Mietminderung – wann darf die Miete reduziert werden?
17.01.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Gibt es in einer Mietwohnung zum Beispiel kein Warmwasser mehr oder fällt im Winter die Heizung aus, können deren Mieter die Miete mindern. Die Gerichte gestehen Mietern jedoch ganz unterschiedlich hohe Mietminderungsquoten zu. Abhängig sind diese davon, wie sehr die Nutzbarkeit der Wohnung durch den jeweiligen Mangel beeinträchtigt wird. In Artikeln in Presse und Internet wird Mietern immer wieder nahe gelegt, die Miete zu mindern – so, als wäre dies eine gute Methode, um Geld für den nächsten Urlaub zu sparen. Mieter sollten aber wissen: Eine Mietminderung ist nur unter einigen gesetzlich geregelten Voraussetzungen möglich. Eine unberechtigte Minderung der Miete kann dem Vermieter einen Grund für eine Kündigung des Mietvertrages liefern. Daher sollte ein solcher Schritt gut überlegt sein.
Bei einer Mietminderung handelt es sich um die Reduzierung der Miete für einen begrenzten Zeitraum durch den Mieter. Diese ist in § 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Nach dieser Vorschrift kann eine Mietminderung stattfinden, wenn die Wohnung bei Überlassung an den Mieter einen Mangel hatte, der ihre Nutzbarkeit zum vertraglich vereinbarten Zweck (nämlich: Wohnen) beeinträchtigt.
Dies gilt auch dann, wenn der Mangel erst während der Mietzeit entsteht. In erster Linie ist es der Sinn einer Mietminderung, Druck auf den Vermieter auszuüben, damit dieser seiner Pflicht nachkommt, die Mieträume in einem benutzbaren und vertragsgemäßen Zustand zu halten und das Problem möglichst schnell zu lösen. Daher kann man die Miete auch nur für den Zeitraum mindern, in dem der Mangel tatsächlich bestanden hat.
Mangelhaft ist eine Wohnung dann, wenn ihre Nutzbarkeit zum Wohnen beeinträchtigt ist. Ein klassisches Beispiel für einen Sachmangel der Mietwohnung ist eine defekte Heizung im Winter. Ein Mangel sind aber auch undichte Fenster, durch die es zieht oder erheblicher Schimmelbefall oder Ungeziefer.
Zusätzlich gilt auch das Fehlen einer Eigenschaft, die der Vermieter vertraglich zugesichert hat, als Sachmangel. Wenn der Vermieter dem Mieter also zum Beispiel vor dem Einzug fest zugesagt hat, dass er die Fenster zur Straße hin durch Schallschutzfenster ersetzen oder den uralten E-Herd austauschen lassen wird und passiert dann nichts, fehlt der Wohnung eine zugesicherte Eigenschaft.
Außer Sachmängeln kann eine Mietwohnung aber auch rechtliche Mängel haben.
Mangelhaft können nicht nur Gegenstände sein ("Sachmängel"), sondern auch die rechtlichen Verhältnisse einer Mietwohnung. Zum Beispiel, wenn die Wohnung doppelt vermietet wurde und nun zwei Mieter einziehen möchten. Vielleicht weigert sich der Vormieter auch, die Wohnung zu verlassen. Möglicherweise ist der Vormieter auch längst ausgezogen, aber sein Untermieter ist noch da. All dies sind Rechtsmängel, die den Mieter ebenfalls zur Mietminderung berechtigen können. Denn: Es gibt einen Mietvertrag, der Mieter kann die Wohnung jedoch nicht vertragsgemäß nutzen, weil sich jemand anders daran Rechte anmaßt.
Nicht möglich ist eine Mietminderung bei Schäden, die der Mieter schon beim Abschluss des Mietvertrages gekannt hat oder die so offensichtlich waren, dass sie jeder schon bei der Besichtigung hätte sehen müssen. Bei einer Wohnungsbesichtigung heißt es also: Genau hinschauen und, wenn nötig, mit dem Vermieter eine nachweisbare Vereinbarung über die Behebung der Mängel vor Einzug treffen.
