Knöllchen auf Supermarkt-Parkplatz: Wer muss zahlen?
20.12.2019, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Dass man auf privaten Parkplätzen, z.B. auf dem vom Supermarkt, abgeschleppt werden kann, wenn man dort unzulässigerweise parkt, ist bekannt. Aber ein Knöllchen? Einen Strafzettel für falsches Parken darf doch nur die Polizei ausstellen – wird sich mancher Autofahrer denken. Und diese ist auf Privatgelände nicht zuständig. Trotzdem kann es unangenehme Folgen haben, wenn man zum Beispiel auf dem Parkplatz eines Geschäfts oder Krankenhauses die erlaubte Parkdauer überschreitet oder parkt, ohne dort etwas zu tun zu haben. Auch der Betreiber des Geschäfts oder der jeweiligen Institution kann nämlich einen Strafzettel ausstellen. Rechtlich gesehen ist dies dann allerdings kein Strafzettel für eine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Vertragsstrafe. Der Bundesgerichtshof hat diese Praxis bestätigt.
Wer sein Auto auf einem privaten Parkplatz abstellt, schließt allein dadurch schon einen Vertrag ab. Stehen an dem Parkplatz Schilder, die Regeln für das Parken festlegen, muss er sich an diese Regeln halten – denn sie sind Vertragsbestandteil. Der Parkplatzbetreiber kann auf seinem Gelände durchaus festlegen, wo und wie geparkt werden darf. Er kann also zum Beispiel Parkplätze nur für Behinderte ausweisen, Frauenparkplätze festlegen oder auch bestimmen, dass nur seine Kunden dort parken dürfen. Ebenso kann er eine Höchstparkdauer festlegen, die nicht überschritten werden darf.
All dies gilt unabhängig davon, ob für das Parken Geld bezahlt werden muss. Dies hat rechtlich gesehen nur Einfluss darauf, um welche Vertragsart es sich handelt: Ist eine Parkgebühr zu zahlen, handelt es sich um einen Mietvertrag. Ist das Parken unentgeltlich, liegt ein Leihvertrag vor. Die Leihe ist ein im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelter Vertragstyp, bei dem es darum geht, jemand anderem etwas unentgeltlich vorübergehend zur Verfügung zu stellen.
Gibt es nun also einen Vertrag, kann auch eine Vertragsstrafe vereinbart werden, wenn sich ein Vertragspartner nicht daran hält. Dies fällt dann unter "Allgemeine Geschäftsbedingungen". Daher kann und darf ein Parkplatzbetreiber auf seinem privaten Gelände durchaus ein Schild aufstellen, auf dem steht: "Höchstparkdauer 60 Minuten – bei Überschreitung werden 30 Euro fällig".
Der Bundesgerichtshof hat sich mit einem Fall befasst, der sich auf einem Krankenhausparkplatz abspielte. Dort gab es eine ausgeschilderte Höchstparkdauer, das Parken war mit Parkscheibe kostenlos. Außerdem waren Parkplätze für Krankenhausmitarbeiter reserviert. Das Krankhaus hatte den Betrieb des Partkplatzes einem Unternehmen übertragen, dass sich mit der Bewirtschaftung von Parkplätzen beschäftigt.
Der PKW einer Frau war dort dreimal unzulässig abgestellt worden – einmal wurde die Höchstparkdauer überschritten, zweimal stand das Auto auf Mitarbeiter-Parkplätzen. Das Betreiberunternehmen ermittelte über Halteranfragen die Fahrzeughalterin und stellte ihr jeweils die per Beschilderung angedrohten mindestens 30 Euro als erhöhtes Parkentgelt in Rechnung. Dazu kamen die Kosten für die Halteranfragen und das Inkasso – insgesamt 214,50 Euro. Sie weigerte sich zu zahlen. Ihre Begründung: Sie selbst sei das Auto an diesen Tagen nicht gefahren und habe daher auch keinen Vertrag abgeschlossen.
Vor dem Bundesgerichtshof machte diese Argumentation wenig Eindruck. Grundsätzlich komme hier zwar der Vertrag zwischen Fahrer und Parkplatzbetreiber zustande. Man könne von der Frau keinen Schadensersatz verlangen, nur weil sie die Halterin des Fahrzeugs sei. Aber: Sie habe hier nicht wirksam bestritten, selbst gefahren zu sein. Dazu hätte sie nämlich angeben müssen, wer denn sonst als Fahrer in Betracht komme.
Hier kommt eine Beweislastregel zur Anwendung, die man als "sekundäre Darlegungslast" bezeichnet: In Fällen, in denen der eigentlich Beweispflichtige (hier der Kläger) gar keine Möglichkeit hat, festzustellen, welche Person seine Rechte verletzt hat, muss der Prozessgegner an seiner Entlastung mitwirken.
