Wann darf mein Chef mir einen Nebenjob verbieten?

25.10.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Nebenjob,Arbeitnehmer,Erlaubnis,Arbeitszeit Ein Nebenjob ist oft erlaubt - aber nicht immer. © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Interessenkonflikt: Beeinträchtigt die Nebentätigkeit die Interessen des Arbeitgebers, weil sie in direktem Wettbewerb zur Haupttätigkeit des Arbeitgebers steht, ist sie in aller Regel unzulässig (Konkurrenztätigkeit).

2. Verstoß gegen arbeitsrechtliche Regelungen: Der Arbeitgeber darf einen Nebenjob verbieten, wenn der Arbeitsvertrag oder einschlägige Arbeitsschutzgesetze dies entsprechend regeln.

3. Beeinträchtigung der Arbeitsleistung: Leidet die Haupttätigkeit des Arbeitnehmers erheblich unter der Nebentätigkeit, darf der Arbeitgeber diese verbieten.
Artikel 12 des Grundgesetzes garantiert die Berufsfreiheit. Grundsätzlich darf sich daher jeder beruflich betätigen, wie er möchte. Daher darf man auch eine Nebenbeschäftigung ausüben. Wenn der Betreffende einen Hauptjob hat, muss er allerdings die arbeitsvertraglichen Pflichten aus diesem Job erfüllen. Solange er dies tut, geht es niemanden etwas an, was er oder sie in der Freizeit macht. Zumindest im Prinzip, denn gar so einfach ist es in der Praxis natürlich auch wieder nicht.

Welche Einschränkungen für Nebenjobs ergeben sich aus dem Arbeitszeitgesetz?


Bei Nebenjobs sind mehrere Einschränkungen zu beachten. Eine davon ergibt sich aus dem Arbeitszeitgesetz. Dieses legt fest, dass die werktägliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmers nicht über acht Stunden hinausgehen darf. Sie kann nur dann auf zehn Stunden angehoben werden, wenn innerhalb von sechs Kalendermonaten oder innerhalb von 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden. Diese Regelung gilt natürlich nicht pro Job, sondern insgesamt. Der Arbeitgeber ist gehalten, auf die Einhaltung zu achten. Das bedeutet: Wenn durch den Nebenjob die zulässige Stundenzahl überschritten wird, darf der Haupt-Arbeitgeber die Nebentätigkeit verbieten.

Wann brauche ich für eine Nebentätigkeit die Erlaubnis vom Chef?


Weitere Einschränkungen in Sachen Nebenjob können sich auch aus dem Arbeitsvertrag des Haupt-Arbeitsverhältnisses ergeben. Ist jedoch im Arbeits- oder Tarifvertrag zum Thema Nebentätigkeit nichts geregelt, muss der Arbeitnehmer auch keine Zustimmung des Arbeitgebers einholen. Allerdings kann ihm der Arbeitgeber trotzdem die Nebentätigkeit untersagen, wenn diese den Hauptjob oder seine betrieblichen Interessen beeinträchtigt.

Pauschal per Arbeitsvertrag verbieten darf der Arbeitgeber Nebentätigkeiten nicht. Dies verhindert schon die Berufsfreiheit nach Artikel 12 Grundgesetz. Das ändert aber nichts daran, dass viele Arbeits- und Tarifverträge Klauseln enthalten, nach denen die Aufnahme einer Nebentätigkeit die Zustimmung des Haupt-Arbeitgebers erfordert. Dieser darf seine Erlaubnis jedoch nicht beliebig verweigern. Wenn der Nebenjob die Haupttätigkeit oder betriebliche Interessen des Haupt-Arbeitgebers nicht beeinträchtigt und nicht gegen Gesetze verstößt, muss dieser sein "okay" geben. Verweigert er seine Zustimmung ohne guten Grund, kann diese per Klage vor dem Arbeitsgericht durch ein Urteil ersetzt werden.

Wird durch den Nebenjob die Haupttätigkeit beeinträchtigt?


Wird die Haupttätigkeit eines Arbeitnehmers durch seinen Nebenjob beeinträchtigt, sieht es anders aus. Schließlich sind Arbeitnehmer per Arbeitsvertrag verpflichtet, ihre Tätigkeit ohne Beeinträchtigungen durchzuführen. Erscheint also zum Beispiel ein Kranführer jeden Morgen völlig übermüdet auf der Baustelle, weil er nachts als Barkeeper arbeitet, kann der Arbeitgeber einschreiten. Auch häufiges Zuspätkommen kann Probleme verursachen – dies gilt allerdings nicht nur, wenn es durch Übermüdung infolge eines Nebenjobs zustande kommt.

Was ist bei Nebenjobs sozialversicherungsrechtlich zu beachten?


