Kleinunternehmerregelung bei Umsatzsteuer: Wann kommt sie zur Anwendung?

27.12.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Das Wichtigste in Kürze

1. Umsatzgrenze: Die Kleinunternehmerregelung bezieht sich auf Unternehmen mit einem vergleichsweise geringen Umsatz. Die Grenze für die Anwendung dieser Regelung derzeit bei 22.000 Euro pro Jahr.

2. Befreiung von Umsatzsteuer: Kleinunternehmer, die unter diese Regelung fallen, sind von der Umsatzsteuer befreit. Das bedeutet, sie müssen keine Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen ausweisen und auch keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgeben.

3. Kein Vorsteuerabzug: Als Kleinunternehmer dürfen keine Vorsteuern geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass bezahlte Umsatzsteuer auf Einkäufe und Ausgaben nicht als Vorsteuer abgezogen werden kann.
Selbstständige Unternehmer sind in Deutschland dazu verpflichtet, Umsatzsteuer auf ihre Waren und Dienstleistungen zu erheben - auch bekannt als Mehrwertsteuer - und diese ans Finanzamt weiterzuleiten. Diese Pflicht haben auch Freiberufler. Der übliche Umsatzsteuersatz beträgt 19 %, der ermäßigte für bestimmte Waren und Leistungen 7 %. Allerdings hat der Gesetzgeber eine Ausnahme für Unternehmer geschaffen, die bestimmte Umsatzgrenzen nicht überschreiten. Dies ist die sogenannte Kleinunternehmerregelung.

Welche Folgen hat die Umsatzsteuerpflicht für Unternehmer?


Außer der bereits erwähnten Pflicht, Umsatzsteuer auf die eigenen Preise aufzuschlagen und diese dann abzuführen, müssen Unternehmer natürlich entsprechende Steuererklärungen abgeben. Monatlich, zum Teil vierteljährlich ist dem Finanzamt eine Umsatzsteuervoranmeldung zu übermitteln, die die Umsätze des vergangenen Monats oder Quartals aufzeigt. Einmal im Jahr ist eine Umsatzsteuererklärung abzugeben. All dies bedeutet einen hohen bürokratischen Aufwand. Allerdings hat die Umsatzsteuerpflicht auch einen Vorteil: Die Steuerpflichtigen können die sogenannte Vorsteuer in Abzug bringen. Das ist die Umsatzsteuer, die sie selbst für geschäftliche Aufwendungen an andere Unternehmer gezahlt haben. Bei Unternehmen, die hohe Kosten für eingekaufte Waren oder Dienstleistungen oder auch hohe Anfangsinvestitionen haben, lohnt sich dies.

Was bedeutet die Kleinunternehmerregelung für Unternehmer?


Wer die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmt, muss keine Umsatzsteuer auf seinen Rechnungen ausweisen, keine Umsatzsteuer abführen und braucht auch keine Voranmeldungen oder Umsatzsteuererklärungen abzugeben. Er spart erheblichen Bürokratieaufwand. Obendrein kann er seine Leistungen für Privatkunden auch günstiger anbieten, als die umsatzsteuerpflichtige Konkurrenz. Damit besteht ein Wettbewerbsvorteil. Aber: Er kann und darf dann auch keine Vorsteuer in Abzug bringen und muss fremde Rechnungen inklusive Umsatzsteuer bezahlen, ohne etwas vom Finanzamt wiederzubekommen.

Wer kann von der Kleinunternehmerregelung profitieren?


Die Regelung steht Gewerbetreibenden und Freiberuflern gleichermaßen offen. Entscheidend ist allein der Umsatz.

Voraussetzung für die Kleinunternehmereigenschaft ist:

- Das Unternehmen hatte im vorherigen Geschäftsjahr einen Gesamtumsatz zuzüglich Umsatzsteuer von nicht mehr als 22.000 Euro und

- es wird im laufenden Geschäftsjahr voraussichtlich einen Umsatz von nicht mehr als 50.000 Euro erzielen.

Wer sich gerade erst selbstständig macht, hat noch keinen Vorjahresumsatz. Für das erste Jahr gelten daher 22.000 Euro als Umsatzschwelle. Wer also zum 1. Januar gründet und nicht mehr als 22.000 Euro Umsatz im ersten Jahr macht, gilt als Kleinunternehmer.

Gründet man sein Unternehmen mitten im Jahr, muss der Umsatz der Monate, in denen das Unternehmen aktiv war, auf das ganze Jahr hochgerechnet werden.

