Pflanzen, Tiere, Gartenzwerge: Was ist unter Nachbarn erlaubt?
19.02.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Das Verhältnis zwischen Nachbarn beginnt häufig durchaus angenehm. Irgendwann aber kommen kleine Ärgernisse auf: Äste hängen über den Gartenzaun, Bäume sorgen für zu viel Schatten, Haustiere laufen auf fremden Terrassen herum, erledigen ihr Geschäft in Nachbars Garten oder machen laute Geräusche. Oft nimmt der geplagte Nachbar dies eine Zeit lang hin – bis ihm der Kragen platzt. Dann vergreift man sich schnell auch mal im Ton – und schon ist der schönste Nachbarschaftsstreit im Gange. Schließlich hilft nur noch der Gang zum Anwalt.
Wenn fremde Katzen und Hunde den eigenen Garten und womöglich die Wohnung infiltrieren, hört bei vielen Mietern und Eigentümern schnell der Spaß auf. Wenn Gespräche mit dem Nachbarn nichts helfen, besteht eine Möglichkeit darin, den Nachbarschaftsstreit vor Gericht auszutragen und einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Grundsätzlich kann hier eine Eigentumsstörung nach § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliegen. In manchen Fällen hat man allerdings als Nachbar Störungen zu dulden. Dann scheitert die Klage.
Das Landgericht Bonn verhandelte einen Fall, in dem zwei Katzen in einem Mehrfamilienhaus übers Dach spaziert waren und die Nachbarwohnung besucht hatten. Das Gericht entschied: Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis bringt eine Duldungspflicht mit sich. Daher kann niemand einfach seinem Nachbarn verbieten, Katzen mit freiem Auslauf zu halten. Man muss es sogar dulden, dass die Katzen den eigenen Balkon oder die Terrasse aufsuchen und womöglich gelegentlich in die Wohnung kommen.
Einen Anspruch auf Einschränkung der Beeinträchtigungen kann man jedoch als Nachbar haben, wenn die Belästigung unzumutbare Züge annimmt. Dies ist dann eine Frage des Einzelfalles.
Im zu entscheidenden Fall hatten die Kläger schon diverse in diese Richtung gehende Einigungsvorschläge der Katzenbesitzer vehement zurückgewiesen. Daher sah das Gericht sie als mitverantwortlich für den Umfang der Belästigung an und wies die Klage ab (Urteil vom 12.05.2009, Az. 11 C 553/08).
Jeden Tag nach dem Lüften fand eine Berliner Mieterin die Nachbarskatze in ihrer Wohnung vor. Auch hier ging es um ein Mehrfamilienhaus. Die Mieterin stritt sich gar nicht erst mit dem Nachbarn, sondern meldete ihrem Vermieter die Katzenbesuche als Mangel ihrer Mietwohnung und machte eine Mietminderung in Höhe von zehn Prozent geltend. Das Gericht gab ihr Recht: Eine Duldungspflicht bestünde hier nicht. Eine Katze frei herumlaufen zu lassen, obwohl man wisse, dass diese fremde Wohnungen aufsuche, sei ein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache. Es sei Sache des gemeinsamen Vermieters, diesen zu unterbinden (AG Potsdam, Urteil vom 19.06.2014, Az. 26 C 492/13).
Der Bewohner eines Einfamilienhauses in Trier hielt 35 Papageien. Tagsüber lebten diese in Volieren im Garten und nachts im Haus. Allerdings zermürbte der tägliche Lärm die Nerven der Nachbarn. Die zuständige Behörde untersagte auf deren Beschwerden hin die Haltung der Vögel. Deren Besitzer klagte dagegen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigte jedoch den behördlichen Bescheid. In einem Wohngebiet sei zwar die Haltung von Haustieren erlaubt. Dies gelte aber nur, soweit sich diese noch im Rahmen des für die Wohnnutzung üblichen bewege. Dies sei bei 35 Papageien nicht mehr der Fall (Beschluss vom 14. Januar 2004, Az. 8 A 11802/03.OVG).
