Neue Gesetze: Was ändert sich im Juli 2017?

30.06.2017, Redaktion Anwalt-Suchservice
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Auch im Juli 2017 stehen uns wieder einige Gesetzesänderungen bevor. So werden die Pfändungsfreigrenzen geändert, Rentner dürfen mehr dazuverdienen und extremistische Straftäter müssen sich wärmer anziehen.

Unter anderem ändern sich im Juli 2017 auch die Regeln über den Unterhaltsvorschuss. Anonyme SIM-Karten soll es nicht mehr geben, die Vorratsdatenspeicherung wird aufgeschoben und die Prostitution wird stärker reglementiert. Für Freier gilt nun die Kondompflicht.

Nachtrag: Bankgeheimnis komplett abgeschafft


Schon am 25. Juni 2017 wurde das Bankgeheimnis nunmehr komplett abgeschafft. § 30a der Abgabenordnung (AO), welcher den Schutz des Bankkunden zum Gegenstand hatte, wurde dazu komplett aufgehoben. Schon ab 2005 durften die Finanzbehörden Kontoabfragen durchführen, was aber vom Gesetzgeber als Ausnahme angedacht war. Spätestens im Jahr 2016 wurde die Ausnahme zur Regel, indem nach offiziellen Angaben ca. 300.000 Kontenabfragen erfolgten.

Änderungen beim Unterhaltsvorschuss


Gute Nachrichten für Alleinerziehende mit Kindern: Zahlte der unterhaltspflichtige Elternteil nicht, gab es bisher bei Kindern bis 12 Jahre einen Unterhaltsvorschuss, der höchstens sechs Jahre lang in Anspruch genommen werden konnte. Nun wird dieser ausgeweitet. Die bisherige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten ist Geschichte. Den Vorschuss kann es nun auf Antrag bis zum 18. Geburtstag des Kindes geben. Bis zum 6. Geburtstag beträgt der Vorschuss künftig 150 Euro, bis zum 12. Geburtstag 101 Euro, bis zum 18. Geburtstag 268 Euro. Der Staat wird versuchen, sich das gezahlte Geld vom Unterhaltspflichtigen zurückzuholen. Bei Kindern ab 12 wird künftig eigenes Einkommen angerechnet. Ab 1. Juli 2017 können Anträge gestellt werden.

Was ändert sich in Sachen Prostitution?


Im Oktober 2016 wurde ein neues „Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen“ veröffentlicht, das zum 1. Juli 2017 in Kraft tritt. Es führt erstmals umfangreiche gesetzliche Rahmenbedingungen für die Ausübung der Prostitution und für entsprechende Gewerbebetriebe ein. Jede Person, die auf irgendeine Weise sexuelle Dienstleistungen anbietet, muss sich nun behördlich anmelden und ist verpflichtet, eine Gesundheitsberatung in Anspruch zu nehmen. Darauf folgt ein Beratungs- und Informationsgespräch über soziale Absicherung, Rechte der Prostituierten, steuerliche Pflichten und das Thema Zwangsprostitution. Nach der Registrierung darf die Person dann legal der Prostitution nachgehen. Voraussetzung ist eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis. Wer bereits in dem Gewerbe tätig ist, hat noch bis zum 31.12.2017 Zeit für die Anmeldung. Betriebe des Prostitutionsgewerbes – egal ob es sich um Bordelle, Wohnwagenparks oder Massagesalons handelt – brauchen künftig eine besondere Gewerbeerlaubnis, die sie nur erhalten, wenn die Betreiber eine Zuverlässigkeitsprüfung bestehen. Diese schließt einen Bundeszentralregisterauszug über den Betreiber und Auskünfte von Polizeidienststellen ein. Vorstrafen und anhängige Ermittlungsverfahren können die Zulassung ebenso verhindern wie die frühere Mitgliedschaft in einer verbotenen Vereinigung. Zusätzlich gibt es bauliche Mindestanforderungen an Prostitutionsstätten sowie umfangreiche Dokumentationspflichten für deren Betreiber, etwa über Verträge mit Prostituierten. Und: Ab 1. Juli 2017 herrscht bei allen sexuellen Praktiken mit Prostituierten absolute, gesetzliche Kondompflicht. Das Bußgeld für Freier, die sich nicht daran halten, liegt bei maximal 50.000 Euro.