Es ist für die Mietminderung grundsätzlich nicht wichtig, ob der Vermieter etwas dafür kann. Hier kommt es immer auf den Einzelfall an. Wichtig ist, dass es sich um eine erhebliche Beeinträchtigung handelt. Mieter können auch dann nicht die Miete mindern, wenn zum Beispiel eine Lärmquelle außerhalb des Hauses (Hauptverkehrsstraße, Baustelle) schon bei ihrem Einzug vorhanden war.
Wenn der Schaden vom Mieter selbst verursacht wurde, kann dieser keine Mietminderung in Anspruch nehmen. Hat er eine Teilschuld, kann die Miete auch nur teilweise gemindert werden.
Umfeldmängel sind Mängel außerhalb des Mietobjekts oder des Hauses, die trotzdem die Nutzbarkeit der Wohnung beeinträchtigen. Hier geht es in erster Linie um Lärm - zum Beispiel von benachbarten Baustellen oder Straßen.
Lange ging man davon aus, dass Mieter ohne weiteres auch dann die Miete mindern konnten, wenn ein solcher Umfeldmangel vorlag. Manche Gerichte haben dies mit einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung begründet: Die Wohnung war beim Einzug ruhig, daher waren sich beide Seiten (hypothetisch) einig, dass dies auch so zu bleiben hat. Es handelte sich also gewissermaßen um eine zugesicherte Eigenschaft der Wohnung. Entfiel diese, konnte die Miete gemindert werden.
Dieser Argumentation hat der Bundesgerichtshof Ende 2021 eine Absage erteilt. Es ging dabei um eine Baustelle auf einem Nachbargrundstück, die laut Behauptung der Mieter für eine erhebliche Belastung mit Staub und Lärm sorgte. Der Bundesgerichtshof hob hervor, dass man in solchen Fällen nicht generell von einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung ausgehen könne.
Lärm und andere Immissionen von außerhalb des Mietgrundstücks seien jedenfalls dann kein Sachmangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter verpflichtet sei, diese Beeinträchtigung seines Grundstücks ohne Abwehrmöglichkeit hinzunehmen. Dies könne der Fall sein, wenn die Beeinträchtigungen ortsüblich oder nur unwesentlich seien.
Hier sei von der Vorinstanz nicht genauer geprüft worden, ob die Beeinträchtigungen der Wohnung erhebliche Ausmaße gehabt hätten oder ortsüblich gewesen seien. Daher wurde das Verfahren zur weiteren Prüfung dieser Umstände an die Vorinstanz zurückgereicht (Urteil vom 24.11.2021, Az. VIII ZR 258/19).
Eine Mietminderung setzt voraus, dass der Mangel erheblich ist. Keine erheblichen Mängel sind zum Beispiel Bagatellschäden, wie eine defekte Glühbirne im Treppenhaus oder ein tropfender Wasserhahn im Bad.
Wann ein Mangel erheblich ist, ist vom einzelnen Haus und dessen Zustand abhängig. An einen Neubau werden dabei andere Anforderungen gestellt als an einen Altbau, an ein altes Bauernhaus andere als an ein Loft in der Innenstadt. Und nicht zuletzt spielt auch der Preisstandard der Wohnung eine Rolle.
Ein Beispiel: Kondenswasserflecken auf einem Parkettboden rechtfertigen keine Mietminderung. So urteilte das Amtsgericht München (Az. 474 C 2793/12). Nach dem Gericht sind solche Flecken nur eine optische Beeinträchtigung. Sie schränken die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nicht erheblich ein.
