Krankengeld: Wann muss die gesetzliche Krankenkasse zahlen?

12.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Krankengeld,Arbeitsunfähigkeit,Krankschreibung,Krankenkasse Nicht immmer zahlen Krankenkassen bereitwillig Krankengeld. © - freepik

Krankengeld ist bei längerer Krankheit eine wichtige Hilfe für gesetzlich Versicherte. Nicht immer wird es jedoch ohne weiteres gezahlt, und gelegentlich werden die Zahlungen auch eingestellt. Was ist zu tun?

Das Krankengeld ist eine Lohnersatzleistung. Es tritt an die Stelle des ausgefallenen Arbeitsentgelts. Anspruch auf Krankengeld haben nach § 44 Abs. 1 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V) Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht, oder sie auf Kosten der Krankenkasse in einem Krankenhaus oder in einer Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Als arbeitsunfähig gilt, wer infolge seiner Erkrankung nicht mehr seinem konkret ausgeübten Beruf nachgehen kann. Es geht dabei also nicht darum, überhaupt keinen Beruf mehr ausüben zu können.

Wer hat Anspruch auf Krankengeld?


Außer dem oben genannten Normalfall gibt es noch weitere Fälle, in denen man Anspruch auf Krankengeld haben kann: So haben neu eingestellte Arbeitnehmer in den ersten vier Wochen der Beschäftigung noch keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Stattdessen können sie Krankengeld von der Krankenkasse bekommen.

Empfänger von Arbeitslosengeld I bekommen in den ersten sechs Wochen einer Erkrankung das Arbeitslosengeld durch die Arbeitsagentur weiter gezahlt. Sind sie nach Ablauf dieser sechs Wochen immer noch krank, erhalten sie Krankengeld von der Krankenkasse.

Keinen Anspruch auf Krankengeld haben Ehepartner und Kinder, die in der gesetzlichen Familienversicherung mitversichert sind, sowie pflichtversicherte Praktikanten, Studenten und Empfänger von Arbeitslosengeld II.

Selbstständige, die freiwillig gesetzlich versichert sind, haben die Wahl: Sie können einen ermäßigten Beitrag zahlen und erhalten kein Krankengeld (Regelfall). Oder sie zahlen den vollen Satz und erhalten Krankengeld. Diese Wahl müssen sie jedoch ausdrücklich der Kasse mitteilen. Außerdem gibt es Wahltarife mit Krankengeldanspruch und die Möglichkeit, zusätzlich eine private Krankentagegeldversicherung abzuschließen.

Wann wird Arbeitnehmern Krankengeld gezahlt?


Arbeitnehmer, die arbeitsunfähig und krankgeschrieben sind, bekommen zuerst sechs Wochen lang Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber. Gesetzlich geregelt ist dies in § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz. Erst danach setzt die Zahlung von Krankengeld ein.

Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen das Krankengeld für höchstens 78 Wochen (anderthalb Jahre) innerhalb einer Blockfrist von drei Jahren wegen derselben Krankheit. Wenn während der Dauer der Krankengeldzahlung eine weitere Krankheit hinzukommt, wird die Leistungsdauer von maximal 78 Wochen nicht verlängert (§ 48 SGB V).

Wie hoch ist das Krankengeld?


Die Höhe des Krankengeldes beträgt 70 Prozent des wegen der Arbeitsunfähigkeit entgangenen regelmäßigen Arbeitsentgelts. Es darf 90 Prozent des Nettoarbeitsentgelts nicht überschreiten. Der niedrigere dieser beiden Werte wird um die Arbeitnehmeranteile zur gesetzlichen Sozialversicherung gekürzt. Die entsprechenden Beiträge werden von den Zahlungen abgezogen. Den Restbetrag erhält der Arbeitnehmer dann als Krankengeld ausgezahlt. Verschiedene Krankenkassen stellen online Krankengeldrechner zur Verfügung.

Wie beantrage ich Krankengeld?


Normalerweise sollte seit 2021 der behandelnde Arzt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung digital an die Krankenkasse schicken. Viele Arztpraxen sind dazu jedoch technisch noch nicht in der Lage, weshalb das neue System noch immer in der Testphase ist. Es ist wichtig, beim Arzt nachzufragen, ob dieser die AU-Bescheinigung selbst an die Kasse verschickt. Wenn nicht, muss dies der Arbeitnehmer erledigen - und zwar am besten sofort nach der Krankschreibung. Ein gesonderter Antrag auf Krankengeld ist nicht notwendig. Hier kommt die Kasse auf die Versicherten zu.

Wie kann ich mich wehren, wenn die Kasse das Krankengeld vorzeitig einstellt?


In manchen Fällen teilt die Krankenkasse Versicherten mit, dass sie die Zahlung des Krankengeldes vor Ablauf des vollen Zeitraumes einstellen wird. Zum Teil wird dies mit einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) begründet, der die Person für arbeitsfähig hält. Der MDK entscheidet oft nach Aktenlage, ohne den Patienten zu untersuchen.

In diesem Fall können Versicherte Widerspruch einlegen und das Gutachten des MDK anfordern. Die Widerspruchsfrist beträgt einen Monat, die Begründung kann nachgereicht werden.

Eine Beurteilung nach Aktenlage ist nicht immer rechtens. Das Hessische Landessozialgericht hielt diese in einem konkreten Fall für nicht ausreichend. Dabei ging es um eine Bauingenieurin mit einer psychischen Erkrankung. Gerade in einem solchen Fall könne niemand aus der Ferne entscheiden, ob die Versicherte arbeitsfähig sei, so das Gericht. Nötig gewesen wären eine persönliche Untersuchung und die Einholung von Stellungnahmen der behandelnden Ärzte (Urteil vom 18.10.2007, Az. L 8 KR 228/06).

Im Übrigen kann auch der behandelnde Arzt gebeten werden, ein Zweitgutachten bei der Krankenkasse zu beantragen.

Praxistipp zum Krankengeld


Krankenkassen versuchen immer wieder, Krankengeldzahlungen abzukürzen oder vorzeitig zu beenden, zum Teil auch durch den Vorschlag von Rehamaßnahmen oder gar der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Solche Ansinnen sollten unbedingt gründlich geprüft und nicht vorschnell umgesetzt werden. Bei Problemen mit der Krankenkasse kann Ihnen ein Fachanwalt für Sozialrecht mit Rat und Tat zur Seite stehen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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