Herbstlaub als Unfallgefahr: Wer muss wie oft kehren?
07.11.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Feuchtes und rutschiges Herbstlaub stellt eine erhebliche Gefahr für Fußgänger und Radfahrer dar. Im Herbst führt es immer wieder zu Unfällen und Stürzen mit Verletzungen. Deswegen kommt es oft zu Gerichtsverfahren mit hohen Schadensersatzforderungen. Natürlich gibt es Regeln für das Laubkehren. Zum Teil werden diese mit denen für das Schneeräumen verglichen. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede: Bei den bunten Blättern im Herbst stellen die Gerichte nämlich höhere Anforderungen an die Eigenverantwortung von Passanten. Der einfache Grund ist: Im Herbst fällt nun einmal das Herbstlaub - und zwar immer und fast überall. Daher müssen Passanten auch immer und überall damit rechnen.
Wer eine mögliche Gefahrenquelle für andere schafft oder betreibt, muss diese so gut es geht absichern, damit niemand zu Schaden kommt. Dies nennt man auch die Verkehrssicherungspflicht. Sie verpflichtet Grundstückseigentümer grundsätzlich dazu, von Menschen genutzte Wege auf ihrem Grundstück so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht. Die Reinigung öffentlicher Straßen und Plätze ist Sache der Gemeinden. Meist übertragen sie ihre Räum-, Streu- und Reinigungspflicht für Gehwege vor Privatgrundstücken auf die privaten Anlieger. Dies passiert mit Hilfe kommunaler Satzungen. Diese verpflichten die Anwohner unter anderem zum Beseitigen von Herbstlaub auf dem Gehweg.
Stürzt ein Passant und verletzt sich, weil der Inhaber der Verkehrssicherungspflicht das Kehren von Herbstlaub versäumt hat, kann er von diesem Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern.
Vermieter können ihre Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Beseitigung von Herbstlaub per Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen. Diese Pflicht kann jedoch nie komplett übertragen werden. Der Vermieter behält immer eine Aufsichts- und Kontrollpflicht. Daher muss er zumindest stichprobenartig kontrollieren, ob seine Mieter tatsächlich ihre Pflichten erfüllen. Ist dies nicht der Fall, muss er für Abhilfe sorgen, indem er entweder Druck auf die Mieter ausübt oder eine geeignete Firma beauftragt. Natürlich muss er deren Arbeit ebenfalls kontrollieren. Nicht erforderlich ist eine tägliche Beaufsichtigung der Person, die den Gehweg von Herbstlaub befreit. Je zuverlässiger der Kehrpflichtige erscheint oder je sorgfältiger er ausgewählt wurde, desto weniger Kontrolle ist nötig.
Die Regeln für das Schneeräumen sind streng. Häufig können sie Berufstätige schwer oder gar nicht einhalten. Dabei geht es zum Beispiel um die geforderten Zeiten und die Häufigkeit des Schneeräumens. Das Problem: Niemand weiß vorher, wann Schnee fallen wird und wann dadurch eine Gefahr entsteht.
Beim Herbstlaub ist dies jedoch anders. Laub fällt im Herbst immer. Die Gerichte legen daher andere Maßstäbe an die Reinigungspflicht an. Alle Gerichtsurteile zu diesem Thema zeigen, dass von Passanten beim Thema Herbstlaub mehr Eigenverantwortung erwartet wird. Fußgänger müssen im Herbst selbst aufmerksamer sein, genau auf ihren Weg achten und mehr Vorsicht walten lassen. Jeder kann und muss sich auf feuchtes Laub auf Geh- und Radwegen einstellen.
Konsequenterweise fordern die Gerichte von Grundstückseigentümern auch nicht, im Herbst täglich zwischen sieben und acht Uhr morgens schon alles Laub beseitigt zu haben und dies bei Bedarf womöglich noch alle paar Stunden zu wiederholen. Stattdessen gehen sie häufig sogar davon aus, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren.
Nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. dürfen Fußgänger morgens um sieben Uhr nicht mit einem laubfreien Gehweg rechnen. Zu dieser frühen Stunde müssen Passanten dem Gericht zufolge selbst darauf achten, nicht zu stürzen (Az. 2/23 O 368/98). In einem anderen Fall erklärte das Landgericht Coburg, dass Grundstückseigentümer nicht dazu verpflichtet seien, jeden Tag das Laub auf Gehwegen zu beseitigen. Im Herbst müssten Fußgänger besonders darauf achten, ob durch Laub Rutschgefahr besteht. Im konkreten Fall lag das letzte Kehren von Laub mehrere Tage zurück – dies betrachtete das Gericht als ausreichend (Az. 14 O 742/07).
Anders kann es aussehen, wenn man – etwa nach einem Herbststurm – mit besonders viel Laub rechnen muss. Dann erwarten die Gerichte vom Räumpflichtigen zusätzliche Kehrdurchgänge, damit Fußgänger den Gehweg vor dem Grundstück unfallfrei nutzen können. Auf besonders oft genutzten Wegen muss man auch häufiger Laub fegen.
Allerdings gibt es keine fest vorgeschriebene Anzahl von Kehrdurchgängen. Diese hängt vom Einzelfall ab. So muss man etwa den Gehweg vor einem Einfamilienhaus nicht so oft vom Laub befreien, wie den einzigen Zuweg zu einem Hochhaus mit 150 Parteien. Gewerbetreibende mit Publikumsverkehr müssen häufiger zum Besen greifen als private Grundstückseigentümer.
Vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es um den Unfall einer Radfahrerin. Die Frau war auf einem öffentlichen Radweg wegen nassem Laub gestürzt und hatte sich verletzt. Das Gericht hielt es nicht für entscheidend, ob die Gemeinde nun jede Woche oder nur alle zwei Wochen Laub kehrte. Wenn beim Auftreten der ersten Nachtfröste in erheblicher Menge Herbstlaub auf die Wege falle, müsse die Gemeinde auch außerhalb ihres regelmäßigen Kehrplanes aktiv werden.
Zwar sei beim Laub nicht solche Eile geboten, wie beim Winterdienst. Trotzdem sei es nicht hinzunehmen, wenn Laub so lange liegen bleibe, dass sich eine mächtige Laubschicht mit vermoderter Laubunterlage bilden könne. Genau dies sei hier passiert. Daher hafte die Gemeinde für den Sturz der Radfahrerin. Diese musste sich jedoch eine Mitschuld anrechnen lassen, weil sie den sichtbar erheblich mit Laub bedeckten Radweg überhaupt benutzt hatte (Urteil vom 9.12.2005, Az. 9 U 170/04).
Das Oberlandesgericht Schleswig befasste sich mit dem Sturz eines älteren Patienten auf einem Krankenhausgelände. Der Mann hatte von seinem Auto auf dem Parkplatz Kleidung und Waschzeug für seinen Klinikaufenthalt geholt. Er rutschte auf dem Rückweg zur Klinik auf feuchtem Herbstlaub aus, stürzte und verletzte sich.
Nach Meinung des Krankenhauses war es völlig ausreichend, einmal pro Woche Laub zu fegen. Das Gericht sah dies anders: Auf dem Klinikgelände herrsche besonders viel Publikumsverkehr, inklusive vieler älterer oder gebrechlicher Patienten. Daher müsse das Krankenhaus im Herbst einmal täglich und bei Bedarf auch öfter Laub kehren.
Die Klinik musste am Ende jedoch trotzdem nicht zahlen: Es stellte sich nämlich heraus, dass der zuständige Mitarbeiter seinen Job besonders ernst genommen hatte. Er hatte auch ohne Anweisung tatsächlich ein- bis zweimal am Tag die Wege von Laub gereinigt. Daraufhin entschied das Gericht: Wenn bei einer solchen Kehrhäufigkeit immer noch Laub durch den Wind auf einen Weg geweht werde und dann jemand darauf ausrutsche, hafte die Klinik nicht (Urteil vom 8.10.2013, Az. 11 U 16/13).