Arbeitgeber haben natürlich auch ein Interesse daran, dass durch Nebenjobs ihrer Mitarbeiter nicht gegen das Sozialversicherungsrecht verstoßen wird. Hier kann es zu Problemen kommen, wenn jemand zum Beispiel mehrere 520-Euro-Minijobs hat. Unter Umständen kann der Arbeitgeber dann den Zweitjob untersagen. Der Grund: Auch bei mehreren 520-Euro Jobs darf der Arbeitnehmer die Gesamtsumme von 520-Euro pro Monat insgesamt nicht überschreiten. Dann wird seine Tätigkeit normal sozialversicherungspflichtig.

Handlungsbedarf kann es geben, wenn wieder einmal der Mindestlohn erhöht wird. Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn im Jahr 2023 beträgt 12 Euro pro Stunde für alle volljährigen Arbeitnehmer, ab 1. Januar 2024 sind es 12,41 Euro. 2020 waren es noch 9,35 Euro. Wird der Mindestlohn erhöht, müssen Minijobber mit Mindestlohn unter Umständen ihre Stundenzahl anpassen, um noch unter den 520 Euro im Monat zu bleiben und damit die Sozialversicherungspflicht zu vermeiden.

Was gilt, wenn der Nebenjob eine Konkurrenztätigkeit ist?


Konkurrenz durch eigene Arbeitnehmer muss sich der Chef nicht gefallen lassen. Wenn zum Beispiel eine angestellte Blumenverkäuferin nebenher ihren eigenen Blumenladen aufmacht, ist mit einer Abmahnung und bei Fortsetzung auch mit einer Kündigung zu rechnen. Handelt es sich um eine echte Konkurrenztätigkeit, kann sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt sein.

Für eine Kündigung nicht ausreichend ist jedoch eine ganz untergeordnete Konkurrenztätigkeit. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht im Fall einer Briefsortiererin, die eine Nebentätigkeit als Zustellerin bei einem anderen Unternehmen ausübte. Dieses stellte Zeitungen, aber auch Briefe und Postwurfsendungen zu. In derartigen Fällen kann der Arbeitgeber dem Bundesarbeitsgericht zufolge eine Nebentätigkeit bei der Konkurrenz nur verbieten, wenn seine Interessen auch tatsächlich beeinträchtigt sind (Urteil vom 24.3.2010, Az. 10 AZR 66/09).

Wann kann der Chef wegen einer Konkurrenztätigkeit Schadensersatz verlangen?


Der Arbeitgeber kann unter Umständen sogar einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn der Arbeitnehmer nebenberuflich eine Konkurrenztätigkeit ausübt. Er muss dazu jedoch genau nachweisen können, welcher Schaden ihm tatsächlich entstanden ist.

Das Bundesarbeitsgericht gestand einem Arbeitgeber einen solchen Schadensersatz zu. In diesem Fall handelte sich um einen Betrieb, der Stanzwerkzeuge und -formen herstellte. Ein Mitarbeiter hatte sich krankschreiben lassen und in dieser Zeit für den Betrieb eines seiner Söhne gearbeitet. Dieser produzierte ebenfalls Stanzformen. Daraufhin war dem Mitarbeiter gekündigt worden. Das Gericht verurteilte ihn unter anderem dazu, dem Arbeitgeber die Kosten für den Detektiv zu ersetzen, der seine Konkurrenztätigkeit bewiesen hatte (Urteil vom 29.6.2017, Az. 2 AZR 597/16).

Darf ich während einer Krankschreibung einen Nebenjob ausüben?


Kann ein Arbeitnehmer nicht arbeiten, weil er durch Krankheit arbeitsunfähig ist, hat er nach § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz für sechs Wochen einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer ist im Gegenzug dazu verpflichtet, sich in einer Weise zu verhalten, die seine Genesung fördert. Er muss alles unterlassen, was seine Heilung verhindern oder verzögern könnte. In vielen Fällen wird eine bezahlte Nebentätigkeit nicht heilungsfördernd sein. Ausnahmen sind jedoch denkbar, etwa bei sehr leichten Tätigkeiten. Vor Gericht wird immer auch die Art der Erkrankung eine Rolle spielen.

Weitere Fällen, in denen ein Nebenjob unzulässig sein kann, finden Sie hier:
In welchen Fällen ist ein Nebenjob unzulässig?

Praxistipp zur Nebentätigkeit


Einen geplanten Nebenjob sollten Arbeitnehmer unbedingt zuvor mit dem Hauptarbeitgeber abklären, damit es nicht zu Unstimmigkeiten kommt. Arbeitgeber können Nebentätigkeiten nur verbieten, wenn sie ihre Interessen beeinträchtigen, oder der Nebenjob gegen Arbeitnehmer-Schutzbestimmungen verstößt. Bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber kann Sie ein Fachanwalt für Arbeitsrecht kompetent zu Ihrem Fall beraten.

(Ma)


 Ulf Matzen
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