Radfahrstreifen und Radfahrschutzstreifen - was gilt hier?
04.04.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Radfahrstreifen: ...sind durch eine durchgezogene Linie gekennzeichnet und mit einem Fahrradsymbol markiert. Sie dürfen nicht von Autos befahren oder zum Halten genutzt werden.
2. Radfahrschutzstreifen: ...sind durch eine unterbrochene (gestrichelte) Linie markiert. Autos dürfen sie nur im Bedarfsfall und ohne Gefährdung von Radfahrern überfahren, z. B. bei Gegenverkehr.
3. Parken / Halten: Parken ist auf beiden verboten, das Halten ist nur auf Radfahrschutzstreifen kurzfristig erlaubt. Bei Verstoß drohen Bußgelder.
1. Radfahrstreifen: ...sind durch eine durchgezogene Linie gekennzeichnet und mit einem Fahrradsymbol markiert. Sie dürfen nicht von Autos befahren oder zum Halten genutzt werden.
2. Radfahrschutzstreifen: ...sind durch eine unterbrochene (gestrichelte) Linie markiert. Autos dürfen sie nur im Bedarfsfall und ohne Gefährdung von Radfahrern überfahren, z. B. bei Gegenverkehr.
3. Parken / Halten: Parken ist auf beiden verboten, das Halten ist nur auf Radfahrschutzstreifen kurzfristig erlaubt. Bei Verstoß drohen Bußgelder.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was ist ein Radfahrstreifen? Welche Rechte haben Radfahrer auf dem Radfahrstreifen? Wie deutlich muss ein Radfahrstreifen gekennzeichnet sein? Was ist ein Radfahrschutzstreifen? Welche Rechte und Pflichten gibt es auf dem Schutzstreifen? Wie viel Seitenabstand müssen Autofahrer innerorts einhalten? Dürfen Autofahrer bei Gegenverkehr auf den Schutzstreifen ausweichen? Verlieren Autofahrer die Vorfahrt, wenn der Schutzstreifen gerade belegt ist? Wer hat am Ende eines Schutzstreifens Vorfahrt: Rad- oder Autofahrer? Dürfen Radfahrer den Radfahrstreifen in beiden Richtungen benutzen? Ist eine Klage gegen einen Radfahrschutzstreifen erfolgversprechend? Praxistipp zu Radfahrstreifen und Schutzstreifen Was ist ein Radfahrstreifen?
Radwege und kombinierte Rad- und Fußwege kennt jeder. Was aber ist ein Radfahrstreifen? Zunächst einmal ist ein Radfahrstreifen von der Fahrbahn nicht "baulich getrennt". Er ist also von der Fahrbahn nicht durch einen Höhenunterschied und einen Bordstein getrennt, sondern nur durch eine durchgezogene breite weiße Linie. Diese findet man in der Straßenverkehrsordnung (StVO) als "Zeichen 295".
Zusätzlich ist ein Radfahrstreifen mit aufgemalten Fahrradsymbolen gekennzeichnet und mit dem Verkehrszeichen Nr. 237 ausgeschildert. Dies ist das bekannte Radwegeschild, rund, weißes Fahrrad vor blauem Hintergrund. Es bedeutet: Für Radfahrer besteht hier Benutzungspflicht. Sie dürfen nur auf dem Radfahrstreifen fahren und nicht außerhalb davon auf der Fahrbahn oder auf dem Gehweg.
Ein Radfahrstreifen darf von einer Gemeinde nur angelegt werden, wenn es für die Fußgänger auf einem eigenen Fußweg genug Platz gibt. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben in der Verwaltungsvorschrift zu Absatz 4 des § 2 StVO. Die Breite des Radfahrstreifens ergibt sich aus einem technischen Regelwerk, nämlich den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 06). Danach muss ein Radfahrstreifen mindestens 1,60 Meter breit sein, plus 25 cm für den weißen Strich. Zwei Meter Breite sind bei viel befahrenen Straßen und vor Schulen vorgeschrieben.
Welche Rechte haben Radfahrer auf dem Radfahrstreifen?
