Darf das Reisebüro eine Anzahlung fordern und in welcher Höhe?
24.11.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Wer eine Pauschalreise bucht, muss in aller Regel sofort bezahlen. Fragt sich nur, wie viel: Die Gerichte haben verschiedene Urteile dazu gefällt, wie viel Prozent des Reisepreises Reiseveranstalter als Anzahlung verlangen können. In der Regel wird der Restbetrag dann etwa vier Wochen vor der Abreise fällig. Manche Veranstalter erwarten jedoch von ihren Kunden auch die Zahlung des vollen Betrages gleich nach der Buchung. Ist dies zulässig?
Die Höhe der Anzahlung auf den Reisepreis ergibt sich in aller Regel aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Reiseveranstalters. Ob man online oder im Reisebüro bucht, spielt dabei keine Rolle. Erst nach der Buchungsbestätigung darf der Reiseveranstalter überhaupt Geld fordern.
Bei anderen Verträgen gilt nach § 320 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): Die Vertragspartner müssen ihre gegenseitigen Leistungen Zug um Zug erbringen. Eine Seite kann also ihre Leistung verweigern, solange die andere Seite ihre Gegenleistung noch nicht erbracht hat. Im Reiserecht gelten jedoch besondere Regeln - Insolvenzen von Reiseveranstaltern sind daran nicht ganz unschuldig.
Seit den 90er Jahren dürfen Reiseveranstalter erst dann die Bezahlung des Reisepreises verlangen, wenn der Kunde einen sogenannten Sicherungsschein erhalten hat. Mit diesem Sicherungsschein bestätigt eine Versicherung oder auch eine Bank, dass sie bei einer Insolvenz des Reiseveranstalters dem Reisenden den gezahlten Reisepreis ersetzt und, wenn nötig, auch für die Kosten der Rückreise des Kunden aus dem Urlaub aufkommt. Gesetzlich geregelt ist dies heute in § 651t BGB.
Viele Reiseveranstalter verlangen 20 % des Reisepreises als Anzahlung gleich nach der Buchung. Etwa vier Wochen vor Reisebeginn ist dann der Restbetrag fällig. Häufig enthalten die AGB jedoch auch Regelungen, nach denen bei kurzfristig gebuchten Reisen, bei denen die Buchung überhaupt erst innerhalb der vier Wochen vor Reiseantritt erfolgt, sofort der gesamte Betrag fällig wird.
Es gibt jedoch auch Reiseveranstalter, die für bestimmte Arten von Reisen eine höhere Anzahlung, zum Beispiel von 40 %, verlangen.
Die Gerichte gehen in der Regel davon aus, dass lange Zeit vor Reisebeginn keine komplette Zahlung des Reisepreises verlangt werden kann.
Im Regelfall hält der Bundesgerichtshof eine Anzahlung von maximal 20 % des Reisepreises für angemessen. Denn: Ein Reiseveranstalter darf nur für solche Aufwendungen eine Vorauszahlung fordern, die er vor Reisebeginn tatsächlich selbst tätigen muss. 20 % sind ein so geringer Anteil, dass man davon ausgeht, dass hier kein besonderer Nachweis erforderlich ist (BGH-Urteile vom 09.12.2014, Az. X ZR 85/12, X ZR 13/14, X ZR 147/13).
Der Bundesgerichtshof gesteht Reiseveranstaltern jedoch zu, auch eine höhere Anzahlung zu fordern, wenn ihnen tatsächlich vor Reiseantritt schon höhere Kosten für die Veranstaltung dieser Reise entstanden sind. Dies muss der Reiseveranstalter dann jedoch dem Reisenden gegenüber begründen können. Eine solche Begründung verursacht natürlich zusätzlichen Aufwand auf Seiten des Veranstalters, weshalb sich die 20 % als übliche Vorauszahlung eingebürgert haben.
Für Schlagzeilen sorgten die AGB des Reiseveranstalters TUI. Hier ging ein Rechtsstreit über Jahre mehrfach zwischen dem Oberlandesgericht Celle und dem Bundesgerichtshof hin und her. Dabei entschied das OLG eher zu Gunsten der Reisenden.
So ging es in einem Urteil von 2016 darum, ob TUI generell eine Anzahlung von 25 % des Reisepreises und bei Reisen der Marken X1-2-Fly und XTUI von 40 % verlangen dürfe. Das OLG sah die entsprechende Vertragsklausel als unwirksam an, weil bei den Vorauszahlungen Provisionen an Reisebüros berücksichtigt waren, die seiner Ansicht nach nicht hätten einbezogen werden dürfen.
Der BGH hob das Urteil in der Folge auf und entschied, dass auch Provisionen an Reisebüros oder Fluggesellschaften eine höhere Anzahlung begründen könnten. Die Kosten der Flüge selbst könnten einheitlich auf alle Reisenden der Marken X1-2-Fly und XTUI umgelegt werden. Der Reiseveranstalter müsse nicht danach unterscheiden, welche der Flüge vorfinanziert und welche erst bei Durchführung bezahlt werden müssten.