Der Parkplatzbetreiber habe hier keine zumutbare Möglichkeit, die Identität der Leute festzustellen, die ihre Fahrzeuge auf dem Krankenhausparkplatz abstellten. Ein Schrankensystem sei für einen kostenlosen Parkplatz zu viel Aufwand. Daher sei es der Halterin eines falsch geparkten Autos zuzumuten, bei der Aufklärung mitzuhelfen. Normalerweise wisse jeder, wem er sein Auto zur Verfügung stelle.
Der Fall wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Dort hat die Frau Gelegenheit, auszusagen, wer gefahren ist. Sagt sie dazu nichts, gilt sie mangels Gegenbeweis als Fahrerin und muss die Vertragsstrafe bezahlen (Urteil vom 18.12.2019, Az. XII ZR 13/19).
Mancher Supermarkt beauftragt ein Abschleppunternehmen damit, seinen Parkplatz im Auge zu behalten und Fremd- oder Dauerparker abzuschleppen. Diese bekommen anschließend eine saftige Rechnung. Dieses Vorgehen ist grundsätzlich legal. Prozessiert wird jedoch oft um die Höhe des Betrages oder um einzelne Rechnungspositionen. So gestand der Bundesgerichtshof einem verärgerten Parksünder 2009 zu, keine Inkassokosten zahlen zu müssen (15 Euro). 150 Euro Abschleppkosten musste er zahlen (Urteil vom 5. Juni 2009, Az. V ZR 144/08).
Auch, wer sein Auto am Bahnhof einfach mal auf den für Lokführer bestimmten Mitarbeiterparkplatz stellt, darf ohne weiteres abgeschleppt und zur Zahlung der Kosten herangezogen werden – irgendwelche Zettel mit Telefonnummer hinter der Windschutzscheibe ändern daran gar nichts (Amtsgericht München, Urteil vom 2.5.2016, Az. 122 C 31597/15)
Betreiber privater Parkplätze dürfen von Falschparkern ein erhöhtes Parkentgelt verlangen. Dieses muss letztlich der Halter bezahlen, wenn er nicht angibt, wer das Auto am fraglichen Tag gefahren ist. Im Streit mit dem Parkplatzbetreiber ist ein Fachanwalt für Verkehrsrecht der richtige Ansprechpartner. Er kann prüfen, ob eine solche Forderung berechtigt ist und ob sie nicht womöglich unverhältnismäßig hoch ausfällt.
Knöllchen kommen nicht immer von Behördenseite. Wer auf dem Gelände eines Supermarktes oder Krankenhauses parkt, muss mit Strafzetteln des privaten Parkplatz-Betreibers rechnen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Privater Parkplatz: Warum kann eine Vertragsstrafe gefordert werden? Welchen Fall hat der Bundesgerichtshof entschieden? Wer muss zahlen: Halter oder Fahrer? Welche Folgen drohen Falschparkern auf privaten Parkplätzen sonst noch? Praxistipp Privater Parkplatz: Warum kann eine Vertragsstrafe gefordert werden?
Wer sein Auto auf einem privaten Parkplatz abstellt, schließt allein dadurch schon einen Vertrag ab. Stehen an dem Parkplatz Schilder, die Regeln für das Parken festlegen, muss er sich an diese Regeln halten – denn sie sind Vertragsbestandteil. Der Parkplatzbetreiber kann auf seinem Gelände durchaus festlegen, wo und wie geparkt werden darf. Er kann also zum Beispiel Parkplätze nur für Behinderte ausweisen, Frauenparkplätze festlegen oder auch bestimmen, dass nur seine Kunden dort parken dürfen. Ebenso kann er eine Höchstparkdauer festlegen, die nicht überschritten werden darf.
All dies gilt unabhängig davon, ob für das Parken Geld bezahlt werden muss. Dies hat rechtlich gesehen nur Einfluss darauf, um welche Vertragsart es sich handelt: Ist eine Parkgebühr zu zahlen, handelt es sich um einen Mietvertrag. Ist das Parken unentgeltlich, liegt ein Leihvertrag vor. Die Leihe ist ein im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelter Vertragstyp, bei dem es darum geht, jemand anderem etwas unentgeltlich vorübergehend zur Verfügung zu stellen.
Gibt es nun also einen Vertrag, kann auch eine Vertragsstrafe vereinbart werden, wenn sich ein Vertragspartner nicht daran hält. Dies fällt dann unter "Allgemeine Geschäftsbedingungen". Daher kann und darf ein Parkplatzbetreiber auf seinem privaten Gelände durchaus ein Schild aufstellen, auf dem steht: "Höchstparkdauer 60 Minuten – bei Überschreitung werden 30 Euro fällig".
Welchen Fall hat der Bundesgerichtshof entschieden?