Zwei Grundstücksnachbarn in München waren über Efeu in Streit geraten. Dieser wuchs an der Rückwand einer Garage hoch, die direkt auf der Grundstücksgrenze stand. Die Eigentümerin der Garage stellte Feuchtigkeitsschäden am Mauerwerk fest. Vor Gericht bekam sie Recht: Die Efeu-Eigentümerin müsse diesen von der nachbarlichen Garage entfernen und der Nachbarin das Betreten ihres Grundstückes zur Sanierung der Mauer ermöglichen (Az. 241 C 10407/05).
In vielen Bundesländern regeln Nachbarrechtsgesetze Details wie die Bepflanzung an Grundstücksgrenzen. Zum Teil bestimmen auch die Bebauungspläne der Gemeinde über solche Einzelheiten. Das Nachbarrechtsgesetz von Baden-Württemberg schreibt vor, dass Hecken bis 1,80 Meter Größe einen Abstand von 50 cm zur Grundstücksgrenze einhalten müssen. Bambus neigt dazu, sich schnell auszubreiten - durchaus auch mit unterirdischem Wurzelwerk. Die Kernfrage: Ab wann gilt Bambus an der Grundstücksgrenze als Hecke?
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied in einem Nachbarschaftsstreit, dass Bambus zwar biologisch "Gras" sei. Bei entsprechendem Wuchs könne es aber auch als Hecke durchgehen. Das Gericht verurteilte einen Grundstückseigentümer auf Betreiben seines Nachbarn dazu, den an der Grundstücksgrenze wachsenden Bambus so weit zurückzuschneiden, dass dieser die gesetzlichen Vorschriften für Hecken einhalte (Urteil vom 25. Juli 2014, Az. 12 U 162/13).
Bis zum Bundesgerichtshof klagten die Eigentümer eines Reihenhauses, deren Bonsai-Kulturen im 10 x 10 Meter großen Garten zu wenig Licht bekamen. Ihr Grundstück grenzte unmittelbar an eine öffentliche Grünanlage der Stadt. Auf dieser standen unter anderem zwei 25 Meter hohe Eschen, deren Baumkronen zusammengewachsen waren. Zwischen diesen Bäumen und dem Garten blieben zehn Meter Abstand. Das Ehepaar war der Meinung, dass ihr Garten durch die beiden Eschen durchgehend verschattet werde. Auch kühle ihr Grundstück aus. Daher verlangten sie im Rahmen eines Nachbarstreits das Fällen der Bäume. Ihre darauf gerichtete Klage blieb jedoch in allen Instanzen erfolglos.
Dem Urteil des BGH zufolge setzt ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB voraus, dass das Eigentum der Kläger beeinträchtigt wird. Dies sei hier nicht der Fall. Das Eigentum an einem Grundstück werde durch Schattenwurf von Pflanzen und Bäumen allenfalls dann beeinträchtigt, wenn die in den Landesnachbargesetzen enthaltenen Vorschriften über Grenzabstände nicht eingehalten würden. Der vorgeschriebene Abstand zwischen Bäumen und Grundstücksgrenze betrage in NRW vier Meter. Dieser wurde hier jedoch um mehr als das Doppelte überschritten.
In Ausnahmefällen kommt allerdings ein aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis hergeleiteter Beseitigungsanspruch in Frage. Dies setzt voraus, dass die Kläger ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Nachteilen ausgesetzt sind. Einen solchen Fall sah das Gericht bei diesem Nachbarschaftsstreit nicht. Schließlich diene eine öffentliche Grünanlage der Luftverbesserung, der Schaffung von Naherholungsräumen und als Rückzugsort für Tiere. Dazu seien nun einmal auch große Bäume nötig. Wer sich ein Grundstück direkt neben einer öffentlichen Parkanlage kaufe, müsse die Verschattung durch deren Bäume hinnehmen und könne keine Rodungsaktion im Park fordern (Urteil vom 10.7.2015, Az. V ZR 229/14).
Bei einem Sachmangel der Mietwohnung können Mieter die Miete mindern und die Beseitigung des Mangels verlangen. Ist aber die Verschattung durch Bäume ein Mangel?
