Nachbarschaftsstreit: Was gilt für Wegerecht und Grundstücksgrenze?
22.04.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Wegerecht: Ein Nachbar darf ein fremdes Grundstück nur betreten oder befahren, wenn es ein eingeräumtes Wegerecht gibt, das vertraglich geregelt werden muss und ins Grundbuch eingetragen werden kann.
2. Notwegerecht: Ist für einen Grundstücksbesitzer die nächste öffentliche Straße nur über das Grundstück eines Nachbarn erreichbar, muss dieser unter Umständen einen Notweg über sein Grundstück dulden.
3. Verlauf der Grundstücksgrenze: Besteht Streit über den Verlauf der Grundstücksgrenze, so ist die bisherige Nutzung für die Aufteilung maßgeblich. Ist diese ungeklärt, wird jedem Nachbarn ein gleich großes Stück der umstrittenen Fläche zugeteilt.
1. Wegerecht: Ein Nachbar darf ein fremdes Grundstück nur betreten oder befahren, wenn es ein eingeräumtes Wegerecht gibt, das vertraglich geregelt werden muss und ins Grundbuch eingetragen werden kann.
2. Notwegerecht: Ist für einen Grundstücksbesitzer die nächste öffentliche Straße nur über das Grundstück eines Nachbarn erreichbar, muss dieser unter Umständen einen Notweg über sein Grundstück dulden.
3. Verlauf der Grundstücksgrenze: Besteht Streit über den Verlauf der Grundstücksgrenze, so ist die bisherige Nutzung für die Aufteilung maßgeblich. Ist diese ungeklärt, wird jedem Nachbarn ein gleich großes Stück der umstrittenen Fläche zugeteilt.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist ein Wegerecht? Was ist bei einer Garage ohne Zufahrt zu beachten? Was ist ein Notwegerecht? Wann muss ein Notwegerecht eingeräumt werden? Wann kann der Nachbar eine Notwegrente verlangen? Update vom 22.4.2025: Notwegerecht und Parken Verschmutzung des Notweges: Wer muss fegen? Was gilt bei Streit über den Verlauf der Grundstücksgrenze? Woran erkenne ich den Verlauf meiner Grundstücksgrenze? Praxistipp zu Notwegerecht und Grundstücksgrenze Was ist ein Wegerecht?
Ein Wegerecht berechtigt einen Grundstückseigentümer dazu, sein eigenes Grundstück über das Grundstück eines Nachbarn zu betreten oder anzufahren. Das Wegerecht kann auf einer vertraglichen Vereinbarung beruhen. Zu Problemen kommt es oft erst dann, wenn das Grundstück, über das der Weg führt, verkauft wird. Um das Wegerecht zu sichern, kann es als sogenannte Grunddienstbarkeit im Grundbuch eingetragen werden. Damit handelt es sich um eine Grundstücksbelastung. Ebenso möglich ist auch die Eintragung als sogenannte "Baulast". Dazu kommt es meist, wenn eine Gemeinde sich ein Wegerecht an einem privaten Grundstück sichern will.
Was ist bei einer Garage ohne Zufahrt zu beachten?
Der Bundesgerichtshof musste sich mit einer nicht besonders gut durchdachten Grunddienstbarkeit beschäftigen. Es ging dabei um einen Grundstückseigentümer, der eine Garage gebaut hatte. Diese ragte ein Stück weit auf das Nachbargrundstück hinüber. Auch die Zufahrt zur Garage befand sich teilweise auf fremdem Grund.
Allerdings war das Verhältnis zum Nachbarn gut. Dieser hatte nichts gegen den Überbau und ließ im Grundbuch sogar eine Belastung seines Grundstückes mit einer entsprechenden Dienstbarkeit eintragen. Darin war festgehalten, dass der Überbau über die Grenze geduldet werde. Allerdings verkaufte der großzügige Nachbar dann sein Grundstück. Der neue Eigentümer verbot dem Garagenbesitzer umgehend, sein Grundstück zu befahren.
