Pferdepapiere: Wie urteilt die Rechtsprechung dazu?
06.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Beim Equidenpass handelt es sich um ein Ausweisdokument für Pferde, Ponys und Esel. Aufgrund einer EU-Verordnung müssen seit 1. Juli 2009 alle Einhufer ab einem Alter von sechs Monaten über einen Equidenpass verfügen. Dieser muss zwingend bei allen Transporten mitgeführt werden, also zum Beispiel zu einem Turnier oder in die Tierklinik. Auch bei tierärztlichen Untersuchungen muss er vorliegen, ebenso ist er für ein Turnier erforderlich und auch für eine Schlachtung des Pferdes.
Im Equidenpass finden sich der Name des Pferdes und seines Eigentümers, Daten über Rasse, Farbe, Fellzeichnung und Geschlecht des Pferdes, Chipnummer und eine Liste der erfolgten Impfungen und ggf. verabreichter Medikamente. Außerdem ist vermerkt, ob es sich um ein Schlachtpferd oder Nichtschlachtpferd handelt. Dies hat Einfluss darauf, welche Medikamente das Pferd erhalten darf. Der Equidenpass ermöglicht zwar eine Identifikation des Pferdes, etwa für die Anmeldung bei einem Turnier. Er stellt jedoch keine Eigentumsurkunde dar.
Die früher separate Zuchtbescheinigung wurde in den Equidenpass integriert und enthält weitere Details zur Abstammung des Pferdes.
Erhältlich ist der Equidenpass zum Beispiel bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung oder beim Zuchtverband.
Das Oberlandesgericht Hamm hat am 13.11.2006 entschieden, dass sich aus dem Equidenpass keine Vermutung für eine Eigentümerstellung ergibt (Az. 2 U 146/06). Nach der bisher verwendeten Terminologie ist im Equidenpass auch nur der Besitzer und nicht der Eigentümer des Pferdes einzutragen. Rechtlich gesehen können dies jedoch unterschiedliche Personen sein: Besitzer ist, wer die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über eine Sache hat. Dies könnte die Person sein, bei der das Pferd im Stall steht. Wie die Rechtsprechung mit dieser missverständlichen Formulierung dauerhaft umgeht, ist noch nicht vollständig geklärt.
Die Zuchtverbände stellen zusätzlich zum Equidenpass Eigentumsurkunden für Pferde aus. Eine solche Urkunde sollte unbedingt beim Verkauf des Pferdes mit übergeben werden. Die Eigentumsurkunde führt den Eigentümerwechsel auf.
Aber: Die Übertragung des Eigentums am Pferd erfolgt immer noch durch die Übergabe des Pferdes und nicht durch die Übergabe der Urkunde. Trotzdem sollte sich der Erwerber die Eigentumsurkunde auch in jedem Fall bei der Übergabe des Pferdes aushändigen lassen, damit nicht später jemand anderes behaupten kann, Eigentümer zu sein. Der Besitz der Eigentumsurkunde weist zwar nicht grundsätzlich das Eigentum am Pferd nach, kann aber Indizwirkung haben.
Das AG Lippstadt verhandelte einen Fall, in dem ein Pferd über einen langen Zeitraum an eine andere Person übergeben worden war. Der eigentliche Eigentümer hatte die Eigentumsurkunde behalten. Nun war die Person, bei der das Pferd stand, der Ansicht, Eigentümer geworden zu sein.
Das Gericht entschied: Der Eigentümer hätte sich bei Übergabe des Pferdes schriftlich bestätigen lassen müssen, dass er Eigentümer des Pferdes bleiben solle. Ansonsten könne eine Eigentumsübertragung durch Übergabe des Pferdes nicht ausgeschlossen werden - obwohl er immer noch die Eigentumsurkunde besaß (Az. 3 C 177/04).
Eine weitere Rechtsunsicherheit ergibt sich dadurch, dass die Verbände auch Zweitschriften von Eigentumsurkunden ausstellen können. Ein sicherer Eigentumsnachweis ist daher nicht gewährleistet.
Ab dem 1. Juli 2009 geborene Pferde müssen über einen implantierten Mikro-Chip verfügen. Je nach den Regeln der einzelnen Zuchtverbände kann zusätzlich ein Schenkelbrand angebracht werden.
Kommt der Kauf eines Pferdes vor Gericht, können fehlende Pferdepapiere eine gewisse Indizwirkung haben.
