Krankes Kind im Corona-Herbst: Tipps für berufstätige Eltern
18.09.2020, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Die Corona-Infektionszahlen sollen im Herbst wieder steigen - bedingt dadurch, dass sich die Menschen in der kalten Jahreszeit wieder mehr in Innenräumen aufhalten und sich leichter gegenseitig anstecken. Auch sind mehr Erkältungskrankheiten und womöglich die übliche Grippewelle zu erwarten. Kinder mit Erkältungssymptomen werden aber sehr wahrscheinlich schnell von den Kitas nach Hause geschickt oder dürfen gar nicht erst hingehen. Eltern befürchten nun, dass sie ständig freinehmen müssen, um ihre Kinder selbst zu betreuen. Aber: Geht das überhaupt?
Gesetzlich versicherte Eltern, die ihr krankes Kind zu Hause betreuen müssen, haben einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit. Dieser setzt ein ärztliches Attest voraus und gilt grundsätzlich pro Kind für zehn Tage im Kalenderjahr; bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage. Voraussetzung ist außerdem, dass keine andere im gleichen Haushalt lebende Person das Kind betreuen kann. Der Anspruch gilt für Kinder unter 12 Jahren oder behinderte Kinder, die auf Hilfe angewiesen sind.
Arbeitnehmer mit mehr als zwei Kindern können die Freistellung für höchstens 25 Arbeitstage, Alleinerziehende für höchstens 50 Arbeitstage in Anspruch nehmen.
Während der unbezahlten Zeit haben die betreuenden Elternteile Anspruch auf Kinderkrankengeld von der Krankenkasse. Rechtsgrundlage ist § 45 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V).
In der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Bundesländer am 27. August 2020 wurde beschlossen, gesetzlich zu regeln, dass die Anzahl dieser unbezahlten Fehltage zur Kinderbetreuung - der sogenannten Kinderkrankentage - für 2020 um fünf Tage pro Elternteil erhöht wird. Für Alleinerziehende sind es zehn Tage. Auch der Anspruch auf Kinderkrankengeld verlängert sich entsprechend. Das Gesetzgebungsverfahren läuft noch.
Tipp: Eltern sollten den Arbeitgeber - wie bei einer eigenen Erkrankung - unverzüglich am ersten Fehltag telefonisch informieren, sobald der Betrieb erreichbar ist. Ein ärztliches Attest für das Kind ist anders als bei einer eigenen Erkrankung generell schon am ersten Fehltag einzuholen und an dem Arbeitgeber weiterzuleiten, am besten sofort per E-Mail. Auch die Krankenkasse will sofort informiert werden, diese braucht ebenfalls ein Attest und die Bankdaten zur Überweisung.
Die Höhe des Kinderkrankengeldes liegt grundsätzlich bei 90 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Es ist jedoch gedeckelt und darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze pro Kalendertag nicht übersteigen. Berechnung:
Beitragsbemessungsgrenze 2020 pro Monat: 4.687,50 Euro x 70% = 3.281,25
Beitragsbemessungsgrenze pro Kalendertag: 3.281,25 / 30 Tage im Monat = 109,38 Euro
Vor der Auszahlung zieht die Krankenkasse Sozialversicherungsbeiträge von dem Bruttobetrag des Kinderkrankengeldes ab.
In dieser Situation einfach zu Hause zu bleiben, kann einen Kündigungsgrund darstellen (Arbeitsverweigerung). Eltern sollten in diesem Fall Urlaub nehmen und keinesfalls einfach der Arbeit fernbleiben.
Die bezahlte Freistellung beruht auf § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Nach dieser Vorschrift behält ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Arbeitslohn gegen den Arbeitgeber, wenn er "für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird".
Mit anderen Worten: Kann der Arbeitnehmer aus einem Grund nicht zur Arbeit kommen, für den er nichts kann und der aus seinem persönlichen Bereich kommt, kann er kurzzeitig bezahlt der Arbeit fernbleiben. Die Pflege eines kranken Kindes ist als Grund anerkannt. Es gibt jedoch keine feste Anzahl von Tagen, auf die man hier Anspruch hat - dies hängt vom Einzelfall ab, unter anderem vom Alter des Kindes. Von den Gerichten anerkannt werden maximal fünf Tage zum Beispiel bei einem achtjährigen Kind.