Der Bundesgerichtshof hat sich mit einem Fall befasst, der sich auf einem Krankenhausparkplatz abspielte. Dort gab es eine ausgeschilderte Höchstparkdauer, das Parken war mit Parkscheibe kostenlos. Außerdem waren Parkplätze für Krankenhausmitarbeiter reserviert. Das Krankhaus hatte den Betrieb des Partkplatzes einem Unternehmen übertragen, dass sich mit der Bewirtschaftung von Parkplätzen beschäftigt.
Der PKW einer Frau war dort dreimal unzulässig abgestellt worden – einmal wurde die Höchstparkdauer überschritten, zweimal stand das Auto auf Mitarbeiter-Parkplätzen. Das Betreiberunternehmen ermittelte über Halteranfragen die Fahrzeughalterin und stellte ihr jeweils die per Beschilderung angedrohten mindestens 30 Euro als erhöhtes Parkentgelt in Rechnung. Dazu kamen die Kosten für die Halteranfragen und das Inkasso – insgesamt 214,50 Euro. Sie weigerte sich zu zahlen. Ihre Begründung: Sie selbst sei das Auto an diesen Tagen nicht gefahren und habe daher auch keinen Vertrag abgeschlossen.
Wer muss zahlen: Halter oder Fahrer?
Vor dem Bundesgerichtshof machte diese Argumentation wenig Eindruck. Grundsätzlich komme hier zwar der Vertrag zwischen Fahrer und Parkplatzbetreiber zustande. Man könne von der Frau keinen Schadensersatz verlangen, nur weil sie die Halterin des Fahrzeugs sei. Aber: Sie habe hier nicht wirksam bestritten, selbst gefahren zu sein. Dazu hätte sie nämlich angeben müssen, wer denn sonst als Fahrer in Betracht komme.
Hier kommt eine Beweislastregel zur Anwendung, die man als "sekundäre Darlegungslast" bezeichnet: In Fällen, in denen der eigentlich Beweispflichtige (hier der Kläger) gar keine Möglichkeit hat, festzustellen, welche Person seine Rechte verletzt hat, muss der Prozessgegner an seiner Entlastung mitwirken.
Der Parkplatzbetreiber habe hier keine zumutbare Möglichkeit, die Identität der Leute festzustellen, die ihre Fahrzeuge auf dem Krankenhausparkplatz abstellten. Ein Schrankensystem sei für einen kostenlosen Parkplatz zu viel Aufwand. Daher sei es der Halterin eines falsch geparkten Autos zuzumuten, bei der Aufklärung mitzuhelfen. Normalerweise wisse jeder, wem er sein Auto zur Verfügung stelle.
Der Fall wurde an die Vorinstanz zurückverwiesen. Dort hat die Frau Gelegenheit, auszusagen, wer gefahren ist. Sagt sie dazu nichts, gilt sie mangels Gegenbeweis als Fahrerin und muss die Vertragsstrafe bezahlen (Urteil vom 18.12.2019, Az. XII ZR 13/19).
Welche Folgen drohen Falschparkern auf privaten Parkplätzen sonst noch?
Mancher Supermarkt beauftragt ein Abschleppunternehmen damit, seinen Parkplatz im Auge zu behalten und Fremd- oder Dauerparker abzuschleppen. Diese bekommen anschließend eine saftige Rechnung. Dieses Vorgehen ist grundsätzlich legal. Prozessiert wird jedoch oft um die Höhe des Betrages oder um einzelne Rechnungspositionen. So gestand der Bundesgerichtshof einem verärgerten Parksünder 2009 zu, keine Inkassokosten zahlen zu müssen (15 Euro). 150 Euro Abschleppkosten musste er zahlen (Urteil vom 5. Juni 2009, Az. V ZR 144/08).
Auch, wer sein Auto am Bahnhof einfach mal auf den für Lokführer bestimmten Mitarbeiterparkplatz stellt, darf ohne weiteres abgeschleppt und zur Zahlung der Kosten herangezogen werden – irgendwelche Zettel mit Telefonnummer hinter der Windschutzscheibe ändern daran gar nichts (Amtsgericht München, Urteil vom 2.5.2016, Az. 122 C 31597/15)
Praxistipp
Betreiber privater Parkplätze dürfen von Falschparkern ein erhöhtes Parkentgelt verlangen. Dieses muss letztlich der Halter bezahlen, wenn er nicht angibt, wer das Auto am fraglichen Tag gefahren ist. Im Streit mit dem Parkplatzbetreiber ist ein Fachanwalt für Verkehrsrecht der richtige Ansprechpartner. Er kann prüfen, ob eine solche Forderung berechtigt ist und ob sie nicht womöglich unverhältnismäßig hoch ausfällt.
(Bu)