Ein Radfahrstreifen ist ein Sonderweg nur für Radfahrer. Andere Verkehrsteilnehmer, wie zum Beispiel Fußgänger oder Autofahrer, dürfen ihn nicht benutzen. Ausnahme sind E-Scooter. Autos dürfen darauf nicht halten oder parken. Allerdings dürfen andere Verkehrsteilnehmer einen Radfahrstreifen durchaus überqueren, um zum Beispiel mit dem PKW eine daneben liegende Parkbucht zu erreichen oder – als Fußgänger – einen Fußgängerüberweg zu nutzen. Andere Verkehrsteilnehmer müssen jedoch beim Überqueren des Radfahrstreifens besonders auf den Radverkehr achten. Radfahrer wiederum müssen an Ampeln die Zeichen für den Autoverkehr beachten. Sind dort eigene Fahrradampeln angebracht, gelten diese stattdessen.
Wie deutlich muss ein Radfahrstreifen gekennzeichnet sein?
Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf befasst sich mit der Frage, wie deutlich ein Radfahrstreifen gekennzeichnet sein muss. Ein Autofahrer hatte auf einem Radfahrstreifen geparkt. Er wollte darin keinen Radfahrstreifen erkannt haben. Sein Auto war abgeschleppt worden. Nach den Feststellungen des Gerichts war der Radfahrstreifen wie üblich mit einer durchgezogenen Linie von der Fahrbahn getrennt und obendrein mit dem blauen Radwegeschild Nr. 237 gekennzeichnet. Dieses stand jedoch nicht als Verkehrsschild neben der Straße, sondern war auf den Teer gemalt.
Das Gericht entschied, dass der Radfahrstreifen damit eindeutig als dem Radverkehr vorbehaltener Sonderweg gekennzeichnet war – und eben nicht als Seitenstreifen, auf dem man parken durfte. Das Gericht legte hier den Maßstab einer "verständigen Betrachtungsweise" an. Das bedeutet in etwa: Sich dumm stellen, weil nicht alle zwei Meter ein Schild steht, zählt nicht (VG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2016, Az. 14 K 6395/16).
Was ist ein Radfahrschutzstreifen?
Die Unterscheidung zwischen Radfahrstreifen und Radfahrschutzstreifen ist wichtig, weil bei beiden unterschiedliche Regeln gelten.
Ein Schutzstreifen für Radfahrer ist nicht durch eine durchgezogene, sondern durch eine gestrichelte Linie (Zeichen 340) von der Fahrbahn für den Autoverkehr getrennt. Auf dem Schutzstreifen ist in regelmäßigen Abständen das Symbol für Fahrräder aufgemalt. Nach der Verwaltungsvorschrift zur StVO kann er angelegt werden, wenn der Platz für einen Radfahrstreifen nicht ausreicht.
Schutzstreifen dürfen innerhalb geschlossener Ortschaften an Straßen mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf maximal 50 km/h angelegt werden. Die Voraussetzung ist aber, dass die Zusammensetzung des Verkehrs eine Benutzung des Schutzstreifens durch Kraftfahrzeuge nur in seltenen Fällen erfordert. Wird die Strecke etwa jeden Tag zum Beispiel von vielen LKWs befahren, die an engen Stellen ein Ausweichen des Gegenverkehrs auf den Schutzstreifen erzwingen, wird dieser eher zur Gefahrenquelle.
Nach der Verwaltungsvorschrift zur StVO muss ein Schutzstreifen außerdem so angelegt werden, dass sich auf dem verbleibenden Fahrbahnteil zwei Autos ohne Gefahr begegnen können. Seine Breite muss ausreichen, um Radfahrern einen ausreichenden Bewegungsraum zu geben. Schutzstreifen sind im Kreisverkehr nicht erlaubt.
Welche Rechte und Pflichten gibt es auf dem Schutzstreifen?
Ausgeschildert ist der Schutzstreifen nicht mit dem blauen Radwegeschild, sondern mit regelmäßigen Fahrrad-Piktogrammen auf dem Teer. Ohne diese handelt es sich nicht um einen Schutzstreifen. Ein Schutzstreifen ist Teil der Fahrbahn und kein Radweg. Eine Benutzungspflicht für Radfahrer besteht bei ihm nicht aufgrund einer Beschilderung, sondern höchstens wegen des Rechtsfahrgebots.
Ein Schutzstreifen darf auch durch Autos befahren werden – jedoch nur bei Bedarf und wenn der Radverkehr nicht gefährdet wird. Ein solcher Bedarf besteht zum Beispiel, wenn der Gegenverkehr es nötig macht, ein Stück weit auf den Radfahrstreifen auszuweichen. Denn: Selbst wenn die Fahrbahn für zwei sich begegnende PKW ausreicht, kann immer noch ein LKW oder Bus entgegenkommen. Autofahrer müssen in solchen Situationen immer darauf achten, die Radfahrer nicht zu gefährden. Sie müssen also im Zweifelsfall auch hinter einem Radler bleiben, bis der Gegenverkehr vorbeigefahren ist und es wieder genug Platz gibt.
