Schlüssel verloren: Müssen Mieter Schadensersatz zahlen?
13.07.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Eine unangenehme Situation: Das Mietverhältnis ist beendet, der Mieter zieht aus und der Vermieter möchte die übergebenen Schlüssel für Haus und Wohnung zurück – aber ein Schlüssel ist nicht mehr aufzufinden. Verlegt, verliehen, verloren – der Verbleib kann nicht mehr geklärt werden. Das Problem ist nun: Mit dem Schlüssel könnten sich Fremde Zugang zur Wohnung verschaffen. Umso schlimmer, wenn es sich um eine Schließanlage handelt – dann gewährt der Schlüssel auch Zugang zum Haus. Muss der Mieter jetzt den Austausch der ganzen Schließanlage bezahlen - also neue Türschlösser und Schlüssel für das ganze Haus? Oder muss er nur einen Schlüssel nachfertigen lassen?
Mieter übernehmen mit der Unterzeichnung des Mietvertrages auch eine Obhutspflicht für die Mietwohnung. Sie müssen also sorgsam mit der Wohnung umgehen. Dazu gehört es auch, den Vermieter unverzüglich zu informieren, wenn man einen Wohnungs- oder Hausschlüssel verliert.
Grundsätzlich muss der Mieter Schadensersatz zahlen, wenn er den Verlust des Schlüssels selbst verschuldet hat. Meist ist davon auszugehen, wenn ein Schlüssel bei Ende des Mietverhältnisses nicht mehr aufzufinden ist. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen der Mieter beweisen kann, dass er nicht die Schuld am Verlust des Schlüssels trägt: Zum Beispiel, wenn ihm der Schlüssel bei einem Raubüberfall abgenommen oder bei einem Einbruch in die Wohnung gestohlen wurde.
Dazu eine Gerichtsentscheidung: Nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Spandau sind Mieter nicht verpflichtet, bei unverschuldetem Schlüsselverlust Schadensersatz zu zahlen. Ist so etwas im Mietvertrag geregelt, ist die Klausel unwirksam (Urteil vom 20.12.2012, Az. 6 C 546/12).
Wird einem Mieter unterwegs der Wohnungsschlüssel aus seinem Rucksack gestohlen, ist dies nicht die Schuld des Mieters - so entschied das Amtsgericht Hamburg (Urteil vom 26.8.1999, Az. 47 C 178/99).
Aber: Gehen Mieter allzu leichtfertig mit ihren Schlüsseln um, kann dies als Verschulden angesehen werden – etwa, wenn diese sichtbar im geparkten Auto herumliegen. Dies gilt in insbesondere dann, wenn auch noch zusätzliche Diebstahlsanreize wie eine Laptoptasche und Geschäftspapiere mit der Adresse des Mietobjekts daneben liegen (Kammergericht Berlin, Urteil vom 11.02.2008, Az. 8 U 151/07).
Ob der Mieter im konkreten Fall nur die Kosten für die Nachfertigung eines Schlüssels bezahlen muss, oder die für den Austausch der gesamten Schließanlage, hängt davon ab, ob der verschwundene Schlüssel von Fremden missbraucht werden könnte, um ins Haus zu kommen. Es gibt Fälle, in denen man eine solche Gefahr ausschließen kann - zum Beispiel, wenn der Mieter den Schlüssel bei einer Kanutour auf dem Bodensee verloren hat und dieser jetzt bei den Fischen liegt.
Grundsätzlich gilt jedoch: Wenn die Gefahr besteht, dass Fremde den Schlüssel verwenden, kann der Vermieter den Austausch der kompletten Schließanlage auf Kosten des Mieters verlangen.
Nein. Der Vermieter kann keinen Schadensersatz für die Kosten des Austauschs der ganzen Schließanlage auf Basis eines Kostenvoranschlags verlangen, wenn er die Anlage tatsächlich überhaupt nicht austauschen lässt. Schließlich schätzt er hier ja offensichtlich das Sicherheitsrisiko selbst als so gering ein, dass kein Austausch notwendig ist.
Der Bundesgerichtshof hat dies in einem Fall entschieden, in dem ein Mieter beim Auszug nur einen von zwei Wohnungsschlüsseln zurückgeben konnte. Die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangte vom Mieter einen Kostenvorschuss von 1.468 Euro für den Austausch der Schließanlage. Die Anlage war jedoch auch nach Ausschöpfen aller Gerichtsinstanzen immer noch nicht ausgetauscht. Der BGH erklärte: Zwar kann der Vermieter in einem solchen Fall grundsätzlich die Kosten für den Austausch der kompletten Schließanlage verlangen. Allerdings nur, wenn diese wirklich ausgetauscht wurde, also nach dem erfolgten Austausch (Urteil vom 5.3.2014, Az. VIII ZR 205/13).
Wenn ein Mieter seine Schlüssel dem Vermieter per Post zuschickt, etwa als Einschreiben mit Rückschein, und dann nur ein aufgeschnittener Umschlag ankommt, haftet der Mieter. Ausnahme: Er kann beweisen, dass er den Schlüssel tatsächlich in den Brief gesteckt und abgeschickt hat und dass der Brief beim Vermieter auch angekommen ist (AG Brandenburg, Urteil vom 1.9.2014, Az. 31 C 32/14).
