Rechtsfragen zur Samenspende - Abstammung, Vaterschaft und Unterhalt
03.04.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Das Wichtigste in Kürze
1. Vaterschaft und Unterhalt: Ein anonymer oder über eine Samenbank vermittelte Spender hat keine rechtlichen Pflichten gegenüber dem Kind. Bei einer privaten Samenspende kann der Spender jedoch als rechtlicher Vater haften.
2. Auskunftsrecht des Kindes: Kinder, die durch eine Samenspende gezeugt wurden, haben ab dem 16. Lebensjahr das gesetzliche Recht zu erfahren, wer ihr biologischer Vater ist.
3. Rechtliche Absicherung: Für private Spenden sollten Verträge aufgesetzt werden, um spätere Streitigkeiten zur Vaterschaft und Unterhaltspflicht zu vermeiden. Ein solcher Vertrag ersetzt jedoch nicht die gesetzliche Regelungen.
1. Vaterschaft und Unterhalt: Ein anonymer oder über eine Samenbank vermittelte Spender hat keine rechtlichen Pflichten gegenüber dem Kind. Bei einer privaten Samenspende kann der Spender jedoch als rechtlicher Vater haften.
2. Auskunftsrecht des Kindes: Kinder, die durch eine Samenspende gezeugt wurden, haben ab dem 16. Lebensjahr das gesetzliche Recht zu erfahren, wer ihr biologischer Vater ist.
3. Rechtliche Absicherung: Für private Spenden sollten Verträge aufgesetzt werden, um spätere Streitigkeiten zur Vaterschaft und Unterhaltspflicht zu vermeiden. Ein solcher Vertrag ersetzt jedoch nicht die gesetzliche Regelungen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wer ist bei einer Samenspende rechtlich gesehen der Vater? Kann ein Kind vom Reproduktionsarzt Auskunft über den Samenspender verlangen? Hat ein Kind Anspruch auf Auskunft über den Samenspender? Gibt es noch eine anonyme Samenspende? Müssen Samenspender Kindesunterhalt zahlen? Was gilt für künstliche Befruchtungen vor dem 17. Juli 2017? Was gilt für "Do-it-Yourself" – künstliche Befruchtungen? Welche Folgen hat eine übereilte Zustimmung zur künstlichen Befruchtung? Praxistipp zur Samenspende Wer ist bei einer Samenspende rechtlich gesehen der Vater?
Bekommt ein verheiratetes Paar ein Kind, gilt der Ehemann automatisch als sogenannter rechtlicher Vater. Daher muss er auch Kindesunterhalt zahlen. Dabei spielt es zunächst überhaupt keine Rolle, ob das Kind biologisch von ihm ist. Wenn das Paar nicht verheiratet ist, kann der Mann seine Vaterschaft mit einer entsprechenden Erklärung anerkennen.
Allerdings existiert in manchen Fällen gar kein rechtlicher Vater. So ist es zum Beispiel bei einer Samenspende bei einer ledigen, alleinerziehenden Frau oder bei einem lesbischen Paar. Trotzdem kann auch in solchen Fällen ein Mann zum rechtlichen Vater eines Kindes werden, weil ein Gericht dies so entscheidet und seine Vaterschaft feststellt. Folge ist dann zum Beispiel die Unterhaltspflicht.
Kann ein Kind vom Reproduktionsarzt Auskunft über den Samenspender verlangen?
Mit einer Samenspende gezeugte Kinder haben das Recht, vom Reproduktionsarzt Auskunft über ihren leiblichen Vater zu bekommen. Ein Mindestalter ist dafür nicht erforderlich.
So entschied der Bundesgerichtshof am 28. Januar 2015. Der Auskunftsanspruch wurde dabei aus den Grundsätzen von Treu und Glauben abgeleitet (§ 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches) sowie aus einer rechtlichen Sonderverbindung, die auf dem Behandlungsvertrag mit dem Arzt beruht. Der BGH sah dieses Vertragsverhältnis als einen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten des Kindes an (Az. XII ZR 201/13).
Hat ein Kind Anspruch auf Auskunft über den Samenspender?
Wer die Vermutung hat, durch eine ärztlich unterstützte Samenspende gezeugt worden zu sein, hat seit Juli 2018 einen Rechtsanspruch auf Auskunft gegenüber dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information. Dort wird das Samenspenderregister geführt. Vom 16. Lebensjahr an darf (nur) das Kind selbst Auskunft verlangen. Jüngere Kinder können dies jedoch auch mit Hilfe ihrer gesetzlichen Vertreter tun. Für den Antrag muss man die Geburtsurkunde des Kindes vorlegen, außerdem seinen Personalausweis und ggf. die Ausweise seiner gesetzlichen Vertreter. Der Samenspender wird vier Wochen vor Erteilung einer Auskunft vorgewarnt, dass eine solche Auskunftserteilung bevorsteht.
Gibt es noch eine anonyme Samenspende?
Seit dem 1. Juli 2018 sind mehrere gesetzliche Neuregelungen zum Thema Samenspende in Kraft. Dazu gehört das Samenspenderregistergesetz, das Samenbanken dazu verpflichtet, alle Samenspender zu registrieren. Die Daten der Samenspender müssen an ein Register weitergeleitet werden, das beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information geführt wird. Dort werden die Daten 110 Jahre lang aufbewahrt.
Mindestens müssen folgende Daten erhoben und an das Register weitergeleitet werden:
- Familienname,
- sofern abweichend Geburtsname,
- Vornamen,
- Geburtstag und Geburtsort,
- Staatsangehörigkeit,
- Anschrift,
- Spendenkennungssequenz,
- eindeutige Spendennummer.
