Krankmeldung per WhatsApp: Ist das erlaubt?
12.07.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Heute ist es für viele Menschen völlig normal geworden, Termine oder organisatorische Fragen nicht mehr per Anruf oder gar schriftlich, per Fax oder E-Mail zu klären, sondern über Kurznachrichten (SMS) oder über Messenger-Dienste wie zum Beispiel WhatsApp. Der Gedanke liegt nicht fern, diese Mittel auch bei einer Krankmeldung zu nutzen. Schließlich sind sie schnell, bequem und der Chef kann einem keine unangenehmen mündlichen Fragen stellen. Nur: Der Chef ist vielleicht davon weniger begeistert. Eine solche Nachricht entgeht einem in der allgemeinen Nachrichtenflut nämlich nur allzu leicht. Bis man sie gelesen hat, sind durch das Fehlen des erkrankten Mitarbeiters vielleicht längst Probleme entstanden.
Wie sieht nun hier die Rechtslage aus? Darf man sich auf diesem Wege krank melden und was passiert, wenn es später Streit gibt und man Zugang und Inhalt der Krankmeldung beweisen muss? Hier kann es schnell um wichtige Fragen gehen wie unentschuldigtes Fehlen, Krankfeiern und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Wann ist eine Krankschreibung für Arbeitnehmer per Video oder Telefon möglich?
Zuerst sollte man sich klarmachen, dass es einen Unterschied zwischen einer Krankmeldung und einer Krankschreibung durch den Arzt gibt. Die Krankmeldung ist die erste Mitteilung des Arbeitnehmers selbst an den Chef, dass er heute nicht zur Arbeit erscheinen kann. Die Krankschreibung findet am gleichen Tag oder später durch einen Arzt statt.
Gesetzliche Vorschriften zur Krankmeldung gibt es im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Dieses Gesetz gibt Arbeitnehmern bei einer unverschuldeten Erkrankung für mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitslohnes.
Arbeitnehmer haben nach § 5 EntgFG die Pflicht, ihrem Arbeitgeber unverzüglich Mitteilung zu machen, wenn sie arbeitsunfähig erkrankt sind. Sie müssen dabei auch die voraussichtliche Dauer der Erkrankung mitteilen - so gut es eben geht. Wenn die Erkrankung länger als drei Kalendertage dauert, müssen erkrankte Arbeitnehmer zusätzlich ein ärztliches Attest über ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorlegen. Dieses wird auch als Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung oder umgangssprachlich “Krankenschein” oder “gelber Schein” bezeichnet.
Wichtig: Der Arbeitgeber darf die ärztliche Bescheinigung, also die Krankschreibung, durchaus auch früher verlangen, als es im Gesetz steht. Er kann sie also auch schon am ersten Tag einfordern. Wenn sich herausstellt, dass eine Erkrankung länger dauert, als im Attest angegeben, muss der Beschäftigte noch einmal zum Arzt und eine weitere ärztliche Bescheinigung einholen.
Aus dem ärztlichen Attest muss nicht hervorgehen, um welche Erkrankung es sich handelt oder was diese verursacht hat. Persönliches Interesse des Chefs am Wohlergehen seiner Mitarbeiter ist zwar durchaus wünschenswert. Anspruch auf derartige persönliche Informationen hat er jedoch nicht. Ihre Verweigerung darf nicht zu Nachteilen für die Arbeitnehmer führen. Auch der Arzt darf daher dem Chef keine weiteren Auskünfte geben.
Im Gesetz ist von einer ”unverzüglichen” Krankmeldung die Rede. Aber: Kaum jemand, der morgens mit Fieber aufwacht, weiß vorher, wie lange genau er krank sein wird. Trotzdem: Man darf keinesfalls erst den Arzttermin später am Tag abwarten, bevor man sich krank meldet. Spätestens bei Arbeitsbeginn am ersten Krankheitstag müssen sich Arbeitnehmer in ihrem Betrieb melden und den Vorgesetzten oder die Personalabteilung über ihre Erkrankung informieren.
Wann danach in einem zweiten Schritt das ärztliche Attest vorzulegen ist, steht meist im Arbeitsvertrag. Laut Gesetz muss dies bei einer Erkrankung von mehr als drei Kalendertagen ”spätestens am darauffolgenden Arbeitstag” erfolgen. Dies wäre also der vierte Tag der Erkrankung. Wie erwähnt darf der Arbeitgeber das Attest / die ärztliche Krankschreibung aber auch schon früher verlangen.
