Rauchen in der Mietwohnung und auf dem Balkon
22.09.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Rh - Anwalt-Suchservice Immer wieder geraten Raucher und Nichtraucher in Streit. Dies gilt ganz besonders im Wohnumfeld und in Mehrfamilienhäusern. Da möchte sich der eine Mieter regelmäßig bei einer guten Zigarette entspannen, der andere lieber die frische Luft auf dem Balkon genießen oder seine Wohnung durchlüften. Dummerweise erreicht bei benachbarten Balkonen und offenen Fenstern der Zigarettenrauch zwangsläufig auch den Nichtraucher. Auch im Treppenhaus eines Mietshauses wird kalter Zigarettenrauch von vielen Hausbewohnern als unangenehm empfunden. Daher sorgt das Thema Rauchen im Mietshaus immer wieder für Streit zwischen Nachbarn oder zwischen Mietern und Vermietern.
In deutschen Gesetzen findet sich keine Regelung zum Rauchen in Mietwohnungen. Nach der Rechtsprechung der Gerichte gilt der Grundsatz: Das Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung. Der Vermieter hat grundsätzlich nicht das Recht, in die persönliche Lebensgestaltung seiner Mieter einzugreifen.
Auch in einem üblichen, formularmäßigen Mietvertrag kann der Vermieter dem Mieter nicht pauschal das Rauchen untersagen. So eine Vertragsklausel wäre schlicht unwirksam. Formularmäßig heißt: Es handelt sich um einen standardisierten und mehrfach verwendeten Vertragstext, bei dem der Mieter keinen Verhandlungsspielraum hat.
Eine Ausnahme gibt es jedoch: Vermieter und Mieter können individuell miteinander vereinbaren, dass in dieser ganz bestimmten Wohnung nicht geraucht werden darf. Dies können beide zum Beispiel in einem handschriftlichen Vertragszusatz mit eigenen Unterschriften festlegen. Dabei ist wichtig, dass beide die Klausel aushandeln und nicht eine Seite diese vorgibt. Selbst mit einer solchen Vertragsklausel wäre dann aber immer noch zweifelhaft, ob ein solches individuelles, mietvertragliches Rauchverbot auch Besucher, Lebenspartner und Verwandte des Mieters bindet. Schließlich sind diese keine Vertragspartner des Vermieters.
Grundsätzlich anders verhält es sich in Gemeinschaftsräumen wie Flur, Treppenhaus und Keller. Dort darf der Vermieter ein Rauchverbot aussprechen – zum Beispiel per Hausordnung.
Allerdings hat die persönliche Lebensgestaltung eines Mieters auch eine Grenze - und die liegt da, wo andere durch sein Verhalten gestört werden. Auch die Nachbarn haben nämlich Rechte. Der Fall des Rentners Friedhelm A. ging nicht nur durch die Presse, sondern auch durch alle Gerichtsinstanzen: Nach 40 Jahren Mietverhältnis führte sein exzessives Rauchen in der Mietwohnung zum Streit mit der Vermieterin und Nachbarn.
Der starke Raucher hatte nach dem Tod seiner Frau offenbar nur noch sparsam gelüftet und die Rollläden meist geschlossen gehalten. Der Hausverwalter sah bei zwei Besuchen in der Wohnung überquellende Aschenbecher. Ins Treppenhaus zog kalter Rauch. Andere Mieter beschwerten sich, die Vermieterin schrieb erfolglos Abmahnungen. Der Mieter bestand darauf, weiter in seiner Wohnung zu rauchen. Dann kam es zur Kündigung und es folgte ein Räumungsprozess durch alle Instanzen.
Das Landgericht Düsseldorf betrachtete die Kündigung des Rauchers zunächst als wirksam (Az. 21 S 240/13). Der Bundesgerichtshof betonte zwar erneut, dass Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehöre – allerdings könne exzessives Rauchen im Einzelfall eine Störung des Hausfriedens darstellen und einen Kündigungsgrund liefern. Nur hatte hier die Vorinstanz nicht genau genug untersucht, ob die Geruchsbelästigung durch das Rauchen in der Mietwohnung wirklich so gravierend war. Eine gründliche Beweisaufnahme hatte nämlich gar nicht stattgefunden. Daher wurde der Fall an das Landgericht zurückverwiesen (Urteil vom 18.2.2015, Az. VIII ZR 186/14).