Dies verneinte das Amtsgericht Berlin-Neukölln. Die Verschattung durch Bäume stelle in der Regel keinen Mietmangel dar. Dies gelte auch für eine Erdgeschosswohnung vor einem parkähnlichen Garten. Baumbewuchs könne sich allenfalls dann zu einem Mangel der Mietsache entwickeln, wenn das Maß der Verschattung unzumutbar werde. Nur dann könne überhaupt nach der örtlichen Baumschutzverordnung ein Rückschnitt behördlich genehmigt werden. Hier war die Grenze des Zumutbaren nicht erreicht, da die Mietwohnung von 13 bis 18 Uhr auf der Wohnzimmerseite einen angemessenen Lichteinfall hatte (Az. 21 C 274/07).
Jedes Jahr im Herbst fallen die Blätter und Sonnenlicht scheint in Gärten und Fenster. Nun haben die Nachbarn zwar mehr Licht, aber auch mehr Laub, was gelegentlich auch zum Streit unter Nachbarn führt. Bei einer Beeinträchtigung eines Grundstücks durch Laubfall bestehen jedoch in der Regel keine Abwehransprüche der Nachbarn. Diesen natürlichen herbstlichen Vorgang sieht die Rechtsprechung grundsätzlich als ortsüblich an. Nur in besonderen Ausnahmefällen muss ein Nachbar eine solche Beeinträchtigung nicht hinnehmen. Allerdings muss dafür das übliche und zumutbare Maß erheblich überschritten werden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Dachrinne des Nachbarhauses ständig verstopft wird und hohe Kosten für die Reinigung entstehen (BGH, Urteil vom 14.11.2003, Az. V ZR 102/03).
Das Oberlandesgericht Potsdam befasste sich mit einem Nachbarschaftsstreit um sieben große, 100-jährige Linden, die auf einem Grundstück parallel zur Grundstücksgrenze standen. Ihre Zweige reichten über die Grenze, sodass Blätter und klebriger Nektar auf das Grundstück des Nachbarn fielen. Dieser sah dadurch sein Eigentum beeinträchtigt und setzte dem Baumeigentümer eine dreiwöchige Frist zum Rückschnitt. Der weigerte sich: Er fürchtete, dass die Bäume Schaden nehmen könnten. Auch sei eine Genehmigung durch das Denkmalschutzamt notwendig. Nach einer weiteren, erfolglosen Fristsetzung griff der Nachbar zur Selbsthilfe. Er ließ eine Fachfirma die Bäume entlang seiner Grenze kappen. Darauf verklagte ihn der Baumeigentümer auf Schadensersatz und bekam recht.
Der Rückschnitt war laut Gericht eine rechtswidrige Beeinträchtigung fremden Eigentums. Die Bäume seien wesentliche Bestandteile des klägerischen Grundstücks. Das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis schränke ein mögliches Selbsthilferecht des Nachbarn ein. Unter Nachbarn gelte nämlich auch ein Gebot zur Rücksichtnahme. Durch den radikalen Rückschnitt sei der Bestand der alten Bäume erheblich gefährdet. Alte Bäume reagierten empfindlicher als junge. So könne an den Schnittstellen Fäulnis eindringen und zum Absterben der Bäume führen. Der Nachbar habe durch die Rückschnittaktion fahrlässig fremde Rechte verletzt. Dem Baumeigentümer gestand das Gericht rund 7.000 Euro Schadensersatz zu (Urteil vom 8.2.2018, Az. 5 U 109/16).
Eine Beleidigung ist strafbar - das gilt auch im Rahmen von Nachbarschaftsstreitigkeiten. Daher kommt so mancher auf die Idee, dem unliebsamen Nachbarn anders zu zeigen, was er von ihm hält. So tauchten an einigen Grundstücksgrenzen Gartenzwerge auf, zum Beispiel mit herausgestrecktem Mittelfinger oder heruntergelassener Hose. Nur: Wer solche Zwerge an der Grundstücksgrenze mit Ausrichtung zum Nachbarn aufbaut, macht sehr wahrscheinlich Bekanntschaft mit den Gerichten. Diese behandeln die Geste des Zwerges nämlich ebenso, als wenn sich der Grundstückseigentümer dort selbst hingestellt hätte (Amtsgericht Grünstadt, Az. 2 a C 334/93).