Beispiel: Die Gründung erfolgt zum 1.3.2024. In 10 Monaten werden 16.000 Euro Umsatz erzielt.
16.000 / 10 = 1.600 Euro Monatsumsatz.
Auf das ganze Jahr hochgerechnet: 1.600 x 12 = 19.200 Euro.
Dieser Betrag liegt unter 22.000 Euro, daher handelt es sich um einen Kleinunternehmer.

Beispiel: Nun erzielt der gleiche Unternehmer im Jahr 2025 einen Umsatz von 25.000 und im Jahr 2026 von 31.000 Euro. Die 50.000 Euro-Schwelle wird nicht überschritten. Aber: Der Unternehmer ist ab 2026 umsatzsteuerpflichtig und kein Kleinunternehmer mehr. Denn: Er ist im Vorjahr (2025) über die 22.000 Euro-Grenze gekommen.

Die gesetzliche Regelung findet sich in § 19 des Umsatzsteuergesetzes.

Was müssen Selbstständige zur 50.000-Euro-Grenze wissen?


Bei dieser Grenze ist maßgeblich, ob sie voraussichtlich überschritten wird. Auf Verlangen des Finanzamtes muss der Kleinunternehmer begründen, wie er zu dem Schluss gekommen ist, das sein Umsatz für das betreffende Jahr darunter liegen wird. Macht das Unternehmen dann im betreffenden Jahr unerwartet doch einen Umsatz über 50.000 Euro, gilt er trotzdem noch für dieses Jahr als Kleinunternehmer. Diese Eigenschaft entfällt also nicht rückwirkend.

Wann entfällt die Kleinunternehmer-Eigenschaft bei der Umsatzsteuer?


Wenn ein Kleinunternehmer in einem Jahr die Umsatzgrenze von 22.000 Euro überschreitet, entfällt im darauffolgenden Jahr seine Kleinunternehmereigenschaft und er wird umsatzsteuerpflichtig. Und zwar auch dann, wenn sein Umsatz dann wieder sinkt.

Beispiel: Existenzgründung 2024.

Umsatz 2024: 16.000 Euro: Kleinunternehmer
Umsatz 2025: 23.000 Euro: Kleinunternehmer
Umsatz 2026: 21.000 Euro: Umsatzsteuerpflicht, da Grenze im Vorjahr überschritten.

Was passiert, wenn ein Kleinunternehmer Kunden Umsatzsteuer berechnet?


In diesem Fall schuldet er dem Finanzamt die vereinnahmte Umsatzsteuer. Allerdings kann auf Antrag eine Steuerberichtigung stattfinden. Voraussetzung ist, dass der Unternehmer dem Finanzamt zuerst die Vorsteuern zurückgezahlt hat, welche ihm erstattet wurden.

Was hat es mit dem Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung auf sich?


Selbstständige mit geringen Umsätzen haben die Möglichkeit, auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung zu verzichten. Dies müssen sie dem Finanzamt mitteilen.

Die Folge: Sie müssen Umsatzsteuer auf ihren Rechnungen ausweisen, diese abführen und die erforderlichen Umsatzsteuererklärungen abgeben. Der Vorteil: Sie können sich die Umsatzsteuer, welche sie selbst an andere Unternehmer bezahlen, vom Finanzamt als Vorsteuer anrechnen bzw. erstatten lassen. Dies kann sich gerade bei hohen Anfangsinvestitionen lohnen. Ein solcher Verzicht bietet sich auch an, wenn als Kunden überwiegend Unternehmen beliefert werden, die selbst umsatzsteuerpflichtig sind. Denn: Diesen kann der Unternehmer so günstigere Preise bieten, als wenn er Kleinunternehmer wäre. Schließlich muss ein Kleinunternehmer wie eine Privatperson seine Rechnungen inklusive Umsatzsteuer bezahlen - und diese muss in die Preiskalkulation einfließen.

Aber Vorsicht: An eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Finanzamt sind Unternehmer fünf Jahre lang gebunden. Sie können sich also nicht im zweiten Jahr einfach umentscheiden, weil ihnen der Bürokratieaufwand zu hoch ist.

Praxistipp zur Kleinunternehmerregelung bei der Umsatzsteuer


Kommt es beim Thema Umsatzsteuer zu Unstimmigkeiten mit dem Finanzamt, empfiehlt sich eine fachkundige Beratung. Hier kann ein Fachanwalt für Steuerrecht die Situation am besten einschätzen und sinnvolle Vorgehensweisen empfehlen.

(Wk)


 Günter Warkowski
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