Reiseveranstalter pleite – was ist jetzt zu tun?

31.07.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Reiseveranstalter,pleite,insolvent,FTI Reiseveranstalter insolvent: Bleiben Reisende jetzt auf ihren Kosten sitzen? © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Angetretene Reisen: Wird ein Reiseveranstalter insolvent, während man sich im Urlaub befindet, liegt die Entscheidung über die Fortsetzung der Reise beim Deutschen Reisesicherungsfonds zusammen mit dem Insolvenzverwalter.

2. Gebuchte Reisen: Sämtliche bereits geleisteten Anzahlungen und Vorleistungen von Pauschalreisenden werden vom Deutschen Reiseversicherungsfonds (DRSF) erstattet. Pauschalreisende bekommen ihr Geld also zurück.

3. Keine Stornierung nötig: Reisen, die aufgrund einer Insolvenz des Veranstalters nicht mehr durchgeführt werden, müssen vom Reisenden nicht mehr gesondert storniert werden. Bereits gezahlte Beträge werden den Reisenden vom DRSF erstattet.
Der drittgrößte Reiseveranstalter Europas, FTI, hat 2024 Insolvenz angemeldet. Betroffen sind außer der FTI Touristik GmbH und der Flight Trading GmbH auch die zum Konzern gehörenden Marken 5vorFlug, DriveFTI (Mietwagen), Cars&Campers und Meeting Point Rent-a-Car sowie die BigXtra Touristik GmbH. Folge ist, dass alle Reisen mit einem Abreisedatum bis einschließlich Freitag, 5. Juli 2024, abgesagt wurden. Ab dem 6. Juli 2024 sind alle Pauschalreisen und bestimmte Einzelleistungen abgesagt. Wer eine Reise über FTI Voyages S.A.S gebucht hat, kann diese auf eigenen Wunsch bis zum 31. Juli 2024 kostenlos stornieren. Insgesamt wurden 175.000 gebuchte Pauschalreisen abgesagt.

Welche Folge hat die Reiseveranstalter-Insolvenz für bereits angetretene Reisen?


Wird ein Reiseveranstalter insolvent, während man sich im Urlaub befindet, liegt die Entscheidung über die Fortsetzung der Reise beim Deutschen Reisesicherungsfonds zusammen mit dem Insolvenzverwalter.

Im Fall FTI müssen sich Pauschalurlauber, die sich während der Insolvenz bereits am Urlaubsort befinden, laut Veranstalter keine Sorgen machen: Der Hotelaufenthalt ist durch den Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF) abgesichert. Im Reisegebiet wird ein Fremdveranstalter mit der Betreuung der Reisenden betraut, an den sich diese bei Problemen wenden können.

Einen Nachweis über die Kostenübernahme für das Hotel kann man sich online bei FTI in verschiedenen Sprachen herunterladen.

Auch die Leistungen anderer Dienstleister, die Teil der Pauschalreise sind, werden vom DRSF übernommen. Dies gilt zum Beispiel für den Transfer zum Flughafen. Auch hier ist ggf. der vor Ort beauftragte Fremdveranstalter anzusprechen.

FTI betreibt eine kostenlose Hotline für Urlauber unter Tel. +49 89 710451498 (erreichbar von 8 bis 22 Uhr). Der Deutsche Reisesicherungsfonds ist rund um die Uhr unter Tel. +49 30 78954770 erreichbar. FTI und DRSF wollen Reisende auch von sich aus kontaktieren.

Kann ich meine Reise selbst weiter finanzieren und danach eine Erstattung fordern?


Der Deutsche Reiseversicherungsfonds erstattet grundsätzlich auch selbst geleistete Zahlungen. Es gibt jedoch einige Einschränkungen: Reisende müssen die getätigten Zahlungen durch entsprechende Dokumente nachweisen können. Jeder Einzelfall wird geprüft. Es gibt also keinen pauschalen Anspruch auf Erstattung jeglicher selbst getätigter Zahlungen.

Reiseveranstalter pleite: Was passiert mit gebuchten Reisen?


Sämtliche bereits geleisteten Anzahlungen und Vorleistungen von Pauschalreisenden werden vom Deutschen Reiseversicherungsfonds (DRSF) erstattet. Pauschalreisende bekommen ihr Geld also zurück. Der DRSF setzt sich dazu mit den Reisenden in Verbindung.

Als Pauschalreise gilt eine Reise, wenn mindestens zwei verschiedene Arten von Reiseleistungen kombiniert und zusammen gebucht werden, zum Beispiel Beförderung, Unterbringung im Hotel und Transfer zum Flughafen.