In vielen Fällen müssen es Grundstückseigentümer hinnehmen, dass im Herbst auch mal Laub vom Nachbargrundstück auf ihr Grundstück fällt oder geweht wird. Dies ergibt sich zum Beispiel aus einem Urteil des Amtsgerichts München. Dabei ging es um einen Lindenbaum, von dem besonders viel Herbstlaub, Blüten, Samen und kleine Äste auf das Nachbargrundstück herabfielen. Auch die nachbarliche Dachrinne war schnell damit verstopft. Das Gericht entschied dazu: Der Laubfall bewege sich noch im ortsüblichen Rahmen. Ein "durchschnittlich empfindender und denkender, verständiger Durchschnittsbenutzer" müsse diese Situation hinnehmen. Der Nachbar ging daher mit seiner Forderung nach einer sogenannten Laubrente leer aus. Dabei handelt es sich um eine Entschädigung für den zusätzlich anfallenden Reinigungsaufwand (Urteil vom 26.3.2013, Az. 114 C 31118/12).
Ein Anspruch auf eine Laubrente – also auf regelmäßige Kostenerstattung für das Laubentfernen – besteht nur im Ausnahmefall. Dazu müssen besonders außergewöhnliche und nicht mehr ortsübliche Belastungen durch Laub vom Nachbargrundstück vorliegen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. Im damaligen Fall hatten Kiefernnadeln angeblich Abläufe verstopft und die Abschaffung eines Gartenteichs veranlasst, weil sich dieser ständig mit modrigen Nadeln füllte und das Wasser verdarb. Der BGH fällte hier jedoch keine endgültige Entscheidung, sondern verwies die Sache zur Klärung von Einzelheiten zurück an die Vorinstanz (Urteil vom 14.11.2003, Az. V ZR 102/03).
Der BGH gestand jedoch 2017 einem Nachbarn einen Anspruch auf eine Laubrente zu. Dabei ging es um mehrere hohe Bäume auf dem Nachbargrundstück, die den vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhielten. Diese durften jedoch aufgrund landesgesetzlicher Regelungen und abgelaufener Fristen nicht zurückgeschnitten werden (Urteil vom 27.10.2017, Az. V ZR 8/17).
2024 befasste sich das OLG Frankfurt/M. mit dem Fall eines Hauseigentümers, der unter den Baumkronen zweier 90 Jahre alter Eichen seines Nachbarn einen neuen Swimmingpool gebaut hatte. Die Eichen waren auf dem Nachbargrundstück in einem Abstand von 1,7 und 2,7 Metern zur Grundstücksgrenze gepflanzt worden - also ohne Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzabstände. Nun fielen Laub und Eicheln in den schönen neuen Pool. Dessen Besitzer verlangte von seinem Nachbarn eine monatliche Laubrente von 277 Euro für zusätzliche Reinigungskosten.
Das Gericht lehnte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens einen Anspruch auf eine Laubrente komplett ab. Hier stelle das Maß des Laub- und Eichelabwurfes keine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks dar. Eine gärtnerische Nutzung könne weiter stattfinden und es sei nur geringer zusätzlicher Reinigungsaufwand nötig. Für die Dachrinnen könne man billige Schutzgitter kaufen. Eine Einhaltung des Grenzabstandes bei den Bäumen hätte bei den großen Eichen dem Gericht zufolge nichts geändert.
Beim Pool sah das Gericht zwar durchaus eine wesentliche Beeinträchtigung. Aber: Hier seien alle Umstände mit einzubeziehen. Wer einen Swimming-Pool auf einem Grundstück mit altem Baumbestand errichte, müsse damit leben, dass auch Blätter in den Pool fallen. Der Kläger habe beim Bau des Pools unter den Bäumen des Nachbarn gewusst, dass dies der Fall sein würde. Die ganze Wohngegend sei von großen, alten Bäumen geprägt. Fazit: Wer in einer solchen Umgebung einen Pool baut, muss selbst das Laub herausfischen und erhält dafür keine Entschädigung (Urteil vom 16.8.2024, Az. 19 U 67/23).