Hier stellte sich der Bundesgerichtshof auf die Seite des Grundstückskäufers. Der BGH erklärte, dass das im Grundbuch eingetragene Recht lediglich dazu führe, dass der neue Eigentümer den Überbau dulden müsse. Von Autoverkehr auf seinem Grundstück sei jedoch in der Grunddienstbarkeit keine Rede. Die Voraussetzungen für ein sogenanntes Notwegerecht seien hier nicht gegeben. Die Folge: Die Garage war nun ohne Zufahrt und konnte nicht für das Auto genutzt werden (Urteil vom 15.11.2013, Az. V ZR 24/13).
Was ist ein Notwegerecht?
Das Notwegerecht ist eine Variante des Wegerechts. Darauf kann unter Umständen auch ohne vertragliche Vereinbarung ein Rechtsanspruch bestehen. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die nächste öffentliche Straße nur über ein anderes Grundstück erreichbar ist. Dann kann der Eigentümer des ansonsten nicht erreichbaren Grundstücks nämlich von seinem Nachbarn verlangen, dass dieser einen Notweg über sein Grundstück duldet – zumindest solange, bis das Problem auf andere Art gelöst werden kann. Als Ausgleich räumt das Bürgerliche Gesetzbuch dem Eigentümer des Grundstücks, über das der Notweg führt, einen Anspruch auf eine jährliche Entschädigung ein (§ 917 BGB). Solche Notwegerechte führen naturgemäß besonders oft zum Streit unter Nachbarn.
Wann muss ein Notwegerecht eingeräumt werden?
Grundstückseigentümer müssen ihrem Nachbarn ein Notwegerecht einräumen, wenn dessen Grundstück keinen anderen Zugang zur öffentlichen Straße hat. Dem Bundesgerichtshof zufolge gehört zu einer ordnungsgemäßen Grundstücksnutzung bei einem Wohngrundstück auch die Erreichbarkeit mit einem Kraftfahrzeug – schon, um Müll entsorgen zu können, Brennstoffe anzuliefern oder sperrige Güter zu transportieren. So hat der Bundesgerichtshof bereits 2008 entschieden (Urteil vom 12.12.2008, Az. V ZR 106/07).
Aber: Trotz Notwegerecht muss der Nachbar dem Berechtigten keinen direkten Weg bis vor dessen Haustür ermöglichen. Es reicht aus, wenn es möglich ist, an das Grundstück heranzufahren und sperrige Gegenstände in zumutbarer Weise zum Haus zu transportieren. Ist dies auch ohne einen Notweg möglich, ist kein Raum mehr für ein Notwegerecht. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof 2016 bestätigt (Urteil vom 22.1.2016, Az. V ZR 116/15).
Das Notwegerecht bedeutet nicht, dass fremde PKW auf dem Nachbargrundstück geparkt werden dürfen. Sobald ein anderer Weg vorhanden ist, der lediglich umständlicher oder unbequemer ist, muss der Nachbar kein Wegerecht einräumen. Dies hat das Oberlandesgericht Brandenburg betont (Urteil vom 30.10.2008, Az. 5 U 131/07). Außerdem muss der Inhaber des Wegerechts auch einige Einschränkungen hinnehmen und Rücksicht auf die Belange des Nachbarn nehmen. Dazu kann es zum Beispiel gehören, bei jedem Befahren des Nachbargrundstücks auf dem Notweg ein Tor zu öffnen oder zu schließen.
Wann kann der Nachbar eine Notwegrente verlangen?
§ 917 Abs. 2 BGB räumt dem Nachbarn, über dessen Grundstück der Notweg führt, das Recht ein, eine Entschädigung zu fordern. Diese wird als Notwegrente bezeichnet. Ihre Berechnung ist kompliziert und orientiert sich am Verkehrswert des Grundstücks und am Umfang der Beeinträchtigung durch den Notweg. Meist geht es jedoch um einen kleineren dreistelligen Betrag im Jahr.
