Schenkungssteuer: Worüber muss der Notar aufklären?

18.07.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
Notar,Schenkung,Grundstück,Aufklärung Welche Hinweispflichten hat ein Notar bei Schenkungen? © Bu - Anwalt-Suchservice
Das Wichtigste in Kürze

1. Aufklärungspflicht: Ein Notar ist gemäß § 8 Abs. 4 der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung dazu verpflichtet, bei der Beurkundung von Schenkungen über eine mögliche Schenkungssteuerpflicht aufzuklären.

2. Hinweis auf Freibeträge: Es gehört zur notariellen Aufklärungspflicht, die Freibeträge, die den Beteiligten eines zu beurkundenden Rechtsgeschäfts zustehen, zu benennen und auf mögliche Nachteile bei deren Überschreitung hinzuweisen.

3. Schadensersatz: Verstößt ein Notar gegen gesetzliche Aufklärungspflichten, haftet er für den dadurch entstandenen Schaden.
Auch Notare können bei ihrer Tätigkeit gelegentlich Fehler machen. Sie haben gemäß § 17 des Beurkundungsgesetzes die Pflicht, die an einem Geschäft beteiligten Personen über die rechtliche Tragweite des jeweiligen Vorgangs zu belehren und ihre Erklärungen klar und unzweideutig in der Niederschrift wiederzugeben. Dabei sollen Irrtümer und Zweifel möglichst vermieden sowie unerfahrene und ungewandte Betroffene nicht benachteiligt werden. Daraus ergibt sich zunächst eine umfassende Aufklärungspflicht über die rechtlichen Folgen der jeweiligen Angelegenheit. Deren wirtschaftliche Folgen sind davon zunächst jedoch noch nicht umfasst. Aber: Kann der Notar erkennen, dass ein Beteiligter nicht versteht, was wirtschaftlich auf ihn zukommt, und dass diesem wirtschaftlicher Schaden droht, besteht auch diesbezüglich eine Aufklärungspflicht.

Fall: Schenkung eines Baugrundstücks an die Kinder


Hier ein realer Fall vom Oberlandesgericht Oldenburg: Ein Vater wollte sein Grundstück seinem Sohn und seiner Schwiegertochter schenken. Nicht ungewöhnlich: Immer wieder unterstützen Eltern ihre Kinder beim Hausbau zum Beispiel durch eine Grundstücksschenkung. Die Beteiligten wandten sich an einen Notar, der den Übertragungsvertrag beurkunden sollte. In der ersten Fassung des Vertrages wurde nur der Sohn als Empfänger der Schenkung genannt. Dann bat die Familie um eine Änderung des Vertrages: Sohn und Schwiegertochter sollten nun jeweils die Hälfte des Grundstücks geschenkt bekommen. Der Notar beurkundete die Vereinbarung.

Nun stand der Schwiegertochter jedoch nur ein geringer Freibetrag bei der Schenkungssteuer zu. Daher verlangte das Finanzamt von ihr nach der Übertragung des Grundstückes rund 2.250 Euro. Der Notar hatte die Schwiegertochter nicht darüber aufgeklärt, dass Schenkungssteuer anfallen würde.

Daraufhin verklagte die Schwiegertochter den Notar auf Schadensersatz. Ihr Argument: Hätten sie vom Anfallen der Schenkungssteuer gewusst, hätte der Schwiegervater das ganze Grundstück zunächst seinem Sohn geschenkt. Dieser hätte aufgrund seines hohen Freibetrages keine Schenkungssteuer zahlen müssen. Dann hätte der Sohn in einem zweiten Schritt eine Hälfte des Grundstücks auf sie übertragen. Auch dabei wäre keine Schenkungssteuer angefallen, denn: Schenkt ein Ehegatte dem anderen eine Immobilie oder Teile davon, wird dies nicht besteuert, sofern man selbst darin wohnt (§ 13 Abs. 4a ErbStG).

Wann wird Schenkungssteuer fällig?


Wann eine Schenkung zu Lebzeiten vorliegt, regelt § 7 des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes (ErbStG). Danach wird immer dann Schenkungssteuer fällig, wenn zwischen zwei lebenden Personen eine unentgeltliche Zuwendung stattfindet. Die Steuerfreibeträge und Steuersätze entsprechen denen bei der Erbschaftssteuer. Seine Freibeträge kann man bei Schenkungen alle zehn Jahre erneut nutzen. Kinder haben einen Freibetrag von 400.000 Euro, Schwiegerkinder von nur 20.000 Euro. Der Freibetrag von Ehegatten beträgt 500.000 Euro. Wenn eine Immobilie zwischen Ehegatten verschenkt wird, bleibt dieser Vorgang steuerfrei, solange der oder die Beschenkte anschließend darin selbst wohnt.

Muss der Notar über die Schenkungssteuer aufklären?


Zunächst scheiterte die Schwiegertochter mit ihrer Klage vor dem Landgericht Oldenburg. Das Oberlandesgericht gab ihr dann jedoch im Rahmen der Berufung recht: Zwar seien Notare grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, die Beteiligten über die steuerlichen Folgen eines Grundstücksgeschäftes aufzuklären. Hier allerdings gelte eine Ausnahme nach dem Erbschaftsteuerrecht.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 6 der Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung sind Gerichte dazu verpflichtet, die Beteiligten bei der Beurkundung von Schenkungen auf die mögliche Schenkungssteuerpflicht hinzuweisen. Und: Diese Regelung gilt nach § 8 Abs. 4 ausdrücklich auch für Notare. Hier besteht also tatsächlich eine Aufklärungspflicht des Notars.

Der Notar hätte also die Schwiegertochter darauf hinweisen müssen, dass unter Umständen Schenkungssteuer anfallen könnte. Den Einwand des Notars, dass doch jedermann wisse, dass bei Schenkungen Schenkungssteuer anfalle, wollte das Gericht nicht gelten lassen.

Daher sprach das Gericht der Schwiegertochter Schadensersatz in Höhe der angefallenen Schenkungssteuer für die Grundstücksübertragung zu. Bei der Höhe des Schadens musste sie sich jedoch die ersparten Notarkosten für eine zweite Beurkundung anrechnen lassen, die bei der von ihr angesprochenen steuerfreien Konstruktion ja nötig gewesen wäre (OLG Oldenburg, Urteil vom 12.6.2009, Az. 6 U 58/09).

Praxistipp zur Aufklärungspflicht des Notars über die Schenkungssteuer


Wer sich rechtzeitig über das mögliche Anfallen von Schenkungssteuer und deren Höhe informieren will, kann verschiedene hilfreiche Schenkungssteuer-Rechner im Internet nutzen. Dies ersetzt natürlich keine Beratung durch einen Fachmann. Ein Fachanwalt für Erbrecht kann Sie kompetent in allen Fragen rund um Schenkung und Erbe beraten und bei der Erstellung rechtssicherer Verträge helfen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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