Dort folgte eine ausführliche Vernehmung diverser Zeugen. Das Endergebnis war, dass der Raucher hier die Grenze zum vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache nicht überschritten hatte. Die Aussagen der Zeugen widersprachen sich, und der Zigarettenrauch ließ sich auch nicht eindeutig der Wohnung des Rentners zuordnen. Andere Besucher bescheinigten ihm, dass er durchaus lüfte und seine Aschenbecher ausleere. Auch konnte man nicht ausschließen, der der kalte Rauch im Treppenhaus auch von anderen rauchenden Mietern ausging. Daher wurde die Kündigung des Rentners als unwirksam angesehen. Der Mieter durfte in seiner Wohnung bleiben (Urteil vom 28.9.2016, Az. 23 S 18/15).
Dazu erläuterte das Gericht: Die Grenze zum vertragswidrigen Gebrauch der Mietwohnung sei erst überschritten, wenn der Mieter bei Ausübung des grundsätzlich vertragsgemäßen Rauchens in der Wohnung das Gebot der Rücksichtnahme nicht genügend beachte. Dies könne so aussehen, dass er einfache und zumutbare Maßnahmen, wie ausreichendes Lüften oder Entsorgen der Asche, nicht ergreife, sodass die übrigen Parteien des Hauses unzumutbar beeinträchtigt würden.
Mehrere Gerichte sind zu dem Urteil gekommen, dass in den konkreten Fällen exzessives Rauchen nicht mehr vom normalen, vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung umfasst war. Dabei ging es jedoch nicht um Rauchverbote, sondern um Schadensersatzansprüche der Vermieter für Schäden an der Mietwohnung. Nach dem Bundesgerichtshof geht Rauchen in einer Mietwohnung über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus, wenn dadurch Schäden verursacht werden, die sich nicht mehr durch normale Schönheitsreparaturen wie etwa übliche Malerarbeiten beseitigen lassen, sondern die größere Instandsetzungsarbeiten erforderlich machen. Denn: Langjähriges starkes Rauchen führt oft zu derartigen Ablagerungen, zu gelbem Putz und mit Nikotin imprägnierten Holzteilen, dass normale Farbe darauf gar nicht mehr haftet. So etwas kann durchaus einen Schadensersatzanspruch des Vermieters begründen (Az. VIII ZR 37/07).
Die Gerichte sahen lange Zeit kein Problem darin, wenn Mieter auf dem Balkon ihrer Wohnung rauchten – dies mussten die Nachbarn halt dulden (z. B. AG Bonn, Az. 6 C 510/98). Inzwischen hat jedoch der Nichtraucherschutz an Bedeutung gewonnen.
So entschied das Landgericht Hamburg schon 2012, dass die Mieter einer Dachgeschosswohnung ihre Miete um fünf Prozent mindern konnten, weil vom Balkon der darunter liegenden Wohnung ständig Zigarettenrauch in ihre Räume zog (Az. 311 S 92/10). Die Gebrauchstauglichkeit ihrer Wohnung sei durch den Zigarettenrauch beeinträchtigt. Das Landgericht Frankfurt am Main erlaubte einem Raucher, trotz nachbarlicher Beschwerden auf dem Balkon zu rauchen. Allerdings hatte er zwei Balkone und musste künftig denjenigen Balkon zum Rauchen benutzen, auf dem dies niemanden störte (Az. 2-09 S 71/13).
Ist der Cannabiskonsum eines Mieters mit einer hohen bzw. sogar gesundheitsbeeinträchtigenden Geruchsbelästigung im Treppenhaus verbunden, kann dies eine fristlose Kündigung des Vermieters wegen erheblicher Störung des Hausfriedens rechtfertigen. Im entschiednen Fall kam hinzu, dass minderjährige Kinder im Haus gewohnt haben, die an der Wohnungstüre des gekündigten Mieters vorbeigehen mussten. Die Teillegalisierung von Cannabis durch das Kanabiskonsumgesetz vom 1.4.2024 stehe einer Kündigung nicht entgegen, wenn der Konsum zu erheblichen Belästigungen der Nachbarn führe. (AG Brandenburg Urteil v. 30.4.2024, Az. 30 C 196/23)
2015 entschied der Bundesgerichtshof, dass nichtrauchende Mieter grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch gegen rauchende Mieter haben könnten. Es ging dabei um Mieter einer Erdgeschosswohnung, die mehrmals täglich auf ihrem Balkon rauchten. Nur wollten die Mieter der Wohnung darüber auf ihrem Balkon lieber frische Luft genießen.
