Das Wichtigste zur Grundsteuerreform auf einen Blick

31.01.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Häuser,aus,Geldscheinen Neuregelung der Grundsteuer: Was kommt auf Eigentümer und Mieter zu? © Bu - freepik

Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde eine Reform der Grundsteuer verabschiedet, die ab 2025 greift. Die Frist für die Abgabe der Steuererklärung wurde verlängert.

Die jährliche Grundsteuer ist für Eigentümer ein regelmäßiger Kostenfaktor. Dies gilt aber auch für Mieter, denn als Teil der umlagefähigen Betriebskosten verteuert sie auch für diese das Wohnen. Bisher beschränkte sie sich auf recht moderate Beträge. Die Grundsteuer wird laufend auf vorhandenen Grundbesitz gezahlt. Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 entschieden, dass das bisherige System verfassungswidrig ist, und dem Gesetzgeber eine Grundsteuerreform aufgetragen.
Im Oktober 2022 wurde beschlossen, dass auch für private Grundstückseigentümer eine Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärung bis Ende Januar 2023 gilt.

Verlängerung der Abgabefrist in Bayern


Das Bundesland Bayern verlängert in Anbetracht der Tatsache, dass bei Weitem noch nicht alles Immobilienbesitzer ihre Grundsteuererklärung abgegeben haben, die Abgabefrist um weitere drei Monate, als nun auf den 30. April 2023. Laut Bundesfinanzministerium sind bis zum 29. Januar bundesweit nur etwa 59,77 Prozent der insgesamt erwarteten Erklärungen elektronisch übermittelt worden, dazu noch 9,09 Prozent in Papierform. 

Laut dem Eigentümerverband Haus & Grund ist gegen Säumige, die die Grundsteuererklärung nicht bis zum Fristende abgegeben haben, ein Zwangsgeld von bis zu 25.000 Euro möglich.

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Markus Herbrand, appelliert an die Bundesländer, „auch nachträgliche Einsendungen zu ermöglichen und kulant mit Fristverletzungen umzugehen“.

Wie wird die Grundsteuer bisher ermittelt?


Bisher gibt es zwei Berechnungsvarianten. Die Grundsteuer A gilt für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke. Bebaute und bebaubare Grundstücke unterliegen dagegen der Grundsteuer B, deren Höhe nach einem dreistufigen Verfahren ermittelt wird. Zunächst stellt man den Einheitswert des Grundstücks fest. Diesen multipliziert man mit einem Tausendsatz, der sogenannten Grundsteuermesszahl. Diese Zahl unterscheidet sich je nach Immobilienart und Lage des Grundstückes in den alten oder den neuen Bundesländern. So bekommt man den Grundsteuermessbetrag. Aus diesem wiederum errechnet man mit Hilfe des von der Gemeinde festgesetzten Hebesatzes die Grundsteuer für das jeweilige Jahr.

Berechnungsbeispiel:
Der Einheitswert einer Eigentumswohnung beträgt 50.000 Euro.
Die Steuermesszahl beträgt 3,5 Promille (Eigentumswohnung, alte Bundesländer).
Der Grundsteuermessbetrag beträgt damit 3,5 Promille von 50.000 Euro = 175 Euro.
Die Wohnung liegt in Hamburg. In Hamburg beträgt der Hebesatz 540 Prozent.
Die Jahresgrundsteuer beträgt daher 175 Euro x 540 % = 945 Euro.

Warum wird die Berechnung der Grundsteuer reformiert?


Die bei der Berechnung der Grundsteuer genutzten Einheitswerte stammen aus dem Jahr 1964 (alte Bundesländer) und dem Jahr 1935 (neue Bundesländer). Seit dieser Zeit haben sich jedoch die tatsächlichen Grundstückswerte stark verändert und unterscheiden sich außerdem auch von Ort zu Ort drastisch. So kommen sehr unterschiedliche Steuerbeträge für ähnliche Grundstücke zustande. Nach dem Grundgesetz gilt aber: Gleiches muss auch gleich besteuert werden.

Wie hat das Bundesverfassungsgericht entschieden?