Einen festen Zeitraum gibt es dafür nicht. Allerdings sollte der Vermieter auch nicht zu lange warten. Immerhin sind der Grund für seinen Anspruch auf Kostenerstattung ja Sicherheitsbedenken. Lässt er sich aber mit dem Austausch der Schlösser zu viel Zeit, gibt er damit zu, dass er eigentlich keine großen Sicherheitsbedenken hat.
Das Amtsgericht Waren/Müritz sprach daher einem Vermieter den Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Austausch einer Schließanlage ab. Seine Mieterin hatte im Juni 2013 ihren Schlüssel verloren. Der Vermieter hatte jedoch erst im Oktober 2014 die Schlösser austauschen lassen. Das Gericht entschied: Nach einem so langen Zeitraum könne er sich nicht mehr auf Sicherheitsbedenken berufen (Amtsgericht Waren/Müritz, Urteil vom 12.10.2017, Az. 106 C 1139/15).
Dem Oberlandesgericht Dresden zufolge: ja. In diesem Fall waren beschriftete Technikschlüssel zu einer Eigentums-Wohnanlage aus einem PKW gestohlen worden. Diese ermöglichten den Zugang zum Haus. Dem Gericht zufolge konnte die Eigentümergemeinschaft hier sowohl den Einbau einer neuen Schließanlage, als auch zuvor den schnelleren Einbau einer provisorischen Schließanlage fordern. Der Grund: Es bestand konkrete Gefahr des Missbrauchs der beschrifteten Schlüssel. Allerdings sei bei dem Schadensersatzanspruch ein Abzug "neu für alt" vorzunehmen, und zwar in Höhe von vier Prozent der Anschaffungskosten pro Jahr der Nutzung (Urteil vom 20.8.2019, Az. 4 U 665/19).
Eine private Haftpflichtversicherung zahlt möglicherweise für die Kosten eines Schlüsselverlustes. Dies ist jedoch vom Vertragsinhalt abhängig, denn zur Grundausstattung einer Privathaftpflicht-Versicherung gehört ein solcher Schaden nicht. Berufliche Schlüssel sind davon nicht umfasst. Wer beruflich mit Schlüsseln für größere Gebäude umgeht, kann jedoch eine spezielle Versicherung gegen Schlüsselverlust abschließen. Wenn Mieter und Vermieter über verschwundene Schlüssel in Streit geraten, kann ein Fachanwalt für Mietrecht klären, welche Ansprüche im konkreten Fall bestehen.
Immer wieder gehen Wohnungsschlüssel verloren. Passiert dies bei einer Mietwohnung, gibt es beim Auszug oft Streit darum, ob der Mieter den Austausch der gesamten Schließanlage bezahlen muss.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Welche Pflichten hat ein Mieter beim Verlust eines Schlüssels? Wann muss der Mieter Schadensersatz leisten? Schlüsselverlust: Was muss der Mieter ersetzen? Darf der Vermieter Schadensersatz für fiktive Kosten fordern? Was passiert, wenn der Schlüssel auf dem Postweg verschwindet? Wie lange darf der Vermieter warten, bis er die Schlösser austauschen lässt? Muss auch der Einbau einer provisorischen Schließanlage bezahlt werden? Praxistipp zum Schlüsselverlust Welche Pflichten hat ein Mieter beim Verlust eines Schlüssels?
Mieter übernehmen mit der Unterzeichnung des Mietvertrages auch eine Obhutspflicht für die Mietwohnung. Sie müssen also sorgsam mit der Wohnung umgehen. Dazu gehört es auch, den Vermieter unverzüglich zu informieren, wenn man einen Wohnungs- oder Hausschlüssel verliert.
Wann muss der Mieter Schadensersatz leisten?
Grundsätzlich muss der Mieter Schadensersatz zahlen, wenn er den Verlust des Schlüssels selbst verschuldet hat. Meist ist davon auszugehen, wenn ein Schlüssel bei Ende des Mietverhältnisses nicht mehr aufzufinden ist. Allerdings gibt es auch Fälle, in denen der Mieter beweisen kann, dass er nicht die Schuld am Verlust des Schlüssels trägt: Zum Beispiel, wenn ihm der Schlüssel bei einem Raubüberfall abgenommen oder bei einem Einbruch in die Wohnung gestohlen wurde.
Dazu eine Gerichtsentscheidung: Nach einem Urteil des Amtsgerichts Berlin-Spandau sind Mieter nicht verpflichtet, bei unverschuldetem Schlüsselverlust Schadensersatz zu zahlen. Ist so etwas im Mietvertrag geregelt, ist die Klausel unwirksam (Urteil vom 20.12.2012, Az. 6 C 546/12).
Wird einem Mieter unterwegs der Wohnungsschlüssel aus seinem Rucksack gestohlen, ist dies nicht die Schuld des Mieters - so entschied das Amtsgericht Hamburg (Urteil vom 26.8.1999, Az. 47 C 178/99).