Die Krankmeldung sollte auch beim richtigen und zuständigen Ansprechpartner erfolgen. Dies ist in einem kleineren Betrieb oft der Chef selbst. In größeren ist es meist die Personalabteilung. Es reicht nicht aus, sich nur bei einem Kollegen krankzumelden. In vielen Betrieben gibt es einen besonderen Ansprechpartner für Krankmeldungen. Daher sollten sich Arbeitnehmer rechtzeitig darüber informieren, wie dies in ihrem Betrieb gehandhabt wird und wie die Kontaktdaten der betreffenden Stelle sind.
Wie eine Krankmeldung erfolgen muss, ist nicht gesetzlich geregelt. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass sie zum richtigen Zeitpunkt (Arbeitsbeginn) an die richtige Person (Chef, Personalabteilung) erfolgt.
Auf keinen Fall ausreichend ist eine Krankmeldung an eine WhatsApp-Gruppe, auf die der Chef lediglich neben anderen Leuten Zugriff hat. Schließlich ist ja nicht gesagt, dass dieser morgens gleich zuerst dort hineinschaut.
Anders verhält es sich mit individuellen Nachrichten. Wenn der Chef selbst vor Arbeitsbeginn auf seinem Handy eine an ihn persönlich gerichtete WhatsApp-Nachricht des Arbeitnehmers mit einer Krankmeldung bekommt, in der auch die voraussichtliche Dauer der Erkrankung erwähnt wird, ist dies rechtlich ausreichend. Die Krankmeldung soll schließlich nur sicherstellen, dass der Chef bei der Organisation betrieblicher Abläufe den fehlenden Mitarbeiter berücksichtigen kann – und das ist hier der Fall.
Allerdings gibt es eine wichtige Einschränkung: Zulässig ist eine solche Krankmeldung per WhatsApp nur, wenn in dem Betrieb WhatsApp ein übliches Kommunikationsmittel zwischen Mitarbeitern und Chef ist. Wenn es nicht üblich ist, WhatsApp zu verwenden, muss der Chef damit auch nicht rechnen. Der Arbeitnehmer hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Nachricht den Vorgesetzten wirklich erreicht.
Ein weiteres mögliches Problem: Wenn der Chef oder die Personalabteilung die Krankmeldung erst kurz vor Feierabend bekommt, weil irgendwo ein Server ausgefallen ist, muss sich der Mitarbeiter womöglich vorwerfen lassen, einen unsicheren Kommunikationsweg genutzt zu haben. Seine Pflichten hat er damit nicht erfüllt.
Der Chef kann übrigens auch darüber bestimmen, wie die Krankmeldung stattfinden soll. Er kann beispielsweise vorschreiben, dass diese mündlich per Telefon stattzufinden hat. Arbeitnehmer müssen sich an eine solche Anweisung halten.
Die Gerichte haben sich zur Krankmeldung per WhatsApp bisher nicht geäußert. Allerdings gibt es Urteile zur Krankmeldung per SMS, zum Beispiel vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 10.7.2014, Az. 5 Sa 63/14) und vom Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 4.6.2008, Az. 2 Ca 470/07). Beide äußerten keine grundsätzlichen Einwände gegen die Verwendung von SMS zur Krankmeldung. Aber: Das Arbeitsgericht Hamburg meinte, dass eine SMS eher nicht der beste denkbare Weg sei, um eine so wichtige Information zu übermitteln.
Man kann sich natürlich auch per E-Mail krankmelden. Aus rechtlicher Sicht ist dies grundsätzlich erlaubt. Ob es aber auch ratsam ist, ist eine andere Frage. Schließlich liegt es in der Verantwortung des Arbeitnehmers, dafür zu sorgen, dass die Nachricht den Arbeitgeber bis Arbeitsbeginn erreicht. Wenn der Chef seine E-Mails nicht rechtzeitig liest, kann man dem Arbeitnehmer eventuell vorwerfen, keinen sicheren Übermittlungsweg gewählt zu haben. Auch kommt es immer wieder vor, dass eine E-Mail erst mit einigem Zeitverlust den Empfänger erreicht.
Und: Unabhängig von möglichen technischen Problemen kann niemand wissen, wann eine E-Mail, SMS oder WhatsApp wirklich gelesen wird.
Meldet man sich zu spät, bei der falschen Person oder auf dem falschen Weg krank, besteht die Gefahr einer Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar einer Kündigung. Schließlich betrifft dies die Kernpflicht aus dem Arbeitsvertrag, nämlich das Erbringen der Arbeitsleistung.