Das Bundesverfassungsgericht hat 2018 entschieden, dass das bisherige System der Grundsteuer gegen den Gleichheitsgrundsatz verstößt und verfassungswidrig ist. Dies gelte ab Jahresbeginn 2002. Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes – der Gleichheitsgrundsatz – räume zwar dem Gesetzgeber bei der Gestaltung von Bewertungsvorschriften für die steuerliche Bemessungsgrundlage einen gewissen Spielraum ein. Trotzdem sei im Verhältnis der Wirtschaftsgüter zueinander ein realitätsgerechtes Bewertungssystem anzuwenden. Die Nutzung von Einheitswerten von 1964 und 1935 führe zu umfassenden Ungleichbehandlungen bei der Bewertung von Grundvermögen, die nicht gerechtfertigt seien (Urteile vom 10.4.2018, Az. 1 BvL 11/14, 1 BvR 889/12 und weitere). Das Bundesverfassungsgericht verpflichtete den Gesetzgeber dazu, die Grundsteuer zu reformieren. Die bisherige Regelung darf nur noch bis Ende 2024 angewendet werden. Die Neuregelung tritt Anfang 2025 in Kraft.

Was ändert sich durch die Grundsteuerreform für Hausbesitzer und Mieter?


Auch künftig wird die Grundsteuer in drei Schritten berechnet:

1. Im ersten Schritt wird der Grundsteuerwert ermittelt. In diesen fließen der jeweilige Wert des Bodens (Bodenrichtwert) ein sowie die Höhe der statistisch ermittelten Nettokaltmiete. Diese ist von der sogenannten Mietniveaustufe der jeweiligen Gemeinde abhängig. Außerdem werden die Grundstücksfläche, die Grundstücksart und das Alter des Gebäudes berücksichtigt.
Die Bodenrichtwerte und weitere benötigte Daten kann man aus eigens dafür eingerichteten Informationsportalen der Länder entnehmen.

2. Im zweiten Schritt werden die Wertsteigerungen der letzten Jahrzehnte ausgeglichen. Dazu reduziert man die Steuermesszahl, einen wichtigen Faktor für die Grundsteuer, auf etwa 1/10 des bisherigen Wertes, nämlich von 0,35 Prozent auf 0,031 Prozent für Wohngrundstücke. Einen zusätzlichen Abschlag gibt es für den sozialen Wohnungsbau.

3. Im dritten Schritt werden die Hebesätze durch die Gemeinden angepasst. Durch die Neuberechnung werden sich in vielen Fällen ganz erhebliche Steigerungen der Grundsteuer ergeben. Von den Gemeinden erwartet der Gesetzgeber deshalb, dass sie ihre Hebesätze freiwillig so weit absenken, dass keine große Mehrbelastung für die Haushalte entsteht.

Der ermittelte Bodenrichtwert spielt eine entscheidende Rolle für die Berechnung.

Beispiel:

Es geht um ein Einfamilienhaus Baujahr 1960 mit Mietniveaustufe 4, Wohnfläche 120 qm, Grundstück 1.000 qm.

Variante 1: Der Bodenrichtwert beträgt 400 Euro. Das Grundvermögen wird unter Verwendung des Bodenrichtwertes und der anderen Faktoren mit 310.100 Euro bewertet.
Die Steuermesszahl beträgt 0,031 %.
0,031 % von 310.100 sind 96,131.
Angenommen, der Hebesatz der Gemeinde beträgt 421 %.

421 % von 96,131 sind 404,71 = Jährliche Grundsteuer.

Variante 2: Der Bodenrichtwert beträgt 200 Euro. Die anderen Faktoren bleiben gleich. Der Wert des Grundvermögens beträgt nun 217.200 Euro.
Die Steuermesszahl beträgt 0,031 %.
0,031 % von 217.200 sind 67,332.
Der Hebesatz beträgt 421 %.

421 % von 67,332 sind 283,47 = Jährliche Grundsteuer.

Was bedeutet die neue Grundsteuer C?