Autos dürfen auf dem Schutzstreifen nicht parken. Früher durften sie dort für bis zu drei Minuten halten. Dies wurde durch eine Reform der StVO ab April 2021 geändert. Nun herrscht auf dem Schutzstreifen Halteverbot.
Ansonsten gelten auf dem Schutzstreifen die Regeln für Fahrbahnen. Daher müssen Radfahrer zum Beispiel die Ampel für den Autoverkehr sowie Verkehrsschilder wie Vorfahrtschilder beachten.
Wie viel Seitenabstand müssen Autofahrer innerorts einhalten?
Die StVO schreibt innerorts einen Seitenabstand von 1,50 Metern beim Überholen von Radfahrern vor.
Der Radfahrschutzstreifen (gestrichelte Linie) ist kein eigener Teil der Straße, sondern gehört zur Fahrbahn. Daher müssen Autofahrer einen Seitenabstand von 1,50 Meter zu Radfahrern auf dem Schutzstreifen einhalten (§ 5 Abs. 4 StVO).
Der Radfahrstreifen (durchgezogene Linie) ist ein Sonderweg für den Radverkehr. Daher gilt § 5 Abs. 4 StVO hier nicht. Das ändert aber nicht viel: Das allgemeine Rücksichtnahmegebot und das Gefährdungsverbot nach § 1 Abs. 2 StVO wurden schon vor vielen Jahren vor Gericht als Begründung für Mindestabstände von 1,50 bis 2 Metern genutzt.
Autofahrer sind also regeltechnisch auf der sicheren Seite, wenn sie innerorts 1,5 Meter Mindestabstand zu Radlern auf beiden Streifen einhalten. Ist nicht genug Platz zum Überholen, müssen sie eben so lange hinter dem Radfahrer bleiben, bis wieder genug Platz ist.
Dürfen Autofahrer bei Gegenverkehr auf den Schutzstreifen ausweichen?
Autofahrer dürfen nur bei Bedarf – etwa bei Platzmangel infolge Gegenverkehrs – auf den Schutzstreifen (gestrichelte Linie) ausweichen. Und auch nur, wenn sie dadurch keine Radfahrer gefährden. Ist der Schutzstreifen durch einen Radfahrer belegt, müssen sie warten und mit ausreichendem Sicherheitsabstand hinter dem Radfahrer bleiben, bis sich die Situation geändert hat. Dass dies länger dauert, spielt keine Rolle.
Auf den Radfahrstreifen (durchgezogene Linie) dürfen Autofahrer nicht ausweichen. Ausnahme: Es ist durch ein Zusatzschild erlaubt. Dann ist aber besondere Rücksicht auf Radfahrer Pflicht.
Verlieren Autofahrer die Vorfahrt, wenn der Schutzstreifen gerade belegt ist?
Nein. Ist der Radfahrschutzstreifen gerade mit einem Radfahrer belegt und muss der Autofahrer - z.B. wegen des Gegenverkehrs - auf den Schutzstreifen ausweichen und hinter einem Radfahrer hinterherfahren, so bleibt es trotzdem bei den allgemeinen Vorfahrtsregeln.
Wer hat am Ende eines Schutzstreifens Vorfahrt: Rad- oder Autofahrer?
Werden am Ende eines Schutzstreifens die Rad- und Autospur zusammengeführt, gibt es keine besondere Vorfahrtsregel. Hier gilt § 1 StVO: das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und Nichtgefährdung. Keiner hat Vorfahrt und beide müssen sich so verhalten, dass der andere nicht gefährdet wird. Bei einem regelrechten Fahrspurwechsel sind Schulterblick und Blinker / Richtungsanzeige Pflicht.
Dürfen Radfahrer den Radfahrstreifen in beiden Richtungen benutzen?
Nein. Auch Radwege und Radstreifen sind in Fahrtrichtung rechts zu benutzen. Einzige Ausnahme: Der Radweg ist per Schild für beide Fahrtrichtungen zugelassen. Bei einem Radfahrstreifen oder Schutzstreifen ist dies in aller Regel nicht der Fall.