Aber: Wenn keine Erkrankung vorliegt - also das Kind zu Hause ist, weil die Kita wegen eines Infektionsfalles oder allgemeiner Infektionsschutzmaßnahmen behördlich geschlossen wurde - ist diese Regelung sehr wahrscheinlich nicht anwendbar. Dann handelt es sich nämlich um ein Problem, das alle Kinder dieser Kita betrifft und nicht um ein persönliches Problem aus dem Bereich des Arbeitnehmers.
Der große "Haken" bei dieser Regelung ist außerdem, dass es sich dabei um dispositives Recht handelt: Sie kann per Arbeitsvertrag schlicht für unwirksam erklärt oder auch anders geregelt werden. Dies ist oft der Fall. Und: Viele Tarifverträge enthalten detaillierte Regelungen, wie viele bezahlte Fehltage bei welchem Anlass zu gewähren sind.
Tipp: Arbeitnehmer sollten hier bei ihrer Personalabteilung oder dem Betriebsrat nachfragen und auch in ihrem Arbeitsvertrag nachlesen, was für sie gilt. Trifft die Vorschrift auf sie nicht zu, kann eine unbezahlte Freistellung mit Kinderkrankengeld nach dem Sozialgesetzbuch in Anspruch genommen werden.
Privat Versicherte haben keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld nach dem Sozialgesetzbuch und auch keinen entsprechenden Anspruch auf freie Tage. Denn diese Möglichkeit steht nur gesetzlich Versicherten offen, die Kinderkrankengeld bekommen.
Die einzige Möglichkeit besteht hier darin, eine bezahlte Freistellung nach § 616 BGB in Anspruch zu nehmen, soweit dies der Arbeitsvertrag nicht ausschließt (siehe oben). Hier gibt es keine feste Anzahl von Tagen.
Tipp: Einige Arbeitsverträge treffen eigene Regelungen, um auch privat Versicherten die Betreuung ihrer kranken Kinder zu ermöglichen. Hier empfiehlt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag - oder eine einvernehmliche Absprache mit dem Arbeitgeber.
In einigen Großstädten gibt es Kinder-Notbetreuungsdienste, die in Notfällen die Betreuung übernehmen - zum Beispiel, wenn ein wichtiger beruflicher Termin ansteht und das Kind ansonsten ohne Betreuungsperson zu Hause wäre. Die Kosten müssen die Eltern selbst tragen. Sie können sie aber unter Umständen als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen.
Näheres etwa unter https://www.notmuetterdienst.de/
Berufstätige Eltern können eine Entschädigung für einen Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz verlangen, wenn
- die Schule oder Kita aus Corona-Gründen geschlossen wird oder
- sie ihr krankes Kind zu Hause selbst betreuen müssen.
Voraussetzungen:
- Das Kind ist unter 12 oder wegen einer Behinderung hilfsbedürftig und
- es stehen keine anderen Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Rechtsgrundlage ist § 56 Abs. 1a InfSG.
Die Entschädigung beträgt 67 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Gezahlt wird sie für einen Zeitraum von höchstens zehn Wochen, bei Alleinerziehenden 20 Wochen. Die Entschädigung ist gedeckelt auf maximal 2.016 Euro für einen ganzen Monat. Ausgezahlt wird sie in den ersten sechs Wochen vom Arbeitgeber, der sie sich von der zuständigen Landes-Gesundheitsbehörde zurückholen kann und danach von der Behörde.
Bei Fragen zum Thema Kinderkrankentage, zum Arbeitsvertrag oder bei Streit mit dem Arbeitgeber um die Kinderbetreuung wenden Sie sich am besten an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dieser kann Ihren Fall individuell prüfen und Ihnen passenden Rat geben.
Der Herbst 2020 wird viele Familien vor große Herausforderungen stellen. Welche Regeln gelten derzeit für Arbeitnehmer mit Kindern? Wie lange darf man freinehmen, wenn das Kind krank wird?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was passiert, wenn das Kind nicht in die Kita darf? Wie hoch ist das Kinderkrankengeld? Was gilt, wenn die Kinderkrankentage aufgebraucht sind? Kind krank: Wann gibt es eine bezahlte Freistellung? Was gilt für privat Versicherte? Wichtiger Arbeitstermin - Kind krank - die Notlösung Entschädigung für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz Praxistipp Was passiert, wenn das Kind nicht in die Kita darf?
