Private Probefahrt: Was muss man beachten?

24.07.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Autobahn,Fahrzeuge,Probefahrt,Autokauf Bei einer Probefahrt kann viel schief gehen. Wie ist die Rechtslage? © Rh - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Versicherungsschutz: Sowohl bei privaten, als auch bei gewerblichen Verkäufern, sollten sich Kaufinteressenten unbedingt schon vor der Probefahrt darüber informieren, welcher Versicherungsschutz besteht.

2. Gültige Kennzeichen: Eine Probefahrt muss mit gültigen Kennzeichen erfolgen. Andernfalls besteht keinerlei Versicherungsschutz. Auch Probefahren ohne Kfz-Versicherung ist eine Straftat.

3. Probefahrt-Vereinbarungen: Verkäufer und Käufer eines Gebrauchtwagens sollten eine schriftliche Vereinbarung über die Haftung bei einer Probefahrt treffen, z.B. wer das Fahrzeug fahren darf und wie lange die Probefahrt dauern darf.
Bei Probefahrten mit zum Verkauf stehenden Fahrzeugen kommt es immer wieder zu Unfällen. Dies überrascht nicht: Immerhin fährt der Kaufinteressent ein Auto, dessen Abmessungen und Bedienelemente er noch nicht gewohnt ist und dessen Brems- und Beschleunigungsverhalten er noch nicht kennt. Auch konzentriert man sich bei der Probefahrt häufig mehr auf das Fahrzeug, als auf den Verkehr. Kommt es trotz aller Vorsicht dann doch zu einem Unfall, wer zahlt den Schaden? Und was ist, wenn der Kaufinteressent allein losfährt und mit dem Auto nicht mehr zurückkommt? Worauf sollten Käufer achten, um möglichst viel über das Auto zu erfahren?

Unfall bei der Probefahrt: Was zahlt die Versicherung?


Eine Probefahrt auf öffentlichen Straßen darf bei einem privaten Autoverkauf nur durchgeführt werden, wenn das Fahrzeug noch regulär zugelassen ist. Der Gebrauchtwagen muss also angemeldet sein und unbedingt eine Haftpflichtversicherung haben. Ohne Versicherung zu fahren, ist eine Straftat. Rammt der Probefahrer zum Beispiel ein anderes Auto, trägt die Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs den Fremdschaden. Sie bezahlt jedoch nicht den Schaden am eigenen Fahrzeug.

Den Unfallschaden am Probefahrzeug selbst zahlt allenfalls eine Vollkaskoversicherung. Hat der Verkäufer eine solche abgeschlossen, sind deren Versicherungsbedingungen entscheidend. Manche Versicherungen schließen einen Versicherungsschutz für alle Fahrer außer dem Fahrzeughalter aus, oder auch für alle Fahrer unter 25 Jahren. Üblich ist auch eine Selbstbeteiligung. Bei einer Vollkaskoversicherung steigt nach einem Unfall der Beitrag. Selbstbeteiligung und Beitragserhöhung gehören zu den Schäden, die der Verursacher des Unfalls tragen muss.

Je nach Versicherungsvertrag kann eine Zahlung der Kaskoversicherung bei grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein. Von grober Fahrlässigkeit spricht man zum Beispiel beim Fahren unter Alkoholeinfluss oder bei einem Rotlichtverstoß, aber auch bei Fahren ohne laut Führerschein erforderlicher Brille. Sie liegt auch vor, wenn der Probefahrer keinen Führerschein bzw. keine Fahrerlaubnis hatte. Dies kann teuer werden, denn: Was die Versicherung nicht bezahlt, muss der Probefahrer bezahlen, wenn er den Unfall auf der Probefahrt verursacht hat.

Was gilt beim Kauf vom Händler?


Ist der Verkäufer des Gebrauchtwagens ein Händler, montiert er für die Probefahrt meist rote Händlerkennzeichen an das Auto. Händler dürfen diese für verschiedene Fahrzeuge nutzen, auch wenn die Autos nicht zugelassen sind. Eine Haftpflichtversicherung ist auch für Händler Pflicht.

Häufig wird geschrieben, dass Händler eine Vollkaskoversicherung für Probefahrten haben. Darauf verlassen sich viele Autokäufer. Die Realität sieht jedoch anders aus: Die Vollkasko ist vielleicht bei Vertragshändlern oder größeren Autohäusern üblich, aber nicht bei den vielen "Fähnchenhändlern" mit kleinen Gebrauchtwagenplätzen. Denn: Die Händler sind nicht gesetzlich verpflichtet, eine Vollkaskoversicherung abzuschließen.

Die Gerichte wiederum gehen grundsätzlich davon aus, dass es bei einer Probefahrt beim Autohändler eine "stillschweigende Haftungsfreistellung" des Probe fahrenden Kunden gibt. Das heißt: Beide Beteiligte einigen sich stillschweigend darauf, dass der Kunde bei einem Unfall nicht haften soll. Die Händler können diese Haftungsfreistellung jedoch ganz einfach aufheben, indem sie den Kunden auf den fehlenden Vollkasko-Schutz hinweisen. Dann muss der Kunde nach einem Unfall den Schaden selbst bezahlen.

Was sagen die Gerichte zur Aufklärungspflicht des Händlers?


Einem Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz zufolge dürfen sich Kunden eines Autohändlers darauf verlassen, dass das Probefahrzeug eine Vollkaskoversicherung hat. Diese Grundidee stammt vom Bundesgerichtshof und aus den siebziger Jahren. Neuere BGH-Urteile dazu gibt es nicht.

Das bedeutet laut OLG Koblenz: Hat das Auto keine Vollkaskoversicherung, muss der Händler dies dem Kunden vor der Probefahrt mitteilen. Fährt der Kunde dann trotzdem los, haftet er selbst für Unfallschäden. Hat der Autohändler den Kunden nicht über die fehlende Vollkaskoversicherung informiert, haftet der Händler (Urteil vom 13.1.2003, Az. 12 U 1360/01).

Fazit Versicherung und Probefahrt


Sowohl bei privaten, als auch bei gewerblichen Verkäufern, sollten sich Kaufinteressenten unbedingt schon vor der Probefahrt darüber informieren, welcher Versicherungsschutz besteht. Bei Unklarheiten kann man die Verhandlungen auch abbrechen. Mehrere Versicherungsgesellschaften bieten mittlerweile sogar Probefahrt-Versicherungen für fünf bis 12 Euro an. Diese gelten für einen Tag und können vom Kaufinteressenten kurzfristig abgeschlossen werden. Auch so ist eine Absicherung möglich.

Was sind Probefahrt-Vereinbarungen?


Sowohl private als auch gewerbliche Verkäufer und Käufer können eine schriftliche Vereinbarung über die Haftung bei einer Probefahrt treffen. Vordrucke sind online erhältlich. Darin wird meist abgesprochen, welche Person das Fahrzeug fahren darf (mit Führerscheindaten), wie lange die Probefahrt dauern darf, in welchem Zustand das Auto vor der Probefahrt war (Vorschäden) und natürlich auch, wer wofür haftet und wie es versichert ist. Auch eine Kaution lässt sich vereinbaren. Bei Autohändlern sind gerade bei höherwertigen Fahrzeugen solche Probefahrt-Vereinbarungen üblich.

Eine solche Vereinbarung überträgt die Haftung für Unfälle allerdings oft dem Kaufinteressenten. Kaum ein Verkäufer wird sich auf eine Vereinbarung einlassen, welche die Haftung des Kaufinteressenten bei einem Unfall ausschließt. Übrigens: Bei Schäden durch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit gibt es laut Gesetz keinen vertraglichen Haftungsausschluss.

Was gilt bei einem Autodiebstahl bei der Probefahrt?


Eine wichtige Vorsichtsmaßnahme für den Verkäufer ist, sich vor der Probefahrt vom Kaufinteressenten den Personalausweis vorlegen zu lassen. Er kann auch den Ausweis oder etwas anderes als Pfand verlangen oder schlicht bei der Probefahrt mitfahren. Denn: Es kommt gar nicht so selten vor, dass angebliche Probefahrer mit dem Fahrzeug verschwinden. Eine Teilkaskoversicherung deckt Diebstahl ab. In einer Vollkaskoversicherung ist die Teilkasko eingeschlossen. Trotzdem kann aus zwei Gründen der Versicherungsschutz entfallen:

Erstens handelt es sich hier rechtlich gar nicht um einen Diebstahl, sondern um eine Unterschlagung. Der Täter hat das Fahrzeug dem Eigentümer nämlich nicht gegen dessen Willen entwendet. Stattdessen hat es ihm der Eigentümer freiwillig für die Probefahrt anvertraut. Eine Unterschlagung ist aber in den meisten Teilkasko-Verträgen nicht versichert. Hier kommt es auf den Vertrag an.

Zweitens kann der Versicherungsschutz erlöschen oder erheblich reduziert werden, wenn der Verkäufer es dem Täter zu leicht gemacht hat. So gestand das Landgericht Coburg einem Mann keinen Versicherungsschutz zu, dessen Motorrad bei einer Probefahrt unterschlagen worden war (Az. 13 O 717/08). Der Mann hatte dem Interessenten das Bike anvertraut, aber dessen Personalien nicht festgestellt. Er hatte als Pfand einen Rucksack akzeptiert, in dem sich angeblich Ausweispapiere befanden. Tatsächlich war dieser leer.

Was sollten private Autoverkäufer bei einem Pfand beachten?


Natürlich sollte sich das zurückgelassene Pfand nicht in einem geschlossenen Rucksack befinden. Es sollte dem Wert des angebotenen Fahrzeugs entsprechen. Vor allem sollte es nicht selbst geklaut sein. Eine beliebte Masche von Trickbetrügern besteht darin, ein gestohlenes Fahrzeug als Pfand anzubieten. So geschah es laut Presseberichten zum Beispiel in Kassel 2014: Ein Probefahrer hinterließ ein gestohlenes Motorrad als Pfand, ging mit einem VW Passat auf Probefahrt und kam nie wieder. Der Verkäufer hätte hier zuerst nach dem Fahrzeugschein des Bikes fragen können.

Was sollte man auf der Probefahrt checken?


Man sollte schon vor Antritt der Fahrt auf sichtbare Sicherheitsmängel achten. So können abgefahrene Reifen oder defekte Beleuchtung nicht nur zu einem Bußgeld für den Fahrer führen, sondern auch zu einem Unfall. Leuchten Warnlampen mit Symbolen für Motor oder Bremsanlage, sollte man dies auf keinen Fall ignorieren.

Über viele Autotypen lassen sich vorher Infos im Internet einholen. Erfahrungsberichte über kritische Punkte des betreffenden Fahrzeugs findet man oft unter den Suchstichworten "Testbericht", "Kaufberatung" oder "Checkliste". Dazu gehören auch typische Mängel, Verschleißteile oder Roststellen.

Bei einer Probefahrt empfiehlt sich außerdem ein Zwischenstopp mit genauer Besichtigung des Fahrzeugs einschließlich Unterboden. Dabei hilft eine Taschenlampe. Man sollte Auspuff, Fahrwerk und Unterboden auf Rost kontrollieren und darauf achten, ob an Motor und Getriebe irgendwo Öl tropft. Auch sollte man alle Türen betätigen und sämtliche elektrischen und elektronischen Funktionen und Schalter prüfen - beispielsweise Klimaanlage, Sitzverstellung, elektrische Außenspiegel und Schiebedach. Nicht fehlen darf ein Blick in den Motorraum. Dort sollte sich ein Zettel der Werkstatt mit dem Datum des letzten Ölwechsels finden. Dort ist auch der Kilometerstand verzeichnet. Dieser sollte mit dem Kilometerstand laut Tacho zusammenpassen. Prüfen sollte man auch, ob die Stände der Flüssigkeiten (Kühlflüssigkeit, Bremsflüssigkeit, Hydrauliköl) im "grünen Bereich" sind und ob irgendwo Flüssigkeiten austreten.

Beim Fahren ist es wichtig, darauf zu achten, ob die Lenkung schwammig ist, die Schaltung sauber arbeitet und die Bremse gut wirkt. Bei einer Vollbremsung sollte man immer auf den Verkehr hinter dem Fahrzeug achten! Ungewöhnliche Geräusche können ein Anzeichen für Schäden sein. Wenn Sie langsam über kleinere Straßen fahren, hören Sie diese besser. Hilfreich, aber mit Kosten verbunden, ist ein Gebrauchtwagencheck beim ADAC oder in einer Werkstatt.

Keine Probefahrt ohne gültige Kennzeichen!


Unter keinen Umständen sollte man eine Probefahrt ohne Kennzeichen und Zulassung oder womöglich mit schnell daran geschraubten Kennzeichen von einem anderen Auto durchführen. Dann besteht keinerlei Versicherungsschutz. Fahren ohne Versicherung ist eine Straftat. Sie riskieren nach § 6 und § 30 Pflichtversicherungsgesetz eine Geldstrafe oder bis zu ein Jahr Freiheitsentzug. Auch Kennzeichenmissbrauch ist strafbar. Nach § 22 Straßenverkehrsgesetz steht darauf ebenfalls eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Praxistipp zur Probefahrt


Als Verkäufer sollten Sie sich immer den Personalausweis des Käufers zeigen lassen. Allerdings nutzen Profi-Straftäter häufig gefälschte Ausweise. Im Zweifel sollten Sie den Interessenten auf der Probefahrt begleiten. Will dieser ein Pfand hinterlassen, sollte dieses dem Wert des Fahrzeugs entsprechen. Wenn es sich bei dem Pfand um ein Fahrzeug handelt, sollte ein Kfz-Schein (Zulassungsbescheinigung I) vorhanden sein - und zwar mit dem Namen des Probefahrers darauf. Bei Problemen kann ein Fachanwalt für Verkehrsrecht Ihnen mit Rat und Vertretung vor Gericht zur Seite stehen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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