Nach dem Oberlandesgericht Saarbrücken kann der Käufer eines Pferdes ohne Papiere nicht davon ausgehen, dass dieses einer bestimmten Rasse angehört oder ein bestimmtes Alter hat. Im Grunde handelt es sich dann um einen Kauf "wie gesehen". Der Käufer kann den Verkäufer anschließend also nicht verklagen, weil das Pferd doppelt so alt ist wie angegeben oder einer ganz anderen Rase angehört (OLG Saarbrücken, Urteil vom 24.5.2007, Az. 8 U 328/06).
Der Eigentümer eines Pferdes hat während dessen Lebenszeit auch ein Recht auf Besitz der Pferdepapiere. Dies ergibt sich zumindest aus einer älteren Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe (Urteil vom 28.12.1979, Az 9 S 224/79). Der Grund ist ein aus Sicht des Gerichts bestehender starker sachenrechtlicher Zusammenhang zwischen Pferd und Urkunde. Damit könne der Eigentümer des Pferdes auch einen Herausgabeanspruch auf die Papiere haben, wenn sich diese im Besitz von jemand anderem befinden.
Der Eigentümer des Pferdes muss dazu natürlich nachweisen können, dass er eben dies ist. Ein Besitz der Pferdepapiere oder Eintragungen darin reichen nicht als Beweis aus.
Wer daher ein Pferd kauft oder es vorübergehend jemand anderem überlässt, sollte immer einen eindeutigen schriftlichen Vertrag mit dem anderen schließen, aus dem hervorgeht, was genau beabsichtigt ist. Vorhandene Papiere sollten bei der Übergabe des Pferdes mit übergeben werden.
Equidenpass und Eigentumsurkunde sind wichtige Papiere, auf deren Vollständigkeit beim Erwerb eines Pferdes geachtet werden sollte. Sie lassen sich mit den beiden Zulassungsbescheinigungen beim Auto vergleichen, haben aber nicht die gleichen Rechtswirkungen. Wer in einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit Pferden und ihren Papieren gerät, sollte sich von einem auf das Tierrecht bzw. Pferderecht spezialisierten Anwalt für Zivilrecht beraten lassen - auch hier gibt es Spezialisten.
Ursprünglich sollten Pferdepapiere lediglich die Abstammung der Pferde nachweisen. Heute ist ihre Bedeutung umfangreicher und es gibt immer wieder Missverständnisse über die verschiedenen Dokumente.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was steht im Equidenpass? Darf man aus dem Equidenpass auf den Pferde-Eigentümer schließen? Welche Bedeutung haben Eigentumsurkunden für Pferde? Wie kann man ein Pferd sonst noch identifizieren? Welche Indizwirkung haben fehlende Pferdepapiere? Wem gehören die Pferdepapiere? Praxistipp zu den Pferdepapieren Was steht im Equidenpass?
Im Equidenpass finden sich der Name des Pferdes und seines Eigentümers, Daten über Rasse, Farbe, Fellzeichnung und Geschlecht des Pferdes, Chipnummer und eine Liste der erfolgten Impfungen und ggf. verabreichter Medikamente. Außerdem ist vermerkt, ob es sich um ein Schlachtpferd oder Nichtschlachtpferd handelt. Dies hat Einfluss darauf, welche Medikamente das Pferd erhalten darf. Der Equidenpass ermöglicht zwar eine Identifikation des Pferdes, etwa für die Anmeldung bei einem Turnier. Er stellt jedoch keine Eigentumsurkunde dar.
Die früher separate Zuchtbescheinigung wurde in den Equidenpass integriert und enthält weitere Details zur Abstammung des Pferdes.
Erhältlich ist der Equidenpass zum Beispiel bei der Deutschen Reiterlichen Vereinigung oder beim Zuchtverband.
Darf man aus dem Equidenpass auf den Pferde-Eigentümer schließen?
Das Oberlandesgericht Hamm hat am 13.11.2006 entschieden, dass sich aus dem Equidenpass keine Vermutung für eine Eigentümerstellung ergibt (Az. 2 U 146/06). Nach der bisher verwendeten Terminologie ist im Equidenpass auch nur der Besitzer und nicht der Eigentümer des Pferdes einzutragen. Rechtlich gesehen können dies jedoch unterschiedliche Personen sein: Besitzer ist, wer die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit über eine Sache hat. Dies könnte die Person sein, bei der das Pferd im Stall steht. Wie die Rechtsprechung mit dieser missverständlichen Formulierung dauerhaft umgeht, ist noch nicht vollständig geklärt.
Welche Bedeutung haben Eigentumsurkunden für Pferde?