Insbesondere bei den Hotelkosten sei jedoch zwischen den verschiedenen Reisekategorien zu differenzieren. Bei erheblichen Unterschieden könnten dafür erforderliche Vorleistungen nicht mit dem gleichen Prozentsatz allen Reisenden in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 25.7.2017, Az. X ZR 71/16).
Der Reiseveranstalter verlor jedoch zuletzt auch wieder vor dem OLG Celle, da diesem die Begründungen für die erhöhten Vorleistungen im konkreten Fall nicht ausreichten (Az. 11 U 279/12).
Übrigens: Diese Rechtsprechung bezieht sich auf Pauschalreisen. Die Regelungen über Pauschalreisen gelten nicht für Tagesreisen ohne Übernachtung, wenn der Reisepreis nicht über 500 Euro liegt. Bei solchen Kurzreisen haben Reisende daher deutlich weniger Rechte.
Nur, wenn der Reiseantritt kurz bevorsteht ist der Reiseveranstalter berechtigt, den vollen Reisepreis als Anzahlung zu verlangen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Anzahlung in Höhe von 20 % des Reisepreises ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch höhere Anzahlungen sind möglich, bedürfen dann jedoch einer nachvollziehbaren Begründung und Erklärung durch den Reiseveranstalter. Der volle Reisepreis darf in der Regel nicht als Vorauszahlung verlangt werden - es sei denn, der Reiseantritt steht kurz bevor. Kommt es zum Streit mit einem Reiseveranstalter über die Höhe von Anzahlungen oder Vorauszahlungen, kann Sie ein Rechtsanwalt für Zivilrecht fachkundig beraten.
Das Wichtigste in Kürze
1. Gesetzliche Regelungen: Die Höhe der Anzahlung bei einer Reise ist gesetzlich nicht eindeutig festgelegt. Der Deutsche Reiseverband (DRV) empfiehlt eine Anzahlung von maximal 20 bis 25 Prozent des Reisepreises.
2. Rechtsprechung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hält bei Pauschalreisen eine Anzahlung von 20 Prozent des Reisepreises für angemessen. Eine höhere Anzahlung bedarf dagegen eine besonderen, konkreten Begründung.
3. Voller Reisepreis: Steht die Reise kurz bevor, darf der Reiseveranstalter auch die Vorauszahlung des vollen Reisepreises verlangen.
1. Gesetzliche Regelungen: Die Höhe der Anzahlung bei einer Reise ist gesetzlich nicht eindeutig festgelegt. Der Deutsche Reiseverband (DRV) empfiehlt eine Anzahlung von maximal 20 bis 25 Prozent des Reisepreises.
2. Rechtsprechung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hält bei Pauschalreisen eine Anzahlung von 20 Prozent des Reisepreises für angemessen. Eine höhere Anzahlung bedarf dagegen eine besonderen, konkreten Begründung.
3. Voller Reisepreis: Steht die Reise kurz bevor, darf der Reiseveranstalter auch die Vorauszahlung des vollen Reisepreises verlangen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wo ist die Höhe der Anzahlung des Reisepreises geregelt? Welche AGB-Regelungen zur Anzahlung des Reisepreises sind üblich? Wie hat der Bundesgerichtshof zum Reisepreis entschieden? Für welche Reisearten verlangen Reiseveranstalter höhere Vorauszahlungen? Wann darf der Reiseveranstalter die Zahlung des vollen Reisepreises verlangen? Praxistipp zur Anzahlung beim Reisepreis Wo ist die Höhe der Anzahlung des Reisepreises geregelt?
Die Höhe der Anzahlung auf den Reisepreis ergibt sich in aller Regel aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Reiseveranstalters. Ob man online oder im Reisebüro bucht, spielt dabei keine Rolle. Erst nach der Buchungsbestätigung darf der Reiseveranstalter überhaupt Geld fordern.
Bei anderen Verträgen gilt nach § 320 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): Die Vertragspartner müssen ihre gegenseitigen Leistungen Zug um Zug erbringen. Eine Seite kann also ihre Leistung verweigern, solange die andere Seite ihre Gegenleistung noch nicht erbracht hat. Im Reiserecht gelten jedoch besondere Regeln - Insolvenzen von Reiseveranstaltern sind daran nicht ganz unschuldig.
Seit den 90er Jahren dürfen Reiseveranstalter erst dann die Bezahlung des Reisepreises verlangen, wenn der Kunde einen sogenannten Sicherungsschein erhalten hat. Mit diesem Sicherungsschein bestätigt eine Versicherung oder auch eine Bank, dass sie bei einer Insolvenz des Reiseveranstalters dem Reisenden den gezahlten Reisepreis ersetzt und, wenn nötig, auch für die Kosten der Rückreise des Kunden aus dem Urlaub aufkommt. Gesetzlich geregelt ist dies heute in § 651t BGB.
Welche AGB-Regelungen zur Anzahlung des Reisepreises sind üblich?