Das Landesarbeitsgericht Hessen sah beispielsweise die ordentliche Kündigung eines Flugzeug-Reinigers nach 16 Jahren Betriebszugehörigkeit als wirksam an. Der Mann hatte sich innerhalb von sechs Jahren siebenmal zu spät krank gemeldet. Daher war er viermal abgemahnt worden (18.1.2011, Az. 12 Sa 522/10).
Übrigens: Solange der Chef noch kein ärztliches Attest vorliegen hat, darf er einem Mitarbeiter nach § 7 EntgFG die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigern.
Ein Hamburger Start-Up bot bei Erkältung eine Krankschreibung (nicht: Krankmeldung) per WhatsApp an. Dazu musste der Kunde auf einem Online-Formular ein paar Fragen zu seiner Erkrankung beantworten, seine Kontaktdaten angeben und sich für eine Bezahlvariante entscheiden, um den Preis von neun Euro zu begleichen. Dann machte er ein Foto von seiner Versichertenkarte und schickte es dem Unternehmen. Ein mit diesem kooperierender Arzt sah sich alles an, stellte eine Ferndiagnose und schickte den Krankenschein als Foto per WhatsApp sowie das Original per Post.
Der Hintergrund war, dass 2018 das in der ärztlichen Berufsordnung verankerte Fernbehandlungsverbot vom Deutschen Ärztetag gekippt worden war. Inzwischen dürfen Ärzte - im Einzelfall - auch Ferndiagnosen und -Behandlungen durchführen, auch bei bisher unbekannten Patienten. Voraussetzung sind entsprechende Regelungen in den Berufsordnungen der Ärztekammern der einzelnen Bundesländer. Der Ärztetag hat sich allerdings mehrheitlich gegen Fernkrankschreibungen ausgesprochen.
Das Geschäftsmodell war umstritten, da die Sicherheit der Diagnosen angezweifelt wurde. Auch wurden dabei sensible Daten über WhatsApp verschickt - dass dieser Dienst vom Verkauf von Kundendaten lebt, sollte inzwischen bekannt sein.
Das Oberlandesgericht Hamburg hat am 5.11.2020 entschieden, dass die Werbung für diese Dienstleistung gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. § 9 Heilmittelwerbegesetz verbietet die Werbung für die "Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung" beruhen. Die Ausnahme nach Satz 2 der Vorschrift, die eine Werbung für Fernbehandlungen erlaubt, wenn keine persönliche Konsultation des Arztes nötig ist, war aus Sicht des Gerichts hier nicht anzuwenden. Die Entscheidung, ob "im Einzelfall" auf einen persönlichen Arztbesuch verzichtet werden könne, müsse der Arzt treffen. Sie könne nicht einfach per App automatisiert werden (Urteil vom 5.11.2020, Az. 5 U 175/19).
Erkundigen Sie sich, was in Ihrem Betrieb der übliche Weg für die Krankmeldung ist. Vielleicht steht zu diesem Zweck eine besondere Telefonnummer oder E-Mailadresse zur Verfügung. Im Zweifel sind Sie mit einem Telefonanruf auf der sicheren Seite. Dann wissen Sie auch, dass Ihre Nachricht angekommen ist – und auch wann und bei wem. Hat ein Zeuge das Gespräch mitbekommen, ist dies im Streitfall für Sie von Vorteil. Im Fall einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht Sie bei den nötigen Schritten beraten.
Das Wichtigste in Kürze
1. Zeitpunkt der Krankmeldung: Die Krankmeldung hat am esten Arbeitstag zu erfolgen, an dem der Arbeitnehmer krankheitsbedingt der Arbeit fernbleibt. Sie ist nicht gleichzusetzen mit der Abgabe eines ärztlichen Attests.
2. Form der Krankmeldung: Die Form der Krankmeldung ist nicht gesetzlich geregelt. Es muss aber sichergestellt sein, dass sie zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Person erfolgt und diese auch erreicht. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann die Krankmeldung auch per Whatsapp, SMS oder Email erfolgen.
3. Abmahnung / Kündigung: Meldet sich ein Arbeitnehmer zu spät, bei der falschen Person oder auf dem falschen Weg krank, droht eine Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar einer Kündigung.
1. Zeitpunkt der Krankmeldung: Die Krankmeldung hat am esten Arbeitstag zu erfolgen, an dem der Arbeitnehmer krankheitsbedingt der Arbeit fernbleibt. Sie ist nicht gleichzusetzen mit der Abgabe eines ärztlichen Attests.