Der BGH erläuterte, dass ein Unterlassungsanspruch wegen des Rauchens auf dem Balkon ausgeschlossen sei, wenn die Beeinträchtigung der Nachbarn nur unwesentlich wäre. Dies gelte jedoch nicht bei einer nachweisbaren Gesundheitsgefährdung. Diese könne immer einen Unterlassungsanspruch begründen. In einem solchen Fall spiele der Mietvertrag keine Rolle, da es um das Verhältnis der Nachbarn untereinander ging. Der Bundesgerichtshof schlug diplomatisch eine zeitliche Aufteilung der Balkonnutzung in Raucher- und Nichtraucherzeiten vor. Das Verfahren wurde zur Klärung einiger Fragen an die Vorinstanz zurückverwiesen (Az. V ZR 110/14).
In einem anderen Fall von 2017 erlegte das Landgericht Dortmund Rauchern einen Stundenplan auf. Ein Ehepaar hatte regelmäßig auf der Terrasse seines Reihenhauses geraucht. Die Nachbarn störte dies sehr. Sie führten Tagebuch über jede Rauchsitzung. Vor Gericht klagten sie darüber, dass sie nur noch nachts lüften konnten, wenn sie keinen Zigarettenqualm in ihrer Wohnung wollten. Zwar hatte im erstinstanzlichen Verfahren eine Amtsrichterin beim Ortstermin keinen Rauch riechen können. Trotzdem verfolgten die Kläger ihr Anliegen weiter.
In zweiter Instanz hatten sie Erfolg: Das Gericht erklärte, dass jeder das Recht habe, rauchfrei zu wohnen. Das Rauchen auf der Terrasse stelle hier eine nachhaltige und häufige Beeinträchtigung der Nachbarn dar, welche diese nicht hinnehmen müssten.
Die Folge: Die Raucher durften auf ihrer Terrasse nur noch nach einem festen Stundenplan rauchen. Rauchfrei bleiben müssten die Zeiten von 0 bis 3 Uhr, 6 bis 9 Uhr, 12 bis 15 Uhr und 18 bis 21 Uhr. Andernfalls drohte ihnen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft (Az. 1 S 451/15).
Es gibt jedoch auch andere Meinungen: So entschied das Landgericht Potsdam am 14.3.2014 (Az. 1 S 31/13), dass Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus gegen andere Mieter in der Regel keinen Anspruch darauf haben, dass diese das Rauchen auf dem benachbarten Balkon zu festen Tageszeiten unterlassen.
Zwar sind sich die Gerichte nicht immer einig, wann beim Rauchen die Grenze des Zumutbaren überschritten ist. Allerdings werden ihre Urteile immer nichtraucherfreundlicher. Wie immer im Verhältnis unter Nachbarn, schadet auch beim Thema Rauchen in der Mietwohnung und auf dem Balkon gegenseitige Rücksichtnahme nicht. Ansonsten hilft bei Streit mit dem Vermieter ein Fachanwalt für Mietrecht, oder, wenn es um Unterlassungsansprüche unter Nachbarn geht, ein Anwalt, der sich schwerpunktmäßig mit dem Zivilrecht befasst.
Das Wichtigste in Kürze
1. Kein Rauchverbot: Ein gesetzliches Rauchverbot für die Mietwohnung bzw. den Balkon gibt es nicht. Eine diesbezügliche formularmäßige Klausel im Mietvertrag ist unwirksam. Eine individuelle (Zusatz-) Vereinbarung wäre dagegen wirksam.
2. Vertragsgemäßer Gebrauch: Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung - sowohl in der Wohnung, als auch auf dem Balkon. Erst, wenn die übrigen Mietparteien unzumutbar beeinträchtigt werden, ist das Rauchen vertragswidrig.
3. Mieterrechte: Unzumutbar durch das Rauchen belästigte Mieter haben möglicherweise einen Unterlassungsanspruch gegen den exzessiv rauchenden Mieter. In Betracht kommt auch eine Mietminderung.
4. Gesundheitsgefährdung: Kommt es durch das Rauchen (insbesondere auf dem Balkon) zu einer nachweisbaren Gesundheitsgefährdung anderer Mieter, so sind auch unwesentliche Beeinträchtigungen vom Raucher bereits zu unterlassen.
1. Kein Rauchverbot: Ein gesetzliches Rauchverbot für die Mietwohnung bzw. den Balkon gibt es nicht. Eine diesbezügliche formularmäßige Klausel im Mietvertrag ist unwirksam. Eine individuelle (Zusatz-) Vereinbarung wäre dagegen wirksam.