Die Regeln für das Kehren oder Fegen von Herbstlaub sind weniger streng als die Regeln für den Winterdienst bei Schnee und Eis. Grundstückseigentümer sind beim Herbstlaub auf der sicheren Seite, wenn sie regelmäßig die Gehwege ihres Grundstücks von Laub befreien. So können sie Schadensersatzforderungen von Fußgängern und Fahrradfahrern vorbeugen. Zu empfehlen ist auch eine Haftpflichtversicherung. Wenn es dann doch zu einem Rechtsstreit kommt, kann ein im Zivilrecht tätiger Rechtsanwalt helfen.
Das Wichtigste in Kürze
1. Verkehrssicherunspflicht: Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet Grundstückseigentümer dazu, Grundstückswege so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht. Die für öffentliche Straßen und Plätze zuständigen Gemeinden, übertragen ihre Reinigungspflicht oft auf die privaten Anlieger.
2. Übertragung auf Mieter: Vermieter können ihre Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Beseitigung von Herbstlaub mit einer Vereinbarung im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen. Allerdings behält der Vermieter immer die Aufsichts- und Kontrollpflicht.
3. Häufigkeit der ReinigungDie Gerichte entscheiden oftmals so, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren. Fußgänger müssten sich wegen des andauernden Laubfalls auf feuchtes Laub und infolge Rutschgefahr einstellen.
1. Verkehrssicherunspflicht: Die Verkehrssicherungspflicht verpflichtet Grundstückseigentümer dazu, Grundstückswege so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht. Die für öffentliche Straßen und Plätze zuständigen Gemeinden, übertragen ihre Reinigungspflicht oft auf die privaten Anlieger.
2. Übertragung auf Mieter: Vermieter können ihre Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Beseitigung von Herbstlaub mit einer Vereinbarung im Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen. Allerdings behält der Vermieter immer die Aufsichts- und Kontrollpflicht.
3. Häufigkeit der ReinigungDie Gerichte entscheiden oftmals so, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren. Fußgänger müssten sich wegen des andauernden Laubfalls auf feuchtes Laub und infolge Rutschgefahr einstellen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Herbstlaub: Welche Pflichten haben Grundstückseigentümer? Wer muss Laub kehren: Mieter oder Vermieter? Wie oft muss das Laub beseitigt werden? Urteil: Muss der Gehweg morgens um sieben Uhr laubfrei sein? Herbststurm in Sicht: Muss man öfter Laubkehren? Urteil: Langes Liegenlassen von Laub führt zu Haftung Wie oft muss auf einem Krankenhausgelände Laub gekehrt werden? Muss ich Laub vom Nachbargrundstück dulden? Wann besteht ein Anspruch auf eine sogenannte Laubrente? Praxistipp zum Kehren von Herbstlaub Herbstlaub: Welche Pflichten haben Grundstückseigentümer?
Wer eine mögliche Gefahrenquelle für andere schafft oder betreibt, muss diese so gut es geht absichern, damit niemand zu Schaden kommt. Dies nennt man auch die Verkehrssicherungspflicht. Sie verpflichtet Grundstückseigentümer grundsätzlich dazu, von Menschen genutzte Wege auf ihrem Grundstück so von Laub frei zu halten, dass keine Rutschgefahr besteht. Die Reinigung öffentlicher Straßen und Plätze ist Sache der Gemeinden. Meist übertragen sie ihre Räum-, Streu- und Reinigungspflicht für Gehwege vor Privatgrundstücken auf die privaten Anlieger. Dies passiert mit Hilfe kommunaler Satzungen. Diese verpflichten die Anwohner unter anderem zum Beseitigen von Herbstlaub auf dem Gehweg.
Stürzt ein Passant und verletzt sich, weil der Inhaber der Verkehrssicherungspflicht das Kehren von Herbstlaub versäumt hat, kann er von diesem Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern.
