Herbstlaub als Unfallgefahr: Wer muss wie oft kehren?
24.10.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Das Herbslaub muss beseitigt werden, sonst drohen Unfälle © - freepik Das Wichtigste in Kürze
1. Verkehrssicherunspflicht: Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet Grundstückseigentümer dazu, ihre Grundstückswege so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht.
2. Übertragung auf Mieter: Vermieter können ihre Pflicht hinsichtlich der Beseitigung von Herbstlaub mit einer Vereinbarung im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen.
3. Häufigkeit der ReinigungDie Gerichte entscheiden oftmals so, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren. Fußgänger müssten sich auf eine Rutschgefahr einstellen.
1. Verkehrssicherunspflicht: Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet Grundstückseigentümer dazu, ihre Grundstückswege so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht.
2. Übertragung auf Mieter: Vermieter können ihre Pflicht hinsichtlich der Beseitigung von Herbstlaub mit einer Vereinbarung im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen.
3. Häufigkeit der ReinigungDie Gerichte entscheiden oftmals so, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren. Fußgänger müssten sich auf eine Rutschgefahr einstellen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Herbstlaub: Welche Pflichten haben Grundstückseigentümer? Wer muss Laub kehren: Mieter oder Vermieter? Wie oft muss das Laub beseitigt werden? Urteil: Muss der Gehweg morgens um sieben Uhr laubfrei sein? Herbststurm in Sicht: Muss man öfter Laub kehren? Urteil: Langes Liegenlassen von Laub führt zu Haftung Wie oft muss auf einem Krankenhausgelände Laub gekehrt werden? Muss ich Laub vom Nachbargrundstück dulden? Wann besteht ein Anspruch auf eine sogenannte Laubrente? Praxistipp zum Kehren von Herbstlaub Herbstlaub: Welche Pflichten haben Grundstückseigentümer?
Wer eine mögliche Gefahrenquelle für andere schafft oder betreibt, muss diese so gut wie möglich absichern, damit niemand zu Schaden kommt. Dies bezeichnet man auch als die Verkehrssicherungspflicht. Grundstückseigentümer sind daher grundsätzlich dazu verpflichtet, von Menschen genutzte Wege auf ihrem Grundstück so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht. Die Reinigung öffentlicher Straßen und Plätze müssen die Gemeinden übernehmen. Meist übertragen diese jedoch ihre Räum-, Streu- und Reinigungspflicht für Gehwege vor Privatgrundstücken auf die privaten Anlieger. Dies geschieht mit Hilfe kommunaler Satzungen. Daher sind Anwohner in der Regel dazu verpflichtet, das Herbstlaub auf dem Gehweg vor ihrem Grundstück zu beseitigen.
Wenn ein Passant stürzt und sich verletzt, weil der Inhaber der Verkehrssicherungspflicht das Kehren von Herbstlaub versäumt hat, kann er von diesem Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangen.
Wer muss Laub kehren: Mieter oder Vermieter?
Vermieterkönnen ihre Verkehrssicherungspflicht bezüglich der Beseitigung von Herbstlaub im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen. Allerdings kann diese Pflicht nie vollständig übertragen werden. In jedem Fall behält der Vermieter eine Aufsichts- und Kontrollpflicht. Er muss zumindest stichprobenartig kontrollieren, ob seine Mieter tatsächlich ihre Pflicht erfüllen und Laub kehren. Wenn dies nicht der Fall ist, muss er für Abhilfe sorgen. Entweder könnte er dann Druck auf die Mieter ausüben oder eine geeignete Fachfirma mit dem Laubkehren beauftragen. Deren Arbeit muss er natürlich ebenfalls stichprobenartig überprüfen. Es ist jedoch keine tägliche Beaufsichtigung der Person erforderlich, die den Gehweg von Herbstlaub befreit. Je zuverlässiger der Kehrpflichtige erscheint oder je sorgfältiger er ausgewählt wurde, desto weniger Kontrollen müssen stattfinden.
Wie oft muss das Laub beseitigt werden?
Für das Schneeräumen gibt es strenge Regeln. Berufstätige können sie oft nur schwer oder gar nicht einhalten. Dabei geht es beispielsweise um die geforderten Zeiten und die Häufigkeit des Schneeräumens. Das Problem ist, dass niemand vorher weiß, wann Schnee fallen wird und wann dadurch eine Gefahr entsteht.
Dies ist beim Herbstlaub völlig anders. Laub fällt im Herbst immer. Daher legen die Gerichte andere Maßstäbe an die Reinigungspflicht an. Alle Gerichtsurteile zu diesem Thema haben gemeinsam, dass die Gerichte von Passanten beim Thema Herbstlaub mehr Eigenverantwortung erwarten. Daher müssen Fußgänger und Radfahrer im Herbst selbst aufmerksamer sein, genau auf ihren Weg achten und mehr Vorsicht walten lassen. Jeder kann und muss sich auf feuchtes Laub auf Geh- und Radwegen einstellen.
