Mailchimp: Abmahngefahr durch geänderten Anmeldeprozess
31.10.2017, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Ma - Anwalt-Suchservice Der US-amerikanische Dienstleister Mailchimp hat mit Wirkung ab 31.10.2017 das Verfahren geändert, mit dem sich Internetnutzer für den Bezug eines Newsletters anmelden können. Verwendet wird jetzt generell und automatisch das sogenannte „Single-Opt-In“-Verfahren. Dieses Verfahren ist jedoch in Deutschland rechtlich problematisch, so dass sich Newsletter-Versender in Deutschland schnell einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung ausgesetzt sehen können.
Mailchimp ist ein Email-Marketing Provider. Mit Hilfe dieses Dienstes können Werbemails und Newsletter an eine Vielzahl von Emailadressen versandt werden. Mailchimp bietet Werkzeuge zur Erstellung ganzer Online-Werbekampagnen. Der Dienstleister gehört in den USA zu den größten auf diesem Gebiet.
Was unterscheidet erwünschte und auf Zielgruppen abgestimmte Werbung von Spam? Die Zustimmung des Empfängers. Kein Werbetreibender möchte, dass sein Newsletter oder sein neues Angebot gleich im Spamordner landet oder ungelesen gelöscht wird. Sitzt er in Deutschland, möchte er keine Abmahnung wegen unerwünschten Werbemaßnahmen bekommen. Daher werden bei gezielten Kampagnen Werbemails und Newsletter an Personen verschickt, die sich dafür angemeldet haben. Für diese Anmeldung gibt es nun verschiedene Verfahren. Das einfachste nennt sich „Single-Opt-In“. Dabei muss der Nutzer lediglich ein Online-Anmeldeformular ausfüllen – also zumindest seine Emailadresse angeben, einen Haken bei „Ich möchte diesen Newsletter“ setzen und auf „abschicken“ klicken – und er ist angemeldet. Etwas aufwändiger ist das „Double-Opt-In“-Verfahren. Dabei erhält der Nutzer erst noch eine Bestätigungs-Email an die angegebene Email-Adresse, in der er einen Link anklicken muss. Erst dann ist er endgültig für den Newsletter angemeldet.
Marketing-Fachleute streiten sich seit Jahren darum, welches Verfahren sinnvoller ist. Das Single-Opt-In-Verfahren hat den großen Vorteil der Einfachheit. Aber es hat auch den großen Nachteil, dass niemand weiß, ob der Nutzer tatsächlich seine eigene Email-Adresse eingegeben hat, oder die von jemand anderem, oder womöglich eine, die es gar nicht gibt. Vielleicht möchte er sich mit jemandem einen dummen Scherz erlauben, vielleicht hat er sich auch nur vertippt, und die Werbung geht ins Leere. Schlimmer noch, auch eine Eingabe von Adressen durch Schadprogramme, sogenannte Bots, erscheint heute möglich. Beim Double-Opt-In bestätigt der Nutzer mit seinem Klick auf den Anmeldelink, dass er tatsächlich die Person ist, die den Newsletter will. Und der Werbetreibende hat die Bestätigung, dass die Adresse existiert und funktioniert. Der Nachteil des Double-Opt-In besteht freilich darin, dass die Bestätigungs-Mail bei vielen Nutzern untergeht, im Spam-Ordner landet oder für einen reinen Willkommensgruß gehalten wird. Ein hoher Prozentsatz der Empfänger von Bestätigungs-Mails klickt den Link aus solchen Gründen nicht an, so gehen dem Werbetreibenden wertvolle Adressen verloren.
In Deutschland gibt es das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). § 7 Abs. 2 UWG erklärt Werbung per Email oder Telefon ohne vorherige Zustimmung des Verbrauchers für unzulässig. Diese stellt eine unzumutbare Belästigung des Verbrauchers dar. Es ist also irgendeine Form der Zustimmung, des „Opt-In“, erforderlich. Welche das zu sein hat, steht nicht im Gesetz. Aber: Das Single-Opt-In-Verfahren hat hier deutliche Nachteile. Gibt zum Beispiel jemand die Adresse eines anderen an, weil er diesen durch Werbemails belästigen möchte, hat der tatsächliche Empfänger nicht zugestimmt. Dass auch der Werbe-Versender getäuscht wurde, spielt hier keine Rolle – denn er ist dafür verantwortlich, dass seine Werbung nur bei Adressaten mit Zustimmung landet. Dies kann zu einer teuren Abmahnung führen, welche zum Beispiel durch Wettbewerbsvereine, Verbraucherschutzverbände oder Konkurrenten veranlasst werden kann.
