Öffentliches WLAN: Haftungsrisiko für Betreiber gesunken
06.06.2019, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Ma - Anwalt-Suchservice Der Siegeszug von Smartphone, Tablet und Co. hält an. Bis vor einiger Zeit stellte noch der Laptop das Maximum an Datenmobilität dar. Heutzutage jedoch nutzt man selbstverständlich die verschiedensten "mobile Devices" regelmäßig im Alltag – teilweise auch mehrere gleichzeitig und rund um die Uhr. Jeder ist jederzeit an jedem Ort online. Damit ist ein immer größeres Bedürfnis nach stetigem Datentransfer entstanden, das von den Datentarifen der Mobilfunkanbieter oft nur unzureichend gestillt wird: Große Datenvolumina lassen sich die Anbieter oft noch gut bezahlen. Abhilfe bietet ein öffentlicher WLAN-Hotspot. Dies war lange Zeit ein Problem – mittlerweile hat sich die Rechtslage jedoch gebessert.
Wer den "Verbrauch" von Daten im Mobilfunktarif niedrig halten will, kann das Internet wann immer möglich über drahtlose lokale Netzwerke nutzen (Wireless Local Area Network – WLAN). Im privaten Bereich ist dies bei den meisten Nutzern schon länger üblich. Im öffentlichen Raum lässt die Hotspot-Versorgung jedoch oft noch zu wünschen übrig. Denn hier wurde Deutschland lange Zeit durch eine restriktive Rechtslage gebremst und muss daher erst noch aufholen. Ein solches Aufholen ist jedoch in vollem Gange: Die Zahl der öffentlichen WLAN-Hotspots steigt rapide an.
Kommunen, Einzelhandel, Cafés, Restaurants oder Hotels haben sich in Sachen WLAN lange zurückgehalten, weil sie befürchten mussten, als Anbieter öffentlicher drahtloser Internetzugänge beim illegalen Download urheberrechtlich geschützter Filme, Musik, etc. in die Haftung zu geraten.
Der Grund war die sogenannte Störerhaftung. Diese besagte vereinfacht: Wer in irgendeiner Form dazu beigetragen hatte, eine Urheberrechtsverletzung zu ermöglichen, haftete auch dafür – auch, wenn er selbst diese gar nicht begangen hatte.
Daher konnte auch der Betreiber eines WLAN-Hotspots auf Zahlung von Schadensersatz und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn irgendein fremder, unbekannter Nutzer über dieses WLAN zum Beispiel illegales Filesharing betrieben hatte. Auch die Anwaltskosten für die Abmahnung musste der WLAN-Betreiber dann zahlen.
Den ersten Schritt machte der Gesetzgeber 2016. Damals wurde das Telemediengesetz geändert und die Störerhaftung etwas entschärft. Nun konnten Abmahner zumindest keinen Anspruch auf Schadensersatz mehr geltend machen, durchaus aber noch auf Unterlassung. Daher änderte die neue Rechtslage in der Praxis zunächst mal nichts: Die Gerichte fällten eine Menge eher verwirrender Urteile, bei denen es zum Beispiel darum ging, inwieweit Eltern ihre minderjährigen Kinder über das Verbotensein des Filesharing belehren müssen, um nicht für deren Urheberrechtsverletzungen zu haften.
Besonders schwierig war nach wie vor die Situation für Betreiber von Hotels, Ferienwohnungen oder Campingplätzen. Diese gaben meist recht aufwendig eigene WLAN-Passwörter für ihre Gäste aus.
Eine weitere Änderung des Telemediengesetzes trat am 13.10.2017 in Kraft. Diese stellte klar, dass Inhaber von Urheberrechten vom Betreiber eines WLAN-Hotspots weder Schadensersatz noch Unterlassung fordern können, wenn ein Dritter dessen Netz für rechtswidriges Filesharing genutzt hat. Und: Auch Anwaltskosten können ihnen nicht mehr in Rechnung gestellt werden.
Eine Ausnahme gibt es: Arbeiten Nutzer und WLAN-Betreiber absichtlich zusammen, um anderer Leute Rechte zu verletzen, können auch beide in Anspruch genommen werden.
Diese Gesetzesänderung hat der Störerhaftung endlich weitgehend ”den Strom abgestellt”. Bietet heute jemand einen allgemein freien Zugang zum Internet an, haftet er nicht für Urheberrechtsverletzungen anderer Leute.