Eine Mietminderung wegen eines Mangels, der im laufenden Mietverhältnis entsteht, setzt voraus, dass der Mieter diesen sofort dem Vermieter mitteilt. So gibt er diesem Gelegenheit, Abhilfe zu schaffen. Unterlässt der Mieter jedoch die unverzügliche Mängelmeldung, kann er sich sogar selbst schadensersatzpflichtig machen. Dies gilt zumindest dann, wenn durch Abwarten weitere Schäden an der Wohnung entstehen. Dies kommt besonders oft bei Feuchtigkeits- und Schimmelproblemen vor.
Das bedeutet also: Mieter müssen dem Vermieter einen Mangel unverzüglich melden. Gleichzeitig sollten sie verlangen, dass dem Mangel innerhalb eines angemessenen Zeitraumes abgeholfen wird. Die Mängelmeldung allein reicht nicht aus.
Wie lange nun dieser angemessene Zeitraum dauert, hängt vom Mangel und von der Dringlichkeit ab. In jedem Fall muss der Vermieter eine realistische Chance haben, den Schaden zu inspizieren und Handwerkertermine zu vereinbaren. Wenn innerhalb der gesetzten Frist nichts passiert, können die Mieter die Miete mindern. Die Mietminderung sollten sie in einem Schreiben erklären und begründen. Es empfiehlt sich, die Mängelmeldung und die Abhilfeforderung so durchzuführen, dass sie später auch beweisbar ist – also schriftlich und per Einschreiben.
Solange der Mangel noch besteht, verjährt das Recht auf Mietminderung nicht. Beispiel: Eine Mieterin im bisher obersten Stockwerk bemängelte nach einem Dachgeschossausbau die mangelhafte Trittschalldämmung. Der Vermieter reagierte nicht. Zuerst zogen ins neue Dachgeschoss sehr leise Bewohner ein. Nach einem Mieterwechsel änderte sich dies jedoch. Nun litt die Mieterin darunter unter erhöhter Trittschall-Belastung. Ihre Mietminderung erklärte der Bundesgerichtshof für berechtigt (Urteil vom 17.2.2010, Az. VIII ZR 104/09).
Die Höhe der Mietminderung ist von der Schwere des Mangels abhängig. Die oft veröffentlichten Mietminderungstabellen sind nur begrenzt hilfreich. Jedes Gericht kann anders entscheiden und auch die Umstände der einzelnen Fälle sind unterschiedlich. Wichtig: Mieter gehen ein hohes Risiko ein, wenn sie ihre Minderung zu hoch ansetzen. Eine ungerechtfertigte Minderung führt zu einem Mietrückstand, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Möglich ist eine solche, wenn der Mieter mit mehr als zwei Netto-Monatsmieten im Rückstand ist oder an zwei aufeinander folgenden Terminen einen erheblichen Teil der Miete nicht entrichtet hat.
Beruht der Mangel auf einer energetischen Sanierung (zum Beispiel Lärm und Dreck durch Bauarbeiten für eine neue Wärmedämmung), kann die Miete in den ersten drei Monaten der Beeinträchtigung nicht gemindert werden. Der Gesetzgeber will dadurch energetische Sanierungen fördern. Für die Mieter liegt der langfristige Vorteil in Einsparungen bei den Heizkosten.
Die gesetzlichen Vorgaben über die Mietminderung kann der Vermieter nicht durch eine Regelung im Mietvertrag zu seinen Gunsten abändern. Eine solche Vereinbarung wäre unwirksam.
Beispiel: Wenn es in einer Mietwohnung kein warmes Wasser gibt, ist dies ein erheblicher Sachmangel. Das Amtsgericht Köln bearbeitete einen Fall, in dem die Warmwasserversorgung ungenügend war – zwischen 7 Uhr morgens und 22 Uhr abends gab es Warmwasser bis 40 Grad Celsius, in der übrigen Zeit gab es nur Kaltwasser. Allerdings handelte es sich nicht um einen technischen Defekt, sondern um einen Dauerzustand. Diesen hatte der wohl recht abgehärtete Vermieter im Mietvertrag verankert. Die Mieterin wollte sich damit jedoch nicht abfinden: Ihre Söhne mussten früh aufstehen und wollten frisch geduscht zur Arbeit gehen.