Wer muss Laub kehren: Mieter oder Vermieter?
Vermieter können ihre Verkehrssicherungspflicht hinsichtlich der Beseitigung von Herbstlaub per Mietvertrag auf ihre Mieter übertragen. Diese Pflicht kann jedoch nie komplett übertragen werden. Der Vermieter behält immer eine Aufsichts- und Kontrollpflicht. Daher muss er zumindest stichprobenartig kontrollieren, ob seine Mieter tatsächlich ihre Pflichten erfüllen. Ist dies nicht der Fall, muss er für Abhilfe sorgen, indem er entweder Druck auf die Mieter ausübt oder eine geeignete Firma beauftragt. Natürlich muss er deren Arbeit ebenfalls kontrollieren. Nicht erforderlich ist eine tägliche Beaufsichtigung der Person, die den Gehweg von Herbstlaub befreit. Je zuverlässiger der Kehrpflichtige erscheint oder je sorgfältiger er ausgewählt wurde, desto weniger Kontrolle ist nötig.
Wie oft muss das Laub beseitigt werden?
Die Regeln für das Schneeräumen sind streng. Häufig können sie Berufstätige schwer oder gar nicht einhalten. Dabei geht es zum Beispiel um die geforderten Zeiten und die Häufigkeit des Schneeräumens. Das Problem: Niemand weiß vorher, wann Schnee fallen wird und wann dadurch eine Gefahr entsteht.
Beim Herbstlaub ist dies jedoch anders. Laub fällt im Herbst immer. Die Gerichte legen daher andere Maßstäbe an die Reinigungspflicht an. Alle Gerichtsurteile zu diesem Thema zeigen, dass von Passanten beim Thema Herbstlaub mehr Eigenverantwortung erwartet wird. Fußgänger müssen im Herbst selbst aufmerksamer sein, genau auf ihren Weg achten und mehr Vorsicht walten lassen. Jeder kann und muss sich auf feuchtes Laub auf Geh- und Radwegen einstellen.
Konsequenterweise fordern die Gerichte von Grundstückseigentümern auch nicht, im Herbst täglich zwischen sieben und acht Uhr morgens schon alles Laub beseitigt zu haben und dies bei Bedarf womöglich noch alle paar Stunden zu wiederholen. Stattdessen gehen sie häufig sogar davon aus, dass es im Herbst ausreicht, einmal in der Woche Laub zu kehren.
Urteil: Muss der Gehweg morgens um sieben Uhr laubfrei sein?
Nach einem Urteil des Landgerichts Frankfurt a. M. dürfen Fußgänger morgens um sieben Uhr nicht mit einem laubfreien Gehweg rechnen. Zu dieser frühen Stunde müssen Passanten dem Gericht zufolge selbst darauf achten, nicht zu stürzen (Az. 2/23 O 368/98). In einem anderen Fall erklärte das Landgericht Coburg, dass Grundstückseigentümer nicht dazu verpflichtet seien, jeden Tag das Laub auf Gehwegen zu beseitigen. Im Herbst müssten Fußgänger besonders darauf achten, ob durch Laub Rutschgefahr besteht. Im konkreten Fall lag das letzte Kehren von Laub mehrere Tage zurück – dies betrachtete das Gericht als ausreichend (Az. 14 O 742/07).
Herbststurm in Sicht: Muss man öfter Laubkehren?
Anders kann es aussehen, wenn man – etwa nach einem Herbststurm – mit besonders viel Laub rechnen muss. Dann erwarten die Gerichte vom Räumpflichtigen zusätzliche Kehrdurchgänge, damit Fußgänger den Gehweg vor dem Grundstück unfallfrei nutzen können. Auf besonders oft genutzten Wegen muss man auch häufiger Laub fegen.
Allerdings gibt es keine fest vorgeschriebene Anzahl von Kehrdurchgängen. Diese hängt vom Einzelfall ab. So muss man etwa den Gehweg vor einem Einfamilienhaus nicht so oft vom Laub befreien, wie den einzigen Zuweg zu einem Hochhaus mit 150 Parteien. Gewerbetreibende mit Publikumsverkehr müssen häufiger zum Besen greifen als private Grundstückseigentümer.
