Parkkralle gegen Falschparker auf Privatgelände: Strafbar als Erpressung?

31.07.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Anhänger,Parkkralle,Nötigung,Parkraumüberwachung Parkkrallen: Was dürfen Abschleppunternehmer und Geschäftsinhaber? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Zweifelhafte Parkkrallen: Das Anbringen von Parkkrallen an unberechtigt geparkten Autos durch private Grundstückseigentümer bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone.

2. Parkkralle gegen Geld: Jedenfalls wenn Parkkrallen allein zum Zwecke des Abkassierens angebracht werden, macht sich der Anbringende wegen Erpressung und Nötigung strafbar.

3. Abschleppvorbereitung: Das Anbringen einer Parkkralle wird nicht dadurch zulässig, dass sie zur vorbereitenden Maßnahme des Abschleppvorgangs erklärt wird.
Die Nutzung von Parkkrallen durch Gemeinden ist nicht ungewöhnlich. Damit wird nicht nur bezweckt, Parksünder auf öffentlichem Grund abzuschrecken. Gerne werden sie auch als Druckmittel zur Bezahlung von Steuern und Abgaben benutzt. Manchmal setzen aber auch private Grundstückseigentümer Parkkrallen ein. Schließlich blockieren Falschparker auch auf privaten Parkplätzen vor Wohnanlagen immer wieder vermietete Stellplätze oder Parkplätze von Geschäften und sorgen so für Ärger und Umsatzeinbußen. Gerade Geschäftsinhaber beauftragen daher gerne Abschleppunternehmen, die ihre Parkplätze überwachen, Autos von Falschparkern abschleppen oder ihnen eben eine Parkkralle verpassen. Diese wird dann nur gegen eine deftige Barzahlung wieder entfernt. Grundstückseigentümer treten bei solchen Verträgen meist ihre Ansprüche gegen die Falschparker an das Abschleppunternehmen ab.

Welche Rechte hat der Grundstückseigentümer?


Die Polizei ist auf einem Privatgrundstück nicht für Falschparker zuständig. Das unberechtigte Abstellen von Fahrzeugen ist rechtlich eine Besitzstörung, auch "verbotene Eigenmacht" genannt. Mieter und Eigentümer des jeweiligen Parkplatzes haben daher gegen den "Störer" einen Anspruch auf Beseitigung dieser Störung. Wird der Autofahrer nicht am Fahrzeug angetroffen, kann das Auto abgeschleppt werden. Bei Kundenparkplätzen ist das Abschleppen auch dann erlaubt, wenn der Falschparker keine anderen Fahrzeuge behindert.

Der Bundesgerichtshof hat mehrmals in solchen Fällen entschieden, dass die Falschparker die Kosten für das Abschleppen bezahlen müssen - allerdings nur in ortsüblicher Höhe. Zusätzlich darf der Abschleppunternehmer auch die Kosten einer Vorbereitung der Abschlepparbeiten verlangen, nicht jedoch anteilige Kosten für die Parkraumüberwachung (Urteil vom 4. Juli 2014, Az. V ZR 229/13). Es dürfen also keine beliebigen horrenden Beträge oder fantasievollen Inkassogebühren verlangt werden.

Dürfen Parkkrallen privat eingesetzt werden?


Der private Einsatz von Parkkrallen ist rechtlich zweifelhaft. Häufig vermeiden Gerichtsurteile eine klare Aussage dazu, ob sie verwendet werden dürfen.

Klar ist: Sobald der falsch parkende Autofahrer neben seinem Auto steht und anbietet, wegzufahren, sind sie nicht mehr erforderlich. Schließlich kann die Besitzstörung dann sofort durch Wegfahren beendet werden. Tatsächlich verlängert eine Parkkralle in diesem Fall die Besitzstörung sogar, indem sie den Falschparker am Wegfahren hindert. Wenn der Fahrer erkennbar in der Nähe ist und angesprochen werden kann, ist ebenfalls eine einfachere Beseitigung der Besitzstörung möglich. Dann darf das Fahrzeug nicht ohne Weiteres abgeschleppt oder mit Parkkrallen festgehalten werden. Dies würde nicht mehr verhältnismäßig sein.