Da Radfahrstreifen und Schutzstreifen sich auf der Fahrbahn für den Kfz-Verkehr befinden, ist ihre Benutzung in der falschen Fahrtrichtung äußerst gefährlich. Wer also als Radfahrer einen Radfahrschutzstreifen in der falschen Richtung befährt, wird bei einem Unfall eine erhöhte Mithaftung auferlegt bekommen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hervor.
Es ging dabei um einen Radfahrer, der in der Frankfurter Innenstadt auf einem Schutzstreifen in der falschen Richtung gefahren war, als ein Fußgänger den Streifen überquerte. Der Fußgänger stürzte und erlitt einen Gelenkbruch. Der Radler hatte keine Haftpflichtversicherung. Keiner von beiden hatte den anderen gesehen.
Das Gericht erklärte, dass der Radfahrer den Schutzstreifen verbotswidrig genutzt habe. Er habe das Rechtsfahrgebot missachtet. Daher habe er eine erhöhte Sorgfaltspflicht gehabt und hätte ganz besonders auf von links den Schutzstreifen überquerende Fußgänger achten müssen. Auch sei in der Innenstadt mit erhöhtem Fußgängeraufkommen zu rechnen.
Der Fußgänger habe nicht mit dem "Geisterradler" rechnen müssen. Es komme hinzu, dass es sich hier um eine Einbahnstraße gehandelt habe und der Radler in verkehrter Richtung gefahren sei. Seine Geschwindigkeit von 10 - 12 km/h habe keine besondere Rücksichtnahme auf Fußgänger erlaubt.
Das Gericht verurteilte den Radfahrer zur Zahlung von 5.000 Euro Schmerzensgeld und weiterem Schadensersatz (Beschluss vom 9.5.2017, Az. 4 U 233/16). Dem Fußgänger rechnete es ein Mitverschulden von zehn Prozent zu, weil dieser die Straße nicht auf dem nur sechs Meter entfernten Fußgängerüberweg überquert hatte.
Ist eine Klage gegen einen Radfahrschutzstreifen erfolgversprechend?
Das Oberlandesgericht Lüneburg hat eine entsprechende Klage abgewiesen. Ein Radfahrer hatte gegen die Einrichtung eines Schutzstreifens auf einer Straße seiner Heimatstadt geklagt, weil die Gemeinde die Vorgaben für die Abmessungen nicht eingehalten habe. Auch seien Schutzstreifen generell zu gefährlich – so provozierten sie Autofahrer dazu, Radler mit zu geringem Seitenabstand zu überholen. Der Kläger berief sich auf sein Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 des Grundgesetzes.
Das Gericht sprach ihm jedoch bereits die Klagebefugnis in diesem Fall ab. Die Empfehlungen für die Breite von Radfahrstreifen und Schutzstreifen stammten aus technischen Regelwerken. Ihre Beachtung könne nicht durch einzelne Verkehrsteilnehmer eingeklagt werden.
Auch sei die Einrichtung eines Schutzstreifens für Radfahrer kein Verwaltungsakt, der den Kläger individuell in seinen Rechten verletzte. Dies sei aber die Voraussetzung für eine Klage. Die Einrichtung des Schutzstreifens führe nicht zu mehr Pflichten für Radfahrer, sondern begrenze höchstens die Rechte der Autofahrer.
Insbesondere sei ein Schutzstreifen kein benutzungspflichtiger Radweg. Er müsse nur aufgrund des Rechtsfahrgebots benutzt werden. Radfahrer dürften die linke Begrenzungslinie sogar überfahren, wenn sie dadurch nicht den restlichen Verkehr gefährdeten. Eine Abschaffung des Schutzstreifens würde also eher einen Nachteil für Radfahrer bedeuten und dem PKW-Verkehr wieder mehr Raum geben (Beschluss vom 25.7.2018, Az. 12 LC 150/16).
Praxistipp zu Radfahrstreifen und Schutzstreifen
Radfahrstreifen und Schutzstreifen sind in der Praxis oft nicht so angelegt, wie es sich deren Erfinder gewünscht hätten. Verkehrsteilnehmer können gegen die Gestaltung von Straßen wenig tun. Kommt es zu einem Unfall oder haben Sie Zweifel an einem Bußgeldbescheid, kann Ihnen jedoch ein Fachanwalt für Verkehrsrecht in vielen Fällen helfen.
(Bu)