Update vom 22.4.2025: Notwegerecht und Parken
Wie bereits erwähnt räumt ein Notwegerecht dem Berechtigten nicht das Recht ein, auf dem fremden Grundstück, über das der Notweg führt, zu parken. Wie sieht es aber mit dem Parken auf seinem eigenen Grundstück aus? Immerhin besagen die bisherigen Gerichtsurteile, dass der Zweck des Notwegerechts darin besteht, sperrige Gegenstände ein- und auszuladen, Brennstoffe zu liefern, Müll zu entsorgen usw. Von Parken ist nicht die Rede. Bedeutet dass, das man sein Auto nach erledigtem Transport auf der öffentlichen Straße abstellen muss und nicht auf dem eigenen Grundstück parken darf? Mit dieser Frage hat sich nun der Bundesgerichtshof beschäftigt.
Bei dem Streit ging es um ein Haus, das auf einem sogenannten "gefangenen" Grundstück stand. Es hatte also keinerlei Verbindung zur öffentlichen Straße. Das Haus war vermietet. Der Eigentümer machte ein Notwegerecht gegenüber dem Nachbargrundstück geltend, welches Verbindung zur Straße hatte. Der Nachbar ging vor Gericht. Er forderte die Zahlung einer Notwegrente in Höhe von 267 Euro als Entschädigung für das Befahren seines Grundstücks. Auch wollte er das Befahren zum Zwecke des Parkens auf dem anderen, "gefangenen" Grundstück, nicht erlauben - oder nur gegen eine erhöhte Zahlung von 313 Euro. Und natürlich sollte das Notwegerecht nur für den Grundstückseigentümer gelten und nicht für dessen Mieter.
Der Bundesgerichtshof entschied, dass hier eindeutig ein Notwegerecht bestand. Mieter hätten zwar selbst kein Notwegerecht. Trotzdem könnten Sie gegenüber dem Nachbarn das Notwegerecht ihres Vermieters geltend machen. Bisher hätten die Gerichte zur Frage des Parkens auf dem "gefangenen" Grundstück unterschiedlich geurteilt. Der BGH war nun der Ansicht, dass der Inhaber eines Notwegerechts (oder eben seine Mieter) den Notweg auch benutzen dürfen, um auf ihrem Grundstück zu parken und nicht etwa nur zum Ein- und Ausladen. Es sei nicht erkennbar, warum der Nachbar ein schutzwürdiges Interesse daran haben solle, das der Notweg nur zum Ein- und Ausladen benutzt werde. Auch würde es zu erheblichen rechtlichen Unsicherheiten und noch mehr Rechtsstreitigkeiten führen, wenn man das Parken nicht erlaube, das Abstellen des Autos zum Ein- und Ausladen aber schon. Daher durften hier die Mieter den Notweg nutzen und auf ihrem gemieteten Grundstück auch parken. Der Nachbar konnte im Gegenzug eine Notwegrente nach § 917 Abs. 2 BGB verlangen. Der Eigentümer des "gefangenen" Grundstücks akzeptierte eine Notwegrente von 313 Euro im Jahr (Urteil vom 14.3.2025, Az. V ZR 79/24).
Verschmutzung des Notweges: Wer muss fegen?
Nachbarn, die untereinander ein Wegerecht vereinbaren, sollten immer genau festlegen, was geduldet werden muss und was nicht. Dies zeigt sich an einem Gerichtsverfahren vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a. M. In diesem Fall hatte ein Grundstückseigentümer ein Wegerecht am Grundstück seines Nachbarn. Er hatte den Notweg nach Weihnachten dazu benutzt, um seinen Weihnachtsbaum zu entsorgen. Dabei hinterließ er eine deutliche Nadelspur über das mit dem Wegerecht belastete Grundstück. Da er die Nadeln nicht beseitigen wollte, verklagte ihn dessen Eigentümer auf wöchentliches Kehren des Weges. Er kam damit jedoch vor Gericht nicht durch. Nach Ansicht des Gerichts beinhaltet ein Wegerecht keine Kehrpflicht auf fremdem Grund. Aber: Der Nachbar könne bei besonders intensiven Verschmutzungen im Einzelfall durchaus verlangen, dass der Wegeberechtigte auch mal zum Besen greift (Urteil vom 1.6.2010, Az. 19 U 273/08).