Konsequenterweise verlangen die Gerichte von Grundstückseigentümern daher nicht, im Herbst täglich zwischen sieben und acht Uhr morgens schon alles Laub beseitigt zu haben und dies bei Bedarf womöglich noch alle paar Stunden zu wiederholen. Sie gehen stattdessen oft davon aus, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren.
Urteil: Muss der Gehweg morgens um sieben Uhr laubfrei sein?
Ein Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. besagt, dass Fußgänger morgens um sieben Uhr nicht mit einem laubfreien Gehweg rechnen dürfen. Zu dieser frühen Stunde müssen Passanten dem Gericht zufolge selbst darauf achten, nicht zu stürzen (Az. 2/23 O 368/98). Das Landgericht Coburg erklärte in einem anderen Fall, dass Grundstückseigentümer nicht dazu verpflichtet seien, jeden Tag das Laub auf Gehwegen zu beseitigen. Fußgänger müssten im Herbst besonders darauf achten, ob durch Laub Rutschgefahr besteht. In diesem Fall lag das letzte Kehren von Laub mehrere Tage zurück. Dies sah das Gericht als ausreichend an (Az. 14 O 742/07).
Herbststurm in Sicht: Muss man öfter Laub kehren?
Die Situation kann eine andere sein, wenn – etwa nach einem Herbststurm – mit besonders viel Laub zu rechnen ist. Die Gerichte erwarten dann von den Räumpflichtigen zusätzliche Kehrdurchgänge, damit Fußgänger den Gehweg vor dem Grundstück unfallfrei nutzen können. Wird der Weg besonders oft genutzt, muss man auch häufiger Laub fegen.
Es gibt jedoch keine fest vorgeschriebene Anzahl von Kehrdurchgängen. Diese hängt vom Einzelfall ab. Den Gehweg vor einem Einfamilienhaus muss man also nicht so häufig vom Laub befreien wie den einzigen Zuweg zu einem Hochhaus mit 150 Parteien. Gewerbetreibende mit Publikumsverkehr müssen öfter zum Besen greifen als private Grundstückseigentümer.
Urteil: Langes Liegenlassen von Laub führt zu Haftung
Das Oberlandesgericht Hamm entschied zum Unfall einer Radfahrerin. Die Frau hatte sich bei einem Sturz wegen nassem Laub auf einem öffentlichen Radweg verletzt. Für das Gericht war nicht ausschlaggebend, ob die Gemeinde nun jede Woche oder nur alle zwei Wochen Laub kehrte. Falle beim Auftreten der ersten Nachtfröste in erheblicher Menge Herbstlaub auf die Wege, müsse die Gemeinde auch außerhalb ihres regelmäßigen Kehrplanes aktiv werden.
Bei Laub sei zwar nicht solche Eile geboten wie beim Winterdienst. Es sei trotzdem nicht hinzunehmen, wenn Laub so lange liegen bleibe, dass sich eine mächtige Laubschicht mit vermoderter Laubunterlage bilden könne. Dies sei hier jedoch passiert. Deswegen müsse die Gemeinde für den Sturz der Radfahrerin haften. Allerdings müsse sich die Klägerin eine Mitschuld anrechnen lassen, weil sie den sichtbar erheblich mit Laub bedeckten Radweg überhaupt benutzt hatte (Urteil vom 9.12.2005, Az. 9 U 170/04).
Wie oft muss auf einem Krankenhausgelände Laub gekehrt werden?
Mit dem Sturz eines älteren Patienten auf einem Krankenhausgelände befasste sich das Oberlandesgericht Schleswig. Der Mann hatte von seinem Auto auf dem Parkplatz Kleidung und Waschzeug für seinen Klinikaufenthalt geholt. Auf dem Rückweg zur Klinik rutschte er auf feuchtem Herbstlaub aus, stürzte und verletzte sich.
Nach Ansicht des Krankenhauses war es völlig ausreichend, einmal pro Woche Laub zu fegen. Dies sah das Gericht anders: Auf dem Klinikgelände herrsche besonders viel Publikumsverkehr. Es seien auch viele ältere oder gebrechliche Patienten unterwegs. Deswegen müsse das Krankenhaus im Herbst einmal täglich und bei Bedarf auch öfter Laub kehren.
Am Ende musste die Klinik trotzdem keinen Schadensersatz bezahlen. Es stellte sich nämlich heraus, dass der zuständige Mitarbeiter seinen Job besonders ernst genommen hatte. Auch ohne Anweisung hatte er tatsächlich ein- bis zweimal am Tag die Wege von Laub gereinigt. Das Gericht entschied daraufhin: Werde bei einer solchen Kehrhäufigkeit immer noch Laub durch den Wind auf einen Weg geweht und rutsche dann jemand darauf aus, hafte die Klinik nicht (Urteil vom 8.10.2013, Az. 11 U 16/13).
Muss ich Laub vom Nachbargrundstück dulden?