2. Vertragsgemäßer Gebrauch: Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung - sowohl in der Wohnung, als auch auf dem Balkon. Erst, wenn die übrigen Mietparteien unzumutbar beeinträchtigt werden, ist das Rauchen vertragswidrig.
3. Mieterrechte: Unzumutbar durch das Rauchen belästigte Mieter haben möglicherweise einen Unterlassungsanspruch gegen den exzessiv rauchenden Mieter. In Betracht kommt auch eine Mietminderung.
4. Gesundheitsgefährdung: Kommt es durch das Rauchen (insbesondere auf dem Balkon) zu einer nachweisbaren Gesundheitsgefährdung anderer Mieter, so sind auch unwesentliche Beeinträchtigungen vom Raucher bereits zu unterlassen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Darf ich in meiner Mietwohnung rauchen? Kann das Rauchen in der Wohnung per Mietvertrag verboten werden? Wann ist beim Rauchen die Zumutbarkeitsgrenze überschritten? Wann muss der Mieter Schäden durch exzessives Rauchen bezahlen? Ist Rauchen auf dem Balkon immer erlaubt? Was gilt für das Rauchen von Cannabis in der Mietwohnung? Haben die Mitmieter einen Unterlassungsanspruch gegen den Raucher? Haben die Mitmieter einen Anspruch und Rauchen nach Stundenplan? Praxistipp zum Rauchen in der Mietwohnung und auf dem Balkon Darf ich in meiner Mietwohnung rauchen?
In deutschen Gesetzen findet sich keine Regelung zum Rauchen in Mietwohnungen. Nach der Rechtsprechung der Gerichte gilt der Grundsatz: Das Rauchen gehört zum vertragsgemäßen Gebrauch einer Mietwohnung. Der Vermieter hat grundsätzlich nicht das Recht, in die persönliche Lebensgestaltung seiner Mieter einzugreifen.
Kann das Rauchen in der Wohnung per Mietvertrag verboten werden?
Auch in einem üblichen, formularmäßigen Mietvertrag kann der Vermieter dem Mieter nicht pauschal das Rauchen untersagen. So eine Vertragsklausel wäre schlicht unwirksam. Formularmäßig heißt: Es handelt sich um einen standardisierten und mehrfach verwendeten Vertragstext, bei dem der Mieter keinen Verhandlungsspielraum hat.
Eine Ausnahme gibt es jedoch: Vermieter und Mieter können individuell miteinander vereinbaren, dass in dieser ganz bestimmten Wohnung nicht geraucht werden darf. Dies können beide zum Beispiel in einem handschriftlichen Vertragszusatz mit eigenen Unterschriften festlegen. Dabei ist wichtig, dass beide die Klausel aushandeln und nicht eine Seite diese vorgibt. Selbst mit einer solchen Vertragsklausel wäre dann aber immer noch zweifelhaft, ob ein solches individuelles, mietvertragliches Rauchverbot auch Besucher, Lebenspartner und Verwandte des Mieters bindet. Schließlich sind diese keine Vertragspartner des Vermieters.
Grundsätzlich anders verhält es sich in Gemeinschaftsräumen wie Flur, Treppenhaus und Keller. Dort darf der Vermieter ein Rauchverbot aussprechen – zum Beispiel per Hausordnung.
Wann ist beim Rauchen die Zumutbarkeitsgrenze überschritten?
Allerdings hat die persönliche Lebensgestaltung eines Mieters auch eine Grenze - und die liegt da, wo andere durch sein Verhalten gestört werden. Auch die Nachbarn haben nämlich Rechte. Der Fall des Rentners Friedhelm A. ging nicht nur durch die Presse, sondern auch durch alle Gerichtsinstanzen: Nach 40 Jahren Mietverhältnis führte sein exzessives Rauchen in der Mietwohnung zum Streit mit der Vermieterin und Nachbarn.
Der starke Raucher hatte nach dem Tod seiner Frau offenbar nur noch sparsam gelüftet und die Rollläden meist geschlossen gehalten. Der Hausverwalter sah bei zwei Besuchen in der Wohnung überquellende Aschenbecher. Ins Treppenhaus zog kalter Rauch. Andere Mieter beschwerten sich, die Vermieterin schrieb erfolglos Abmahnungen. Der Mieter bestand darauf, weiter in seiner Wohnung zu rauchen. Dann kam es zur Kündigung und es folgte ein Räumungsprozess durch alle Instanzen.