2018 hat sich auch der Bundesgerichtshof noch einmal mit der Störerhaftung befasst. Der Fall: Ein unbekannter Nutzer hatte über einen öffentlichen WLAN-Hotspot das Spiel ”Dead Island” über eine Tauschbörse heruntergeladen und dabei gleichzeitig anderen Usern zum Tausch angeboten. Der Betreiber des Hotspots hatte umgehend Post von den Anwälten der Rechteinhaber bekommen. Sie verlangten Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten. Der WLAN-Betreiber verwies darauf, dass nicht er selbst die Urheberrechtsverletzung begangen habe.
Zum Teil musste der Bundesgerichtshof hier nach altem Recht entscheiden, da die Rechtsverletzung schon ein paar Jahre her war. Aus diesem Grund gestand er der Computerspiel-Firma auch die Abmahnkosten zu.
Ein Unterlassungsanspruch aber gilt immer für die Zukunft. Hier konnte der BGH nach neuem Recht entscheiden. Ergebnis: Ein Unterlassungsanspruch bestand nicht (Urteil vom 26. Juli 2018, Az. I ZR 64/17).
Die neue Rechtslage erlaubt es dem Inhaber des Urheberrechts am Spiel, Film oder Lied, vom WLAN-Betreiber zu verlangen, dass dieser den Zugang zu den entsprechenden Internetseiten für künftige Nutzer sperrt, um weiteren Missetaten vorzubeugen. Allerdings mit einer Einschränkung: Die Sperrung muss für den Betreiber zumutbar und auch verhältnismäßig sein. Es muss also eine Abwägung der Folgen für den Betreiber stattfinden. Hier bleibt noch abzuwarten, wie die Gerichte in solchen Fällen entscheiden.
§ 7 Abs. 4 des Telemediengesetzes stellt ausdrücklich klar, dass der Abmahner vom WLAN-Betreiber nicht die Erstattung von außergerichtlichen Anwaltskosten fordern kann, die anfallen, um diesen Sperranspruch durchzusetzen. Hier soll wohl das Geldverdienen durch Abmahnungen ausgebremst werden.
Die Entscheidung, ob im geschilderten Fall ein solcher Anspruch auf Sperrung bestand, überließ der Bundesgerichtshof der Vorinstanz – und verwies den Fall an diese zurück.
Hinzuweisen ist darauf, dass ein Kostenrisiko geblieben ist: Geht der Rechteinhaber wegen einer Inhaltssperre vor Gericht und gewinnt, muss der WLAN-Betreiber die Gerichtskosten zahlen.
Nein. Nach wie vor ist die Nutzung von Tauschbörsen, bei denen heruntergeladene Filme, Musik oder Spiele gleichzeitig anderen Nutzern zum Download angeboten werden, eine Urheberrechtsverletzung. Diese kann kostenpflichtig abgemahnt werden; auch kann der Rechteinhaber Schadensersatz, Unterlassung und Abmahnkosten fordern. Geändert hat sich nur die Haftung von WLAN-Betreibern, wenn Fremde ohne Mitwirkung des Betreibers eine solche Rechtsverletzung begehen.
Dies ist zumindest dringend anzuraten. Aus drei Gründen:
1. landet jede Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung trotzdem noch beim Inhaber der IP-Adresse – also bei Ihnen. Sie müssen dann glaubhaft machen, dass sie nichts damit zu tun hatten. Bei einem privaten WLAN gehen die Gerichte immer noch gern davon aus, dass nur der Anschlussinhaber darauf Zugriff hat. Der Anspruch auf eine Inhaltssperre kann auch gegen Sie als Privatperson geltend gemacht werden.
2. können Fremde mit Zugriff auf Ihr Netzwerk Daten auslesen, die Sie vielleicht nicht preisgeben möchten – etwa Zugangspasswörter oder persönliche Vorlieben.
3. leidet Ihre Surf- und Streaming-Geschwindigkeit, wenn noch jemand über Ihren Anschluss Filme schaut.
Nach der aktuellen Rechtslage können Betreiber von WLAN-Hotspots nicht mehr auf Schadensersatz oder Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn ein anderer Nutzer über ihr WLAN fremde Urheberrechte verletzt. Auch Abmahnkosten können bei Fällen nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung vom September 2017 nicht mehr gefordert werden. Möglich ist allerdings ein Anspruch auf das Sperren des Zugangs zum Beispiel zu Filesharing-Seiten zur Vermeidung von Wiederholungen. Zur Abwehr von Forderungen wegen Urheberrechtsverletzungen sollte man sich am besten an einen Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht wenden.
