefälle, in denen kein Widerspruchsverfahren durchgeführt wird. Dies kann für bestimmte Fälle im Landesrecht des jeweiligen Bundeslandes so vorgesehen sein. Auch bei Verwaltungsakten, die eine oberste Landesbehörde erlassen hat, entfällt in der Regel der Widerspruch. Ist je nach Organisation des jeweiligen Bundeslandes zum Beispiel ein Ministerium als oberste Verkehrsbehörde für den Erlass einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn zuständig, entfällt das Widerspruchsverfahren. Dann muss man also direkt Klage beim Verwaltungsgericht erheben. Bei Klagen gegen Verkehrsschilder geht es jedoch meist um den innerörtlichen Bereich.
Einen Widerspruch kann man schriftlich, mit eigenhändig unterschriebenem Schreiben, einlegen. Man kann ihn aber auch mündlich bei der Ausgangsbehörde zur Niederschrift vortragen oder ihn in elektronischer Form, etwa per E-Mail, einreichen.
Eine Anfechtungsklage gegen ein verkehrsbezogenes Ge- oder Verbot - zum Beispiel ein neues Verkehrsschild mit einem Parkverbot oder einer Geschwindigkeitsbegrenzung - muss man gegen den Rechtsträger der aktuell zuständigen Straßenverkehrsbehörde richten. Dies wäre zum Beispiel bei einer innerörtlichen Straße die Gemeinde oder Stadt, bei einer Landstraße der Landkreis.
Wichtig ist die Klagefrist: Die Anfechtungsklage gegen ein Verkehrszeichen muss man innerhalb eines Monats ab Zustellung des Widerspruchsbescheids erheben. Oder innerhalb eines Monats nach Aufstellung des Verkehrszeichens, wenn im konkreten Fall kein Widerspruchsverfahren vorgesehen ist.
Mit dieser Frage hat sich 2011 der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg befasst. Nach seinem Urteil ist immer der Rechtsträger der aktuell zuständigen Behörde anzusprechen - also derjenige mit neuer Zuständigkeit. Denn: Nach § 78 Abs. 1 Nr.1 VwGO ist eine Anfechtungsklage gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu richten.
Dazu erklärte der VGH Baden-Württemberg: Auch, wenn früher eine andere Straßenverkehrsbehörde für ein Verkehrsschild zuständig war, ist eine Anfechtungsklage gegen den jetzt zuständigen Träger der Straßenverkehrsbehörde, auf den die Aufgaben der früheren Straßenverkehrsbehörde übergegangen sind, zu richten. Die bisher zuständige Behörde ist ja von dem Zuständigkeitswechsel an nicht mehr in der Lage, einem geltend gemachten Aufhebungsanspruch mit einer Abhilfeentscheidung zu entsprechen oder einem entsprechenden Urteil nachzukommen (Urteil vom 10.2.2011, Az. 5 S 2285/09).
Ein Problem bei einer Klage gegen behördliche Verwaltungsakte kann die Klagebefugnis sein. Das bedeutet: Grundsätzlich kann nur klagen, wer durch das Handeln der Behörde selbst in seinen eigenen Rechten verletzt wurde. Unzulässig ist eine Klage "zum Wohl der Allgemeinheit". Mit anderen Worten: Muss ich Anwohner oder ständiger Benutzer der Straße sein, an der das Verkehrsschild steht?
Dazu ein echter Fall: Ein Radfahrer hatte gegen ein Verkehrsschild geklagt, das eine Radwegbenutzungspflicht für einen Radweg festlegte. Er war der Ansicht, dass der Radweg nicht den Voraussetzungen entspreche, um ihn zum benutzungspflichtigen Radweg zu machen, also als Radweg gar nicht geeignet sei. Das Problem: Verfahren beim Verwaltungsgericht, obendrein noch durch mehrere Instanzen, dauern lange - und der Kläger wohnte bis zur endgültigen Entscheidung gar nicht mehr vor Ort. Immerhin trug er vor, dort immer noch ein Fahrrad zu haben und ab zu Bankgeschäfte und Besuche in der betreffenden Straße damit zu erledigen. War er also überhaupt noch befugt, gegen das Radwegschild zu klagen?