Aus eben diesen Gründen verurteilte das Amtsgericht Augsburg einen "Parkraumüberwacher" in mehreren Verfahren zur Rückzahlung von je 100 Euro, die er für das Entfernen von Parkkrallen von Falschparkern auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums verlangt hatte (Urteile vom 26.1.2010, Az. 17 C 4888/09 und vom 3.3.2010, Az. 17 C 108/10). In einem der Fälle war dem Autofahrer sogar mündlich vorher versichert worden, er dürfe hier kurz halten.

Parkkrallen entfernen gegen Geld: strafbare Erpressung?


Im Jahr 2010 beschäftigte sich auch das Landgericht Augsburg mit wohl dem gleichen Unternehmen. Dieses war mit der "Parkraumüberwachung" an einem Ärztehaus beauftragt worden. In diesem Fall wurden sogenannte "Rangierroller" an geparkten Autos befestigt und nur gegen Barzahlung von 100 Euro vor Ort wieder entfernt. Offenbar war es dem Unternehmen bei dieser Tätigkeit ziemlich gleich, ob es sich um echte Falschparker handelte. Teilweise schlichen sich die Mitarbeiter sogar an Autos mit darin sitzenden Insassen oder laufendem Motor an, um unbemerkt daran eine Parkkralle zu befestigen. In einigen Fällen wurden wegfahrende Autos durch einen Abschlepp-LKW blockiert. Ein Fall betraf sogar ein Feuerwehrauto, das sich in einem Tierrettungseinsatz befand.

Den entsprechenden Unternehmer und seine Mitarbeiter verurteilte das Gericht wegen Erpressung, Nötigung und Beleidigung in diversen Fällen zu Freiheitsstrafen. Der Unternehmer erhielt viereinhalb Jahre Freiheitsstrafe ohne Bewährung (LG Augsburg, Urteil vom 10.5.2010, Az. 1 KLs 601).

Parkkrallen als Teil der Abschleppvorbereitung?


Auch das Landgericht Hanau entschied zu einem solchen Fall. Ein Hotelier hatte selbst Parkkrallen an falsch geparkten Autos vor seinem Hotel befestigt. Er wollte diese bis zum Eintreffen des Abschleppdienstes festhalten, damit sie mindestens die Anfahrt des Abschleppers zahlen müssten. Dabei blockierte er auch einen Altenpflegedienst. Laut Gericht war dieses Vorgehen unzulässig. Das Befestigen einer Parkkralle werde nicht dadurch rechtmäßig, dass man sie zum Bestandteil des Abschleppvorgangs erkläre. Das Verfahren wurde gegen Zahlung von 2.500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung eingestellt.

Ist das Montieren von Parkkrallen als Erpressung strafbar?


Die "Parkraumüberwachung" beschäftigte 2016 auch den Bundesgerichtshof. Dabei ging es um einen Unternehmer, der zwischen 2008 und 2012 Supermarktbetreibern seine Dienste angeboten hatte. Auf ihren Parkplätzen von ihm aufgestellte Schilder drohten mit dem Abschleppen von Falschparkern. An falsch geparkten Autos wurden Parkkrallen befestigt und erst nach Zahlung wieder abgenommen. Andere Falschparker erhielten ihre abgeschleppten oder umgesetzten Autos erst nach Bezahlung der Kosten zurück. In diesen Fällen waren jedoch überwiegend echte Falschparker betroffen, die sich zum Teil ausdrücklich geweigert hatten, ihre Autos wegzufahren.

In diesem Fall bestätigte der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Landgerichts München als Vorinstanz. Er entschied, dass sich der Unternehmer nicht wegen Erpressung strafbar gemacht hatte. Der Mann habe sich in einem sogenannten Verbotsirrtum befunden. Das heißt: Er war davon überzeugt, dass sein Handeln rechtlich in Ordnung war. Auch habe der Parkraumüberwacher keine überhöhten Beträge verlangt.

