Darf man den Abfall in Nachbars Mülltonne entsorgen?

22.03.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Mülltonne,Abfall,entsorgen,junge,Frau Abfall in fremden Tonnen zu entsorgen, schafft Probleme. © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Unzulässige Müllentsorgung: Grundsätzlich hat jeder seinen Müll in der eigenen Mülltonne zu entsorgen. Die Entsorung in fremden und damit auch des Nachbarn Mülltonne ist nicht erlaubt.

2. Rechtliche Gegenmaßnahmen: Nach einer freundlichen Ermahnung des Störers durch den beeinträchtigen Nachbarn kommt eine zivilrechtliche Unterlassungsklage in Betracht, um die unerlaubte Müllentsorgung abzuwehren.

3. Vorbeugung: Das Abschließen der eigenen Mülltonne ist eine geeignete Maßnahme, um zu verhindern, dass Nachbarn ihren Müll darin entsorgen.
So mancher Zeitgenosse sieht es als völlig normal an, seinen Müll in der Mülltonne des Nachbarn zu entsorgen, wenn die eigene Tonne voll ist oder er womöglich auf diese Art Kosten sparen kann. Nur ist der so "beglückte" Nachbar selbstredend darüber weniger erfreut. Unter Umständen kann er nun selbst kurz vor der Leerung seinen eigenen Müll nicht mehr loswerden. Auch werden Mülltonnen meist nach Größe bestellt und bezahlt. Wer sich absichtlich eine zu kleine Tonne hinstellen lässt, spart gutes Geld – womöglich auf Kosten seiner Nachbarn. Was lässt sich nun rechtlich gegen solche Hallodris unternehmen?

Darf Müll in fremden Abfalltonnen entsorgt werden?


Nein. Rechtlich gesehen kann man das Entsorgen von Müll in fremde Tonnen als eine sogenannte Besitzstörung ansehen. Zwar gibt es keine Gerichtsurteile oder Paragrafen, die ausdrücklich die Nutzung fremder Mülltonnen untersagen. Aber: Urteile zur Müllablagerung auf fremden Grundstücken gibt es durchaus (Amtsgericht München, Urteil vom 26.09.2011, Az. 231 C 28047/10). Dabei ist die Rechtslage sehr ähnlich.

Im rechtlichen Sprachgebrauch sind Eigentum und Besitz nicht das Gleiche. Dem Eigentümer gehört ein Gegenstand. Über diesen kann er im rechtlichen Sinne frei verfügen und ihn zum Beispiel verkaufen. Besitzer ist dagegen, wer die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand hat. Dies können natürlich zwei unterschiedliche Personen sein. Wer eine Mülltonne bei der Gemeinde bestellt und ihre Leerung bezahlt, ist nicht deren Eigentümer, aber dennoch deren Besitzer. Die Folge: Andere dürfen damit nicht einfach machen, was sie wollen und die Tonne nach Belieben mitnutzen. Ist die Mülltonne voll, weil jemand anderer seinen Müll hineingefüllt hat, liegt eine Besitzstörung vor – schon, weil der eigentliche Besitzer sie jetzt nicht mehr nutzen kann.

Dies führt dazu, dass der Tonnen-Besitzer nach den §§ 1004 und 862 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Ansprüche auf Beseitigung der Störung (Entfernen des fremden Mülls) und – bei Wiederholungsgefahr – auf Unterlassung geltend machen kann. Für diese Ansprüche muss kein als Geldsumme zu berechnender Schaden entstanden sein.

Fremder Müll: Welche Rechtsvorschriften sind einschlägig?


Nicht betroffen ist hier das Strafrecht: Es existiert schlicht kein passender Straftatbestand. Abgesehen von den oben erwähnten Vorschriften aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch sind aber auch öffentlich-rechtliche Vorschriften anwendbar. Es gibt nämlich genaue gesetzliche Regelungen darüber, wie Müll entsorgt werden muss. Diese finden sich in den Abfallgesetzen der einzelnen Bundesländer.