Wer in Deutschlands Innenstädten nach einem kostenlosen Zugang zum Internet per WLAN suchte, suchte lange Zeit vergebens. Durch geänderte Gesetze und ein neues BGH-Urteil hat sich einiges geändert.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
WLAN nutzen – Datenvolumen sparen Warum war WLAN in Deutschland ein Problem? Welche Gesetzesänderungen hat es in den letzten Jahren gegeben? Juli 2018: Bundesgerichtshof entscheidet zur Störerhaftung Welchen Anspruch kann der Rechteinhaber trotzdem noch haben? Darf ich jetzt Filme und Musik überall herunterladen, ohne Probleme zu bekommen? Muss ich mein privates WLAN noch verschlüsseln? Praxistipp WLAN nutzen – Datenvolumen sparen
Wer den "Verbrauch" von Daten im Mobilfunktarif niedrig halten will, kann das Internet wann immer möglich über drahtlose lokale Netzwerke nutzen (Wireless Local Area Network – WLAN). Im privaten Bereich ist dies bei den meisten Nutzern schon länger üblich. Im öffentlichen Raum lässt die Hotspot-Versorgung jedoch oft noch zu wünschen übrig. Denn hier wurde Deutschland lange Zeit durch eine restriktive Rechtslage gebremst und muss daher erst noch aufholen. Ein solches Aufholen ist jedoch in vollem Gange: Die Zahl der öffentlichen WLAN-Hotspots steigt rapide an.
Warum war WLAN in Deutschland ein Problem?
Kommunen, Einzelhandel, Cafés, Restaurants oder Hotels haben sich in Sachen WLAN lange zurückgehalten, weil sie befürchten mussten, als Anbieter öffentlicher drahtloser Internetzugänge beim illegalen Download urheberrechtlich geschützter Filme, Musik, etc. in die Haftung zu geraten.
Der Grund war die sogenannte Störerhaftung. Diese besagte vereinfacht: Wer in irgendeiner Form dazu beigetragen hatte, eine Urheberrechtsverletzung zu ermöglichen, haftete auch dafür – auch, wenn er selbst diese gar nicht begangen hatte.
Daher konnte auch der Betreiber eines WLAN-Hotspots auf Zahlung von Schadensersatz und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn irgendein fremder, unbekannter Nutzer über dieses WLAN zum Beispiel illegales Filesharing betrieben hatte. Auch die Anwaltskosten für die Abmahnung musste der WLAN-Betreiber dann zahlen.
Welche Gesetzesänderungen hat es in den letzten Jahren gegeben?
Den ersten Schritt machte der Gesetzgeber 2016. Damals wurde das Telemediengesetz geändert und die Störerhaftung etwas entschärft. Nun konnten Abmahner zumindest keinen Anspruch auf Schadensersatz mehr geltend machen, durchaus aber noch auf Unterlassung. Daher änderte die neue Rechtslage in der Praxis zunächst mal nichts: Die Gerichte fällten eine Menge eher verwirrender Urteile, bei denen es zum Beispiel darum ging, inwieweit Eltern ihre minderjährigen Kinder über das Verbotensein des Filesharing belehren müssen, um nicht für deren Urheberrechtsverletzungen zu haften.
Besonders schwierig war nach wie vor die Situation für Betreiber von Hotels, Ferienwohnungen oder Campingplätzen. Diese gaben meist recht aufwendig eigene WLAN-Passwörter für ihre Gäste aus.
Eine weitere Änderung des Telemediengesetzes trat am 13.10.2017 in Kraft. Diese stellte klar, dass Inhaber von Urheberrechten vom Betreiber eines WLAN-Hotspots weder Schadensersatz noch Unterlassung fordern können, wenn ein Dritter dessen Netz für rechtswidriges Filesharing genutzt hat. Und: Auch Anwaltskosten können ihnen nicht mehr in Rechnung gestellt werden.
Eine Ausnahme gibt es: Arbeiten Nutzer und WLAN-Betreiber absichtlich zusammen, um anderer Leute Rechte zu verletzen, können auch beide in Anspruch genommen werden.
Diese Gesetzesänderung hat der Störerhaftung endlich weitgehend ”den Strom abgestellt”. Bietet heute jemand einen allgemein freien Zugang zum Internet an, haftet er nicht für Urheberrechtsverletzungen anderer Leute.
Juli 2018: Bundesgerichtshof entscheidet zur Störerhaftung
2018 hat sich auch der Bundesgerichtshof noch einmal mit der Störerhaftung befasst. Der Fall: Ein unbekannter Nutzer hatte über einen öffentlichen WLAN-Hotspot das Spiel ”Dead Island” über eine Tauschbörse heruntergeladen und dabei gleichzeitig anderen Usern zum Tausch angeboten. Der Betreiber des Hotspots hatte umgehend Post von den Anwälten der Rechteinhaber bekommen. Sie verlangten Unterlassung und Erstattung der Abmahnkosten. Der WLAN-Betreiber verwies darauf, dass nicht er selbst die Urheberrechtsverletzung begangen habe.