2. Form der Krankmeldung: Die Form der Krankmeldung ist nicht gesetzlich geregelt. Es muss aber sichergestellt sein, dass sie zum richtigen Zeitpunkt an die richtige Person erfolgt und diese auch erreicht. Ist diese Voraussetzung erfüllt, kann die Krankmeldung auch per Whatsapp, SMS oder Email erfolgen.
3. Abmahnung / Kündigung: Meldet sich ein Arbeitnehmer zu spät, bei der falschen Person oder auf dem falschen Weg krank, droht eine Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar einer Kündigung.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was muss eine Krankmeldung beinhalten? Bis wann muss ich mich krankmelden? An wen muss ich die Krankmeldung schicken? Reicht eine Krankmeldung per WhatsApp? Genügt eine Krankmeldung per SMS? Ist eine Krankmeldung per E-Mail ausreichend? Nicht ordnungsgemäß krankgemeldet: Abmahnung bzw. Kündigung? Ist eine Krankschreibung per WhatsApp zulässig? Praxistipp Wie sieht nun hier die Rechtslage aus? Darf man sich auf diesem Wege krank melden und was passiert, wenn es später Streit gibt und man Zugang und Inhalt der Krankmeldung beweisen muss? Hier kann es schnell um wichtige Fragen gehen wie unentschuldigtes Fehlen, Krankfeiern und die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall.
Wann ist eine Krankschreibung für Arbeitnehmer per Video oder Telefon möglich?
Was muss eine Krankmeldung beinhalten?
Zuerst sollte man sich klarmachen, dass es einen Unterschied zwischen einer Krankmeldung und einer Krankschreibung durch den Arzt gibt. Die Krankmeldung ist die erste Mitteilung des Arbeitnehmers selbst an den Chef, dass er heute nicht zur Arbeit erscheinen kann. Die Krankschreibung findet am gleichen Tag oder später durch einen Arzt statt.
Gesetzliche Vorschriften zur Krankmeldung gibt es im Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Dieses Gesetz gibt Arbeitnehmern bei einer unverschuldeten Erkrankung für mindestens sechs Wochen Anspruch auf Fortzahlung ihres Arbeitslohnes.
Arbeitnehmer haben nach § 5 EntgFG die Pflicht, ihrem Arbeitgeber unverzüglich Mitteilung zu machen, wenn sie arbeitsunfähig erkrankt sind. Sie müssen dabei auch die voraussichtliche Dauer der Erkrankung mitteilen - so gut es eben geht. Wenn die Erkrankung länger als drei Kalendertage dauert, müssen erkrankte Arbeitnehmer zusätzlich ein ärztliches Attest über ihre Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorlegen. Dieses wird auch als Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung oder umgangssprachlich “Krankenschein” oder “gelber Schein” bezeichnet.
Wichtig: Der Arbeitgeber darf die ärztliche Bescheinigung, also die Krankschreibung, durchaus auch früher verlangen, als es im Gesetz steht. Er kann sie also auch schon am ersten Tag einfordern. Wenn sich herausstellt, dass eine Erkrankung länger dauert, als im Attest angegeben, muss der Beschäftigte noch einmal zum Arzt und eine weitere ärztliche Bescheinigung einholen.
Aus dem ärztlichen Attest muss nicht hervorgehen, um welche Erkrankung es sich handelt oder was diese verursacht hat. Persönliches Interesse des Chefs am Wohlergehen seiner Mitarbeiter ist zwar durchaus wünschenswert. Anspruch auf derartige persönliche Informationen hat er jedoch nicht. Ihre Verweigerung darf nicht zu Nachteilen für die Arbeitnehmer führen. Auch der Arzt darf daher dem Chef keine weiteren Auskünfte geben.
Bis wann muss ich mich krankmelden?
Im Gesetz ist von einer ”unverzüglichen” Krankmeldung die Rede. Aber: Kaum jemand, der morgens mit Fieber aufwacht, weiß vorher, wie lange genau er krank sein wird. Trotzdem: Man darf keinesfalls erst den Arzttermin später am Tag abwarten, bevor man sich krank meldet. Spätestens bei Arbeitsbeginn am ersten Krankheitstag müssen sich Arbeitnehmer in ihrem Betrieb melden und den Vorgesetzten oder die Personalabteilung über ihre Erkrankung informieren.