Urteil: Langes Liegenlassen von Laub führt zu Haftung
Vor dem Oberlandesgericht Hamm ging es um den Unfall einer Radfahrerin. Die Frau war auf einem öffentlichen Radweg wegen nassem Laub gestürzt und hatte sich verletzt. Das Gericht hielt es nicht für entscheidend, ob die Gemeinde nun jede Woche oder nur alle zwei Wochen Laub kehrte. Wenn beim Auftreten der ersten Nachtfröste in erheblicher Menge Herbstlaub auf die Wege falle, müsse die Gemeinde auch außerhalb ihres regelmäßigen Kehrplanes aktiv werden.
Zwar sei beim Laub nicht solche Eile geboten, wie beim Winterdienst. Trotzdem sei es nicht hinzunehmen, wenn Laub so lange liegen bleibe, dass sich eine mächtige Laubschicht mit vermoderter Laubunterlage bilden könne. Genau dies sei hier passiert. Daher hafte die Gemeinde für den Sturz der Radfahrerin. Diese musste sich jedoch eine Mitschuld anrechnen lassen, weil sie den sichtbar erheblich mit Laub bedeckten Radweg überhaupt benutzt hatte (Urteil vom 9.12.2005, Az. 9 U 170/04).
Wie oft muss auf einem Krankenhausgelände Laub gekehrt werden?
Das Oberlandesgericht Schleswig befasste sich mit dem Sturz eines älteren Patienten auf einem Krankenhausgelände. Der Mann hatte von seinem Auto auf dem Parkplatz Kleidung und Waschzeug für seinen Klinikaufenthalt geholt. Er rutschte auf dem Rückweg zur Klinik auf feuchtem Herbstlaub aus, stürzte und verletzte sich.
Nach Meinung des Krankenhauses war es völlig ausreichend, einmal pro Woche Laub zu fegen. Das Gericht sah dies anders: Auf dem Klinikgelände herrsche besonders viel Publikumsverkehr, inklusive vieler älterer oder gebrechlicher Patienten. Daher müsse das Krankenhaus im Herbst einmal täglich und bei Bedarf auch öfter Laub kehren.
Die Klinik musste am Ende jedoch trotzdem nicht zahlen: Es stellte sich nämlich heraus, dass der zuständige Mitarbeiter seinen Job besonders ernst genommen hatte. Er hatte auch ohne Anweisung tatsächlich ein- bis zweimal am Tag die Wege von Laub gereinigt. Daraufhin entschied das Gericht: Wenn bei einer solchen Kehrhäufigkeit immer noch Laub durch den Wind auf einen Weg geweht werde und dann jemand darauf ausrutsche, hafte die Klinik nicht (Urteil vom 8.10.2013, Az. 11 U 16/13).
Muss ich Laub vom Nachbargrundstück dulden?
In vielen Fällen müssen es Grundstückseigentümer hinnehmen, dass im Herbst auch mal Laub vom Nachbargrundstück auf ihr Grundstück fällt oder geweht wird. Dies ergibt sich zum Beispiel aus einem Urteil des Amtsgerichts München. Dabei ging es um einen Lindenbaum, von dem besonders viel Herbstlaub, Blüten, Samen und kleine Äste auf das Nachbargrundstück herabfielen. Auch die nachbarliche Dachrinne war schnell damit verstopft. Das Gericht entschied dazu: Der Laubfall bewege sich noch im ortsüblichen Rahmen. Ein "durchschnittlich empfindender und denkender, verständiger Durchschnittsbenutzer" müsse diese Situation hinnehmen. Der Nachbar ging daher mit seiner Forderung nach einer sogenannten Laubrente leer aus. Dabei handelt es sich um eine Entschädigung für den zusätzlich anfallenden Reinigungsaufwand (Urteil vom 26.3.2013, Az. 114 C 31118/12).
