Müssen Schüler an religiösen Schulveranstaltungen teilnehmen?

14.03.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice
Mädchen,Kind,Kirche,Gebet Darf die Schule Schüler zur Teilnahme an religiösen Veranstaltungen zwingen? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Freiwilligkeit: Schüler dürfen nicht zur Teilnahme an religiösen Veranstaltungen (z. B. Gottesdiensten, Fastenbrechen) ihrer Schule gezwungen werden.

2. Neutralitätsgebot: Schulen müssen in religiösen Fragen neutral bleiben. Sie dürfen keine Religion bevorzugen oder den Schülern religiöse Praktiken aufzwingen.

3. Religionsfreiheit: Schüler dürfen nicht benachteiligt oder diskriminiert werden, wenn sie nicht an religiösen Schulveranstaltungen teilnehmen.
Viele Eltern und Schüler fragen sich, ob die Teilnahme an von der Schule organisierten religiösen Veranstaltungen, z.B. Gebeten oder neuerdings auch dem Fastenbrechen, verpflichtend ist. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zu diesem sensiblen Thema.

Welche Grundsätze gelten für religiöse Veranstaltungen an der Schule?


Schüler sind zum einen durch das Grundgesetz (GG) geschützt, das in Art. 4 GG die Religionsfreiheit garantiert. Dazu gehört auch das Recht, nicht an religiösen Veranstaltungen teilnehmen zu müssen. Juristen bezeichnen das als negative Religionsfreiheit. Zum anderen verpflichtet das Neutralitätsgebot staatliche Schulen, keine Religion zu bevorzugen oder Schüler zu religiösen Aktivitäten zu zwingen. Das gilt für alle Schüler, egal, ob und welcher Religion sie angehören, oder ob sie konfessionslos sind.

Welche Rolle spielt die negative Religionsfreiheit in der Schule?


Die negative Religionsfreiheit bedeutet, dass niemand zur Teilnahme an religiösen Handlungen gezwungen werden darf. Schüler bzw. deren Eltern dürfen also selbst entscheiden, ob sie an einem Schulgottesdienst, einem Gebet oder auch dem Fastenbrechen teilnehmen wollen. Schulen dürfen ihre Schüler auch nicht zu religiösen Handlungen drängen. Die Teilnahme ist in jedem Fall freiwillig.

Was bedeutet das Neutralitätsgebot mit Blick auf Schulanordnungen?


Das Neutralitätsgebot verpflichtet staatliche Schulen, in religiösen und weltanschaulichen Fragen neutral zu bleiben. Das bedeutet, dass Schulanordnungen keine bestimmte Religion bevorzugen oder benachteiligen dürfen. Die Bevorzugung oder Benachteiligung bestimmter Religionen ist unzulässig. Alle Schüler müssen unabhängig von ihrem Glauben gleich behandelt werden.

Beispiel: Verpflichtende Teilnahme an einer Schulveranstaltung zum Fastenbrechen


Eine Schule im Berliner Stadtbezirk Neukölln organisierte im März 2025 eine schulische Veranstaltung zum Fastenbrechen, dem formalen Ende des Ramadan. Sie ordnete an, dass alle Schüler dazu zu erscheinen haben und auch Essen beisteuern sollen. Die Teilnahme sei verpflichtend, weil für die Veranstaltung Unterricht ausfalle. Ein Teil der Schüler und Eltern wollte dies nicht hinnehmen und beschwerte sich daraufhin bei der Schulleitung sowie bei der Schulaufsichtsbehörde. Letztere stellte fest, dass die Anordnung der Schule wegen Verstoßes gegen das Neutralitätsgebot und die Religionsfreiheit rechtswidrig sei - ebenso argumentierte die Bildungssenatorin von Berlin.

Was gilt für Schulexkursionen mit religiösem Bezug?


Schulexkursionen sind grundsätzlich Teil des Unterrichts und damit verpflichtend. Das gilt auch für den Besuch einer Kirche, Moschee oder Synagoge, solange dieser der Wissensvermittlung dient. Allerdings darf eine Schule keinen Schüler zur Teilnahme an religiösen Handlungen oder Gebeten zwingen. Der Besuch einer Kirche, Synagoge oder Moschee als Teil des Geschichts-, Kunst- oder Ethikunterrichts ist dementsprechend erlaubt. Schüler müssen aber kein Gebet sprechen, eine Messe besuchen oder an sonstigen religiösen Zeremonien teilnehmen. Sie müssen auch keine religiöse Kleidung tragen.

Eltern oder Schüler können eine Befreiung beantragen, wenn die Exkursion überwiegend religiöse Inhalte hat.

Können sich Schüler vom Religionsunterricht abmelden?


Ja, Schüler können sich an staatlichen Schulen vom Religionsunterricht abmelden. In einigen Bundesländern müssen sie stattdessen einen Ethikunterricht besuchen. An privaten (konfessionellen) Schulen kann eine Abmeldung schwieriger sein, da Religion oft Teil des Schulprofils ist.

Was gilt für schulische Veranstaltungen mit religiösen Elementen?


Wenn eine Schule z. B. einen Einschulungsgottesdienst oder auch eine Veranstaltung zum Fastenbrechen organisiert, darf die Teilnahme daran nicht verpflichtend sein. Dies gilt auch dann, wenn sie für die religiöse Veranstaltung Unterricht ausfallen lässt.

Wie können sich Eltern und Schüler wehren?


Falls eine Schule die Teilnahme an einer religiösen Veranstaltung für alle Schüler verbindlich anordnet, sollten sich Eltern oder Schüler zunächst an die Schulleitung wenden. Falls dies nicht hilft, kann eine Beschwerde bei der Schulbehörde eingereicht werden. Möglich ist auch eine juristischer Widerspruch gegen die schulische Anordnung.

Dürfen Schüler wegen Fernbeleibens bestraft oder benachteiligt werden?


Nein, Schulen dürfen keine Nachteile oder Strafen verhängen, wenn Schüler nicht an einer von der Schule organisierten religiösen Veranstaltung teilnehmen. Ein solches Vorgehen wäre rechtswidrig, da es gegen die Religionsfreiheit und das Neutralitätsgebot verstößt.

Was gilt für religiöse Schulen?


Religiöse Schulen (z. B. katholische oder evangelische Privatschulen) dürfen eigene Regeln für religiöse Veranstaltungen aufstellen. Eltern stimmen diesen Regeln in der Regel mit der Anmeldung ihres Kindes zu. Allerdings gelten auch hier Grundrechte, sodass eine Teilnahmeverpflichtung nicht absolut sein darf.

Praxistipp zu Schulveranstaltungen mit religiösem Bezug


Die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen in der Schule ist immer freiwillig. Schulen müssen die Religionsfreiheit achten und dürfen Schüler nicht zur Teilnahme zwingen. Ebenso haben sie zwingend das Neutralitätsgebot zu beachten. Falls eine Schule eine Teilnahme vorschreibt, sollten sich betroffene Eltern und Schüler an die Schulleitung oder Schulbehörde wenden. Möglich ist auch ein formaler Widerspruch gegen die Anordnung.

(Bu)


 Stephan Buch
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