Zum Teil musste der Bundesgerichtshof hier nach altem Recht entscheiden, da die Rechtsverletzung schon ein paar Jahre her war. Aus diesem Grund gestand er der Computerspiel-Firma auch die Abmahnkosten zu.
Ein Unterlassungsanspruch aber gilt immer für die Zukunft. Hier konnte der BGH nach neuem Recht entscheiden. Ergebnis: Ein Unterlassungsanspruch bestand nicht (Urteil vom 26. Juli 2018, Az. I ZR 64/17).
Welchen Anspruch kann der Rechteinhaber trotzdem noch haben?
Die neue Rechtslage erlaubt es dem Inhaber des Urheberrechts am Spiel, Film oder Lied, vom WLAN-Betreiber zu verlangen, dass dieser den Zugang zu den entsprechenden Internetseiten für künftige Nutzer sperrt, um weiteren Missetaten vorzubeugen. Allerdings mit einer Einschränkung: Die Sperrung muss für den Betreiber zumutbar und auch verhältnismäßig sein. Es muss also eine Abwägung der Folgen für den Betreiber stattfinden. Hier bleibt noch abzuwarten, wie die Gerichte in solchen Fällen entscheiden.
§ 7 Abs. 4 des Telemediengesetzes stellt ausdrücklich klar, dass der Abmahner vom WLAN-Betreiber nicht die Erstattung von außergerichtlichen Anwaltskosten fordern kann, die anfallen, um diesen Sperranspruch durchzusetzen. Hier soll wohl das Geldverdienen durch Abmahnungen ausgebremst werden.
Die Entscheidung, ob im geschilderten Fall ein solcher Anspruch auf Sperrung bestand, überließ der Bundesgerichtshof der Vorinstanz – und verwies den Fall an diese zurück.
Hinzuweisen ist darauf, dass ein Kostenrisiko geblieben ist: Geht der Rechteinhaber wegen einer Inhaltssperre vor Gericht und gewinnt, muss der WLAN-Betreiber die Gerichtskosten zahlen.
Darf ich jetzt Filme und Musik überall herunterladen, ohne Probleme zu bekommen?
Nein. Nach wie vor ist die Nutzung von Tauschbörsen, bei denen heruntergeladene Filme, Musik oder Spiele gleichzeitig anderen Nutzern zum Download angeboten werden, eine Urheberrechtsverletzung. Diese kann kostenpflichtig abgemahnt werden; auch kann der Rechteinhaber Schadensersatz, Unterlassung und Abmahnkosten fordern. Geändert hat sich nur die Haftung von WLAN-Betreibern, wenn Fremde ohne Mitwirkung des Betreibers eine solche Rechtsverletzung begehen.
Muss ich mein privates WLAN noch verschlüsseln?
Dies ist zumindest dringend anzuraten. Aus drei Gründen:
1. landet jede Abmahnung wegen einer Urheberrechtsverletzung trotzdem noch beim Inhaber der IP-Adresse – also bei Ihnen. Sie müssen dann glaubhaft machen, dass sie nichts damit zu tun hatten. Bei einem privaten WLAN gehen die Gerichte immer noch gern davon aus, dass nur der Anschlussinhaber darauf Zugriff hat. Der Anspruch auf eine Inhaltssperre kann auch gegen Sie als Privatperson geltend gemacht werden.
2. können Fremde mit Zugriff auf Ihr Netzwerk Daten auslesen, die Sie vielleicht nicht preisgeben möchten – etwa Zugangspasswörter oder persönliche Vorlieben.
3. leidet Ihre Surf- und Streaming-Geschwindigkeit, wenn noch jemand über Ihren Anschluss Filme schaut.
Praxistipp
Nach der aktuellen Rechtslage können Betreiber von WLAN-Hotspots nicht mehr auf Schadensersatz oder Unterlassung in Anspruch genommen werden, wenn ein anderer Nutzer über ihr WLAN fremde Urheberrechte verletzt. Auch Abmahnkosten können bei Fällen nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung vom September 2017 nicht mehr gefordert werden. Möglich ist allerdings ein Anspruch auf das Sperren des Zugangs zum Beispiel zu Filesharing-Seiten zur Vermeidung von Wiederholungen. Zur Abwehr von Forderungen wegen Urheberrechtsverletzungen sollte man sich am besten an einen Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht wenden.
(Bu)