Der Bundesgerichtshof sprach den angeklagten Unternehmer also nicht deshalb frei, weil das Anbringen von Parkkrallen an falsch geparkten Autos generell zulässig wäre – dazu gab es auch hier keine klare Aussage. Stattdessen beruhte sein Freispruch darauf, dass es an einem Tatvorsatz für eine strafbare Handlung fehlte (Urteil vom 21.12.2016, Az. 1 StR 253/15). Das Landgericht München hatte zuvor betont, dass es das Anbringen von Parkkrallen als unerlaubt ansah.

Allerdings bestätigte der Bundesgerichtshof, dass das Anbringen von Parkkrallen und deren Entfernung gegen Bezahlung eine Nötigung darstelle, die auch als verwerflich einzustufen sei. Nur der Verbotsirrtum - bedingt durch Falschinformationen, die der Mann erhalten hatte - bewahrte ihn also vor einer Strafe.

Andererseits hob der Bundesgerichtshof den Freispruch des Abschlepp-Unternehmers in einem Fall auf, in dem dieser einen überhöhten Betrag gefordert hatte, der nicht den ortsüblichen Abschleppkosten entsprach.

Nochmal kurz gefragt und kurz geantwortet



1. Was ist eine Parkkralle?
Eine Wegfahrsperre, die an einem Rad eines Fahrzeugs deart befestigt wird, dass dieses nicht mehr fortbewegt werden kann.

2. Darf eine Privatperson eine Parkkralle an fremden Fahrzeugen anbringen?
In der Regel nicht, da dies eine Besitzstörung und möglicherweise eine Nötigung darstellt.

3. Kann das Anbringen einer Parkkralle als Erpressung gelten?
Ja, wenn damit eine Zahlung oder eine andere Handlung erzwungen werden soll.

4. Was sagt das Strafgesetzbuch dazu?
Erpressung (§ 253 StGB) liegt vor, wenn jemand rechtswidrig mit einem empfindlichen Übel droht, um einen Vorteil zu erlangen.

5. Welche Konsequenzen drohen bei illegaler Verwendung einer Parkkralle?
Strafrechtliche Folgen wie Anzeige wegen Nötigung oder Erpressung und zivilrechtliche Schadenersatzforderungen.

6. Was tun, wenn das eigene Fahrzeug von einem anderen blockiert wird?
Polizei oder Ordnungsamt informieren und keine eigenmächtigen Handlungen vornehmen.

8. Welche Rechte hat der betroffene Fahrzeughalter?
Der Halter eines mit einer Parkkralle versehehnen Kfz kann Schadenersatz fordern und strafrechtliche Schritte einleiten.

9. Welche anderen legalen Maßnahmen sind möglich?
Wenn ein Fahrzeug unberechtigt auf privatem Grund parkt oder ein Kfz blockiert, kann ein Abschleppdienst privat beauftragt werden.

Praxistipp zum Anbringen von Parkkrallen


Zwar ist das Geschäftsmodell der Vergabe einer Parkplatzüberwachung an einen Abschleppunternehmer, der abgetretene Ansprüche des Eigentümers wahrnimmt, grundsätzlich zulässig. Es kommt jedoch rechtlich immer darauf an, wie es im Einzelfall umgesetzt wird. Oft gehen entsprechende Unternehmer zu weit und riskieren zumindest eine Strafbarkeit wegen Nötigung, unter Umständen auch wegen Erpressung. In besonderem Maße gilt dies beim Anbringen von Parkkrallen. Betroffene Autofahrer sollten sich für eine einzelfallbezogene Beratung an einen Fachanwalt für Verkehrsrecht wenden.

(Bu)


 Stephan Buch
Anwalt-Suchservice
Juristische Redaktion
E-Mail schreiben Juristische Redaktion