Die Abfallentsorgung ist eine Aufgabe der Gemeinde und diese hat eine Abfallsatzung. Darin sind die Details festgelegt. Solche Satzungen können sich inhaltlich unterscheiden und enthalten auch Bußgelder für illegale Müllentsorgung.
Der Haken: In der Regel ist damit die Entsorgung an nicht dafür vorgesehenen Stellen gemeint, zum Beispiel im Park oder auf dem Gehweg, aber nicht der Einwurf in eine dafür gedachte Mülltonne. Es gibt jedoch manchmal auch Regelungen, die den Einwurf in die einer Liegenschaft zugeordneten Mülltonnen vorschreiben. Regelmäßig enthalten die Satzungen auch umfangreiche Verbote, bestimmte Abfälle in normale Mülltonnen zu entsorgen – etwa Schadstoffe, Sondermüll oder Elektro-Kleingeräte. Dabei handelt es sich dann um eine Ordnungswidrigkeit, die ein Bußgeld zur Folge haben kann.

Welche Schäden können dem Mülltonnenbesitzer drohen?


Wird zum Beispiel dem eigentlichen Mülltonnenbesitzer ein Bußgeld auferlegt, weil in seiner Restmülltonne fremde Altbatterien und Lösungsmittel gefunden werden, ist ihm ein Schaden entstanden. Dann kann er den Verursacher auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Allerdings muss man diesem die Nutzung der Mülltonne natürlich auch nachweisen können. Zu Problemen kann es auch kommen, weil die Entsorgungsgesellschaft die Tonnen nicht entleert, da diese falsch befüllt sind (z. B. Restmüll in der Recyclingtonne). Auch dann können zusätzliche Kosten anfallen, zum Beispiel für eine zusätzliche Abfuhr des neu sortierten Mülls.

Was tun, wenn Nachbarn Abfall in meiner Mülltonne entsorgen?


Ein erster Schritt kann darin bestehen, den Nachbarn einfach (noch) freundlich anzusprechen, ihn zu fragen, was er sich dabei eigentlich denkt und ihn darum zu bitten, dass er dies ab sofort unterlassen möge.
Wenn dies keine Wirkung zeigt, kann der Mülltonnenbesitzer den Nachbarn bei einem Zivilgericht auf Unterlassung verklagen. Vorher ist es sinnvoll, die Erfolgsaussichten durch einen Rechtsanwalt prüfen zu lassen. Gibt es im jeweiligen Ort eine Gemeindesatzung, die das Ablagern von Müll in fremden Behältern verbietet, kann auch das Ordnungsamt der Gemeinde angesprochen werden. Unmittelbare Folgen haben wird dies jedoch nur, wenn der Verantwortliche zweifelsfrei bekannt ist.

Im Mietshaus gilt: Ist die Mülltonne voll und können Mieter ihren Müll nicht mehr darin unterbringen, ist der Vermieter der erste Ansprechpartner. Zum Beispiel kann dieser eine Sonderleerung veranlassen. Dafür fallen Kosten an, die er dem Verursacher in Rechnung stellen kann – wenn sich dieser ermitteln lässt. Andernfalls kann der Vermieter die Kosten auch auf alle Mieter umlegen (Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Februar 2016, Az. VIII ZR 33/15). Behördliche Bußgelder können jedoch nicht so einfach auf alle im Haus umgelegt werden.

Wie kann dem Missbrauch der Mülltonne durch Nachbarn vorgebeugt werden?


Weiterem Ärger können Vermieter vorbeugen, indem sie die Mülltonnen in einem abschließbaren Behälter oder Raum unterbringen. In manchen Städten gibt es auch abschließbare Mülltonnen. Diese haben sogenannte Schwerkraftschlösser, die sich automatisch entriegeln, wenn die Tonne in das Müllfahrzeug gekippt wird. Solche Lösungen helfen, dauerhaften Streit und Ärger um fremden Müll zu vermeiden.

Praxistipp zur Abfallentsorgung in Nachbars Mülltonne


Um vor Gericht eine Unterlassung oder Schadensersatz zu erwirken, ist eine Klage vor einem Zivilgericht nötig. In diesem Fall ist der erste Ansprechpartner ein Rechtsanwalt für Zivilrecht. Dieser kann zunächst die Erfolgsaussichten prüfen und in einem ersten Schritt versuchen, eine außergerichtliche Lösung zu erzielen.

(Bu)


 Stephan Buch
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion