Müssen Eltern zahlen, wenn die Kinder im Internet Verträge abschließen?
10.01.2020, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Heutzutage kann man die meisten Verträge mit ein paar Klicks online am PC oder Smartphone abschließen. Auch telefonische Vertragsabschlüsse sind möglich - etwa durch das Anrufen einer bestimmten Nummer. Geschäftsmodelle wie kostenlose Smartphone-Spiele, bei denen dann bestimmte Dinge innerhalb des Spiels Geld kosten, sind beliebt. Und auch bei herkömmlichen PC-Games kann man so manchen begehrten virtuellen Ausrüstungsgegenstand online gegen echtes Geld kaufen. Viele Eltern sind sich all dieser Möglichkeiten nicht immer bewusst. Und dann flattert plötzlich eine saftige Rechnung ins Haus. Was ist nun zu tun?
Ob ein Vertrag wirksam abgeschlossen wurde, hängt vom Alter des Betreffenden ab. Ohne "wenn und aber" kann man nämlich erst mit Eintritt der Volljährigkeit Verträge abschließen. Kinder bis zur Vollendung des siebenten Lebensjahres können überhaupt keine wirksamen Verträge abschließen. Auch nicht mit Zustimmung der Eltern.
Dies ändert sich mit dem siebenten Geburtstag. Zwischen dem vollendeten siebenten Lebensjahr und dem Eintritt der Volljährigkeit gelten Minderjährige nämlich als beschränkt geschäftsfähig. Die entsprechenden Regelungen finden sich in den §§ 107 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Beschränkt geschäftsfähige Minderjährige brauchen für jedes Geschäft, das nicht nur zu ihrem rechtlichen Vorteil ist, die Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters. Das bedeutet: Ein Vertrag, mit dem Zahlungspflichten verbunden sind, ist ohne Zustimmung der Eltern nicht wirksam.
Eltern können einem Vertragsabschluss durch ihr Kind zwischen 7 und 17 Jahren im Voraus oder nachträglich zustimmen. Wenn ein Minderjähriger in diesem Alter einen Vertrag ohne Einwilligung abschließt, hängt dessen Wirksamkeit davon ab, dass die Eltern den Vertrag nachträglich genehmigen. Sagen sie also nachträglich “nein”, ist der Vertrag nicht wirksam - und es gibt keine Zahlungspflichten.
Der sogenannte Taschengeldparagraf, § 110 BGB, besagt: Auch ein ohne Zustimmung der Eltern von einem Minderjährigen geschlossener Vertrag ist wirksam, wenn der Minderjährige mit Geld bezahlt hat, das ihm die Eltern zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen haben. Dies gilt wieder für beschränkt geschäftsfähige Minderjährige zwischen sieben und 17 Jahren.
Auch ein minderjähriges, ab siebenjähriges Kind kann also mit dem Taschengeld oder Geburtstagsgeld losziehen und sich dafür selbst etwas kaufen, wie etwa eine CD, ein Spiel oder T-Shirt. Einen Haken gibt es jedoch: Der Vertrag ist nur wirksam, wenn der Minderjährige den Preis in vollem Umfang mit dem Taschengeld bezahlt hat. Dies ist bei Abos oder Ratenzahlungsverträgen nicht der Fall, da hier immer wieder neue Zahlungen anfallen. Auch wenn sich also mancher Online-Dienstleister gerne auf den Taschengeldparagrafen beruft: Er macht ein Abo nicht rechtswirksam.
Mobiltelefone von Kindern laufen oft auf den Namen eines Elternteiles. Nun gibt es ja lustige Geschäftsmodelle wie “Freemium”, bei dem man ein Handyspiel wie zum Beispiel das kostenlose Candy Crush spielt. Wenn dabei der Spieler ein Level mehrfach nicht hinbekommt, muss er eine Zeit lang warten, bevor er weiterspielen kann. Oder er bezahlt per App einen Geldbetrag und umgeht so die Wartezeit. Das Geld erscheint dann auf der Telefonrechnung.
Viele Online-Spiele kann man zwar kostenlos spielen. Will man aber schnell weiterkommen und mit den Freunden Schritt halten, kann man sich Vorteile oder virtuelle Gegenstände wie Waffen und Rüstungen kaufen – mit echtem Geld.
Läuft in einem solchen Fall das Nutzerkonto auf den Namen des Kindes, kann der Elternteil das Geschäft oft nach den oben erklärten Grundsätzen platzen lassen. Läuft der Account jedoch auf den Namen eines Elternteils, kann dies schwierig werden. Denn müssen die Eltern nämlich beweisen, dass das Kind unberechtigt ihr Konto benutzt hat.
in einem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof ging es um einen 13-jährigen, der ein an sich kostenloses Computerspiel online gespielt hatte. Allerdings konnte man innerhalb des Spiels Gegenstände gegen sogenannte Credits kaufen. Diese wiederum musste man mit echtem Geld bezahlen. Die Zahlung konnte unter anderem per Anruf bei einer Premiumdienste-Telefonnummer stattfinden. Diese Möglichkeit nutzte der Junge reichlich, sodass seine Mutter als Anschlussinhaberin irgendwann eine Telefonrechnung über 1.200 Euro erhielt. 21 Anrufe bei der 0900er-Nummer erschienen auf ihrer Rechnung. Die Mutter wollte diesen Betrag nicht bezahlen.
Der Bundesgerichtshof stellte sich auf ihre Seite. Der minderjährige Junge habe selbst keinen wirksamen keinen Vertrag abschließen können. Er sei auch nicht von seiner Mutter bevollmächtigt worden, um in ihrem Namen Geschäfte zu tätigen. Auch könne kaum für irgendjemanden der Eindruck entstanden sein, dass eine solche Bevollmächtigung vorgelegen habe.
Die Mutter müsse in diesem Fall auch nicht alles bezahlen, was über ihren Telefonanschluss stattfinde. Hier sei nämlich nicht das Telekommunikationsrecht einschlägig, sondern die gesetzlichen Vorschriften über Zahlungsdienstleistungen. Hier habe ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang nach § 675u BGB stattgefunden. Der Telefonanbieter, der hier als Zahlungsdienstleister fungiere, habe daher keinen Anspruch auf Bezahlung der "Credits". Bereits gezahltes Geld sei zurückzuzahlen.
Letztlich musste die Mutter hier also die 1.200 Euro nicht bezahlen, da hier jemand anders – ihr Kind – in ihrem Namen eine Zahlungsdienstleistung in Gang gesetzt hatte, ohne dazu berechtigt zu sein (Urteil vom 6.4.17, Az. III ZR 368/16).
Im oben geschilderten Fall nutzte das Kind das Telefon nicht für die Inanspruchnahme einer Dienstleistung, sondern nur für die Abwicklung einer Zahlungsdienstleistung. Deshalb gingen die Regeln über Zahlungsdienstleistungen dem Telekommunikationsrecht vor, nach dem normalerweise der Anschlussinhaber alles zu zahlen hat, was über seinen Anschluss passiert.
Wird nun aber am Telefon direkt eine kostenpflichtige Dienstleistung in Anspruch genommen – wie etwa Telefonsex, Horoskoperstellung oder was auch immer – könnte die Rechtslage anders aussehen. Dann wäre wohl das Telekommunikationsgesetz (TKG) anwendbar.
Trotzdem kann sich der Anschlussinhaber aber gegen eine unerwartete Riesen-Rechnung wehren: Er hat nach § 45i Abs. 4 TKG das Recht, nachzuweisen, dass ihm die Inanspruchnahme von Leistungen nicht zugerechnet werden kann. Das bedeutet: Jemand anders ist ohne seine Zustimmung tätig geworden. Wenn ihm dieser Beweis gelingt, kann der Anbieter das verlangte Entgelt nicht verlangen.
Macht ein Online-Dienstleister eine Verletzung der Aufsichtspflicht geltend, will er die Eltern auf Schadensersatz für die Handlungen ihres Kindes verklagen. Das ist jedoch nicht so einfach. Eltern müssen ihre Kinder gerade bei Online-Aktivitäten nämlich nicht permanent auf Schritt und Tritt überwachen. Der Bundesgerichtshof entschied zum Beispiel zum Thema "illegales Filesharing": Bei einem 13-Jährigen reicht ein Verbot der Teilnahme an kostenlosen Tauschbörsen und eine Belehrung über deren Rechtswidrigkeit aus, damit die Eltern nicht haften. Hier kommt allerdings dann eine Haftung des Kindes selbst in Betracht - immerhin geht es hier nicht um einen Vertragsabschluss, sondern um Schadensersatz. Und ein Gerichtsurteil kann noch 30 Jahre lang vollstreckt werden.
Wenn Kinder online oder am Telefon Geschäfte getätigt haben, sollten Sie es erst einmal im Guten versuchen und den Anbieter darauf hinweisen, dass ein Minderjähriger ohne Zustimmung der Eltern tätig geworden ist. Hilft das nichts, sollten Sie einen im Zivilrecht erfahrenen Rechtsanwalt hinzuziehen.