Das Bundesverwaltungsgericht meinte: Ja, er sei befugt. Das Gericht will in solchen Fällen die Klagebefugnis nicht davon abhängig machen, dass der Kläger von dem beanstandeten Verkehrszeichen "in einer gewissen Regelmäßigkeit oder Nachhaltigkeit" tatsächlich betroffen ist (Urteil vom 21.8.2003, Az. 3 C 15/03).
Für das Aufstellen von Verkehrsschildern gibt es Regeln. Werden diese nicht beachtet, kann ein Verkehrszeichen unzulässig und damit anfechtbar sein.
Grundsätzlich definiert die StVO in den Paragrafen 40 bis 42, wo Gefahren-, Vorschrifts- und Richtzeichen im Verkehr aufgestellt werden dürfen. Dabei geht es aber eher um den Aufstellort. Wann also darf überhaupt ein neues Schild aufgestellt werden? Die zentrale Vorschrift dazu ist § 45 Abs. 9 StVO. Dieser besagt:
"Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt."
Der letzte Satz gilt jedoch für eine ganze Reihe von Verkehrszeichen nicht, unter anderem sind dies
- Tempo 30-Zonen,
- Fahrrad-Schutzstreifen,
- Fahrradstraßen,
- verkehrsberuhigte Zonen.
Für solche Anordnungen muss also keine Gefahrenlage bestehen, die das normale Risiko erheblich übersteigt.
Dazu ein Fall vom Verwaltungsgericht Ansbach: Eine Straßenverkehrsbehörde hatte in einer Nebenstraße ein Halteverbot verhängt. Die Straße mündete auf eine Durchgangsstraße, und Behinderungen durch parkende Fahrzeuge sorgen oft für einen Rückstau bis auf die größere Straße mit gefährlichen Situationen. Ein Anwohner ging gegen das Halteverbot vor, weil er nun nicht mehr sein Auto vor seinem Grundstück parken konnte.
Hier sah das Gericht eine Klagebefugnis, weil der Kläger neben seiner Rechtsstellung als Eigentümer des anliegenden Grundstücks mit Aufstellung der Verkehrszeichen wie alle anderen Verkehrsteilnehmer von dem Halteverbot betroffen war. Allerdings sei der Kläger nicht klagebefugt, weil das Halteverbot seinen Anliegergebrauch an der Straße einschränke. Als Anlieger müsse er nur die Möglichkeit haben, sein Grundstück zu erreichen. Er habe jedoch keinen Anspruch darauf, als Anlieger immer direkt vor seinem Grundstück zu parken.
Die Voraussetzungen für ein eingeschränktes Halteverbot würden sich aus § 45 Abs. 1, Abs. 9 StVO ergeben. Danach könnten die Verkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Allerdings sei die Aufstellung von Schildern immer eine Ausnahme. Diese dürften nur dort aufgestellt werden, wo es aufgrund von besonderen Umständen zwingend geboten sei. Dies sei der Fall, wenn es zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderlich sei oder die allein in Betracht kommende Maßnahme darstelle. Die Behörde habe jedoch einen Ermessensspielraum.
Das Gericht sah das Halteverbot hier als gerechtfertigt an, da es dazu diente, gefährliche Situationen an der Einmündung in die größere Straße zu vermeiden. Auch die Polizei hatte diese Kreuzung als Gefahrenschwerpunkt angesehen. Konkrete Schadensfälle seien nicht erforderlich. Die Voraussetzungen für ein Halteverbot lägen hier vor (Urteil vom 13.1.2021, Az. AN 10 K 19.00070).
Möchten Sie gegen ein neu aufgestelltes Verkehrsschild vorgehen? Dann sollten Sie sich an einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht wenden. Achten Sie darauf, dass für erste rechtliche Schritte nicht mehr als ein Monat seit Aufstellung des Schildes vergangen sein darf.
Das Wichtigste in Kürze
1. Anfechtungsgrund: Wird durch ein neu aufgestelltes Verkehrsschild ein Gebot oder Verbot ausgesprochen - zum Beispiel Tempo 30, Parkverbot, Durchfahrt verboten, Einbahnstraße, Radfahrstraße - können Bürger sich mit Widerspruch und Anfechtungsklage dagegen zur Wehr setzen.