Nur bei Vorliegen dieser Daten darf eine medizinische Einrichtung überhaupt eine künstliche Befruchtung mit dem Samen des Spenders vornehmen. Sinn und Zweck des Gesetzes ist es, dass die so gezeugten Kinder ihr Recht auf Kenntnis ihrer Abstammung wahrnehmen können. Daher gibt es keine anonyme Samenspende mehr.
Müssen Samenspender Kindesunterhalt zahlen?
Verwandte in gerader Linie sind grundsätzlich dazu verpflichtet, einander Unterhalt zu leisten (§ 1601 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Also Eltern ihren Kindern und umgekehrt.
Zum 1. Juli 2018 wurde auch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) geändert. § 1600d Absatz 4 BGB besagt nun: Männer, die im Rahmen einer Samenspende an eine Entnahmeeinrichtung ihren Samen für eine ärztlich betreute künstliche Befruchtung zur Verfügung stellen, können nicht als rechtlicher Vater eines damit gezeugten Kindes festgestellt werden.
Die Folge: Nach einer Samenspende an eine Samenbank und einer ärztlich betreuten künstlichen Befruchtung kann das so gezeugte Kind seinen biologischen Vater später nicht auf Unterhalt verklagen.
Weitere Folgen sind:
- Das Kind wird nicht gesetzlicher Erbe des Samenspenders.
- Das Sozialamt kann vom Kind später keinen Elternunterhalt für den unbekannten Vater verlangen, sofern dieser zum Pflegefall wird.
Aber: Diese Regelung gilt nur für künstliche Befruchtungen, die ab dem 17. Juli 2017 vorgenommen wurden / werden.
Was gilt für künstliche Befruchtungen vor dem 17. Juli 2017?
Nach der früheren Rechtslage konnte ein durch eine Samenspende gezeugtes Kind durchaus auf Unterhalt klagen. Allerdings war dies nicht einfach. Für sogenannte "Altfälle" gilt heute:
Ist schon ein anderer Mann als rechtlicher Vater anerkannt, müsste das Kind zuerst dessen Vaterschaft anfechten. Nach wie vor ist eine solche Anfechtung durch das Kind gemäß § 1600 Abs. 4 BGB auch bei einer Samenspende möglich. Dabei ist eine Frist von zwei Jahren einzuhalten. Diese beginnt zu dem Zeitpunkt, zu dem das Kind von der Samenspende erfahren hat.
Das Kind müsste dann die Vaterschaft des Spenders gerichtlich feststellen lassen und diesen auf Unterhalt verklagen. Gibt es keinen anderen rechtlichen Vater (etwa bei einer von Anfang an alleinerziehenden Mutter), könnte das Kind auch gleich den Samenspender als seinen Vater feststellen lassen.
Die Mutter des Kindes und deren Partner oder Partnerin können den Samenspender durch eine Vereinbarung von Unterhaltspflichten freistellen. Dies hilft dem Samenspender jedoch nur, wenn diese Personen selbst zahlungsfähig sind. Ansonsten kann das Kind immer noch von ihm Unterhalt verlangen.
Was gilt für "Do-it-Yourself" – künstliche Befruchtungen?
Nicht jede künstliche Befruchtung findet unter ärztlicher Aufsicht statt oder in einer entsprechenden Klinik. Schließlich kostet so etwas viel Geld und ist meist nicht komplett von der Krankenversicherung abgedeckt. Es gibt auch Fälle, in denen ein netter Bekannter nicht abgeneigt ist, einen Plastikbecher zu nehmen und auszuhelfen.
Zwar besagt § 1600d Abs. 4 BGB, dass ein Samenspender kein rechtlicher Vater des Kindes werden und damit auch nicht auf Unterhalt verklagt werden kann. Dies gilt jedoch ausschließlich beim Vorgehen über Samenbank und ärztlich betreute künstliche Befruchtung. Bei allen anderen, privaten, kreativen Methoden gilt die alte Rechtslage. Das heißt: Unterhaltsansprüche lassen sich nicht immer leicht durchsetzen. Trotzdem sind sie möglich!
Welche Folgen hat eine übereilte Zustimmung zur künstlichen Befruchtung?
Wenn der unverheiratete Lebenspartner einer Frau deren künstlicher Befruchtung mit einer fremden Samenspende zustimmt, muss er mit den Folgen leben – und Kindesunterhalt bezahlen. Dies hat der Bundesgerichtshof 2015 entschieden. Es ging dabei um einen Mann, welcher der künstlichen Befruchtung seiner Partnerin schriftlich zugestimmt hatte. Dabei hatte er sich einverstanden erklärt, für alle Folgen aufkommen zu wollen. Er brachte sogar dem Hausarzt den zu verwendenden Spendersamen vorbei. Zunächst zahlte er nach der Geburt des Kindes auch Unterhalt. Dann trennte sich jedoch das Paar. Nun wollte der Mann nicht mehr zahlen. Da hatte er Pech: Der Bundesgerichtshof verurteilte ihn zur Zahlung von Unterhalt. Mit seiner Einwilligung in die künstliche Befruchtung habe er einer vertraglichen Unterhaltspflicht zugestimmt (Urteil vom 23.9.2015, Az. XII ZR 99/14).
Fazit: Nicht nur per Gesetz, sondern auch durch eine Vereinbarung kann eine Unterhaltspflicht entstehen.
Praxistipp zur Samenspende
Aktuelle Samenspender müssen sich keine Sorgen um Unterhaltspflichten machen, solange sie an eine Samenbank spenden. Bei privaten Spenden kann dies jedoch ganz anders aussehen. Ein Fachanwalt für Familienrecht kann Ihnen Fragen zum Bereich Samenspende und Unterhalt kompetent beantworten.
(Ma)