Das Landgericht Düsseldorf betrachtete die Kündigung des Rauchers zunächst als wirksam (Az. 21 S 240/13). Der Bundesgerichtshof betonte zwar erneut, dass Rauchen zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehöre – allerdings könne exzessives Rauchen im Einzelfall eine Störung des Hausfriedens darstellen und einen Kündigungsgrund liefern. Nur hatte hier die Vorinstanz nicht genau genug untersucht, ob die Geruchsbelästigung durch das Rauchen in der Mietwohnung wirklich so gravierend war. Eine gründliche Beweisaufnahme hatte nämlich gar nicht stattgefunden. Daher wurde der Fall an das Landgericht zurückverwiesen (Urteil vom 18.2.2015, Az. VIII ZR 186/14).
Dort folgte eine ausführliche Vernehmung diverser Zeugen. Das Endergebnis war, dass der Raucher hier die Grenze zum vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache nicht überschritten hatte. Die Aussagen der Zeugen widersprachen sich, und der Zigarettenrauch ließ sich auch nicht eindeutig der Wohnung des Rentners zuordnen. Andere Besucher bescheinigten ihm, dass er durchaus lüfte und seine Aschenbecher ausleere. Auch konnte man nicht ausschließen, der der kalte Rauch im Treppenhaus auch von anderen rauchenden Mietern ausging. Daher wurde die Kündigung des Rentners als unwirksam angesehen. Der Mieter durfte in seiner Wohnung bleiben (Urteil vom 28.9.2016, Az. 23 S 18/15).
Dazu erläuterte das Gericht: Die Grenze zum vertragswidrigen Gebrauch der Mietwohnung sei erst überschritten, wenn der Mieter bei Ausübung des grundsätzlich vertragsgemäßen Rauchens in der Wohnung das Gebot der Rücksichtnahme nicht genügend beachte. Dies könne so aussehen, dass er einfache und zumutbare Maßnahmen, wie ausreichendes Lüften oder Entsorgen der Asche, nicht ergreife, sodass die übrigen Parteien des Hauses unzumutbar beeinträchtigt würden.
Wann muss der Mieter Schäden durch exzessives Rauchen bezahlen?
Mehrere Gerichte sind zu dem Urteil gekommen, dass in den konkreten Fällen exzessives Rauchen nicht mehr vom normalen, vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung umfasst war. Dabei ging es jedoch nicht um Rauchverbote, sondern um Schadensersatzansprüche der Vermieter für Schäden an der Mietwohnung. Nach dem Bundesgerichtshof geht Rauchen in einer Mietwohnung über den vertragsgemäßen Gebrauch hinaus, wenn dadurch Schäden verursacht werden, die sich nicht mehr durch normale Schönheitsreparaturen wie etwa übliche Malerarbeiten beseitigen lassen, sondern die größere Instandsetzungsarbeiten erforderlich machen. Denn: Langjähriges starkes Rauchen führt oft zu derartigen Ablagerungen, zu gelbem Putz und mit Nikotin imprägnierten Holzteilen, dass normale Farbe darauf gar nicht mehr haftet. So etwas kann durchaus einen Schadensersatzanspruch des Vermieters begründen (Az. VIII ZR 37/07).
Ist Rauchen auf dem Balkon immer erlaubt?
Die Gerichte sahen lange Zeit kein Problem darin, wenn Mieter auf dem Balkon ihrer Wohnung rauchten – dies mussten die Nachbarn halt dulden (z. B. AG Bonn, Az. 6 C 510/98). Inzwischen hat jedoch der Nichtraucherschutz an Bedeutung gewonnen.
So entschied das Landgericht Hamburg schon 2012, dass die Mieter einer Dachgeschosswohnung ihre Miete um fünf Prozent mindern konnten, weil vom Balkon der darunter liegenden Wohnung ständig Zigarettenrauch in ihre Räume zog (Az. 311 S 92/10). Die Gebrauchstauglichkeit ihrer Wohnung sei durch den Zigarettenrauch beeinträchtigt. Das Landgericht Frankfurt am Main erlaubte einem Raucher, trotz nachbarlicher Beschwerden auf dem Balkon zu rauchen. Allerdings hatte er zwei Balkone und musste künftig denjenigen Balkon zum Rauchen benutzen, auf dem dies niemanden störte (Az. 2-09 S 71/13).
Was gilt für das Rauchen von Cannabis in der Mietwohnung?