2. Widerspruch: Den Widerspruch gegen ein Verkehrsschild kann man schriftlich, mündlich oder in elektronischer Form bei der zuständige Straßenverkehrsbehörde einlegen. Die Widerspruch muss innerhalb einer Frist von einem Monat ab Aufstellung des Verkehrszeichens eingelegt werden.
3. Anfechtungsklage: Lehnt die Behörde den Widerspruch ab, kann gegen den Rechtsträger der aktuell zuständigen Straßenverkehrsbehörde beim Verwaltungsgericht geklagt werden. Hierfür gilt eine Frist von einem Monat ab Zustellung des Widerspruchsbescheids.
1. Anfechtungsgrund: Wird durch ein neu aufgestelltes Verkehrsschild ein Gebot oder Verbot ausgesprochen - zum Beispiel Tempo 30, Parkverbot, Durchfahrt verboten, Einbahnstraße, Radfahrstraße - können Bürger sich mit Widerspruch und Anfechtungsklage dagegen zur Wehr setzen.
2. Widerspruch: Den Widerspruch gegen ein Verkehrsschild kann man schriftlich, mündlich oder in elektronischer Form bei der zuständige Straßenverkehrsbehörde einlegen. Die Widerspruch muss innerhalb einer Frist von einem Monat ab Aufstellung des Verkehrszeichens eingelegt werden.
3. Anfechtungsklage: Lehnt die Behörde den Widerspruch ab, kann gegen den Rechtsträger der aktuell zuständigen Straßenverkehrsbehörde beim Verwaltungsgericht geklagt werden. Hierfür gilt eine Frist von einem Monat ab Zustellung des Widerspruchsbescheids.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Unliebsames Verkehrsschild: Wie gehe ich dagegen vor? Kann man nur Verkehrsschilder anfechten? An wen richte ich den Widerspruch gegen ein Verkehrsschild? Wie lege ich Widerspruch ein? Unliebsames Verkehrsschild: Gegen wen muss ich klagen? Welche Frist muss ich bei der Klage beachten? Was gilt, wenn sich die Zuständigkeit geändert hat? Darf jeder jedes Verkehrsschild anfechten? Wann ist ein Verkehrsschild unzulässig? Fall: Halteverbot wegen Verkehrsbehinderungen Praxistipp zur Anfechtung von Verkehrsschildern Unliebsames Verkehrsschild: Wie gehe ich dagegen vor?
Die Aufstellung eines Verkehrsschildes ist eine sogenannte Allgemeinverfügung und damit ein Dauerverwaltungsakt. Wird durch das Schild ein Gebot oder Verbot ausgesprochen - zum Beispiel Tempo 30, Parkverbot, Durchfahrt verboten, Einbahnstraße, Radfahrstraße - können Bürger dagegen mit einer Anfechtungsklage vorgehen. Vorher müssen sie jedoch Widerspruch einlegen. Erst, wenn dieser abgewiesen wurde, kann die Klage vor dem Verwaltungsgericht folgen. Bei Verkehrsschildern besteht die Besonderheit, dass Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben. Das bedeutet: Bis zur Entscheidung muss man das Verkehrszeichen weiter beachten.
Kann man nur Verkehrsschilder anfechten?
Tatsächlich wird auch durch andere Dinge als Schilder ein Gebot oder Verbot ausgesprochen. Beispiele sind Ampeln, Parkuhren, Parkscheinautomaten mit zugehöriger Beschilderung. Auch gegen diese ist daher ein solches Vorgehen möglich, sofern sie auf öffentlichem Grund von der Gemeinde aufgestellt wurden.
An wen richte ich den Widerspruch gegen ein Verkehrsschild?
Richtiger Adressat für einen Widerspruch ist die Behörde, die den entsprechenden Verwaltungsakt erlassen hat. Dies wäre die jeweils zuständige Straßenverkehrsbehörde zum Beispiel bei der Gemeinde oder dem jeweiligen Landkreis. Der Widerspruch kann nach § 70 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auch an die nächsthöhere Behörde gerichtet werden. Wichtig ist die Einhaltung der Widerspruchsfrist von einem Monat ab Aufstellung des Verkehrszeichens.