Viele Reiseveranstalter verlangen 20 % des Reisepreises als Anzahlung gleich nach der Buchung. Etwa vier Wochen vor Reisebeginn ist dann der Restbetrag fällig. Häufig enthalten die AGB jedoch auch Regelungen, nach denen bei kurzfristig gebuchten Reisen, bei denen die Buchung überhaupt erst innerhalb der vier Wochen vor Reiseantritt erfolgt, sofort der gesamte Betrag fällig wird.
Es gibt jedoch auch Reiseveranstalter, die für bestimmte Arten von Reisen eine höhere Anzahlung, zum Beispiel von 40 %, verlangen.
Wie hat der Bundesgerichtshof zum Reisepreis entschieden?
Die Gerichte gehen in der Regel davon aus, dass lange Zeit vor Reisebeginn keine komplette Zahlung des Reisepreises verlangt werden kann.
Im Regelfall hält der Bundesgerichtshof eine Anzahlung von maximal 20 % des Reisepreises für angemessen. Denn: Ein Reiseveranstalter darf nur für solche Aufwendungen eine Vorauszahlung fordern, die er vor Reisebeginn tatsächlich selbst tätigen muss. 20 % sind ein so geringer Anteil, dass man davon ausgeht, dass hier kein besonderer Nachweis erforderlich ist (BGH-Urteile vom 09.12.2014, Az. X ZR 85/12, X ZR 13/14, X ZR 147/13).
Der Bundesgerichtshof gesteht Reiseveranstaltern jedoch zu, auch eine höhere Anzahlung zu fordern, wenn ihnen tatsächlich vor Reiseantritt schon höhere Kosten für die Veranstaltung dieser Reise entstanden sind. Dies muss der Reiseveranstalter dann jedoch dem Reisenden gegenüber begründen können. Eine solche Begründung verursacht natürlich zusätzlichen Aufwand auf Seiten des Veranstalters, weshalb sich die 20 % als übliche Vorauszahlung eingebürgert haben.
Für welche Reisearten verlangen Reiseveranstalter höhere Vorauszahlungen?
Für Schlagzeilen sorgten die AGB des Reiseveranstalters TUI. Hier ging ein Rechtsstreit über Jahre mehrfach zwischen dem Oberlandesgericht Celle und dem Bundesgerichtshof hin und her. Dabei entschied das OLG eher zu Gunsten der Reisenden.
So ging es in einem Urteil von 2016 darum, ob TUI generell eine Anzahlung von 25 % des Reisepreises und bei Reisen der Marken X1-2-Fly und XTUI von 40 % verlangen dürfe. Das OLG sah die entsprechende Vertragsklausel als unwirksam an, weil bei den Vorauszahlungen Provisionen an Reisebüros berücksichtigt waren, die seiner Ansicht nach nicht hätten einbezogen werden dürfen.
Der BGH hob das Urteil in der Folge auf und entschied, dass auch Provisionen an Reisebüros oder Fluggesellschaften eine höhere Anzahlung begründen könnten. Die Kosten der Flüge selbst könnten einheitlich auf alle Reisenden der Marken X1-2-Fly und XTUI umgelegt werden. Der Reiseveranstalter müsse nicht danach unterscheiden, welche der Flüge vorfinanziert und welche erst bei Durchführung bezahlt werden müssten.
Insbesondere bei den Hotelkosten sei jedoch zwischen den verschiedenen Reisekategorien zu differenzieren. Bei erheblichen Unterschieden könnten dafür erforderliche Vorleistungen nicht mit dem gleichen Prozentsatz allen Reisenden in Rechnung gestellt werden (BGH, Urteil vom 25.7.2017, Az. X ZR 71/16).
Der Reiseveranstalter verlor jedoch zuletzt auch wieder vor dem OLG Celle, da diesem die Begründungen für die erhöhten Vorleistungen im konkreten Fall nicht ausreichten (Az. 11 U 279/12).
Übrigens: Diese Rechtsprechung bezieht sich auf Pauschalreisen. Die Regelungen über Pauschalreisen gelten nicht für Tagesreisen ohne Übernachtung, wenn der Reisepreis nicht über 500 Euro liegt. Bei solchen Kurzreisen haben Reisende daher deutlich weniger Rechte.
Wann darf der Reiseveranstalter die Zahlung des vollen Reisepreises verlangen?
Nur, wenn der Reiseantritt kurz bevorsteht ist der Reiseveranstalter berechtigt, den vollen Reisepreis als Anzahlung zu verlangen.
Praxistipp zur Anzahlung beim Reisepreis
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Anzahlung in Höhe von 20 % des Reisepreises ist rechtlich nicht zu beanstanden. Auch höhere Anzahlungen sind möglich, bedürfen dann jedoch einer nachvollziehbaren Begründung und Erklärung durch den Reiseveranstalter. Der volle Reisepreis darf in der Regel nicht als Vorauszahlung verlangt werden - es sei denn, der Reiseantritt steht kurz bevor. Kommt es zum Streit mit einem Reiseveranstalter über die Höhe von Anzahlungen oder Vorauszahlungen, kann Sie ein Rechtsanwalt für Zivilrecht fachkundig beraten.
(Bu)