Ist der Cannabiskonsum eines Mieters mit einer hohen bzw. sogar gesundheitsbeeinträchtigenden Geruchsbelästigung im Treppenhaus verbunden, kann dies eine fristlose Kündigung des Vermieters wegen erheblicher Störung des Hausfriedens rechtfertigen. Im entschiednen Fall kam hinzu, dass minderjährige Kinder im Haus gewohnt haben, die an der Wohnungstüre des gekündigten Mieters vorbeigehen mussten. Die Teillegalisierung von Cannabis durch das Kanabiskonsumgesetz vom 1.4.2024 stehe einer Kündigung nicht entgegen, wenn der Konsum zu erheblichen Belästigungen der Nachbarn führe. (AG Brandenburg Urteil v. 30.4.2024, Az. 30 C 196/23)
Haben die Mitmieter einen Unterlassungsanspruch gegen den Raucher?
2015 entschied der Bundesgerichtshof, dass nichtrauchende Mieter grundsätzlich einen Unterlassungsanspruch gegen rauchende Mieter haben könnten. Es ging dabei um Mieter einer Erdgeschosswohnung, die mehrmals täglich auf ihrem Balkon rauchten. Nur wollten die Mieter der Wohnung darüber auf ihrem Balkon lieber frische Luft genießen.
Der BGH erläuterte, dass ein Unterlassungsanspruch wegen des Rauchens auf dem Balkon ausgeschlossen sei, wenn die Beeinträchtigung der Nachbarn nur unwesentlich wäre. Dies gelte jedoch nicht bei einer nachweisbaren Gesundheitsgefährdung. Diese könne immer einen Unterlassungsanspruch begründen. In einem solchen Fall spiele der Mietvertrag keine Rolle, da es um das Verhältnis der Nachbarn untereinander ging. Der Bundesgerichtshof schlug diplomatisch eine zeitliche Aufteilung der Balkonnutzung in Raucher- und Nichtraucherzeiten vor. Das Verfahren wurde zur Klärung einiger Fragen an die Vorinstanz zurückverwiesen (Az. V ZR 110/14).
Haben die Mitmieter einen Anspruch und Rauchen nach Stundenplan?
In einem anderen Fall von 2017 erlegte das Landgericht Dortmund Rauchern einen Stundenplan auf. Ein Ehepaar hatte regelmäßig auf der Terrasse seines Reihenhauses geraucht. Die Nachbarn störte dies sehr. Sie führten Tagebuch über jede Rauchsitzung. Vor Gericht klagten sie darüber, dass sie nur noch nachts lüften konnten, wenn sie keinen Zigarettenqualm in ihrer Wohnung wollten. Zwar hatte im erstinstanzlichen Verfahren eine Amtsrichterin beim Ortstermin keinen Rauch riechen können. Trotzdem verfolgten die Kläger ihr Anliegen weiter.
In zweiter Instanz hatten sie Erfolg: Das Gericht erklärte, dass jeder das Recht habe, rauchfrei zu wohnen. Das Rauchen auf der Terrasse stelle hier eine nachhaltige und häufige Beeinträchtigung der Nachbarn dar, welche diese nicht hinnehmen müssten.
Die Folge: Die Raucher durften auf ihrer Terrasse nur noch nach einem festen Stundenplan rauchen. Rauchfrei bleiben müssten die Zeiten von 0 bis 3 Uhr, 6 bis 9 Uhr, 12 bis 15 Uhr und 18 bis 21 Uhr. Andernfalls drohte ihnen ein Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft (Az. 1 S 451/15).
Es gibt jedoch auch andere Meinungen: So entschied das Landgericht Potsdam am 14.3.2014 (Az. 1 S 31/13), dass Mieter einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus gegen andere Mieter in der Regel keinen Anspruch darauf haben, dass diese das Rauchen auf dem benachbarten Balkon zu festen Tageszeiten unterlassen.
Praxistipp zum Rauchen in der Mietwohnung und auf dem Balkon
Zwar sind sich die Gerichte nicht immer einig, wann beim Rauchen die Grenze des Zumutbaren überschritten ist. Allerdings werden ihre Urteile immer nichtraucherfreundlicher. Wie immer im Verhältnis unter Nachbarn, schadet auch beim Thema Rauchen in der Mietwohnung und auf dem Balkon gegenseitige Rücksichtnahme nicht. Ansonsten hilft bei Streit mit dem Vermieter ein Fachanwalt für Mietrecht, oder, wenn es um Unterlassungsansprüche unter Nachbarn geht, ein Anwalt, der sich schwerpunktmäßig mit dem Zivilrecht befasst.
(Ma)