Gesetzlich versicherte Eltern, die ihr krankes Kind zu Hause betreuen müssen, haben einen Anspruch auf unbezahlte Freistellung von der Arbeit. Dieser setzt ein ärztliches Attest voraus und gilt grundsätzlich pro Kind für zehn Tage im Kalenderjahr; bei Alleinerziehenden sind es 20 Tage. Voraussetzung ist außerdem, dass keine andere im gleichen Haushalt lebende Person das Kind betreuen kann. Der Anspruch gilt für Kinder unter 12 Jahren oder behinderte Kinder, die auf Hilfe angewiesen sind.
Arbeitnehmer mit mehr als zwei Kindern können die Freistellung für höchstens 25 Arbeitstage, Alleinerziehende für höchstens 50 Arbeitstage in Anspruch nehmen.
Während der unbezahlten Zeit haben die betreuenden Elternteile Anspruch auf Kinderkrankengeld von der Krankenkasse. Rechtsgrundlage ist § 45 des fünften Sozialgesetzbuches (SGB V).
In der Konferenz der Bundeskanzlerin mit den Regierungschefs der Bundesländer am 27. August 2020 wurde beschlossen, gesetzlich zu regeln, dass die Anzahl dieser unbezahlten Fehltage zur Kinderbetreuung - der sogenannten Kinderkrankentage - für 2020 um fünf Tage pro Elternteil erhöht wird. Für Alleinerziehende sind es zehn Tage. Auch der Anspruch auf Kinderkrankengeld verlängert sich entsprechend. Das Gesetzgebungsverfahren läuft noch.
Tipp: Eltern sollten den Arbeitgeber - wie bei einer eigenen Erkrankung - unverzüglich am ersten Fehltag telefonisch informieren, sobald der Betrieb erreichbar ist. Ein ärztliches Attest für das Kind ist anders als bei einer eigenen Erkrankung generell schon am ersten Fehltag einzuholen und an dem Arbeitgeber weiterzuleiten, am besten sofort per E-Mail. Auch die Krankenkasse will sofort informiert werden, diese braucht ebenfalls ein Attest und die Bankdaten zur Überweisung.
Wie hoch ist das Kinderkrankengeld?
Die Höhe des Kinderkrankengeldes liegt grundsätzlich bei 90 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Es ist jedoch gedeckelt und darf 70 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze pro Kalendertag nicht übersteigen. Berechnung:
Beitragsbemessungsgrenze 2020 pro Monat: 4.687,50 Euro x 70% = 3.281,25
Beitragsbemessungsgrenze pro Kalendertag: 3.281,25 / 30 Tage im Monat = 109,38 Euro
Vor der Auszahlung zieht die Krankenkasse Sozialversicherungsbeiträge von dem Bruttobetrag des Kinderkrankengeldes ab.
Was gilt, wenn die Kinderkrankentage aufgebraucht sind?
In dieser Situation einfach zu Hause zu bleiben, kann einen Kündigungsgrund darstellen (Arbeitsverweigerung). Eltern sollten in diesem Fall Urlaub nehmen und keinesfalls einfach der Arbeit fernbleiben.
Kind krank: Wann gibt es eine bezahlte Freistellung?
Die bezahlte Freistellung beruht auf § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Nach dieser Vorschrift behält ein Arbeitnehmer seinen Anspruch auf Arbeitslohn gegen den Arbeitgeber, wenn er "für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird".
Mit anderen Worten: Kann der Arbeitnehmer aus einem Grund nicht zur Arbeit kommen, für den er nichts kann und der aus seinem persönlichen Bereich kommt, kann er kurzzeitig bezahlt der Arbeit fernbleiben. Die Pflege eines kranken Kindes ist als Grund anerkannt. Es gibt jedoch keine feste Anzahl von Tagen, auf die man hier Anspruch hat - dies hängt vom Einzelfall ab, unter anderem vom Alter des Kindes. Von den Gerichten anerkannt werden maximal fünf Tage zum Beispiel bei einem achtjährigen Kind.