Wann besteht ein Anspruch auf eine sogenannte Laubrente?
Ein Anspruch auf eine Laubrente – also auf regelmäßige Kostenerstattung für das Laubentfernen – besteht nur im Ausnahmefall. Dazu müssen besonders außergewöhnliche und nicht mehr ortsübliche Belastungen durch Laub vom Nachbargrundstück vorliegen. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden. Im damaligen Fall hatten Kiefernnadeln angeblich Abläufe verstopft und die Abschaffung eines Gartenteichs veranlasst, weil sich dieser ständig mit modrigen Nadeln füllte und das Wasser verdarb. Der BGH fällte hier jedoch keine endgültige Entscheidung, sondern verwies die Sache zur Klärung von Einzelheiten zurück an die Vorinstanz (Urteil vom 14.11.2003, Az. V ZR 102/03).
Der BGH gestand jedoch 2017 einem Nachbarn einen Anspruch auf eine Laubrente zu. Dabei ging es um mehrere hohe Bäume auf dem Nachbargrundstück, die den vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhielten. Diese durften jedoch aufgrund landesgesetzlicher Regelungen und abgelaufener Fristen nicht zurückgeschnitten werden (Urteil vom 27.10.2017, Az. V ZR 8/17).
2024 befasste sich das OLG Frankfurt/M. mit dem Fall eines Hauseigentümers, der unter den Baumkronen zweier 90 Jahre alter Eichen seines Nachbarn einen neuen Swimmingpool gebaut hatte. Die Eichen waren auf dem Nachbargrundstück in einem Abstand von 1,7 und 2,7 Metern zur Grundstücksgrenze gepflanzt worden - also ohne Einhaltung der vorgeschriebenen Grenzabstände. Nun fielen Laub und Eicheln in den schönen neuen Pool. Dessen Besitzer verlangte von seinem Nachbarn eine monatliche Laubrente von 277 Euro für zusätzliche Reinigungskosten.
Das Gericht lehnte nach Einholung eines Sachverständigengutachtens einen Anspruch auf eine Laubrente komplett ab. Hier stelle das Maß des Laub- und Eichelabwurfes keine wesentliche Beeinträchtigung des Grundstücks dar. Eine gärtnerische Nutzung könne weiter stattfinden und es sei nur geringer zusätzlicher Reinigungsaufwand nötig. Für die Dachrinnen könne man billige Schutzgitter kaufen. Eine Einhaltung des Grenzabstandes bei den Bäumen hätte bei den großen Eichen dem Gericht zufolge nichts geändert.
Beim Pool sah das Gericht zwar durchaus eine wesentliche Beeinträchtigung. Aber: Hier seien alle Umstände mit einzubeziehen. Wer einen Swimming-Pool auf einem Grundstück mit altem Baumbestand errichte, müsse damit leben, dass auch Blätter in den Pool fallen. Der Kläger habe beim Bau des Pools unter den Bäumen des Nachbarn gewusst, dass dies der Fall sein würde. Die ganze Wohngegend sei von großen, alten Bäumen geprägt. Fazit: Wer in einer solchen Umgebung einen Pool baut, muss selbst das Laub herausfischen und erhält dafür keine Entschädigung (Urteil vom 16.8.2024, Az. 19 U 67/23).
Praxistipp zum Kehren von Herbstlaub
Die Regeln für das Kehren oder Fegen von Herbstlaub sind weniger streng als die Regeln für den Winterdienst bei Schnee und Eis. Grundstückseigentümer sind beim Herbstlaub auf der sicheren Seite, wenn sie regelmäßig die Gehwege ihres Grundstücks von Laub befreien. So können sie Schadensersatzforderungen von Fußgängern und Fahrradfahrern vorbeugen. Zu empfehlen ist auch eine Haftpflichtversicherung. Wenn es dann doch zu einem Rechtsstreit kommt, kann ein im Zivilrecht tätiger Rechtsanwalt helfen.
(Ma)