Was ist eine Online-Scheidung und wie funktioniert sie?

12.03.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Scheidung,Online,Scheidungsverfahren,Ehepartner Scheidung per Mausklick - geht das? © Bu - Anwalt-Suchservice

Etwa ein Drittel aller Ehen in Deutschland wird wieder geschieden. Oft hört man von der sogenannten Online-Scheidung. Diese wird häufig mit falschen Erwartungen verbunden und eignet sich nicht für jeden.

Das Streamen von Filmen und Musik, Einkäufe von Waren aller Art, der Autokauf, Geldanlagen, Wohnungssuche und Partnersuche – in fast allen wichtigen Lebensbereichen nutzen wir heute Online-Angebote. Was liegt da näher, als auch eine Scheidung online abzuwickeln? Eine Reihe von Anwaltskanzleien hat sich auf die Online-Scheidung spezialisiert. Mit dieser verbinden viele scheidungswillige Ehepartner die Erwartung, sich unangenehme Gerichtstermine sparen zu können. Dies stimmt jedoch nicht. Was also ist eine Online-Scheidung genau und wie funktioniert sie?

Welche Vorstellungen werden oft mit der Online-Scheidung verbunden?


Dieser Begriff weckt bei rechtlichen Laien Hoffnungen auf etwas, das es in Wirklichkeit nicht gibt. Viele Menschen denken nämlich bei der "Online-Scheidung" an ein vollständig per Internet durchgeführtes Scheidungsverfahren. Sie stellen sich vor, dass ihnen so unangenehme Termine vor Gericht mit peinlichen Fragen über ihr Privatleben, ihre sexuellen Angewohnheiten und nicht zuletzt auch das Zusammentreffen mit dem Ex-Partner oder der Ex-Partnerin erspart bleibt. So mancher hofft vielleicht sogar darauf, einfach auf der Homepage des Gerichts seine Daten in eine Maske eingeben zu können, dann auf "jetzt kostenpflichtig scheiden lassen" zu klicken und sich nie wieder mit dem Thema beschäftigen zu müssen. Und warum gibt es keine App dafür? Hier müssen wir den Leser jedoch enttäuschen.

Was ist tatsächlich unter einer Online-Scheidung zu verstehen?


Es gibt in Deutschland nur ein einziges gesetzlich zulässiges Scheidungsverfahren. Dieses findet bei persönlicher Anwesenheit beider Ehepartner vor dem Familiengericht statt und nicht online. Es gibt also kein komplett online durchgeführtes Scheidungsverfahren.

Trotzdem hat der Begriff "Online-Scheidung" eine gewisse Berechtigung. Das Scheidungsverfahren erfordert nämlich, vor der eigentlichen Gerichtsverhandlung mit dem Rechtsanwalt eine Reihe von Formalitäten zu regeln. Dies lässt sich in vielen Fällen aber auch online erledigen. Genau dies ist mit dem Begriff auch gemeint. Auf diese Weise kann ein scheidungswilliges Paar viel Zeit und Lauferei sparen. Auch die Kosteneinsparung ist nicht zu unterschätzen.

Bei einer Online-Scheidung wird also nur die Vorbereitung der Scheidung mit anwaltlicher Hilfe ins Internet verlagert. Sie ändert nichts am gerichtlichen Scheidungsverfahren. Allerdings gibt es seltene Ausnahmen – so wurden 2014 in Erfurt die Ehepartner in einer Videokonferenz im Gerichtssaal zugeschaltet.

Wie läuft ein Scheidungsverfahren normalerweise ab?


Nur Rechtsanwälte dürfen beim Familiengericht einen Scheidungsantrag einreichen. Daher müssen Ehepartner, die sich scheiden lassen wollen, zuerst einen Anwalt ihrer Wahl aufsuchen. Dies geschieht in der Regel persönlich. Dabei bespricht der Anwalt mit dem Mandanten, ob die gesetzlichen Scheidungsvoraussetzungen – wie das Trennungsjahr – erfüllt sind. Er erklärt auch, welche Unterlagen dem Gericht vorzulegen sind. Dazu gehört die Heiratsurkunde. Der Mandant sucht dann zu Hause seine Dokumente zusammen. Häufig muss er ein weiteres Mal zum Rechtsanwalt, um diese abzugeben und womöglich noch offene Fragen zu besprechen. Sobald der Anwalt sämtliche Dokumente und Informationen zusammen hat, kann er beim Familiengericht den Scheidungsantrag einreichen.