Schlecht sieht es für Reisende aus, die lediglich Einzelleistungen gebucht haben, wie etwa nur einen Flug oder ein Hotel. Hier besteht kein Anspruch auf Rückerstattung gegen den DRSF. FTI will seinen Kunden mitteilen, welche Einzelleistungen noch durchgeführt werden können. Dies gilt auch für Mietwagenbuchungen.

Kunden eines insolventen Reiseveranstalters, die Hotel, Flug oder Mietwagen einzeln gebucht haben, müssen ihre Rückforderungsansprüche beim Insolvenzverwalter anmelden. Dessen Aufgabe ist es, das verbleibende Vermögen des insolventen Unternehmens ggf. unter allen Gläubigern aufzuteilen. Dies dauert eine Weile und oft wird nur eine bestimmte Quote ausgezahlt.

Kostet es Stornogebühren, jetzt eine Reise zu stornieren?


Reisen, die aufgrund einer Insolvenz des Veranstalters nicht mehr durchgeführt werden, müssen vom Reisenden nicht mehr gesondert storniert werden. Bereits gezahlte Beträge werden den Reisenden vom DRSF erstattet.

Was passiert, wenn ich über ein Portal eines insolventen Veranstalters eine Reise bei einem anderen Veranstalter gebucht habe?


In Zeiten der Online-Reisebuchung ist es durchaus denkbar, dass jemand seine Reise über ein Portal bucht, dessen Betreiber ein insolventer Reiseveranstalter ist. Die Reise findet jedoch bei einem finanziell gesunden Unternehmen statt. In diesem Fall ändert sich an der Reisebuchung nichts: Die Reise findet statt und muss bezahlt werden. Für Fragen ist der Reiseveranstalter der jeweiligen Reise zuständig.

Wie fordere ich meinen Reisepreis zurück?


Wer für eine gebuchte und infolge Insolvenz des Reiseveranstalters ausgefallene Reise sein Geld zurück haben möchte, muss im Normalfall nicht selbst aktiv werden. Der Deutsche Reisesicherungsfonds (DRSF) wird sich selbst mit den betroffenen Verbrauchern in Verbindung setzen. Wichtig ist es allerdings, alle Unterlagen über die Reisebuchung und insbesondere den Sicherungsschein des DSRF als Nachweis gut aufzubewahren. Diesen erhalten alle Pauschalreisenden mit ihren Buchungsunterlagen. Auch Nachweise über an FTI geleistete Zahlungen sollten aufbewahrt werden, etwa Kontoauszüge.

Update vom 31.7.2024: EuGH-Urteil zur Insolvenzabsicherung des Reiseveranstalters


Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes kann eine Versicherung gegen die Insolvenz eines Reiseveranstalters auch dann greifen, wenn der Reisende wegen unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände von seiner Reise zurücktritt und der Veranstalter erst anschließend insolvent wird. Verhandelt worden waren Fälle aus Belgien und Österreich. Reisende hatten gegen den Versicherer ihres mittlerweile insolventen Reiseveranstalters geklagt. Dieser wandte ein, dass die Versicherung nur für den Insolvenzfall gelte. Die Reisenden hätten ihre Reisen zuvor selbst abgesagt, und zwar wegen der Corona-Pandemie. Der EuGH folgte dieser Argumentation nicht. Im vorliegenden Fall handelte es sich nicht um einen deutschen Veranstalter, daher waren die Reisenden nicht über den Deutschen Reiseversicherungsfonds abgesichert, sondern nur über eine Insolvenzversicherung des Reiseveranstalters.

Dem EuGH zufolge gibt es keinen Grund, Reisende, deren Reise wegen Insolvenz des Veranstalters abgesagt wird, anders zu behandeln, als solche, bei denen der Veranstalter erst insolvent wird, nachdem die Reisenden wegen außergewöhnlicher Umstände vom Vertrag zurückgetreten sind. Schließlich hätten sie auch dann keine Möglichkeit mehr, den Reisepreis vom Veranstalter erstattet zu bekommen. Den Klägern stünde eine vollständige Erstattung des Reisepreises durch die Versicherung zu. Pauschalreisende müssten laut EU-Recht vollständig vor einer Insolvenz des Veranstalters geschützt sein (EuGH, Urteile vom 29.7.2024, Az. C-771/22 und C-45/23).

Praxistipp zur Insolvenz des Reiseveranstalters


Der Deutsche Reisesicherungsfonds sichert Pauschalreisende weitgehend ab. Trotzdem kann es im Rahmen einer Insolvenz zu Problemen bei der Rückerstattung von Geld kommen. Ein auf das Reiserecht spezialisierter Anwalt für Zivilrecht kann Sie zu Ihrem Fall individuell beraten.

(Bu)


 Stephan Buch
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