Oft löst ein Streit unter Nachbarn jahrelange Auseinandersetzungen vor Gericht aus. Dies kostet viel Geld und Nerven und häufig geht keine Seite wirklich als Sieger daraus hervor. Daher kann es sinnvoll sein, etwas Schatten oder ein paar welke Blätter in Kauf zu nehmen und dafür ein gutes Verhältnis mit dem Nachbarn zu bewahren. Ist ein rechtliches Vorgehen dann doch unvermeidlich, kann Sie ein Rechtsanwalt für Zivilrecht fachgerecht beraten. Unter Nachbarn kann eine gütliche Einigung im Rahmen einer Mediation einem Nachbarschaftsstreit vorzuziehen sein – auch diese wird von Anwälten angeboten.
Das Wichtigste in Kürze
1. Duldung von Haustieren: Haustiere des Nachbarn, wie Hund, Katze und Vögel, müssen grundsätzlich geduldet werden, es sei denn die Belästigung ist unzumutbar. Dies ist eine Frage des Einzelfalls.
2. Überwuchs / Hecken: Überwuchs von des Nachbarn Grundstück ist zu beseitigen, insbesondere wenn er zu Schäden beim Nachbarn führt. Der Abstand für Hecken ist auch dann einzuhalten, wenn es um kein heckentypische Bepflanzung wie z.B. Bambus geht.
3. Verschattung durch Bäume: Die Verschattung durch Bäume ist grundsätzlich zu dulden, so lange die in den Landesnachbargesetzen enthaltenen Vorschriften über Grenzabstände eingehalten werden.
4. Beeinträchtigung durch Laub: Laubfall ist eine natürliche Erscheinung und grundsätzlich vom Nachbarn zu dulden. Eine Ausname gilt, wenn das zumutbare Maß überschritten wird.
1. Duldung von Haustieren: Haustiere des Nachbarn, wie Hund, Katze und Vögel, müssen grundsätzlich geduldet werden, es sei denn die Belästigung ist unzumutbar. Dies ist eine Frage des Einzelfalls.
2. Überwuchs / Hecken: Überwuchs von des Nachbarn Grundstück ist zu beseitigen, insbesondere wenn er zu Schäden beim Nachbarn führt. Der Abstand für Hecken ist auch dann einzuhalten, wenn es um kein heckentypische Bepflanzung wie z.B. Bambus geht.
3. Verschattung durch Bäume: Die Verschattung durch Bäume ist grundsätzlich zu dulden, so lange die in den Landesnachbargesetzen enthaltenen Vorschriften über Grenzabstände eingehalten werden.
4. Beeinträchtigung durch Laub: Laubfall ist eine natürliche Erscheinung und grundsätzlich vom Nachbarn zu dulden. Eine Ausname gilt, wenn das zumutbare Maß überschritten wird.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Muss man Hund und Katze vom Nachbarn auf dem eigenen Grundstück dulden? Können Nachbarn wegen einer fremden Katze die Miete mindern? Wie viele lärmende Papageien müssen Nachbarn dulden? Muss über die Grundstücksgrenze wuchernder Efeu des Nachbarn geduldet werden? Müssen Nachbarn den sich ausbreitenden Bambus des Nachbarn dulden? Wie viel Verschattung durch Bäume müssen Nachbarn dulden? Ab wann ist die Verschattung durch Nachbarbäume ein Mietmangel? Wie viel Laubfall müssen Nachbarn dulden? Darf man die Bäume des Nachbarn eigenmächtig zurückschneiden? Müssen Nachbarn Gartenzwerge mit provozierender Geste dulden? Praxistipp zum Nachbarschaftsstreit Muss man Hund und Katze vom Nachbarn auf dem eigenen Grundstück dulden?
Wenn fremde Katzen und Hunde den eigenen Garten und womöglich die Wohnung infiltrieren, hört bei vielen Mietern und Eigentümern schnell der Spaß auf. Wenn Gespräche mit dem Nachbarn nichts helfen, besteht eine Möglichkeit darin, den Nachbarschaftsstreit vor Gericht auszutragen und einen Unterlassungsanspruch geltend zu machen. Grundsätzlich kann hier eine Eigentumsstörung nach § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vorliegen. In manchen Fällen hat man allerdings als Nachbar Störungen zu dulden. Dann scheitert die Klage.