Dann verlangt das Gericht einen Kostenvorschuss. Wenn dieser eingegangen ist, stellt es den Scheidungsantrag dem anderen Ehepartner zu. Diesem setzt es eine Frist, um sich dazu zu äußern. In der Regel werden auch gleich Formulare für den Versorgungsausgleich zugesandt. Diese müssen die Ehepartner dem Gericht ausgefüllt wieder zurückschicken. Dieses leitet sie dann für die Berechnung der Renten-Anwartschaften an die Rentenversicherungsträger weiter.

Wenn dies geklärt ist, wird der Termin für die Gerichtsverhandlung festgesetzt. In der Regel müssen dazu beide Ehepartner persönlich erscheinen. Wenn in diesem Termin alle relevanten Fragen geregelt werden können, wird das Gericht die Ehe in Anwesenheit beider Partner durch Beschluss scheiden. Auch der zweite Ehepartner nimmt sich im herkömmlichen Scheidungsverfahren meist einen eigenen Anwalt.

Wie unterscheidet sich eine Online-Scheidung davon?


Im Rahmen einer Online-Scheidung werden die persönlichen Termine zwischen Rechtsanwalt und Mandant nach Möglichkeit auf das Internet verlagert. Informationen werden soweit möglich mit Hilfe von Kontaktformularen und E-Mails ausgetauscht. Dokumente werden eingescannt und per E-Mail verschickt. Fragen und Details lassen sich zwischen Klienten und Anwalt telefonisch klären. Wenn eine Original-Unterschrift unbedingt erforderlich ist, bemüht man eben die Post.

Für den Mandanten hat es oft Vorteile, wenn der Anwalt auch gleich eine Scheidungsfolgenvereinbarung entwirft. In dieser regeln die Ehepartner untereinander alle wichtigen Fragen für "später", vom Unterhalt bis zu den Besuchsterminen für die Kinder.

Obligatorisch bleibt jedoch immer der Gerichtstermin in Anwesenheit beider Parteien. Ausnahmen sind nur in ganz bestimmten Fällen möglich – wenn sich zum Beispiel ein Ehepartner länger im Ausland aufhält und für die Gerichtsverhandlung nicht extra anreisen kann.

Welche Vorteile hat die Online-Scheidung?


Bei einer Online-Scheidung können die Ehepartner Zeit sparen. Im Vergleich mit einem normalen Scheidungsverfahren können auch die Kosten deutlich geringer sein. Denn: Wenn beide Partner die Scheidung wollen und es keine größeren Streitigkeiten gibt, muss nur einer von beiden den Rechtsanwalt beauftragen und der andere dem Scheidungsantrag zustimmen. Die Kosten für den sonst erforderlichen zweiten Anwalt entfallen.

Welche Nachteile hat die Online-Scheidung?


Es kann jedoch auch Nachteile haben, nur einen einzigen Anwalt zu beauftragen. Streit zwischen den sich trennenden Partnern ist nämlich keine Seltenheit – über Unterhaltszahlungen, persönliches Eigentum, das Sorgerecht für die Kinder oder über Vermögensfragen. Ein Rechtsanwalt kann und wird immer nur die Interessen genau der Person vertreten, die ihn beauftragt hat. Der "gemeinsame" Anwalt im Scheidungsverfahren ist daher eine Illusion. Derjenige Ehepartner, der keinen Anwalt beauftragt hat, kann vor Gericht auch keine Anträge stellen.
Sobald die Scheidung also nicht mehr einverständlich erfolgt, sondern es zum Streit kommt, benötigt man zwei Anwälte. In diesen Fällen entsteht auch schnell zusätzlicher Beratungsbedarf, der nicht mehr so einfach telefonisch oder per E-Mail geklärt werden kann.

Für wen eignet sich die Online-Scheidung?


Hauptsächlich eignet sich die Online-Scheidung für einverständliche Scheidungen von Paaren, die es noch schaffen, ihre gemeinsamen Angelegenheiten ohne Streit zu regeln und sich über wichtige Fragen zu einigen. In der Praxis finden viele Scheidungen einverständlich statt. Schließlich ist die Möglichkeit, Streit und Kosten zu vermeiden, ein großer Anreiz für die Beteiligten, der anderen Seite auch mal ein Stück weit entgegenzukommen. Wenig Streit gibt es zum Beispiel oft bei kinderlosen Paaren, bei denen beide berufstätig sind.

Für wen ist die Online-Scheidung weniger geeignet?