Ein weiteres Problem besteht darin, dass der Newsletter-Versender auch in der Lage sein muss, die Einwilligung des Adressaten nachzuweisen (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Denn er ist im Zweifelsfall beweispflichtig. Beim Single-Opt-In kann er aber nicht nachweisen, dass die Adresse tatsächlich dem Betreffenden gehört, weil hier jeder irgendeine Adresse angeben kann. Die Gerichte fordern die genaue Dokumentation der Anmeldung des konkreten Adressaten – und diese ist im Grunde nur möglich, wenn man das Double-Opt-In-Verfahren verwendet und die Anmeldemails abspeichert (Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 9.4.2014, Az. 23 C 3876/13). Darüber hinaus muss der Nutzer auch jederzeit selbst die Dokumentation seiner Einwilligung abrufen können (§ 13 Abs. 2 Telemediengesetz). Auch dies ist beim Double-Opt-In eher zu gewährleisten.
Mailchimp hat nun bei allen Werbekampagnen und Newsletter-Aktionen vom bisherigen Double-Opt-In-Verfahren auf Single-Opt-In umgestellt. Dieses Verfahren wird also nun generell und automatisch angewendet. Amerikanische Nutzer sind darüber begeistert, da sie dies als Vereinfachung verstehen. Für deutsche Newsletter-Versender bedeutet die Umstellung jedoch die deutlich erhöhte Gefahr, sich wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen auszusetzen. Bei Nichtbeachtung kann es zu Unterlassungsklagen kommen. Werden Unterlassungserklärungen unterschrieben und dann weitere unzulässige Werbemails versendet, drohen hohe Vertragsstrafen. Mailchimp hat seine Kunden zwar auf die Änderung hingewiesen, ob die entsprechende Mail jedoch in der täglichen Lawine von Newslettern und AGB-Änderungen tatsächlich überall gelesen und der Handlungsbedarf erkannt wurde, bleibt zu bezweifeln. Dass die Änderung von Mailchimp ausgeht und nicht vom deutschen Nutzer, wird deutsche Gerichte wenig interessieren. Denn hier ist der Werbeversender in der Verantwortung und niemand sonst.
Mailchimp bietet weiterhin die Möglichkeit, auch das Double-Opt-In-Verfahren zu nutzen. Dafür muss der Werbe-Versender aber selbst aktiv werden und seine Einstellungen ändern. Dies ist nicht weiter problematisch. Das Double-Opt-In-Verfahren ist dabei als Standardeinstellung zu verwenden.
Wer einen Newsletter mit Hilfe des US-Dienstes Mailchimp versendet, muss aufpassen: Durch Änderungen zum 31. Oktober 2017 besteht die Gefahr von Abmahnungen nach deutschem Recht.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist Mailchimp und welche Dienste bietet es an? Was bedeuten Single-Opt-In und Double-Opt-In? Vor- und Nachteile der beiden Verfahren Die rechtliche Seite: Unlauterer Wettbewerb Ein Nachweis ist erforderlich Mailchimp: Umstellung des Verfahrens Was ist zu tun? Was ist Mailchimp und welche Dienste bietet es an?
Mailchimp ist ein Email-Marketing Provider. Mit Hilfe dieses Dienstes können Werbemails und Newsletter an eine Vielzahl von Emailadressen versandt werden. Mailchimp bietet Werkzeuge zur Erstellung ganzer Online-Werbekampagnen. Der Dienstleister gehört in den USA zu den größten auf diesem Gebiet.
Was bedeuten Single-Opt-In und Double-Opt-In?
Was unterscheidet erwünschte und auf Zielgruppen abgestimmte Werbung von Spam? Die Zustimmung des Empfängers. Kein Werbetreibender möchte, dass sein Newsletter oder sein neues Angebot gleich im Spamordner landet oder ungelesen gelöscht wird. Sitzt er in Deutschland, möchte er keine Abmahnung wegen unerwünschten Werbemaßnahmen bekommen. Daher werden bei gezielten Kampagnen Werbemails und Newsletter an Personen verschickt, die sich dafür angemeldet haben. Für diese Anmeldung gibt es nun verschiedene Verfahren. Das einfachste nennt sich „Single-Opt-In“. Dabei muss der Nutzer lediglich ein Online-Anmeldeformular ausfüllen – also zumindest seine Emailadresse angeben, einen Haken bei „Ich möchte diesen Newsletter“ setzen und auf „abschicken“ klicken – und er ist angemeldet. Etwas aufwändiger ist das „Double-Opt-In“-Verfahren. Dabei erhält der Nutzer erst noch eine Bestätigungs-Email an die angegebene Email-Adresse, in der er einen Link anklicken muss. Erst dann ist er endgültig für den Newsletter angemeldet.