Das Landgericht Bonn verhandelte einen Fall, in dem zwei Katzen in einem Mehrfamilienhaus übers Dach spaziert waren und die Nachbarwohnung besucht hatten. Das Gericht entschied: Das nachbarliche Gemeinschaftsverhältnis bringt eine Duldungspflicht mit sich. Daher kann niemand einfach seinem Nachbarn verbieten, Katzen mit freiem Auslauf zu halten. Man muss es sogar dulden, dass die Katzen den eigenen Balkon oder die Terrasse aufsuchen und womöglich gelegentlich in die Wohnung kommen.
Einen Anspruch auf Einschränkung der Beeinträchtigungen kann man jedoch als Nachbar haben, wenn die Belästigung unzumutbare Züge annimmt. Dies ist dann eine Frage des Einzelfalles.
Im zu entscheidenden Fall hatten die Kläger schon diverse in diese Richtung gehende Einigungsvorschläge der Katzenbesitzer vehement zurückgewiesen. Daher sah das Gericht sie als mitverantwortlich für den Umfang der Belästigung an und wies die Klage ab (Urteil vom 12.05.2009, Az. 11 C 553/08).
Können Nachbarn wegen einer fremden Katze die Miete mindern?
Jeden Tag nach dem Lüften fand eine Berliner Mieterin die Nachbarskatze in ihrer Wohnung vor. Auch hier ging es um ein Mehrfamilienhaus. Die Mieterin stritt sich gar nicht erst mit dem Nachbarn, sondern meldete ihrem Vermieter die Katzenbesuche als Mangel ihrer Mietwohnung und machte eine Mietminderung in Höhe von zehn Prozent geltend. Das Gericht gab ihr Recht: Eine Duldungspflicht bestünde hier nicht. Eine Katze frei herumlaufen zu lassen, obwohl man wisse, dass diese fremde Wohnungen aufsuche, sei ein vertragswidriger Gebrauch der Mietsache. Es sei Sache des gemeinsamen Vermieters, diesen zu unterbinden (AG Potsdam, Urteil vom 19.06.2014, Az. 26 C 492/13).
Wie viele lärmende Papageien müssen Nachbarn dulden?
Der Bewohner eines Einfamilienhauses in Trier hielt 35 Papageien. Tagsüber lebten diese in Volieren im Garten und nachts im Haus. Allerdings zermürbte der tägliche Lärm die Nerven der Nachbarn. Die zuständige Behörde untersagte auf deren Beschwerden hin die Haltung der Vögel. Deren Besitzer klagte dagegen. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz bestätigte jedoch den behördlichen Bescheid. In einem Wohngebiet sei zwar die Haltung von Haustieren erlaubt. Dies gelte aber nur, soweit sich diese noch im Rahmen des für die Wohnnutzung üblichen bewege. Dies sei bei 35 Papageien nicht mehr der Fall (Beschluss vom 14. Januar 2004, Az. 8 A 11802/03.OVG).
Muss über die Grundstücksgrenze wuchernder Efeu des Nachbarn geduldet werden?
Zwei Grundstücksnachbarn in München waren über Efeu in Streit geraten. Dieser wuchs an der Rückwand einer Garage hoch, die direkt auf der Grundstücksgrenze stand. Die Eigentümerin der Garage stellte Feuchtigkeitsschäden am Mauerwerk fest. Vor Gericht bekam sie Recht: Die Efeu-Eigentümerin müsse diesen von der nachbarlichen Garage entfernen und der Nachbarin das Betreten ihres Grundstückes zur Sanierung der Mauer ermöglichen (Az. 241 C 10407/05).
Müssen Nachbarn den sich ausbreitenden Bambus des Nachbarn dulden?
In vielen Bundesländern regeln Nachbarrechtsgesetze Details wie die Bepflanzung an Grundstücksgrenzen. Zum Teil bestimmen auch die Bebauungspläne der Gemeinde über solche Einzelheiten. Das Nachbarrechtsgesetz von Baden-Württemberg schreibt vor, dass Hecken bis 1,80 Meter Größe einen Abstand von 50 cm zur Grundstücksgrenze einhalten müssen. Bambus neigt dazu, sich schnell auszubreiten - durchaus auch mit unterirdischem Wurzelwerk. Die Kernfrage: Ab wann gilt Bambus an der Grundstücksgrenze als Hecke?
