Muss Mieter Schadensersatz zahlen, weil andere die Miete mindern?

03.09.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Schadensersatz,Mietminderung,Störung,Hausfrieden Hartnäckige Störungen des Hausfriedens können teuer werden. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Mietminderung durch Nachbarn: Die Nachbarn in einem Mietshauses dürfen ihre Miete mindern, wenn ein Mieter z.B. durch Lärmbelästigung in der Art stört, dass ein Mietmangel vorliegt.

2. Mietausfallschaden: Erleidet der Vermieter durch berechtigte Mieminderungen der Nachbarn eines störenden Mieters einen Mietausfall, kann er diesen Schaden grundsätzlich vom störenden Mieter ersetzt verlangen.

3. Nachweis: Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch gegen den störenden Mieter ist, dass der Vermieter die erheblichen Störungen, die zur Mietminderung der anderen Mieter geführt haben, sowie den ihm entstandenen Mietausfall beweisen kann.
Hat eine Mietwohnung einen erheblichen Mangel, der ihre Nutzbarkeit zum Wohnen beeinträchtigt, ist der Mieter zur Minderung der Miete berechtigt. Er kann die Miete für den gesamten Zeitraum mindern, in dem der Mangel besteht. Dabei erfüllt die Mietminderung in erster Linie die Funktion eines Druckmittels. Sie soll den Vermieter dazu bewegen, dem Mangel zügig abzuhelfen. Wenn es sich zum Beispiel um eine defekte Heizung handelt, kann der Vermieter einen Handwerker holen. Wird das Problem jedoch durch einen anderen Mieter verursacht, wird es kompliziert.

Welche Verstöße können zu Mietminderungen durch andere Mieter führen?


Dies kann bei jedem Verhalten der Fall sein, welches andere Mieter im Haus erheblich stört und die Nutzbarkeit ihrer Wohnungen zum Wohnen beeinträchtigt. Beispiele sind dauernder Lärm, üble Gerüche, unangemessene Tierhaltung oder aggressives Verhalten gegenüber anderen Hausbewohnern.

Wann dürfen Mieter wegen eines störenden Nachbarn die Miete mindern?


Auch in einem solchen Fall muss sich der Vermieter die Mietminderung der anderen Mieter gefallen lassen, die sich zum Beispiel am Lärm durch die Nachbarn stören. Dass der Vermieter dafür nichts kann, ändert nichts. Dieser kann in der Regel auch einen störenden Mieter nicht einfach sofort hinauswerfen. Stattdessen muss er ihn zuvor abmahnen und ihm eine Chance zur Besserung geben. Reagiert dieser nicht, vergeht selbst bei einer erfolgreichen Kündigung noch einige Zeit bis zum Auszug. Dadurch kann die Wohnqualität für die anderen Mieter im Haus so sehr beeinträchtigt sein, dass eine Mietminderung zulässig ist.

Fall: Dauerlärm und aggrresives Verhalten führen zur Mietminderung


Mit einem solchen Fall beschäftigte sich das Amtsgericht Bremen. Ein Mieter in einem Mehrfamilienhaus hatte seine Nachbarn immer wieder durch sehr laute Musik gestört. Diese ließ er auch während der Ruhezeiten laufen. Außerdem knallte er bei Tag und Nacht mit den Zimmertüren, randalierte in seiner Wohnung und schrie laut herum. Wurde er um mehr Rücksicht gebeten, reagierte er aggressiv. Die anderen Mieter fühlten sich durch ihn bedroht. Nach einiger Zeit trauten sie sich nur noch auf den Flur, wenn sie zuerst an ihrer Wohnungstür gelauscht hatten, um sicherzustellen, dass sie dem Störenfried nicht begegnen würden.

Nachdem dieser Zustand etwa ein halbes Jahr lang angedauert hatte, kündigte der Vermieter dem Mann außerordentlich wegen permanenter Störung des Hausfriedens. Vor Gericht schlossen beide Seiten einen Räumungsvergleich ab, in dem sie sich auf eine Räumungsfrist einigten.

Während der monatelangen Belästigungen hatten jedoch drei andere Mieter Mietminderungen in Höhe von jeweils 20 Prozent geltend gemacht. Daher verlangte der Vermieter vom gekündigten Mieter Schadensersatz in Höhe des Mietausfalls.

Wann ist eine Mietminderung durch die gestörten Nachbarn berechtigt?


Das Gericht hörte sich die Zeugenaussagen der drei anderen Mieter an. Es kam zu dem Schluss, dass deren Mietminderungen berechtigt gewesen waren. Lautes Geschrei, umfallende Möbel und Klopfen auf Heizungsrohre waren in dem Haus nachts offenbar absolut üblich gewesen. Die Störungen hatten sich in Wahrheit sogar über einen viel längeren Zeitraum erstreckt, als den, für den sie die Miete gemindert hatten. Die anderen Mieter hatten sich nicht einmal mehr getraut, Besuch zu empfangen. Sie waren bereits auf Wohnungssuche gegangen.

