Wann dürfen Immobilienkäufer vom Kaufvertrag zurücktreten?
07.07.2025, Redaktion Anwalt-Suchservice

Für viele Menschen ist der Kauf einer Immobilie ein wichtiger Schritt im Leben. Dieser verläuft jedoch nicht immer zur Zufriedenheit des Käufers. Daher versucht mancher enttäuschte Käufer, sich nachträglich vom Vertrag zu lösen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was versteht man unter einem Rücktritt vom Kaufvertrag? Welche Gründe veranlassen Immobilienkäufer zum Rücktritt? Wann kann der Rücktritt problematisch sein? Welche praktischen Probleme können beim Rücktritt auftauchen? Wann kommen Mängel als Rücktrittsgrund in Frage? Wann kann man trotz Gewährleistungsausschluss vom Kaufvertrag zurücktreten? Was heißt "arglistig verschweigen"? Was sind offenbarungspflichtige Sachmängel beim Hauskauf? Wer trägt die Beweislast beim Rücktritt vom Hauskauf? Wann scheidet ein Rücktritt ganz aus? Praxistipp zur Rücktritt vom Immobilienkauf Was versteht man unter einem Rücktritt vom Kaufvertrag?
Mit dem sogenannten Rücktritt vom Vertrag können sich Käufer nachträglich von einem Kaufvertrag lösen. Dies ist gesetzlich für alle Arten von Verträgen in den §§ 346 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) festgelegt. Ein Rücktritt bietet sich an, wenn einer der Vertragspartner entweder ein gesetzliches Rücktrittsrecht hat oder sich den Rücktritt durch eine entsprechende Vertragsklausel vorbehalten hat. Der Käufer muss seinen Rücktritt ausdrücklich gegenüber der anderen Seite erklären. Dann müssen beide Seiten die erhaltenen Leistungen zurückgeben. Natürlich akzeptiert dies mancher Vertragspartner nicht. Dann bleibt nur der Weg zum Gericht.
Welche Gründe veranlassen Immobilienkäufer zum Rücktritt?
Die Gründe, aus denen sich Immobilienkäufer für einen Rücktritt vom Kaufvertrag entscheiden, sind sehr unterschiedlich. Nicht immer spielen dabei Baumängel eine Rolle. Häufig zeigt sich nach dem Kauf eine sogenannte "Kaufreue". Gerade bei Immobilien werden Kaufentscheidungen eher aus emotionalen Gründen getroffen. Nach Ablauf einer gewissen Zeit bereuen dann die Käufer ihre Entscheidung. Vielleicht stellen sie aber auch fest, dass es durchaus noch bessere, schönere oder preisgünstigere Immobilien zu kaufen gibt. Allerdings ist ein Rücktritt vom Vertrag nicht nach Belieben möglich. Dafür müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.
Wann kann der Rücktritt problematisch sein?
In praktischer Hinsicht ist ein Rücktritt vom Immobilienkauf oft gar nicht so einfach. Ein notarieller Kaufvertrag ist nämlich bindend. Kaum jemals wird darin ein Rücktrittsrecht für den Käufer vereinbart. Der Käufer hat auch noch keinen gesetzlichen Rücktrittsgrund, nur weil er seinen Kauf bereut, nicht zufrieden mit seiner Entscheidung ist oder ein besseres Angebot erhalten hat. Es gilt noch nicht einmal als ausreichender Rücktrittsgrund, wenn die Bank bei der Finanzierung einen Rückzieher macht. Daher der Rat: Den Kaufvertrag sollte man unbedingt erst dann unterschreiben, wenn die Finanzierung wirklich steht.
Welche praktischen Probleme können beim Rücktritt auftauchen?
Der Erwerb einer Immobilie ist oft mit einem Umzug und mit großen organisatorischen Änderungen verbunden. War der Käufer vorher Mieter, muss er seinen Mietvertrag kündigen. Die Beendigung eines Mietverhältnisses sollte allerdings zeitlich gut geplant werden. So empfiehlt es sich, eine finanzielle Doppelbelastung durch Miete und Darlehen plus Betriebskosten von zwei Immobilien gleichzeitig möglichst zu vermeiden. Wichtig wäre zudem, dass das neue Eigenheim bei Ende des Mietvertrages der alten Behausung auch einzugsfertig ist. Steigt der Käufer aus seinem Immobilienkaufvertrag aus, bedeutet das, dass die Mietwohnung länger bewohnt werden oder eine Ersatzbleibe besorgt werden muss. Natürlich fallen dafür zusätzliche Kosten an.
Wann kommen Mängel als Rücktrittsgrund in Frage?
Der Rücktritt ist eines der Rechte aus dem Bereich der Sachmängelhaftung, die Käufer bei Mängeln des Kaufgegenstandes geltend machen können. Umgangssprachlich wird dabei von Gewährleistung gesprochen. Die gesetzliche Regelung findet sich in § 437 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Mängel als Rücktrittsgrund haben jedoch einen Haken: Private Verkäufer eines gebrauchten Hauses bzw. einer Bestandsimmobilie dürfen die Ansprüche aus der Sachmängelhaftung im Kaufvertrag wirksam ausschließen. Ein solcher Gewährleistungsausschluss findet sich in jedem normalen Kaufvertrag. Ein Rücktritt wegen Mängeln am Gebäude wird dadurch häufig verhindert. Allerdings gibt es Fälle, in denen ein Ausschluss der Mängelhaftung nicht funktioniert.
Wann kann man trotz Gewährleistungsausschluss vom Kaufvertrag zurücktreten?
Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 24.3.2006 einen Rücktritt vom Kaufvertrag trotz Haftungsausschluss für zulässig erklärt, wenn der Verkäufer dem Käufer einen Mangel der Immobilie arglistig verschwiegen hat.
In diesem Fall ging es um eine Eigentumswohnung für rund 84.000 Euro. Die Käufer hatten nach dem Kauf einen Feuchtigkeitsschaden festgestellt, dessen Beseitigung 2.500 Euro kosten sollte. Die Verkäuferin verweigerte eine Nachbesserung. Daraufhin traten die Käufer vom Kaufvertrag zurück und klagten auf Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Das Gericht sah den Mangel zunächst als unerheblich an. Der Bundesgerichtshof war anderer Meinung. Hier zähle nicht das Verhältnis zwischen Kaufpreis und Schaden, sondern das arglistige Verschweigen des Mangels durch den Verkäufer. Dieses Verhalten gebe dem Käufer ein Recht zum Rücktritt (Az. V ZR 173/05).
Was heißt "arglistig verschweigen"?
Damit ist hier das absichtliche und bewusste Verschweigen eines Mangels gemeint, von dem der Verkäufer der Immobilie weiß. Sein Schweigen soll absichtlich die Kaufentscheidung seines Vertragspartners beeinflussen. Von Arglist spricht man, wenn sich der Verkäufer darüber im Klaren ist, dass der Käufer den Mangel nicht erkannt hat und dass er den Kaufvertrag nicht unterschreiben würde, wenn er von dem Problem wüsste. Auch absichtliche falsche Angaben gelten als Arglist. Die Gerichte gehen insbesondere beim Verschweigen sogenannter aufklärungs- oder offenbarungspflichtiger Mängel von Arglist aus.
Was sind offenbarungspflichtige Sachmängel beim Hauskauf?
Verkäufer sind dazu verpflichtet, Hauskäufer auf bestimmte Mängel ihrer Immobilie von sich aus hinzuweisen. Welche dies sind, ergibt sich aus unterschiedlichen Gerichtsurteilen. Hier einige Beispiele für aufklärungspflichtige Mängel:
- Feuchtigkeitsschäden (OLG Koblenz, 13.11.2009, Az. 2 U 443/09),
- mangelhafte Kellerabdichtung (OLG Brandenburg, 9.6.2011, Az. 5 U 78/06),
- Hausschwamm (KG Berlin, 23.2.1989, Az. 12 U 2500/88),
- Fehlen der Baugenehmigung (BGH, 30.4.2003, Az. V ZR 100/02),
- asbesthaltige Fassadenverkleidung (BGH, 12.11.2010, Az. V ZR 181/09),
- massiver Holzwurmbefall (OLG Braunschweig, 13.9.2018, Az. 9 U 51/17).
Wer trägt die Beweislast beim Rücktritt vom Hauskauf?
Für einen Rücktritt vom Kaufvertrag müssen Käufer beweisen:
- das Vorliegen des Mangels,
- dessen Bekanntheit beim Verkäufer und
- das arglistige Verschweigen.
Hier trägt der Immobilienkäufer die Beweislast, weil er es ist, der vor Gericht den Rücktritt einklagen will. Der Bundesgerichtshof hat jedoch am 12.11.2010 (Az. V ZR 181/09) entschieden, dass an den Beweis, dass der Verkäufer nichts vom Mangel gesagt hat, keine allzu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen. Der Käufer müsse lediglich eine vom Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht zu konkretisierende Aufklärung ausräumen. Könne der Verkäufer aber überhaupt nichts Konkretes zu einer Aufklärung des Käufers über den jeweiligen Mangel sagen, müsse der Käufer jedenfalls zu diesem Punkt keine weiteren Beweise erbringen.
Wann scheidet ein Rücktritt ganz aus?
Wenn einem Immobilienkäufer der Mangel des Hauses oder der Wohnung beim Kauf schon bekannt war, ist kein Rücktritt möglich. Dies gilt auch, wenn der Mangel so offensichtlich war, dass er ihn eigentlich ohne Weiteres hätte erkennen müssen. Beispiel: Hat man bei der Hausbesichtigung metergroße dunkle Flecken an der Wand übersehen, kann man sich nicht später darauf berufen, dass der Verkäufer voller Arglist einen Feuchtigkeitsschaden verschwiegen hat.
Anders ist die Situation bei gesundheitsgefährlichen Materialien wie Asbest. Diese kann nicht jeder Laie so einfach identifizieren. Daher fallen solche Stoffe in jedem Fall unter die Aufklärungspflicht des Verkäufers. Selbst ein erkennbarer Holzwurmbefall befreit den Verkäufer nicht von der Pflicht, den Käufer auf dessen lange Dauer hinzuweisen (OLG Braunschweig, Az. 9 U 51/17).
Praxistipp zur Rücktritt vom Immobilienkauf
Potentielle Immobilienkäufer sollten ihr Wunschobjekt vor dem Vertragsabschluss von einem Immobilien-Sachverständigen untersuchen lassen. Dieser kann die Immobilie auf Mängel aller Art checken, einschließlich gesundheitsschädlicher Baustoffe oder Befall mit Pilzen und Hausschwamm. So können Sie vom Kauf rechtzeitig vorher Abstand nehmen. Wenn es trotzdem zu einem Rechtsstreit mit dem Verkäufer kommt, kann Ihnen ein auf das Immobilienrecht spezialisierter Anwalt zu Ihrem Recht verhelfen.
(Wk)