Viele Verträge lassen sich heute online oder per Telefon abschließen. Auch für Kinder ist die Versuchung hier groß. Was gilt, wenn Kinder ohne Wissen ihrer Eltern Einkäufe tätigen oder Abos abschließen?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was gilt für Vertragsabschlüsse durch Minderjährige? Wie können Eltern einem Vertrag zustimmen? Was ist der Taschengeldparagraf? Was gilt für den Einkauf per Smartphone? Urteil: Waffen für das Onlinespiel Was unterscheidet Bezahlung per Telefon und Dienstleistung am Telefon? Was bewirkt eine Verletzung der Aufsichtspflicht? Praxistipp Was gilt für Vertragsabschlüsse durch Minderjährige?
Ob ein Vertrag wirksam abgeschlossen wurde, hängt vom Alter des Betreffenden ab. Ohne "wenn und aber" kann man nämlich erst mit Eintritt der Volljährigkeit Verträge abschließen. Kinder bis zur Vollendung des siebenten Lebensjahres können überhaupt keine wirksamen Verträge abschließen. Auch nicht mit Zustimmung der Eltern.
Dies ändert sich mit dem siebenten Geburtstag. Zwischen dem vollendeten siebenten Lebensjahr und dem Eintritt der Volljährigkeit gelten Minderjährige nämlich als beschränkt geschäftsfähig. Die entsprechenden Regelungen finden sich in den §§ 107 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Beschränkt geschäftsfähige Minderjährige brauchen für jedes Geschäft, das nicht nur zu ihrem rechtlichen Vorteil ist, die Einwilligung ihres gesetzlichen Vertreters. Das bedeutet: Ein Vertrag, mit dem Zahlungspflichten verbunden sind, ist ohne Zustimmung der Eltern nicht wirksam.
Wie können Eltern einem Vertrag zustimmen?
Eltern können einem Vertragsabschluss durch ihr Kind zwischen 7 und 17 Jahren im Voraus oder nachträglich zustimmen. Wenn ein Minderjähriger in diesem Alter einen Vertrag ohne Einwilligung abschließt, hängt dessen Wirksamkeit davon ab, dass die Eltern den Vertrag nachträglich genehmigen. Sagen sie also nachträglich “nein”, ist der Vertrag nicht wirksam - und es gibt keine Zahlungspflichten.
Was ist der Taschengeldparagraf?
Der sogenannte Taschengeldparagraf, § 110 BGB, besagt: Auch ein ohne Zustimmung der Eltern von einem Minderjährigen geschlossener Vertrag ist wirksam, wenn der Minderjährige mit Geld bezahlt hat, das ihm die Eltern zu diesem Zweck oder zur freien Verfügung überlassen haben. Dies gilt wieder für beschränkt geschäftsfähige Minderjährige zwischen sieben und 17 Jahren.
Auch ein minderjähriges, ab siebenjähriges Kind kann also mit dem Taschengeld oder Geburtstagsgeld losziehen und sich dafür selbst etwas kaufen, wie etwa eine CD, ein Spiel oder T-Shirt. Einen Haken gibt es jedoch: Der Vertrag ist nur wirksam, wenn der Minderjährige den Preis in vollem Umfang mit dem Taschengeld bezahlt hat. Dies ist bei Abos oder Ratenzahlungsverträgen nicht der Fall, da hier immer wieder neue Zahlungen anfallen. Auch wenn sich also mancher Online-Dienstleister gerne auf den Taschengeldparagrafen beruft: Er macht ein Abo nicht rechtswirksam.
Was gilt für den Einkauf per Smartphone?
Mobiltelefone von Kindern laufen oft auf den Namen eines Elternteiles. Nun gibt es ja lustige Geschäftsmodelle wie “Freemium”, bei dem man ein Handyspiel wie zum Beispiel das kostenlose Candy Crush spielt. Wenn dabei der Spieler ein Level mehrfach nicht hinbekommt, muss er eine Zeit lang warten, bevor er weiterspielen kann. Oder er bezahlt per App einen Geldbetrag und umgeht so die Wartezeit. Das Geld erscheint dann auf der Telefonrechnung.
Viele Online-Spiele kann man zwar kostenlos spielen. Will man aber schnell weiterkommen und mit den Freunden Schritt halten, kann man sich Vorteile oder virtuelle Gegenstände wie Waffen und Rüstungen kaufen – mit echtem Geld.
Läuft in einem solchen Fall das Nutzerkonto auf den Namen des Kindes, kann der Elternteil das Geschäft oft nach den oben erklärten Grundsätzen platzen lassen. Läuft der Account jedoch auf den Namen eines Elternteils, kann dies schwierig werden. Denn müssen die Eltern nämlich beweisen, dass das Kind unberechtigt ihr Konto benutzt hat.