Hier könnte man nun auf die Idee kommen, dass eine Mietminderung nicht möglich war, weil die Mieterin ja von Anfang an gewusst hatte, was im Mietvertrag stand. Aber: Das Gericht erklärte, dass die Warmwasserversorgung einer Mietwohnung rund um die Uhr und das ganze Jahr über in Betrieb sein und 40 bis 50 Grad Celsius warmes Wasser liefern muss. Dies gehört zur normalen Nutzung einer Mietwohnung und wurde bereits 1987 so vom Amtsgericht München entschieden. Der Mieterin billigte das Gericht hier eine Mietminderung von 7,5 Prozent zu. Die kreative Klausel im Mietvertrag sah es als unwirksam an (Amtsgericht Köln, Urteil vom 24.4.1995, Az. 206 C 251/94).
Vorhandene Mängel sollten Mieter zu Beweiszwecken dokumentieren. Art, Tag und Dauer des Mangels und dessen Auswirkungen sollte man schriftlich festhalten. Wichtig sind auch Beweismittel wie Fotos oder Zeugen. Bei der Geltendmachung einer Mietminderung ist die Beratung durch einen Fachanwalt für Mietrecht empfehlenswert. Dieser kennt die aktuelle Rechtsprechung und kann prüfen, ob eine Mietminderung berechtigt und in welcher Höhe sie angemessen ist.
Hat eine Mietwohnung Mängel, dürfen die Mieter ihre Miete mindern, also herabsetzen. Allerdings müssen dafür mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Auch ist die Miete nicht beliebig herabsetzbar.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was versteht man unter einer Mietminderung? Wann liegt ein Mangel der Wohnung vor? Was versteht man unter Rechtsmängeln? Wann ist eine Mietminderung ausgeschlossen? Was ist, wenn der Vermieter für den Mangel nichts kann? Was sind sogenannte Umfeldmängel? Wann ist ein Mangel erheblich? Warum muss man dem Vermieter Mängel melden? Wie geht man bei Mängeln vor? Was passiert, wenn ich die Mietminderung verspätet geltend mache? Wie hoch darf die Minderung sein? Was gilt bei energetischen Sanierungen? Kann man die Mietminderung vertraglich ausschließen? Praxistipp Was versteht man unter einer Mietminderung?
Bei einer Mietminderung handelt es sich um die Reduzierung der Miete für einen begrenzten Zeitraum durch den Mieter. Diese ist in § 536 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Nach dieser Vorschrift kann eine Mietminderung stattfinden, wenn die Wohnung bei Überlassung an den Mieter einen Mangel hatte, der ihre Nutzbarkeit zum vertraglich vereinbarten Zweck (nämlich: Wohnen) beeinträchtigt.
Dies gilt auch dann, wenn der Mangel erst während der Mietzeit entsteht. In erster Linie ist es der Sinn einer Mietminderung, Druck auf den Vermieter auszuüben, damit dieser seiner Pflicht nachkommt, die Mieträume in einem benutzbaren und vertragsgemäßen Zustand zu halten und das Problem möglichst schnell zu lösen. Daher kann man die Miete auch nur für den Zeitraum mindern, in dem der Mangel tatsächlich bestanden hat.
Wann liegt ein Mangel der Wohnung vor?
Mangelhaft ist eine Wohnung dann, wenn ihre Nutzbarkeit zum Wohnen beeinträchtigt ist. Ein klassisches Beispiel für einen Sachmangel der Mietwohnung ist eine defekte Heizung im Winter. Ein Mangel sind aber auch undichte Fenster, durch die es zieht oder erheblicher Schimmelbefall oder Ungeziefer.
Zusätzlich gilt auch das Fehlen einer Eigenschaft, die der Vermieter vertraglich zugesichert hat, als Sachmangel. Wenn der Vermieter dem Mieter also zum Beispiel vor dem Einzug fest zugesagt hat, dass er die Fenster zur Straße hin durch Schallschutzfenster ersetzen oder den uralten E-Herd austauschen lassen wird und passiert dann nichts, fehlt der Wohnung eine zugesicherte Eigenschaft.
Außer Sachmängeln kann eine Mietwohnung aber auch rechtliche Mängel haben.
Was versteht man unter Rechtsmängeln?
Mangelhaft können nicht nur Gegenstände sein ("Sachmängel"), sondern auch die rechtlichen Verhältnisse einer Mietwohnung. Zum Beispiel, wenn die Wohnung doppelt vermietet wurde und nun zwei Mieter einziehen möchten. Vielleicht weigert sich der Vormieter auch, die Wohnung zu verlassen. Möglicherweise ist der Vormieter auch längst ausgezogen, aber sein Untermieter ist noch da. All dies sind Rechtsmängel, die den Mieter ebenfalls zur Mietminderung berechtigen können. Denn: Es gibt einen Mietvertrag, der Mieter kann die Wohnung jedoch nicht vertragsgemäß nutzen, weil sich jemand anders daran Rechte anmaßt.
Wann ist eine Mietminderung ausgeschlossen?
Nicht möglich ist eine Mietminderung bei Schäden, die der Mieter schon beim Abschluss des Mietvertrages gekannt hat oder die so offensichtlich waren, dass sie jeder schon bei der Besichtigung hätte sehen müssen. Bei einer Wohnungsbesichtigung heißt es also: Genau hinschauen und, wenn nötig, mit dem Vermieter eine nachweisbare Vereinbarung über die Behebung der Mängel vor Einzug treffen.
Was ist, wenn der Vermieter für den Mangel nichts kann?
Es ist für die Mietminderung grundsätzlich nicht wichtig, ob der Vermieter etwas dafür kann. Hier kommt es immer auf den Einzelfall an. Wichtig ist, dass es sich um eine erhebliche Beeinträchtigung handelt. Mieter können auch dann nicht die Miete mindern, wenn zum Beispiel eine Lärmquelle außerhalb des Hauses (Hauptverkehrsstraße, Baustelle) schon bei ihrem Einzug vorhanden war.
Wenn der Schaden vom Mieter selbst verursacht wurde, kann dieser keine Mietminderung in Anspruch nehmen. Hat er eine Teilschuld, kann die Miete auch nur teilweise gemindert werden.
Was sind sogenannte Umfeldmängel?
Umfeldmängel sind Mängel außerhalb des Mietobjekts oder des Hauses, die trotzdem die Nutzbarkeit der Wohnung beeinträchtigen. Hier geht es in erster Linie um Lärm - zum Beispiel von benachbarten Baustellen oder Straßen.
Lange ging man davon aus, dass Mieter ohne weiteres auch dann die Miete mindern konnten, wenn ein solcher Umfeldmangel vorlag. Manche Gerichte haben dies mit einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung begründet: Die Wohnung war beim Einzug ruhig, daher waren sich beide Seiten (hypothetisch) einig, dass dies auch so zu bleiben hat. Es handelte sich also gewissermaßen um eine zugesicherte Eigenschaft der Wohnung. Entfiel diese, konnte die Miete gemindert werden.
Dieser Argumentation hat der Bundesgerichtshof Ende 2021 eine Absage erteilt. Es ging dabei um eine Baustelle auf einem Nachbargrundstück, die laut Behauptung der Mieter für eine erhebliche Belastung mit Staub und Lärm sorgte. Der Bundesgerichtshof hob hervor, dass man in solchen Fällen nicht generell von einer stillschweigenden Beschaffenheitsvereinbarung ausgehen könne.