Die Zuchtverbände stellen zusätzlich zum Equidenpass Eigentumsurkunden für Pferde aus. Eine solche Urkunde sollte unbedingt beim Verkauf des Pferdes mit übergeben werden. Die Eigentumsurkunde führt den Eigentümerwechsel auf.
Aber: Die Übertragung des Eigentums am Pferd erfolgt immer noch durch die Übergabe des Pferdes und nicht durch die Übergabe der Urkunde. Trotzdem sollte sich der Erwerber die Eigentumsurkunde auch in jedem Fall bei der Übergabe des Pferdes aushändigen lassen, damit nicht später jemand anderes behaupten kann, Eigentümer zu sein. Der Besitz der Eigentumsurkunde weist zwar nicht grundsätzlich das Eigentum am Pferd nach, kann aber Indizwirkung haben.
Das AG Lippstadt verhandelte einen Fall, in dem ein Pferd über einen langen Zeitraum an eine andere Person übergeben worden war. Der eigentliche Eigentümer hatte die Eigentumsurkunde behalten. Nun war die Person, bei der das Pferd stand, der Ansicht, Eigentümer geworden zu sein.
Das Gericht entschied: Der Eigentümer hätte sich bei Übergabe des Pferdes schriftlich bestätigen lassen müssen, dass er Eigentümer des Pferdes bleiben solle. Ansonsten könne eine Eigentumsübertragung durch Übergabe des Pferdes nicht ausgeschlossen werden - obwohl er immer noch die Eigentumsurkunde besaß (Az. 3 C 177/04).
Eine weitere Rechtsunsicherheit ergibt sich dadurch, dass die Verbände auch Zweitschriften von Eigentumsurkunden ausstellen können. Ein sicherer Eigentumsnachweis ist daher nicht gewährleistet.
Wie kann man ein Pferd sonst noch identifizieren?
Ab dem 1. Juli 2009 geborene Pferde müssen über einen implantierten Mikro-Chip verfügen. Je nach den Regeln der einzelnen Zuchtverbände kann zusätzlich ein Schenkelbrand angebracht werden.
Welche Indizwirkung haben fehlende Pferdepapiere?
Kommt der Kauf eines Pferdes vor Gericht, können fehlende Pferdepapiere eine gewisse Indizwirkung haben.
Nach dem Oberlandesgericht Saarbrücken kann der Käufer eines Pferdes ohne Papiere nicht davon ausgehen, dass dieses einer bestimmten Rasse angehört oder ein bestimmtes Alter hat. Im Grunde handelt es sich dann um einen Kauf "wie gesehen". Der Käufer kann den Verkäufer anschließend also nicht verklagen, weil das Pferd doppelt so alt ist wie angegeben oder einer ganz anderen Rase angehört (OLG Saarbrücken, Urteil vom 24.5.2007, Az. 8 U 328/06).
Wem gehören die Pferdepapiere?
Der Eigentümer eines Pferdes hat während dessen Lebenszeit auch ein Recht auf Besitz der Pferdepapiere. Dies ergibt sich zumindest aus einer älteren Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe (Urteil vom 28.12.1979, Az 9 S 224/79). Der Grund ist ein aus Sicht des Gerichts bestehender starker sachenrechtlicher Zusammenhang zwischen Pferd und Urkunde. Damit könne der Eigentümer des Pferdes auch einen Herausgabeanspruch auf die Papiere haben, wenn sich diese im Besitz von jemand anderem befinden.
Der Eigentümer des Pferdes muss dazu natürlich nachweisen können, dass er eben dies ist. Ein Besitz der Pferdepapiere oder Eintragungen darin reichen nicht als Beweis aus.
Wer daher ein Pferd kauft oder es vorübergehend jemand anderem überlässt, sollte immer einen eindeutigen schriftlichen Vertrag mit dem anderen schließen, aus dem hervorgeht, was genau beabsichtigt ist. Vorhandene Papiere sollten bei der Übergabe des Pferdes mit übergeben werden.
Praxistipp zu den Pferdepapieren
Equidenpass und Eigentumsurkunde sind wichtige Papiere, auf deren Vollständigkeit beim Erwerb eines Pferdes geachtet werden sollte. Sie lassen sich mit den beiden Zulassungsbescheinigungen beim Auto vergleichen, haben aber nicht die gleichen Rechtswirkungen. Wer in einen Rechtsstreit im Zusammenhang mit Pferden und ihren Papieren gerät, sollte sich von einem auf das Tierrecht bzw. Pferderecht spezialisierten Anwalt für Zivilrecht beraten lassen - auch hier gibt es Spezialisten.
(Wk)