Es gibt auch Ausnahmefälle, in denen kein Widerspruchsverfahren durchgeführt wird. Dies kann für bestimmte Fälle im Landesrecht des jeweiligen Bundeslandes so vorgesehen sein. Auch bei Verwaltungsakten, die eine oberste Landesbehörde erlassen hat, entfällt in der Regel der Widerspruch. Ist je nach Organisation des jeweiligen Bundeslandes zum Beispiel ein Ministerium als oberste Verkehrsbehörde für den Erlass einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf der Autobahn zuständig, entfällt das Widerspruchsverfahren. Dann muss man also direkt Klage beim Verwaltungsgericht erheben. Bei Klagen gegen Verkehrsschilder geht es jedoch meist um den innerörtlichen Bereich.
Wie lege ich Widerspruch ein?
Einen Widerspruch kann man schriftlich, mit eigenhändig unterschriebenem Schreiben, einlegen. Man kann ihn aber auch mündlich bei der Ausgangsbehörde zur Niederschrift vortragen oder ihn in elektronischer Form, etwa per E-Mail, einreichen.
Unliebsames Verkehrsschild: Gegen wen muss ich klagen?
Eine Anfechtungsklage gegen ein verkehrsbezogenes Ge- oder Verbot - zum Beispiel ein neues Verkehrsschild mit einem Parkverbot oder einer Geschwindigkeitsbegrenzung - muss man gegen den Rechtsträger der aktuell zuständigen Straßenverkehrsbehörde richten. Dies wäre zum Beispiel bei einer innerörtlichen Straße die Gemeinde oder Stadt, bei einer Landstraße der Landkreis.
Welche Frist muss ich bei der Klage beachten?
Wichtig ist die Klagefrist: Die Anfechtungsklage gegen ein Verkehrszeichen muss man innerhalb eines Monats ab Zustellung des Widerspruchsbescheids erheben. Oder innerhalb eines Monats nach Aufstellung des Verkehrszeichens, wenn im konkreten Fall kein Widerspruchsverfahren vorgesehen ist.
Was gilt, wenn sich die Zuständigkeit geändert hat?
Mit dieser Frage hat sich 2011 der Verwaltungsgerichtshof von Baden-Württemberg befasst. Nach seinem Urteil ist immer der Rechtsträger der aktuell zuständigen Behörde anzusprechen - also derjenige mit neuer Zuständigkeit. Denn: Nach § 78 Abs. 1 Nr.1 VwGO ist eine Anfechtungsklage gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu richten.
Dazu erklärte der VGH Baden-Württemberg: Auch, wenn früher eine andere Straßenverkehrsbehörde für ein Verkehrsschild zuständig war, ist eine Anfechtungsklage gegen den jetzt zuständigen Träger der Straßenverkehrsbehörde, auf den die Aufgaben der früheren Straßenverkehrsbehörde übergegangen sind, zu richten. Die bisher zuständige Behörde ist ja von dem Zuständigkeitswechsel an nicht mehr in der Lage, einem geltend gemachten Aufhebungsanspruch mit einer Abhilfeentscheidung zu entsprechen oder einem entsprechenden Urteil nachzukommen (Urteil vom 10.2.2011, Az. 5 S 2285/09).
Darf jeder jedes Verkehrsschild anfechten?
Ein Problem bei einer Klage gegen behördliche Verwaltungsakte kann die Klagebefugnis sein. Das bedeutet: Grundsätzlich kann nur klagen, wer durch das Handeln der Behörde selbst in seinen eigenen Rechten verletzt wurde. Unzulässig ist eine Klage "zum Wohl der Allgemeinheit". Mit anderen Worten: Muss ich Anwohner oder ständiger Benutzer der Straße sein, an der das Verkehrsschild steht?
Dazu ein echter Fall: Ein Radfahrer hatte gegen ein Verkehrsschild geklagt, das eine Radwegbenutzungspflicht für einen Radweg festlegte. Er war der Ansicht, dass der Radweg nicht den Voraussetzungen entspreche, um ihn zum benutzungspflichtigen Radweg zu machen, also als Radweg gar nicht geeignet sei. Das Problem: Verfahren beim Verwaltungsgericht, obendrein noch durch mehrere Instanzen, dauern lange - und der Kläger wohnte bis zur endgültigen Entscheidung gar nicht mehr vor Ort. Immerhin trug er vor, dort immer noch ein Fahrrad zu haben und ab zu Bankgeschäfte und Besuche in der betreffenden Straße damit zu erledigen. War er also überhaupt noch befugt, gegen das Radwegschild zu klagen?