Leider sind viele Paare derartig zerstritten, dass sie sich selbst über die einfachsten Details nicht einigen können. Wenn es dann um das Sorgerecht für die Kinder geht, um die eigene finanzielle Absicherung oder persönliche Wertgegenstände und Erinnerungsstücke, gibt es oft Streit. Vor Gericht wird dann schließlich sogar über das Besuchsrecht für den Familienhund gekämpft.
Wenn eine solche Auseinandersetzung droht, empfiehlt sich die klassische Scheidung mit zwei Anwälten und einer vorherigen ausführlichen und persönlichen Beratung. In solchen Scheidungsverfahren wird nämlich allzu schnell "schmutzige Wäsche" auf den Tisch gebracht. Dann sind Beweise erforderlich, eine Strategie muss ausgearbeitet oder ein Vergleich zwischen den Parteien ausgehandelt werden. Für so etwas ist eine Online-Scheidung nicht geeignet.

Was kostet eine Online-Scheidung?


Für jede Scheidung fallen Gerichtskosten und Anwaltskosten nach den jeweiligen Gebührenordnungen an. Deren Höhe hängt vom Streitwert des Verfahrens ab. Dieser richtet sich bei einer Scheidung nach dem Nettoeinkommen der Eheleute. Das Gericht wird grundsätzlich das Gesamteinkommen beider Ehegatten mit drei multiplizieren, um den Streitwert zu berechnen. Dann gibt es noch mehrere Positionen, die abgezogen werden können (wie etwa Schulden) oder die man dazu addiert (wie das Kindergeld).

Für eine einverständliche Scheidung fallen niedrigere Gebühren an. Ein vom Gericht durchzuführender Versorgungsausgleich sorgt für zusätzliche Gebühren. Wenn außer der Rente noch andere Altersvorsorge-Bausteine einzubeziehen sind, wie etwa eine Betriebsrente, steigen die Gebühren erneut.
Der Rechtsanwalt erhält Gebühren für das Verfahren und für die Gerichtsverhandlung. Auslagenpauschalen und Mehrwertsteuer kommen hinzu. Es ist Anwälten untersagt, den gesetzlichen Mindest-Gebührensatz zu unterschreiten. Echte "Schnäppchen-Angebote" sind daher nicht möglich.

Wie lange dauert eine Online-Scheidung?


Online-Scheidungen finden meist in einfachen, einverständlichen Fällen statt. Daher dauern sie überwiegend nicht so lange wie herkömmliche Scheidungsverfahren. Man kann hier jedoch keine festen Zeitangaben machen, da die Verfahrensdauer auch von der Arbeitsbelastung des Gerichts abhängt. Teilweise werben Scheidungsanwälte damit, dass ein Scheidungsverfahren bei einverständlicher Scheidung mit Versorgungsausgleich etwa zwei bis vier Monate dauert. Kommt es jedoch zum Streit über eine Vielzahl von Details, kann sich eine Scheidung auch jahrelang hinziehen.

Was sagen die Gerichte zur Online-Scheidung?


Dazu gibt es ein Urteil des Oberlandesgerichts Hamm. Die Anwaltskammer war gegen einen Rechtsanwalt vorgegangen, der Online-Scheidungen anbot, da sie seine Werbung für unzulässig hielt. Es ging dabei konkret um die Aussage "Scheidung online - spart Zeit, Nerven und Geld".
Das Gericht erklärte diese Werbung jedoch für zulässig. Die einzelnen Punkte würden ja im Text der Homepage des Anwalts näher erklärt. Auch die Aussage zur Kostenersparnis werde im nächsten Satz begründet. Daher würden die Leser hier nicht in die Irre geführt. Dem Gericht war wichtig, dass hier nicht der Eindruck erweckt wurde, dass eine ausführliche anwaltliche Beratung bei Scheidungen generell überflüssig sei (Urteil vom 7. März 2013, Az. 4 U 162/12).

Praxistipp zur Online-Scheidung


Wenn Sie selbst eine Online-Scheidung von Ihrem Ehepartner oder Ihrer Ehepartnerin in Erwägung ziehen, sollten Sie sich an einen qualifizierten Rechtsanwalt wenden, vorzugsweise an einen Fachanwalt für Familienrecht. Dieser sollte telefonisch persönlich leicht zu erreichen sein, damit Ihre Fragen auch beantwortet werden können. Erkundigen Sie sich vorher nach den Kosten.

(Bu)


 Stephan Buch
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