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied in einem Nachbarschaftsstreit, dass Bambus zwar biologisch "Gras" sei. Bei entsprechendem Wuchs könne es aber auch als Hecke durchgehen. Das Gericht verurteilte einen Grundstückseigentümer auf Betreiben seines Nachbarn dazu, den an der Grundstücksgrenze wachsenden Bambus so weit zurückzuschneiden, dass dieser die gesetzlichen Vorschriften für Hecken einhalte (Urteil vom 25. Juli 2014, Az. 12 U 162/13).
Wie viel Verschattung durch Bäume müssen Nachbarn dulden?
Bis zum Bundesgerichtshof klagten die Eigentümer eines Reihenhauses, deren Bonsai-Kulturen im 10 x 10 Meter großen Garten zu wenig Licht bekamen. Ihr Grundstück grenzte unmittelbar an eine öffentliche Grünanlage der Stadt. Auf dieser standen unter anderem zwei 25 Meter hohe Eschen, deren Baumkronen zusammengewachsen waren. Zwischen diesen Bäumen und dem Garten blieben zehn Meter Abstand. Das Ehepaar war der Meinung, dass ihr Garten durch die beiden Eschen durchgehend verschattet werde. Auch kühle ihr Grundstück aus. Daher verlangten sie im Rahmen eines Nachbarstreits das Fällen der Bäume. Ihre darauf gerichtete Klage blieb jedoch in allen Instanzen erfolglos.
Dem Urteil des BGH zufolge setzt ein Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB voraus, dass das Eigentum der Kläger beeinträchtigt wird. Dies sei hier nicht der Fall. Das Eigentum an einem Grundstück werde durch Schattenwurf von Pflanzen und Bäumen allenfalls dann beeinträchtigt, wenn die in den Landesnachbargesetzen enthaltenen Vorschriften über Grenzabstände nicht eingehalten würden. Der vorgeschriebene Abstand zwischen Bäumen und Grundstücksgrenze betrage in NRW vier Meter. Dieser wurde hier jedoch um mehr als das Doppelte überschritten.
In Ausnahmefällen kommt allerdings ein aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis hergeleiteter Beseitigungsanspruch in Frage. Dies setzt voraus, dass die Kläger ungewöhnlich schweren und nicht mehr hinzunehmenden Nachteilen ausgesetzt sind. Einen solchen Fall sah das Gericht bei diesem Nachbarschaftsstreit nicht. Schließlich diene eine öffentliche Grünanlage der Luftverbesserung, der Schaffung von Naherholungsräumen und als Rückzugsort für Tiere. Dazu seien nun einmal auch große Bäume nötig. Wer sich ein Grundstück direkt neben einer öffentlichen Parkanlage kaufe, müsse die Verschattung durch deren Bäume hinnehmen und könne keine Rodungsaktion im Park fordern (Urteil vom 10.7.2015, Az. V ZR 229/14).
Ab wann ist die Verschattung durch Nachbarbäume ein Mietmangel?
Bei einem Sachmangel der Mietwohnung können Mieter die Miete mindern und die Beseitigung des Mangels verlangen. Ist aber die Verschattung durch Bäume ein Mangel?
Dies verneinte das Amtsgericht Berlin-Neukölln. Die Verschattung durch Bäume stelle in der Regel keinen Mietmangel dar. Dies gelte auch für eine Erdgeschosswohnung vor einem parkähnlichen Garten. Baumbewuchs könne sich allenfalls dann zu einem Mangel der Mietsache entwickeln, wenn das Maß der Verschattung unzumutbar werde. Nur dann könne überhaupt nach der örtlichen Baumschutzverordnung ein Rückschnitt behördlich genehmigt werden. Hier war die Grenze des Zumutbaren nicht erreicht, da die Mietwohnung von 13 bis 18 Uhr auf der Wohnzimmerseite einen angemessenen Lichteinfall hatte (Az. 21 C 274/07).
Wie viel Laubfall müssen Nachbarn dulden?
