Muss man die KfZ-Versicherung über Auto-Tuning informieren?

01.11.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
Auto,Tuning,Porsche,rot,Rückansicht Muss man Auto-Tuning der Kfz-Versicherung melden? © - freepik

So mancher möchte aus dem eigenen Auto gerne ein bisschen mehr machen, als es das Angebot von der Stange hergibt und es tunen. Hier stellt sich die Frage, ob nachträgliche Änderungen der Versicherung gemeldet werden müssen.

In der Autoversicherung sind getunte Fahrzeuge meistens teurer. Tatsächlich verlangen die Versicherungen auch, dass nachträgliche Änderungen gemeldet und unter Umständen mit erhöhten Prämien bezahlt werden müssen. Ansonsten kann es nach einem Unfall zu Regressforderungen der KfZ-Versicherung kommen.

Tuning: Reicht die vorhandene KfZ-Versicherung noch aus?


Spurverbreiterung, Tieferlegung, Edelstahl-Auspuffanlage und mehr PS durch Chip-Tuning – es gibt viele Maßnahmen, um Autos nachträglich schicker und schneller zu machen. Eine große Tuningszene und viele Spezialfirmen befassen sich in Deutschland mit allen denkbaren Varianten des Autotunings. Wenn es um die rechtlichen Rahmenbedingungen geht, wird meist über die Betriebserlaubnis des Fahrzeugs oder mögliche Eintragungen von Änderungen in die Fahrzeugpapiere nachgedacht. Häufig wird jedoch die Frage vergessen, ob die bestehende Versicherung des Fahrzeugs ausreicht. Bei einem Unfall kann dies schnell Probleme bereiten: Durch mehr PS steigt nämlich die Versicherungsprämie, durch Zusatzeinbauten aller Art der Fahrzeugwert. Wenn das Auto im falschen Tarif versichert ist, kann dies nach einem Schadensfall unschöne finanzielle Folgen haben.

Mehr PS = Höhere Versicherungsprämie?


Bei der Berechnung von Versicherungsprämien werden sowohl in der Haftpflicht-, als auch in der Kaskoversicherung mehrere Faktoren berücksichtigt. Zu diesen gehören der Fahrzeugtyp, die Regionalklasse und die Typklasse (welche sich aus der Schadens- und Unfallbilanz des jeweiligen Fahrzeugtyps ergibt). Hinzu kommen besondere Merkmale des Fahrers (Wohnort, Beruf, seit wann ist ein Führerschein vorhanden) und des Fahrzeugs. Beim letzten Punkt spielt auch die Motorleistung eine Rolle. So bedeutet eine höhere Motorleistung höhere Versicherungsprämien. Dies ergibt sich auch aus § 25 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Der Grund: Im Falle einer "Gefahrerhöhung" darf der Versicherer eine höhere Prämie fordern oder die Versicherung des höheren Risikos verweigern. Mehr Motorleistung durch Tuning wird als Steigerung des Gefahrenpotentials angesehen. Daher ist jedes zusätzliche PS bei der Versicherung schriftlich anzumelden.

Was gilt, wenn durch Tuning der Fahrzeugwert steigt?


Oft führen Tuningmaßnahmen auch zu einer Wertsteigerung des Fahrzeugs. Häufig erhöhen zusätzliche, teure Teile und Sonderausstattungen den Wert beträchtlich. Bereits eine neue Innenausstattung kann den Fahrzeugwert so sehr nach oben schrauben, dass dies der Versicherung mitgeteilt werden sollte: Auch bei einer Wertsteigerung muss der Versicherungsvertrag entsprechend angepasst werden. Dabei ist es wichtig, den Wert der Einbauten durch Rechnungen nachweisen zu können.

Welche Folgen haben Falschangaben?


Zwar wird die Haftpflichtversicherung des Tuners bei einem Unfall auch trotz veralteter Angaben zum Fahrzeug den Schaden des Unfallgegners ersetzen. Sie hat jedoch die Möglichkeit, den Versicherten anteilig in Regress zu nehmen und sich ihr Geld zum Teil zurückzuholen. Noch höher ist das Risiko für den Versicherungsnehmer bei der Kaskoversicherung: Diese kann wegen der unrichtigen Daten eine Zahlung auch zu 100 Prozent verweigern. Eine Ausnahme gilt, wenn der Versicherte nach dem Unfall beweisen kann, dass der Schaden nicht auf der Tuningmaßnahme beruhte. Daher sollte nach jeder maßgeblichen Tuningmaßnahme Kontakt zur Versicherung aufgenommen werden.

Wann hat der Versicherte ein Sonderkündigungsrecht?


Wenn die Versicherung die Prämie infolge von Änderungen am Fahrzeug um mehr als zehn Prozent erhöht oder die Absicherung eines erhöhten Risikos verweigert, darf der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines Monats ab Zugang der entsprechenden Mitteilung fristlos kündigen. Die KfZ-Versicherung ist dazu verpflichtet, ihre Kunden auf dieses Recht hinzuweisen (§ 25 Absatz 2 VVG).

Wann fordert die KfZ-Versicherung gezahlte Beträge zurück?


Auch zu Rückforderungen bereits erstatteter Schadenssummen kann es kommen. Ein Beispiel: Ein Unternehmen hatte ein gebrauchtes Auto gekauft, welches laut Kaufvertrag und Fahrzeugbrief 485 PS hatte. Der PKW wurde auf dieser Basis versichert. Allerdings hatte das Auto in Wirklichkeit aufgrund von Tuningmaßnahmen 720 PS. Beim Käufer fanden weitere Arbeiten statt, die das Fahrzeug erfolgreich auf 860 PS brachten.

Bald kam es zum Diebstahl aller vier Räder und zu einem Glasbruchschaden. Die Versicherung regulierte die Schäden. Nun stellte jedoch der Fahrzeughalter eine Verkaufsanzeige online. Die Versicherung erfuhr dadurch von der wahren Motorleistung und trat vom Versicherungsvertrag zurück. Zusätzlich verlangte sie die Rückzahlung der gezahlten Beträge für die beiden Schäden. Als ihr Versicherungsnehmer nicht zahlte, verklagte sie ihn. Das Landgericht Bielefeld stellte sich auf die Seite der KfZ-Versicherung. Eine höhere Motorleistung erhöhe auch das Unfallrisiko. Der Versicherungsnehmer habe von dem Tuning gewusst und sei verpflichtet gewesen, korrekte Angaben zu machen (Urteil vom 8.6.2015, Az. 8 O 40/14).

Praxistipp zu Auto-Tuning und Kfz-Versicherung


Alle Veränderungen am Auto, die aus Sicht der Versicherung zu einer Gefahrerhöhung gegenüber dem Ausgangszustand führen können, müssen der Kfz-Versicherung vom Versicherungsnehmer angezeigt werden. Ansonsten droht bei eigenen Schäden der Wegfall der Eintrittspflicht der Versicherung und bei Fremdschäden ein Regress. Gibt es Unstimmigkeiten mit dem Versicherer, ist ein Anwalt mit Schwerpunkt Versicherungsrecht der beste Ansprechpartner für den Besitzer des getunten Autos.

(Bu)


 Stephan Buch
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