Das Gericht hielt es für irrelevant, dass es zwischendurch auch immer wieder Tage ohne Lärmbelästigung gegeben hatte. Bei der Vielzahl nachgewiesener Vorkommnisse müsse man von einer dauerhaften Beeinträchtigung der anderen Mieter ausgehen. Die Höhe ihrer Mietminderungen habe sich mit 20 Prozent durchaus noch in einem angemessenen Rahmen bewegt. Nach Meinung des Gerichts musste sich der Vermieter daher die Mietminderungen gefallen lassen. Er habe durch den Mietausfall einen Schaden in der von ihm angegebenen Höhe erlitten.

Wonach richtet sich, ob der störende Mieter den Mietausfall des Vermieters zahlen muss?


Der beklagte Mieter hatte aus dem Mietvertrag die Nebenpflicht, nicht den Hausfrieden zu stören. Diese Verpflichtung hatte er aus Sicht des Gerichts schuldhaft verletzt. Sein Verhalten habe zu dem Mietausfallschaden des Vermieters geführt. Der Mieter habe keine Beweise zu seiner Entlastung vorgebracht. Das Gericht erklärte, dass er bei Anwendung normaler Sorgfalt auch hätte erkennen müssen, dass sein Verhalten nicht in Ordnung sei und Folgen haben werde. Der Vermieter trage kein Mitverschulden an dem entstandenen Schaden.

Wie kann der Vermieter den Mietausfallschaden beweisen?


Voraussetzung für eine solche Klage auf Schadensersatz wegen Mietausfalls aufgrund Mietminderung durch die Nachbarn ist, dass es zu sehr erheblichen Störungen gekommen ist, die der Vermieter nachweisen muss. Ebenso muss der Vermieter den ihm entstandenen Schaden zweifelsfrei nachweisen. Der Beweis kann geführt werden, wenn die schriftlichen Mietminderungen der anderen Mieter mit dem Verhalten des Störers begründet werden. Auch Zeugenaussagen anderer Hausbewohner vor Gericht sind ein gutes Beweismittel.

Wie berechnet sich der Mietausfallschaden, den der Vermieter erlitten hat?


In diesem Fall musste der störende Mieter dem Vermieter den Betrag der Mietminderungen aller drei Mieter ersetzen. Wie hoch diese wiederum sein dürfen, hängt von der Schwere der Belästigung im Einzelfall ab. Im hier besprochenen Fall waren es 20 Prozent pro Mieter. Der störende Mieter musste auch die Prozesskosten tragen (AG Bremen, Az. 17 C 105/10, Urteil vom 9.3.2011).

Wie kann der störende Mieter die Schadensersatzforderung abwehren?


Der Mieter kann versuchen, zu beweisen, dass er nicht für die Mietminderungen der anderen Mieter verantwortlich war. In einem Fall wie dem hier geschilderten dürfte dies schwerfallen. Es sind aber andere Fälle denkbar: Zum Beispiel kann ein Mieter, der für unangenehme Gerüche wie kalten Zigarettenrauch verantwortlich gemacht wird, nachweisen, dass auch andere Mieter im Haus rauchen.

Nochmals kurz gefragt und kurz geantwortet


1. Wann besteht ein Schadensersatzanspruch des Vermieters?
Wenn ein Mieter durch sein Verhalten erhebliche Störungen verursacht, die Nachbarn deshalb ihre Miete mindern und der Vermieter dadruch einen Mietausfall erleidet.

2. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Der Mieter muss schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) seine mietvertraglichen Pflichten verletzt haben, und sein Verhalten muss ursächlich für die Mietminderung der Nachbarn sein.

3. Was umfasst der Schadensersatz?
Der Vermieter kann den Mietausfall der Nachbarn verlangen, die durch deren Mietminderung entstanden ist.

4. Welche Nachweise sind erforderlich?
Der Vermieter muss beweisen, dass die Störung durch den Mieter erfolgt ist und dass diese Störung die Mietminderung der Nachbarn verursacht hat.

Praxistipp zur Mietminderung wegen Störung durch andere Mieter


Häufig führen Störungen des Hausfriedens zu Streit in einem Mehrfamilienhaus. Vermieter haben unter Umständen die Möglichkeit, bei Mietminderungen Schadensersatz vom Verantwortlichen zu verlangen. Ob im konkreten Fall ein Anspruch besteht oder eine Klage Aussicht auf Erfolg hat, sollte man durch einen Fachanwalt für Mietrecht prüfen lassen.

(Bu)


 Stephan Buch
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