Urteil: Waffen für das Onlinespiel
in einem Verfahren vor dem Bundesgerichtshof ging es um einen 13-jährigen, der ein an sich kostenloses Computerspiel online gespielt hatte. Allerdings konnte man innerhalb des Spiels Gegenstände gegen sogenannte Credits kaufen. Diese wiederum musste man mit echtem Geld bezahlen. Die Zahlung konnte unter anderem per Anruf bei einer Premiumdienste-Telefonnummer stattfinden. Diese Möglichkeit nutzte der Junge reichlich, sodass seine Mutter als Anschlussinhaberin irgendwann eine Telefonrechnung über 1.200 Euro erhielt. 21 Anrufe bei der 0900er-Nummer erschienen auf ihrer Rechnung. Die Mutter wollte diesen Betrag nicht bezahlen.
Der Bundesgerichtshof stellte sich auf ihre Seite. Der minderjährige Junge habe selbst keinen wirksamen keinen Vertrag abschließen können. Er sei auch nicht von seiner Mutter bevollmächtigt worden, um in ihrem Namen Geschäfte zu tätigen. Auch könne kaum für irgendjemanden der Eindruck entstanden sein, dass eine solche Bevollmächtigung vorgelegen habe.
Die Mutter müsse in diesem Fall auch nicht alles bezahlen, was über ihren Telefonanschluss stattfinde. Hier sei nämlich nicht das Telekommunikationsrecht einschlägig, sondern die gesetzlichen Vorschriften über Zahlungsdienstleistungen. Hier habe ein nicht autorisierter Zahlungsvorgang nach § 675u BGB stattgefunden. Der Telefonanbieter, der hier als Zahlungsdienstleister fungiere, habe daher keinen Anspruch auf Bezahlung der "Credits". Bereits gezahltes Geld sei zurückzuzahlen.
Letztlich musste die Mutter hier also die 1.200 Euro nicht bezahlen, da hier jemand anders – ihr Kind – in ihrem Namen eine Zahlungsdienstleistung in Gang gesetzt hatte, ohne dazu berechtigt zu sein (Urteil vom 6.4.17, Az. III ZR 368/16).
Was unterscheidet Bezahlung per Telefon und Dienstleistung am Telefon?
Im oben geschilderten Fall nutzte das Kind das Telefon nicht für die Inanspruchnahme einer Dienstleistung, sondern nur für die Abwicklung einer Zahlungsdienstleistung. Deshalb gingen die Regeln über Zahlungsdienstleistungen dem Telekommunikationsrecht vor, nach dem normalerweise der Anschlussinhaber alles zu zahlen hat, was über seinen Anschluss passiert.
Wird nun aber am Telefon direkt eine kostenpflichtige Dienstleistung in Anspruch genommen – wie etwa Telefonsex, Horoskoperstellung oder was auch immer – könnte die Rechtslage anders aussehen. Dann wäre wohl das Telekommunikationsgesetz (TKG) anwendbar.
Trotzdem kann sich der Anschlussinhaber aber gegen eine unerwartete Riesen-Rechnung wehren: Er hat nach § 45i Abs. 4 TKG das Recht, nachzuweisen, dass ihm die Inanspruchnahme von Leistungen nicht zugerechnet werden kann. Das bedeutet: Jemand anders ist ohne seine Zustimmung tätig geworden. Wenn ihm dieser Beweis gelingt, kann der Anbieter das verlangte Entgelt nicht verlangen.
Was bewirkt eine Verletzung der Aufsichtspflicht?
Macht ein Online-Dienstleister eine Verletzung der Aufsichtspflicht geltend, will er die Eltern auf Schadensersatz für die Handlungen ihres Kindes verklagen. Das ist jedoch nicht so einfach. Eltern müssen ihre Kinder gerade bei Online-Aktivitäten nämlich nicht permanent auf Schritt und Tritt überwachen. Der Bundesgerichtshof entschied zum Beispiel zum Thema "illegales Filesharing": Bei einem 13-Jährigen reicht ein Verbot der Teilnahme an kostenlosen Tauschbörsen und eine Belehrung über deren Rechtswidrigkeit aus, damit die Eltern nicht haften. Hier kommt allerdings dann eine Haftung des Kindes selbst in Betracht - immerhin geht es hier nicht um einen Vertragsabschluss, sondern um Schadensersatz. Und ein Gerichtsurteil kann noch 30 Jahre lang vollstreckt werden.
Praxistipp
Wenn Kinder online oder am Telefon Geschäfte getätigt haben, sollten Sie es erst einmal im Guten versuchen und den Anbieter darauf hinweisen, dass ein Minderjähriger ohne Zustimmung der Eltern tätig geworden ist. Hilft das nichts, sollten Sie einen im Zivilrecht erfahrenen Rechtsanwalt hinzuziehen.
(Bu)