Wann danach in einem zweiten Schritt das ärztliche Attest vorzulegen ist, steht meist im Arbeitsvertrag. Laut Gesetz muss dies bei einer Erkrankung von mehr als drei Kalendertagen ”spätestens am darauffolgenden Arbeitstag” erfolgen. Dies wäre also der vierte Tag der Erkrankung. Wie erwähnt darf der Arbeitgeber das Attest / die ärztliche Krankschreibung aber auch schon früher verlangen.
An wen muss ich die Krankmeldung schicken?
Die Krankmeldung sollte auch beim richtigen und zuständigen Ansprechpartner erfolgen. Dies ist in einem kleineren Betrieb oft der Chef selbst. In größeren ist es meist die Personalabteilung. Es reicht nicht aus, sich nur bei einem Kollegen krankzumelden. In vielen Betrieben gibt es einen besonderen Ansprechpartner für Krankmeldungen. Daher sollten sich Arbeitnehmer rechtzeitig darüber informieren, wie dies in ihrem Betrieb gehandhabt wird und wie die Kontaktdaten der betreffenden Stelle sind.
Reicht eine Krankmeldung per WhatsApp?
Wie eine Krankmeldung erfolgen muss, ist nicht gesetzlich geregelt. Es muss jedoch sichergestellt sein, dass sie zum richtigen Zeitpunkt (Arbeitsbeginn) an die richtige Person (Chef, Personalabteilung) erfolgt.
Auf keinen Fall ausreichend ist eine Krankmeldung an eine WhatsApp-Gruppe, auf die der Chef lediglich neben anderen Leuten Zugriff hat. Schließlich ist ja nicht gesagt, dass dieser morgens gleich zuerst dort hineinschaut.
Anders verhält es sich mit individuellen Nachrichten. Wenn der Chef selbst vor Arbeitsbeginn auf seinem Handy eine an ihn persönlich gerichtete WhatsApp-Nachricht des Arbeitnehmers mit einer Krankmeldung bekommt, in der auch die voraussichtliche Dauer der Erkrankung erwähnt wird, ist dies rechtlich ausreichend. Die Krankmeldung soll schließlich nur sicherstellen, dass der Chef bei der Organisation betrieblicher Abläufe den fehlenden Mitarbeiter berücksichtigen kann – und das ist hier der Fall.
Allerdings gibt es eine wichtige Einschränkung: Zulässig ist eine solche Krankmeldung per WhatsApp nur, wenn in dem Betrieb WhatsApp ein übliches Kommunikationsmittel zwischen Mitarbeitern und Chef ist. Wenn es nicht üblich ist, WhatsApp zu verwenden, muss der Chef damit auch nicht rechnen. Der Arbeitnehmer hat die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Nachricht den Vorgesetzten wirklich erreicht.
Ein weiteres mögliches Problem: Wenn der Chef oder die Personalabteilung die Krankmeldung erst kurz vor Feierabend bekommt, weil irgendwo ein Server ausgefallen ist, muss sich der Mitarbeiter womöglich vorwerfen lassen, einen unsicheren Kommunikationsweg genutzt zu haben. Seine Pflichten hat er damit nicht erfüllt.
Der Chef kann übrigens auch darüber bestimmen, wie die Krankmeldung stattfinden soll. Er kann beispielsweise vorschreiben, dass diese mündlich per Telefon stattzufinden hat. Arbeitnehmer müssen sich an eine solche Anweisung halten.
Genügt eine Krankmeldung per SMS?
Die Gerichte haben sich zur Krankmeldung per WhatsApp bisher nicht geäußert. Allerdings gibt es Urteile zur Krankmeldung per SMS, zum Beispiel vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 10.7.2014, Az. 5 Sa 63/14) und vom Arbeitsgericht Hamburg (Urteil vom 4.6.2008, Az. 2 Ca 470/07). Beide äußerten keine grundsätzlichen Einwände gegen die Verwendung von SMS zur Krankmeldung. Aber: Das Arbeitsgericht Hamburg meinte, dass eine SMS eher nicht der beste denkbare Weg sei, um eine so wichtige Information zu übermitteln.
Ist eine Krankmeldung per E-Mail ausreichend?
Man kann sich natürlich auch per E-Mail krankmelden. Aus rechtlicher Sicht ist dies grundsätzlich erlaubt. Ob es aber auch ratsam ist, ist eine andere Frage. Schließlich liegt es in der Verantwortung des Arbeitnehmers, dafür zu sorgen, dass die Nachricht den Arbeitgeber bis Arbeitsbeginn erreicht. Wenn der Chef seine E-Mails nicht rechtzeitig liest, kann man dem Arbeitnehmer eventuell vorwerfen, keinen sicheren Übermittlungsweg gewählt zu haben. Auch kommt es immer wieder vor, dass eine E-Mail erst mit einigem Zeitverlust den Empfänger erreicht.
Und: Unabhängig von möglichen technischen Problemen kann niemand wissen, wann eine E-Mail, SMS oder WhatsApp wirklich gelesen wird.
Nicht ordnungsgemäß krankgemeldet: Abmahnung bzw. Kündigung?
Meldet man sich zu spät, bei der falschen Person oder auf dem falschen Weg krank, besteht die Gefahr einer Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar einer Kündigung. Schließlich betrifft dies die Kernpflicht aus dem Arbeitsvertrag, nämlich das Erbringen der Arbeitsleistung.
Das Landesarbeitsgericht Hessen sah beispielsweise die ordentliche Kündigung eines Flugzeug-Reinigers nach 16 Jahren Betriebszugehörigkeit als wirksam an. Der Mann hatte sich innerhalb von sechs Jahren siebenmal zu spät krank gemeldet. Daher war er viermal abgemahnt worden (18.1.2011, Az. 12 Sa 522/10).
Übrigens: Solange der Chef noch kein ärztliches Attest vorliegen hat, darf er einem Mitarbeiter nach § 7 EntgFG die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigern.
Ist eine Krankschreibung per WhatsApp zulässig?
Ein Hamburger Start-Up bot bei Erkältung eine Krankschreibung (nicht: Krankmeldung) per WhatsApp an. Dazu musste der Kunde auf einem Online-Formular ein paar Fragen zu seiner Erkrankung beantworten, seine Kontaktdaten angeben und sich für eine Bezahlvariante entscheiden, um den Preis von neun Euro zu begleichen. Dann machte er ein Foto von seiner Versichertenkarte und schickte es dem Unternehmen. Ein mit diesem kooperierender Arzt sah sich alles an, stellte eine Ferndiagnose und schickte den Krankenschein als Foto per WhatsApp sowie das Original per Post.
Der Hintergrund war, dass 2018 das in der ärztlichen Berufsordnung verankerte Fernbehandlungsverbot vom Deutschen Ärztetag gekippt worden war. Inzwischen dürfen Ärzte - im Einzelfall - auch Ferndiagnosen und -Behandlungen durchführen, auch bei bisher unbekannten Patienten. Voraussetzung sind entsprechende Regelungen in den Berufsordnungen der Ärztekammern der einzelnen Bundesländer. Der Ärztetag hat sich allerdings mehrheitlich gegen Fernkrankschreibungen ausgesprochen.
Das Geschäftsmodell war umstritten, da die Sicherheit der Diagnosen angezweifelt wurde. Auch wurden dabei sensible Daten über WhatsApp verschickt - dass dieser Dienst vom Verkauf von Kundendaten lebt, sollte inzwischen bekannt sein.
Das Oberlandesgericht Hamburg hat am 5.11.2020 entschieden, dass die Werbung für diese Dienstleistung gegen das Wettbewerbsrecht verstößt. § 9 Heilmittelwerbegesetz verbietet die Werbung für die "Erkennung oder Behandlung von Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhaften Beschwerden, die nicht auf eigener Wahrnehmung" beruhen. Die Ausnahme nach Satz 2 der Vorschrift, die eine Werbung für Fernbehandlungen erlaubt, wenn keine persönliche Konsultation des Arztes nötig ist, war aus Sicht des Gerichts hier nicht anzuwenden. Die Entscheidung, ob "im Einzelfall" auf einen persönlichen Arztbesuch verzichtet werden könne, müsse der Arzt treffen. Sie könne nicht einfach per App automatisiert werden (Urteil vom 5.11.2020, Az. 5 U 175/19).
Praxistipp
Erkundigen Sie sich, was in Ihrem Betrieb der übliche Weg für die Krankmeldung ist. Vielleicht steht zu diesem Zweck eine besondere Telefonnummer oder E-Mailadresse zur Verfügung. Im Zweifel sind Sie mit einem Telefonanruf auf der sicheren Seite. Dann wissen Sie auch, dass Ihre Nachricht angekommen ist – und auch wann und bei wem. Hat ein Zeuge das Gespräch mitbekommen, ist dies im Streitfall für Sie von Vorteil. Im Fall einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber kann ein Fachanwalt für Arbeitsrecht Sie bei den nötigen Schritten beraten.
(Bu)