Vor- und Nachteile der beiden Verfahren
Marketing-Fachleute streiten sich seit Jahren darum, welches Verfahren sinnvoller ist. Das Single-Opt-In-Verfahren hat den großen Vorteil der Einfachheit. Aber es hat auch den großen Nachteil, dass niemand weiß, ob der Nutzer tatsächlich seine eigene Email-Adresse eingegeben hat, oder die von jemand anderem, oder womöglich eine, die es gar nicht gibt. Vielleicht möchte er sich mit jemandem einen dummen Scherz erlauben, vielleicht hat er sich auch nur vertippt, und die Werbung geht ins Leere. Schlimmer noch, auch eine Eingabe von Adressen durch Schadprogramme, sogenannte Bots, erscheint heute möglich. Beim Double-Opt-In bestätigt der Nutzer mit seinem Klick auf den Anmeldelink, dass er tatsächlich die Person ist, die den Newsletter will. Und der Werbetreibende hat die Bestätigung, dass die Adresse existiert und funktioniert. Der Nachteil des Double-Opt-In besteht freilich darin, dass die Bestätigungs-Mail bei vielen Nutzern untergeht, im Spam-Ordner landet oder für einen reinen Willkommensgruß gehalten wird. Ein hoher Prozentsatz der Empfänger von Bestätigungs-Mails klickt den Link aus solchen Gründen nicht an, so gehen dem Werbetreibenden wertvolle Adressen verloren.
Die rechtliche Seite: Unlauterer Wettbewerb
In Deutschland gibt es das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). § 7 Abs. 2 UWG erklärt Werbung per Email oder Telefon ohne vorherige Zustimmung des Verbrauchers für unzulässig. Diese stellt eine unzumutbare Belästigung des Verbrauchers dar. Es ist also irgendeine Form der Zustimmung, des „Opt-In“, erforderlich. Welche das zu sein hat, steht nicht im Gesetz. Aber: Das Single-Opt-In-Verfahren hat hier deutliche Nachteile. Gibt zum Beispiel jemand die Adresse eines anderen an, weil er diesen durch Werbemails belästigen möchte, hat der tatsächliche Empfänger nicht zugestimmt. Dass auch der Werbe-Versender getäuscht wurde, spielt hier keine Rolle – denn er ist dafür verantwortlich, dass seine Werbung nur bei Adressaten mit Zustimmung landet. Dies kann zu einer teuren Abmahnung führen, welche zum Beispiel durch Wettbewerbsvereine, Verbraucherschutzverbände oder Konkurrenten veranlasst werden kann.
Ein Nachweis ist erforderlich
Ein weiteres Problem besteht darin, dass der Newsletter-Versender auch in der Lage sein muss, die Einwilligung des Adressaten nachzuweisen (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG). Denn er ist im Zweifelsfall beweispflichtig. Beim Single-Opt-In kann er aber nicht nachweisen, dass die Adresse tatsächlich dem Betreffenden gehört, weil hier jeder irgendeine Adresse angeben kann. Die Gerichte fordern die genaue Dokumentation der Anmeldung des konkreten Adressaten – und diese ist im Grunde nur möglich, wenn man das Double-Opt-In-Verfahren verwendet und die Anmeldemails abspeichert (Amtsgericht Düsseldorf, Urteil vom 9.4.2014, Az. 23 C 3876/13). Darüber hinaus muss der Nutzer auch jederzeit selbst die Dokumentation seiner Einwilligung abrufen können (§ 13 Abs. 2 Telemediengesetz). Auch dies ist beim Double-Opt-In eher zu gewährleisten.
Mailchimp: Umstellung des Verfahrens
Mailchimp hat nun bei allen Werbekampagnen und Newsletter-Aktionen vom bisherigen Double-Opt-In-Verfahren auf Single-Opt-In umgestellt. Dieses Verfahren wird also nun generell und automatisch angewendet. Amerikanische Nutzer sind darüber begeistert, da sie dies als Vereinfachung verstehen. Für deutsche Newsletter-Versender bedeutet die Umstellung jedoch die deutlich erhöhte Gefahr, sich wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen auszusetzen. Bei Nichtbeachtung kann es zu Unterlassungsklagen kommen. Werden Unterlassungserklärungen unterschrieben und dann weitere unzulässige Werbemails versendet, drohen hohe Vertragsstrafen. Mailchimp hat seine Kunden zwar auf die Änderung hingewiesen, ob die entsprechende Mail jedoch in der täglichen Lawine von Newslettern und AGB-Änderungen tatsächlich überall gelesen und der Handlungsbedarf erkannt wurde, bleibt zu bezweifeln. Dass die Änderung von Mailchimp ausgeht und nicht vom deutschen Nutzer, wird deutsche Gerichte wenig interessieren. Denn hier ist der Werbeversender in der Verantwortung und niemand sonst.
Was ist zu tun?
Mailchimp bietet weiterhin die Möglichkeit, auch das Double-Opt-In-Verfahren zu nutzen. Dafür muss der Werbe-Versender aber selbst aktiv werden und seine Einstellungen ändern. Dies ist nicht weiter problematisch. Das Double-Opt-In-Verfahren ist dabei als Standardeinstellung zu verwenden.