Keine anonymen SIM-Karten


Der Terrorismus wird auf mannigfaltige Weise bekämpft. Dazu gehört auch eine Neuregelung in § 111 des Telekommunikationsgesetzes. Sie besagt, dass Prepaid-Tarife ab Juli 2017 nur noch gegen Vorlage des Personalausweises oder eines anderen amtlichen Ausweises abgeschlossen werden können. Es gibt also keinen anonymen Kauf von SIM-Karten mehr, der Käufer wird registriert. Dies gilt für alle Vertriebswege, für den Onlinekauf sollen die Regeln sogar noch schärfer sein (Verfahren wie Post-Ident, E-Ausweis), als für den Erwerb im normalen Handel.

Vorratsdatenspeicherung: Kommt sie oder nicht?


Die Vorratdatenspeicherung von Kommunikationsdaten ohne konkreten Anlass ist ein höchst umstrittenes Thema. Am 18. Dezember 2015 war ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten, dessen Regelungen jedoch erst nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten wirksam werden sollten. Beschlossen worden war eine Speicherung der Verbindungsinformationen der Kunden für zehn Wochen und ihrer Standortdaten für einen Monat. Zum 1. Juli 2017 sollte es nun losgehen – jedoch hat nun die Bundesnetzagentur kurzfristig die Pflicht der Telekommunikationsunternehmen zur Vorratsdatenspeicherung vorläufig ausgesetzt bzw. verkündet, dass Verstöße nicht geahndet werden. Grund ist ein Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Az. 13 B 238/17). Hier hatte ein Münchner Provider gegen die Vorratsdatenspeicherung geklagt. Das Gericht bezeichnete diese als europarechtswidrig. Die Entscheidung ist nicht überraschend, so hat der Europäische Gerichtshof erst vor Kurzem entschieden, dass bei solchen Speicherungen der Kreis der betroffenen Personen von Anfang an auf Fälle beschränkt werden muss, bei denen es zumindest einen mittelbaren Zusammenhang mit der durch das Gesetz beabsichtigten Verfolgung schwerer Straftaten oder schwerwiegender Gefahren für die öffentliche Sicherheit gebe. Der Beschluss des OVG Münster ist unanfechtbar, allerdings steht noch die Entscheidung im Hauptsacheverfahren aus – und womöglich der Weg vor das Bundesverfassungsgericht und den EuGH.

Rentner: Mehr Extraverdienst möglich


Für Rentner ändern sich zum 1. Juli 2017 durch das Flexi-Renten-Gesetz die Hinzuverdienstgrenzen. Dies betrifft Rentner, die schon vor Erreichen der Altersgrenze in Rente gegangen sind. Bei einer Rente in voller Höhe durften diese bisher 450 Euro im Monat hinzuverdienen. Zweimal im Jahr durfte der Hinzuverdienst die Grenze bis zum Doppelten überschreiten, ohne dass die Rente gekürzt wurde. Wer die Grenze überschritt, bekam nur noch eine Teilrente. Ab Juli 2017 gilt: Vorzeitig in Rente gegangene Arbeitnehmer können jährlich 6.300 Euro dazuverdienen, ohne dass die Rente gekürzt wird. Wer mehr verdient, bekommt 40 Prozent des über 6.300 Euro hinausgehenden Verdienstes von der Rente abgezogen (Bsp.: Zusatzverdienst 8.000 Euro. 40 % von 1.700 Euro werden abgezogen). Mit Erreichen der Regelaltersgrenze können Rentner ohne Kürzung soviel hinzuverdienen, wie sie wollen.

Neue Pfändungsfreigrenzen


Ab 1. Juli 2017 erhöhen sich die Pfändungsfreigrenzen gemäß § 850c Absatz 1 und 2 der Zivilprozessordnung. Alleinstehende ohne Unterhaltspflicht haben nun eine Pfändungsfreigrenze von 1.133,80 Euro monatlich (früher: 1.073,88). Müssen sie einer Person Unterhalt zahlen, kommen noch einmal 426,71 Euro monatlich dazu (früher: 404,16). Für jede weitere unterhaltsberechtigte Person erhöht sich die Pfändungsfreigrenze noch einmal um je 237,73 Euro im Monat (früher: 225,17).

Was ändert sich für extremistische Straftäter?


Am 1. Juli 2017 tritt eine Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozessordnung in Kraft. Diese betrifft eine Ausweitung des Maßregelrechts bei extremistischen Straftätern. Künftig können damit nach Strafverbüßung im Rahmen der Führungsaufsicht auch elektronische Fußfesseln und eine Sicherungsverwahrung bei extremistischen Straftätern angewendet werden, die wegen „schwerer Vergehen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat, der Terrorismusfinanzierung oder der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ verurteilt worden sind.