Künftig gibt es eine neue Grundsteuer C für baureife, aber unbebaute Grundstücke. So soll verhindert werden, dass Eigentümer ihre Baugrundstücke jahrelang ungenutzt liegen lassen, um auf steigende Preise zu warten. Die Gemeinden können die Hebesätze für solche Grundstücke deutlich höher ansetzen.

Grundsteuerreform: Welche Auswirkungen sind zu erwarten?


Absehbar ist, dass sich für viele Hauseigentümer und Wohnungseigentümer die Höhe der Grundsteuer ändern wird. Viele werden mehr zahlen müssen, andere mit etwas Glück auch weniger. Dies lässt sich nicht vermeiden, da durch die bisherigen Besteuerungsgrundlagen keine wirklich einheitliche Besteuerung gewährleistet war. Alles hängt jedoch davon ab, dass die Gemeinden tatsächlich ihre Hebesätze freiwillig senken. Andernfalls dürfte flächendeckend mit drastischen Erhöhungen der Grundsteuer zu rechnen sein.

Ist die Grundsteuer künftig bundeseinheitlich geregelt?


Nein. Die oben beschriebene Grundsteuer wird nach dem sogenannten "Bundesmodell" ermittelt. Die einzelnen Bundesländer dürfen jedoch eine sogenannte Öffnungsklausel im Gesetz nutzen und ihr eigenes Modell einführen.

Von dieser Möglichkeit haben die Bundesländer Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen sowie das Saarland und Sachsen Gebrauch gemacht. Hier werden überwiegend vom Bundesgesetz abweichende Steuermesszahlen eingeführt, um dem Bodenrichtwert kein ganz so hohes Gewicht zu geben. Grund ist die Befürchtung, dass gerade auf Immobilienmärkten mit hohen Preissteigerungen in den letzten Jahren sonst die Erhöhungen der Grundsteuer aus dem Ruder laufen und die Wohnkosten über die Maßen in die Höhe treiben könnten.

Ein weiterer Kritikpunkt am Bundesmodell der Grundsteuerreform war auch, dass die Immobilienpreise sehr schnell steigen. Will man also mit Bodenrichtwerten arbeiten, die den aktuellen Wert eines Grundstücks widerspiegeln, muss man diese Werte ständig nach oben anpassen - eine ganz erhebliche Arbeitsbelastung für die Gemeindebehörden. Derzeit ist der Preisanstieg durch die gestiegenen Zinsen jedoch gebremst worden.

Bayerisches Flächenmodell: Einfach?


Bayern nutzt abweichend vom Bundesmodell künftig ein reines Flächenmodell für die Berechnung der Grundsteuer. Das heißt: Ab 2025 spielen dort nur noch die Grundstücks- und Gebäudefläche und die Nutzungsart eine Rolle. Der Wert des Grundstücks wird nicht berücksichtigt. Aus bayerischer Sicht soll hier nicht das Vermögen des Eigentümers besteuert werden. Es geht vielmehr um den Ausgleich der Leistungen, die die Gemeinde für ihre Infrastruktur erbringt - und dieser Aufwand steigt mit der Grundstücksgröße.

Durch die Presse ging der Fall eines Grundeigentümers, der ein 16.000-Quadratmeter-Grundstück geerbt hatte. Darauf befand sich ein Gebäude mit einem Büro und einer renovierungsbedürftigen Wohnung, der größte Teil war jedoch eine Streuobstwiese und Ackerland. Seine Eltern hatten dort bis 1968 eine Nebenerwerbslandwirtschaft betrieben. Die Berechnung der Grundsteuer nach der bayerischen Neuregelung ergab einen Anstieg der jährlichen Steuer von 198 Euro auf 2.549,69 Euro.

Mögliche Ursache des extremen Anstiegs war hier jedoch sehr wahrscheinlich ein Wechsel von Grundsteuer A (Betriebe der Land- und Forstwirtschaft) zu Grundsteuer B (bebaute Grundstücke). Hier sollten Eigentümer aufpassen: Ein solcher Wechsel in der Steuererklärung wird immer mit einer Erhöhung einhergehen. Grundsätzlich bleibt eine landwirtschaftliche Fläche in der Grundsteuer A, bis die Landwirtschaft als Einkommsquelle aufgegeben oder die Fläche anders genutzt wird. Die Grundsteuer A wird nach dem Ertragswert berechnet.