Was gilt bei Streit über den Verlauf der Grundstücksgrenze?
Ist der genaue Grenzverlauf nicht im Liegenschaftskataster verzeichnet und können sich zwei Nachbarn nicht untereinander über den Verlauf einer Grundstücksgrenze einigen, ist Streit vorprogrammiert. Diesen Fall regelt eine besondere Vorschrift, nämlich § 920 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dieser besagt: Kann keiner der beiden Nachbarn beweisen, wo genau die Grenze verläuft, handelt es sich um eine sogenannte "Grenzverwirrung". Dann ist für die Abgrenzung zunächst der Besitzstand maßgeblich. Heißt im Klartext: Die Grundstücke werden so aufgeteilt, wie sie von den Eigentümern bisher tatsächlich genutzt wurden. Ist dies nicht klar feststellbar, wird einfach jedem Grundstück ein gleich großes Stück der umstrittenen Fläche zugeteilt.
Wenn dabei ungerechte Ergebnisse herauskommen, ist die Grenze so zu ziehen, wie es der "Billigkeit" entspricht. Dieser Begriff aus dem Gesetz ist natürlich nicht wirklich hilfreich. Ein Beispiel: Zwei Nachbarn stritten vor dem OLG Hamm über den Verlauf ihrer Grundstücksgrenze. Diese war zuletzt offiziell vermessen worden im Jahr 1825. Hier waren beide gegen eine Anwendung der Regeln über die "Grenzverwirrung". Trotzdem legte das Gericht kurzerhand die Grundstücksgrenze in dem Verlauf fest, wie sie seit 30 Jahren von den beiden gehandhabt worden war. Als Indiz für den Verlauf der von beiden über längere Zeit akzeptierten Grenze diente dem Gericht eine Hecke, die auf diesem Grenzverlauf stand (Urteil vom 24.11.2011, Az. I-5 U 132/10).
Woran erkenne ich den Verlauf meiner Grundstücksgrenze?
Oft ist der Verlauf einer Grundstücksgrenze durch Grenzsteine markiert. Allerdings sind diese häufig von Pflanzen überwuchert oder von Erdreich halb verdeckt. Manchmal werden sie auch bei Bauarbeiten verschüttet oder sind schlicht nicht mehr auffindbar. In einem solchen Fall hat man als Grundstückseigentümer das Recht, von seinem Nachbarn eine Mitwirkung bei der Errichtung neuer Grenzzeichen zu verlangen (§ 919 BGB). In welcher Art die Grundstücksgrenze zu markieren ist und welches Verfahren man dabei einhalten muss, richtet sich nach den Landesgesetzen des jeweiligen Bundeslandes (falls diese nichts dazu sagen, geht es nach der Ortsüblichkeit). Die Kosten der Markierung der Grundstücksgrenze teilen sich beide Nachbarn – außer, unter ihnen ist etwas anderes vereinbart.
Praxistipp zu Notwegerecht und Grundstücksgrenze
Das Nachbarrecht ist ein großer Rechtsbereich, jedoch kein eigenes Rechtsgebiet. Es sorgt häufig für Streitigkeiten. Viele Probleme unter Nachbarn lassen sich durch freundlichen Umgang miteinander lösen. Kommt es doch einmal zum Streit mit einem Nachbarn über Wegerechte oder Grundstücksgrenzen, kann ein im Zivilrecht erfahrener Rechtsanwalt Ihnen helfen, die Situation zu klären.
(Wk)