Aber: Wenn keine Erkrankung vorliegt - also das Kind zu Hause ist, weil die Kita wegen eines Infektionsfalles oder allgemeiner Infektionsschutzmaßnahmen behördlich geschlossen wurde - ist diese Regelung sehr wahrscheinlich nicht anwendbar. Dann handelt es sich nämlich um ein Problem, das alle Kinder dieser Kita betrifft und nicht um ein persönliches Problem aus dem Bereich des Arbeitnehmers.
Der große "Haken" bei dieser Regelung ist außerdem, dass es sich dabei um dispositives Recht handelt: Sie kann per Arbeitsvertrag schlicht für unwirksam erklärt oder auch anders geregelt werden. Dies ist oft der Fall. Und: Viele Tarifverträge enthalten detaillierte Regelungen, wie viele bezahlte Fehltage bei welchem Anlass zu gewähren sind.
Tipp: Arbeitnehmer sollten hier bei ihrer Personalabteilung oder dem Betriebsrat nachfragen und auch in ihrem Arbeitsvertrag nachlesen, was für sie gilt. Trifft die Vorschrift auf sie nicht zu, kann eine unbezahlte Freistellung mit Kinderkrankengeld nach dem Sozialgesetzbuch in Anspruch genommen werden.
Was gilt für privat Versicherte?
Privat Versicherte haben keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld nach dem Sozialgesetzbuch und auch keinen entsprechenden Anspruch auf freie Tage. Denn diese Möglichkeit steht nur gesetzlich Versicherten offen, die Kinderkrankengeld bekommen.
Die einzige Möglichkeit besteht hier darin, eine bezahlte Freistellung nach § 616 BGB in Anspruch zu nehmen, soweit dies der Arbeitsvertrag nicht ausschließt (siehe oben). Hier gibt es keine feste Anzahl von Tagen.
Tipp: Einige Arbeitsverträge treffen eigene Regelungen, um auch privat Versicherten die Betreuung ihrer kranken Kinder zu ermöglichen. Hier empfiehlt sich ein Blick in den Arbeitsvertrag - oder eine einvernehmliche Absprache mit dem Arbeitgeber.
Wichtiger Arbeitstermin - Kind krank - die Notlösung
In einigen Großstädten gibt es Kinder-Notbetreuungsdienste, die in Notfällen die Betreuung übernehmen - zum Beispiel, wenn ein wichtiger beruflicher Termin ansteht und das Kind ansonsten ohne Betreuungsperson zu Hause wäre. Die Kosten müssen die Eltern selbst tragen. Sie können sie aber unter Umständen als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen.
Näheres etwa unter https://www.notmuetterdienst.de/
Entschädigung für Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz
Berufstätige Eltern können eine Entschädigung für einen Verdienstausfall nach dem Infektionsschutzgesetz verlangen, wenn
- die Schule oder Kita aus Corona-Gründen geschlossen wird oder
- sie ihr krankes Kind zu Hause selbst betreuen müssen.
Voraussetzungen:
- Das Kind ist unter 12 oder wegen einer Behinderung hilfsbedürftig und
- es stehen keine anderen Betreuungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Rechtsgrundlage ist § 56 Abs. 1a InfSG.
Die Entschädigung beträgt 67 Prozent des ausgefallenen Nettolohns. Gezahlt wird sie für einen Zeitraum von höchstens zehn Wochen, bei Alleinerziehenden 20 Wochen. Die Entschädigung ist gedeckelt auf maximal 2.016 Euro für einen ganzen Monat. Ausgezahlt wird sie in den ersten sechs Wochen vom Arbeitgeber, der sie sich von der zuständigen Landes-Gesundheitsbehörde zurückholen kann und danach von der Behörde.
Praxistipp
Bei Fragen zum Thema Kinderkrankentage, zum Arbeitsvertrag oder bei Streit mit dem Arbeitgeber um die Kinderbetreuung wenden Sie sich am besten an einen Fachanwalt für Arbeitsrecht. Dieser kann Ihren Fall individuell prüfen und Ihnen passenden Rat geben.
(Ma)