Werden einzelne Regionen benachteiligt?


Nach der Grundsteuerreform wird es sehr wahrscheinlich zu unterschiedlich hohen Grundsteuern für ähnliche Gebäude kommen, abhängig von der jeweiligen Region in Deutschland. Dies ist schon durch die unterschiedlichen Modelle der Grundsteuer bedingt. Nach einigen Pressemeldungen sollen insbesondere ostdeutsche Eigentümer deutliche Erhöhungen zu befürchten haben. Die Begründung: Die bisherigen Einheitswerte zur Berechnung der Grundsteuer stammten dort von 1935, im Westen immerhin erst von 1965. Ob dies tatsächlich zu einem Ost-West-Gefälle bei der Erhöhung der Grundsteuer führt, bleibt abzuwarten. Das oft herangezogene Beispiel München ist kaum vergleichbar, da hier ein reines Flächenmodell zur Anwendung kommt. In vielen Großstädten außerhalb von Bayern gilt jedoch auch das Bundesmodell, welches Bodenrichtwerte und Mietniveaustufen berücksichtigt. In manchen Städten hat sich der Grundstückswert in den letzten zehn Jahren verdoppelt - auch hier kann es zu sehr deutlichen Steigerungen der Grundsteuer kommen. Letztendlich ist ein Vergleich verschiedener Regionen derzeit kaum möglich, denn: Letztendlich entscheidet die Gemeinde über ihren Hebesatz, wie viel Grundsteuer fällig wird - oder ob sie überhaupt diese Steuer erhebt.

Welche Änderungen gibt es für Gewerbegrundstücke?


Die Besteuerung für gewerblich genutzte Grundstücke wird im Zuge der Grundsteuerreform ebenfalls geändert. Die Grundstückswerte sollen hier mit dem vereinfachten Sachwertverfahren erhoben werden. Bei der Wertermittlung werden die gewöhnlichen Herstellungskosten für die Gebäudeart und der Bodenrichtwert herangezogen. Viele bisher verlangte Angaben zum Gebäude sollen entfallen.

Bei der Grundsteuer A (Land- und Forstwirtschaft) bleibt es beim Ertragswertverfahren. Es soll jedoch Vereinfachungen geben. So soll eine standardisierte und IT-gestützte Grundstücksbewertung die Ermittlung genauer Daten für einzelne Betriebe ersetzen.

Wie und bis wann müssen Grundeigentümer ihre Daten übermitteln?


Eigentümer müssen bis Ende Januar 2023 eine Grundsteuererklärung abgeben, damit ihr Grundstückswert nach den neuen Richtlinien der Grundsteuerreform ermittelt werden kann. Diese Erklärung ist in der Regel elektronisch an das Finanzamt zu übermitteln, zum Beispiel über das Portal "Mein Elster" mit Zertifikat zur Identifizierung. Allerdings dürfen auch Angehörige die Daten für Eigentümer übermitteln, die selbst keinen Zugang zu "Elster" haben.

Folgende Bundesländer ermöglichen auch eine Abgabe in Papierform, zum Teil nur im Härtefall: Baden-Württemberg, Berlin, Bremen, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Thüringen.

Außerdem steht für einfache Fälle - wie Baugrundstücke, Ein- und Zweifamilienhäuser, Eigentumswohnungen - in Ländern mit dem Bundesmodell eine weitere elektronische Übermittlungsmöglichkeit kostenlos zur Verfügung:

www.grundsteuererklaerung-fuer-privateigentum.de

Praxistipp zur Grundsteuerreform


Wie hoch die neue Grundsteuer tatsächlich im konkreten Fall sein wird, lässt sich vorher kaum abschätzen. In einigen Fällen kann es zu deutlichen Steuererhöhungen kommen. Wie gut das neue System funktioniert, wird sich zeigen müssen. Im Zweifel kann ein Fachanwalt für Steuerrecht Hauseigentümern beratend zur Seite stehen.

(Bu)


 Stephan Buch
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