Lärm und andere Immissionen von außerhalb des Mietgrundstücks seien jedenfalls dann kein Sachmangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter verpflichtet sei, diese Beeinträchtigung seines Grundstücks ohne Abwehrmöglichkeit hinzunehmen. Dies könne der Fall sein, wenn die Beeinträchtigungen ortsüblich oder nur unwesentlich seien.
Hier sei von der Vorinstanz nicht genauer geprüft worden, ob die Beeinträchtigungen der Wohnung erhebliche Ausmaße gehabt hätten oder ortsüblich gewesen seien. Daher wurde das Verfahren zur weiteren Prüfung dieser Umstände an die Vorinstanz zurückgereicht (Urteil vom 24.11.2021, Az. VIII ZR 258/19).
Wann ist ein Mangel erheblich?
Eine Mietminderung setzt voraus, dass der Mangel erheblich ist. Keine erheblichen Mängel sind zum Beispiel Bagatellschäden, wie eine defekte Glühbirne im Treppenhaus oder ein tropfender Wasserhahn im Bad.
Wann ein Mangel erheblich ist, ist vom einzelnen Haus und dessen Zustand abhängig. An einen Neubau werden dabei andere Anforderungen gestellt als an einen Altbau, an ein altes Bauernhaus andere als an ein Loft in der Innenstadt. Und nicht zuletzt spielt auch der Preisstandard der Wohnung eine Rolle.
Ein Beispiel: Kondenswasserflecken auf einem Parkettboden rechtfertigen keine Mietminderung. So urteilte das Amtsgericht München (Az. 474 C 2793/12). Nach dem Gericht sind solche Flecken nur eine optische Beeinträchtigung. Sie schränken die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nicht erheblich ein.
Warum muss man dem Vermieter Mängel melden?
Eine Mietminderung wegen eines Mangels, der im laufenden Mietverhältnis entsteht, setzt voraus, dass der Mieter diesen sofort dem Vermieter mitteilt. So gibt er diesem Gelegenheit, Abhilfe zu schaffen. Unterlässt der Mieter jedoch die unverzügliche Mängelmeldung, kann er sich sogar selbst schadensersatzpflichtig machen. Dies gilt zumindest dann, wenn durch Abwarten weitere Schäden an der Wohnung entstehen. Dies kommt besonders oft bei Feuchtigkeits- und Schimmelproblemen vor.
Wie geht man bei Mängeln vor?
Das bedeutet also: Mieter müssen dem Vermieter einen Mangel unverzüglich melden. Gleichzeitig sollten sie verlangen, dass dem Mangel innerhalb eines angemessenen Zeitraumes abgeholfen wird. Die Mängelmeldung allein reicht nicht aus.
Wie lange nun dieser angemessene Zeitraum dauert, hängt vom Mangel und von der Dringlichkeit ab. In jedem Fall muss der Vermieter eine realistische Chance haben, den Schaden zu inspizieren und Handwerkertermine zu vereinbaren. Wenn innerhalb der gesetzten Frist nichts passiert, können die Mieter die Miete mindern. Die Mietminderung sollten sie in einem Schreiben erklären und begründen. Es empfiehlt sich, die Mängelmeldung und die Abhilfeforderung so durchzuführen, dass sie später auch beweisbar ist – also schriftlich und per Einschreiben.
Was passiert, wenn ich die Mietminderung verspätet geltend mache?
Solange der Mangel noch besteht, verjährt das Recht auf Mietminderung nicht. Beispiel: Eine Mieterin im bisher obersten Stockwerk bemängelte nach einem Dachgeschossausbau die mangelhafte Trittschalldämmung. Der Vermieter reagierte nicht. Zuerst zogen ins neue Dachgeschoss sehr leise Bewohner ein. Nach einem Mieterwechsel änderte sich dies jedoch. Nun litt die Mieterin darunter unter erhöhter Trittschall-Belastung. Ihre Mietminderung erklärte der Bundesgerichtshof für berechtigt (Urteil vom 17.2.2010, Az. VIII ZR 104/09).