Jedes Jahr im Herbst fallen die Blätter und Sonnenlicht scheint in Gärten und Fenster. Nun haben die Nachbarn zwar mehr Licht, aber auch mehr Laub, was gelegentlich auch zum Streit unter Nachbarn führt. Bei einer Beeinträchtigung eines Grundstücks durch Laubfall bestehen jedoch in der Regel keine Abwehransprüche der Nachbarn. Diesen natürlichen herbstlichen Vorgang sieht die Rechtsprechung grundsätzlich als ortsüblich an. Nur in besonderen Ausnahmefällen muss ein Nachbar eine solche Beeinträchtigung nicht hinnehmen. Allerdings muss dafür das übliche und zumutbare Maß erheblich überschritten werden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Dachrinne des Nachbarhauses ständig verstopft wird und hohe Kosten für die Reinigung entstehen (BGH, Urteil vom 14.11.2003, Az. V ZR 102/03).
Darf man die Bäume des Nachbarn eigenmächtig zurückschneiden?
Das Oberlandesgericht Potsdam befasste sich mit einem Nachbarschaftsstreit um sieben große, 100-jährige Linden, die auf einem Grundstück parallel zur Grundstücksgrenze standen. Ihre Zweige reichten über die Grenze, sodass Blätter und klebriger Nektar auf das Grundstück des Nachbarn fielen. Dieser sah dadurch sein Eigentum beeinträchtigt und setzte dem Baumeigentümer eine dreiwöchige Frist zum Rückschnitt. Der weigerte sich: Er fürchtete, dass die Bäume Schaden nehmen könnten. Auch sei eine Genehmigung durch das Denkmalschutzamt notwendig. Nach einer weiteren, erfolglosen Fristsetzung griff der Nachbar zur Selbsthilfe. Er ließ eine Fachfirma die Bäume entlang seiner Grenze kappen. Darauf verklagte ihn der Baumeigentümer auf Schadensersatz und bekam recht.
Der Rückschnitt war laut Gericht eine rechtswidrige Beeinträchtigung fremden Eigentums. Die Bäume seien wesentliche Bestandteile des klägerischen Grundstücks. Das nachbarrechtliche Gemeinschaftsverhältnis schränke ein mögliches Selbsthilferecht des Nachbarn ein. Unter Nachbarn gelte nämlich auch ein Gebot zur Rücksichtnahme. Durch den radikalen Rückschnitt sei der Bestand der alten Bäume erheblich gefährdet. Alte Bäume reagierten empfindlicher als junge. So könne an den Schnittstellen Fäulnis eindringen und zum Absterben der Bäume führen. Der Nachbar habe durch die Rückschnittaktion fahrlässig fremde Rechte verletzt. Dem Baumeigentümer gestand das Gericht rund 7.000 Euro Schadensersatz zu (Urteil vom 8.2.2018, Az. 5 U 109/16).
Müssen Nachbarn Gartenzwerge mit provozierender Geste dulden?
Eine Beleidigung ist strafbar - das gilt auch im Rahmen von Nachbarschaftsstreitigkeiten. Daher kommt so mancher auf die Idee, dem unliebsamen Nachbarn anders zu zeigen, was er von ihm hält. So tauchten an einigen Grundstücksgrenzen Gartenzwerge auf, zum Beispiel mit herausgestrecktem Mittelfinger oder heruntergelassener Hose. Nur: Wer solche Zwerge an der Grundstücksgrenze mit Ausrichtung zum Nachbarn aufbaut, macht sehr wahrscheinlich Bekanntschaft mit den Gerichten. Diese behandeln die Geste des Zwerges nämlich ebenso, als wenn sich der Grundstückseigentümer dort selbst hingestellt hätte (Amtsgericht Grünstadt, Az. 2 a C 334/93).
Praxistipp zum Nachbarschaftsstreit
Oft löst ein Streit unter Nachbarn jahrelange Auseinandersetzungen vor Gericht aus. Dies kostet viel Geld und Nerven und häufig geht keine Seite wirklich als Sieger daraus hervor. Daher kann es sinnvoll sein, etwas Schatten oder ein paar welke Blätter in Kauf zu nehmen und dafür ein gutes Verhältnis mit dem Nachbarn zu bewahren. Ist ein rechtliches Vorgehen dann doch unvermeidlich, kann Sie ein Rechtsanwalt für Zivilrecht fachgerecht beraten. Unter Nachbarn kann eine gütliche Einigung im Rahmen einer Mediation einem Nachbarschaftsstreit vorzuziehen sein – auch diese wird von Anwälten angeboten.
(Bu)