Grundstückseigentümer müssen es in vielen Fällen hinnehmen, dass im Herbst auch mal Laub vom Nachbargrundstück auf ihr Grundstück fällt oder geweht wird. Dies zeigt zum Beispiel ein Urteil des Amtsgerichts München. Dort ging es um einen Lindenbaum, von dem besonders viel Herbstlaub, Blüten, Samen und kleine Äste auf das Nachbargrundstück fielen. Auch die nachbarliche Dachrinne war schnell damit verstopft. Das Gericht entschied: Hier liege der Laubfall noch im ortsüblichen Rahmen. Diese Situation müsse ein "durchschnittlich empfindender und denkender, verständiger Durchschnittsbenutzer" einfach hinnehmen. Daher ging der Nachbar mit seiner Forderung nach einer sogenannten Laubrente leer aus. So bezeichnet man eine Entschädigung für den zusätzlich anfallenden Reinigungsaufwand (Urteil vom 26.3.2013, Az. 114 C 31118/12).
Wann besteht ein Anspruch auf eine sogenannte Laubrente?
Einen Anspruch auf eine Laubrente – also auf eine regelmäßige Kostenerstattung für das Laubentfernen – haben Nachbarn nur im Ausnahmefall. Sie müssen dafür besonders außergewöhnliche und nicht mehr ortsübliche Belastungen durch Laub vom Nachbargrundstück nachweisen. Entschieden hat dies der Bundesgerichtshof. Im konkreten Fall hatten Kiefernnadeln angeblich Abläufe verstopft und die Abschaffung eines Gartenteichs veranlasst, da sich dieser ständig mit modrigen Nadeln füllte und das Wasser verdarb. Allerdings fällte der BGH keine endgültige Entscheidung, sondern verwies die Sache zur Klärung von Einzelheiten an die Vorinstanz zurück (Urteil vom 14.11.2003, Az. V ZR 102/03).
2017 gestand der BGH jedoch einem Nachbarn einen Anspruch auf eine Laubrente zu. Mehrere hohe Bäume auf dem Nachbargrundstück hatten den vorgeschriebenen Grenzabstand nicht eingehalten. Allerdings durften diese aufgrund landesgesetzlicher Regelungen und abgelaufener Fristen nicht zurückgeschnitten werden (Urteil vom 27.10.2017, Az. V ZR 8/17).
2024 ging es vor dem OLG Frankfurt/M. um einen Hauseigentümer, der unter den Baumkronen zweier 90 Jahre alter Eichen seines Nachbarn einen neuen Swimmingpool gebaut hatte. Auf dem Nachbargrundstück waren die Eichen vor vielen Jahren in einem Abstand von 1,7 und 2,7 Metern zur Grundstücksgrenze gepflanzt worden. Damit waren die vorgeschriebenen Grenzabstände nicht eingehalten worden. Nun fielen Laub und Eicheln in den schönen neuen Pool. Dessen Besitzer forderte von seinem Nachbarn eine monatliche Laubrente von 277 Euro für zusätzliche Reinigungskosten.
Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens lehnte das Gericht einen Anspruch auf eine Laubrente hier ab. In diesem Fall stelle das Maß des Laub- und Eichelabwurfes keine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks dar. Eine gärtnerische Nutzung sei weiter möglich. Es sei nur geringfügiger zusätzlicher Reinigungsaufwand erforderlich. Für die Dachrinnen könne man billige Schutzgitter kaufen. Dem Gericht zufolge hätte hier eine Einhaltung des Grenzabstandes bei den großen Eichen gar nichts geändert, da deren Kronen auch dann über das Nachbargrundstück geragt hätten.
Zwar sah das Gericht beim Pool durchaus eine wesentliche Beeinträchtigung. Hier seien jedoch alle Umstände mit einzubeziehen. Wer einen Swimming-Pool auf einem Grundstück mit altem Baumbestand errichte, müsse damit leben, dass auch Blätter in den Pool fallen könnten. Schon beim Bau des Pools unter den Bäumen des Nachbarn habe der Kläger gewusst, dass es genau so kommen werde. Auch sei die komplette Wohngegend von großen, alten Bäumen geprägt. Fazit: Wer in einer solchen Umgebung einen Pool baut, muss selbst das Laub herausfischen und bekommt dafür keine Entschädigung (Urteil vom 16.8.2024, Az. 19 U 67/23).
Praxistipp zum Kehren von Herbstlaub
Beim Kehren oder Fegen von Herbstlaub gelten weniger strenge Regeln als beim Winterdienst. Beim Herbstlaub sind Grundstückseigentümer auf der sicheren Seite, wenn sie regelmäßig die Gehwege ihres Grundstücks von Laub befreien. So lassen sich Schadensersatzforderungen von Fußgängern und Fahrradfahrern meist vermeiden. Unbedingt zu empfehlen ist eine Haftpflichtversicherung. Kommt es trotz allem zu einem Rechtsstreit, kann ein im Zivilrecht tätiger Rechtsanwalt helfen.
(Ma)