Wie hoch darf die Minderung sein?
Die Höhe der Mietminderung ist von der Schwere des Mangels abhängig. Die oft veröffentlichten Mietminderungstabellen sind nur begrenzt hilfreich. Jedes Gericht kann anders entscheiden und auch die Umstände der einzelnen Fälle sind unterschiedlich. Wichtig: Mieter gehen ein hohes Risiko ein, wenn sie ihre Minderung zu hoch ansetzen. Eine ungerechtfertigte Minderung führt zu einem Mietrückstand, der eine fristlose Kündigung rechtfertigt. Möglich ist eine solche, wenn der Mieter mit mehr als zwei Netto-Monatsmieten im Rückstand ist oder an zwei aufeinander folgenden Terminen einen erheblichen Teil der Miete nicht entrichtet hat.
Was gilt bei energetischen Sanierungen?
Beruht der Mangel auf einer energetischen Sanierung (zum Beispiel Lärm und Dreck durch Bauarbeiten für eine neue Wärmedämmung), kann die Miete in den ersten drei Monaten der Beeinträchtigung nicht gemindert werden. Der Gesetzgeber will dadurch energetische Sanierungen fördern. Für die Mieter liegt der langfristige Vorteil in Einsparungen bei den Heizkosten.
Kann man die Mietminderung vertraglich ausschließen?
Die gesetzlichen Vorgaben über die Mietminderung kann der Vermieter nicht durch eine Regelung im Mietvertrag zu seinen Gunsten abändern. Eine solche Vereinbarung wäre unwirksam.
Beispiel: Wenn es in einer Mietwohnung kein warmes Wasser gibt, ist dies ein erheblicher Sachmangel. Das Amtsgericht Köln bearbeitete einen Fall, in dem die Warmwasserversorgung ungenügend war – zwischen 7 Uhr morgens und 22 Uhr abends gab es Warmwasser bis 40 Grad Celsius, in der übrigen Zeit gab es nur Kaltwasser. Allerdings handelte es sich nicht um einen technischen Defekt, sondern um einen Dauerzustand. Diesen hatte der wohl recht abgehärtete Vermieter im Mietvertrag verankert. Die Mieterin wollte sich damit jedoch nicht abfinden: Ihre Söhne mussten früh aufstehen und wollten frisch geduscht zur Arbeit gehen.
Hier könnte man nun auf die Idee kommen, dass eine Mietminderung nicht möglich war, weil die Mieterin ja von Anfang an gewusst hatte, was im Mietvertrag stand. Aber: Das Gericht erklärte, dass die Warmwasserversorgung einer Mietwohnung rund um die Uhr und das ganze Jahr über in Betrieb sein und 40 bis 50 Grad Celsius warmes Wasser liefern muss. Dies gehört zur normalen Nutzung einer Mietwohnung und wurde bereits 1987 so vom Amtsgericht München entschieden. Der Mieterin billigte das Gericht hier eine Mietminderung von 7,5 Prozent zu. Die kreative Klausel im Mietvertrag sah es als unwirksam an (Amtsgericht Köln, Urteil vom 24.4.1995, Az. 206 C 251/94).
Praxistipp
Vorhandene Mängel sollten Mieter zu Beweiszwecken dokumentieren. Art, Tag und Dauer des Mangels und dessen Auswirkungen sollte man schriftlich festhalten. Wichtig sind auch Beweismittel wie Fotos oder Zeugen. Bei der Geltendmachung einer Mietminderung ist die Beratung durch einen Fachanwalt für Mietrecht empfehlenswert. Dieser kennt die aktuelle Rechtsprechung und kann prüfen, ob eine Mietminderung berechtigt und in welcher Höhe sie angemessen ist.
(Wk)