Das Bundesverwaltungsgericht meinte: Ja, er sei befugt. Das Gericht will in solchen Fällen die Klagebefugnis nicht davon abhängig machen, dass der Kläger von dem beanstandeten Verkehrszeichen "in einer gewissen Regelmäßigkeit oder Nachhaltigkeit" tatsächlich betroffen ist (Urteil vom 21.8.2003, Az. 3 C 15/03).
Wann ist ein Verkehrsschild unzulässig?
Für das Aufstellen von Verkehrsschildern gibt es Regeln. Werden diese nicht beachtet, kann ein Verkehrszeichen unzulässig und damit anfechtbar sein.
Grundsätzlich definiert die StVO in den Paragrafen 40 bis 42, wo Gefahren-, Vorschrifts- und Richtzeichen im Verkehr aufgestellt werden dürfen. Dabei geht es aber eher um den Aufstellort. Wann also darf überhaupt ein neues Schild aufgestellt werden? Die zentrale Vorschrift dazu ist § 45 Abs. 9 StVO. Dieser besagt:
"Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt."
Der letzte Satz gilt jedoch für eine ganze Reihe von Verkehrszeichen nicht, unter anderem sind dies
- Tempo 30-Zonen,
- Fahrrad-Schutzstreifen,
- Fahrradstraßen,
- verkehrsberuhigte Zonen.
Für solche Anordnungen muss also keine Gefahrenlage bestehen, die das normale Risiko erheblich übersteigt.
Fall: Halteverbot wegen Verkehrsbehinderungen
Dazu ein Fall vom Verwaltungsgericht Ansbach: Eine Straßenverkehrsbehörde hatte in einer Nebenstraße ein Halteverbot verhängt. Die Straße mündete auf eine Durchgangsstraße, und Behinderungen durch parkende Fahrzeuge sorgen oft für einen Rückstau bis auf die größere Straße mit gefährlichen Situationen. Ein Anwohner ging gegen das Halteverbot vor, weil er nun nicht mehr sein Auto vor seinem Grundstück parken konnte.
Hier sah das Gericht eine Klagebefugnis, weil der Kläger neben seiner Rechtsstellung als Eigentümer des anliegenden Grundstücks mit Aufstellung der Verkehrszeichen wie alle anderen Verkehrsteilnehmer von dem Halteverbot betroffen war. Allerdings sei der Kläger nicht klagebefugt, weil das Halteverbot seinen Anliegergebrauch an der Straße einschränke. Als Anlieger müsse er nur die Möglichkeit haben, sein Grundstück zu erreichen. Er habe jedoch keinen Anspruch darauf, als Anlieger immer direkt vor seinem Grundstück zu parken.
Die Voraussetzungen für ein eingeschränktes Halteverbot würden sich aus § 45 Abs. 1, Abs. 9 StVO ergeben. Danach könnten die Verkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Allerdings sei die Aufstellung von Schildern immer eine Ausnahme. Diese dürften nur dort aufgestellt werden, wo es aufgrund von besonderen Umständen zwingend geboten sei. Dies sei der Fall, wenn es zur Gefahrenabwehr unbedingt erforderlich sei oder die allein in Betracht kommende Maßnahme darstelle. Die Behörde habe jedoch einen Ermessensspielraum.
Das Gericht sah das Halteverbot hier als gerechtfertigt an, da es dazu diente, gefährliche Situationen an der Einmündung in die größere Straße zu vermeiden. Auch die Polizei hatte diese Kreuzung als Gefahrenschwerpunkt angesehen. Konkrete Schadensfälle seien nicht erforderlich. Die Voraussetzungen für ein Halteverbot lägen hier vor (Urteil vom 13.1.2021, Az. AN 10 K 19.00070).
Praxistipp zur Anfechtung von Verkehrsschildern
Möchten Sie gegen ein neu aufgestelltes Verkehrsschild vorgehen? Dann sollten Sie sich an einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht wenden. Achten Sie darauf, dass für erste rechtliche Schritte nicht mehr als ein Monat seit Aufstellung des Schildes vergangen sein darf.
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