Aber: Gehen Mieter allzu leichtfertig mit ihren Schlüsseln um, kann dies als Verschulden angesehen werden – etwa, wenn diese sichtbar im geparkten Auto herumliegen. Dies gilt in insbesondere dann, wenn auch noch zusätzliche Diebstahlsanreize wie eine Laptoptasche und Geschäftspapiere mit der Adresse des Mietobjekts daneben liegen (Kammergericht Berlin, Urteil vom 11.02.2008, Az. 8 U 151/07).
Schlüsselverlust: Was muss der Mieter ersetzen?
Ob der Mieter im konkreten Fall nur die Kosten für die Nachfertigung eines Schlüssels bezahlen muss, oder die für den Austausch der gesamten Schließanlage, hängt davon ab, ob der verschwundene Schlüssel von Fremden missbraucht werden könnte, um ins Haus zu kommen. Es gibt Fälle, in denen man eine solche Gefahr ausschließen kann - zum Beispiel, wenn der Mieter den Schlüssel bei einer Kanutour auf dem Bodensee verloren hat und dieser jetzt bei den Fischen liegt.
Grundsätzlich gilt jedoch: Wenn die Gefahr besteht, dass Fremde den Schlüssel verwenden, kann der Vermieter den Austausch der kompletten Schließanlage auf Kosten des Mieters verlangen.
Darf der Vermieter Schadensersatz für fiktive Kosten fordern?
Nein. Der Vermieter kann keinen Schadensersatz für die Kosten des Austauschs der ganzen Schließanlage auf Basis eines Kostenvoranschlags verlangen, wenn er die Anlage tatsächlich überhaupt nicht austauschen lässt. Schließlich schätzt er hier ja offensichtlich das Sicherheitsrisiko selbst als so gering ein, dass kein Austausch notwendig ist.
Der Bundesgerichtshof hat dies in einem Fall entschieden, in dem ein Mieter beim Auszug nur einen von zwei Wohnungsschlüsseln zurückgeben konnte. Die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft verlangte vom Mieter einen Kostenvorschuss von 1.468 Euro für den Austausch der Schließanlage. Die Anlage war jedoch auch nach Ausschöpfen aller Gerichtsinstanzen immer noch nicht ausgetauscht. Der BGH erklärte: Zwar kann der Vermieter in einem solchen Fall grundsätzlich die Kosten für den Austausch der kompletten Schließanlage verlangen. Allerdings nur, wenn diese wirklich ausgetauscht wurde, also nach dem erfolgten Austausch (Urteil vom 5.3.2014, Az. VIII ZR 205/13).
Was passiert, wenn der Schlüssel auf dem Postweg verschwindet?
Wenn ein Mieter seine Schlüssel dem Vermieter per Post zuschickt, etwa als Einschreiben mit Rückschein, und dann nur ein aufgeschnittener Umschlag ankommt, haftet der Mieter. Ausnahme: Er kann beweisen, dass er den Schlüssel tatsächlich in den Brief gesteckt und abgeschickt hat und dass der Brief beim Vermieter auch angekommen ist (AG Brandenburg, Urteil vom 1.9.2014, Az. 31 C 32/14).
Wie lange darf der Vermieter warten, bis er die Schlösser austauschen lässt?
Einen festen Zeitraum gibt es dafür nicht. Allerdings sollte der Vermieter auch nicht zu lange warten. Immerhin sind der Grund für seinen Anspruch auf Kostenerstattung ja Sicherheitsbedenken. Lässt er sich aber mit dem Austausch der Schlösser zu viel Zeit, gibt er damit zu, dass er eigentlich keine großen Sicherheitsbedenken hat.
Das Amtsgericht Waren/Müritz sprach daher einem Vermieter den Anspruch auf Ersatz der Kosten für den Austausch einer Schließanlage ab. Seine Mieterin hatte im Juni 2013 ihren Schlüssel verloren. Der Vermieter hatte jedoch erst im Oktober 2014 die Schlösser austauschen lassen. Das Gericht entschied: Nach einem so langen Zeitraum könne er sich nicht mehr auf Sicherheitsbedenken berufen (Amtsgericht Waren/Müritz, Urteil vom 12.10.2017, Az. 106 C 1139/15).
Muss auch der Einbau einer provisorischen Schließanlage bezahlt werden?
Dem Oberlandesgericht Dresden zufolge: ja. In diesem Fall waren beschriftete Technikschlüssel zu einer Eigentums-Wohnanlage aus einem PKW gestohlen worden. Diese ermöglichten den Zugang zum Haus. Dem Gericht zufolge konnte die Eigentümergemeinschaft hier sowohl den Einbau einer neuen Schließanlage, als auch zuvor den schnelleren Einbau einer provisorischen Schließanlage fordern. Der Grund: Es bestand konkrete Gefahr des Missbrauchs der beschrifteten Schlüssel. Allerdings sei bei dem Schadensersatzanspruch ein Abzug "neu für alt" vorzunehmen, und zwar in Höhe von vier Prozent der Anschaffungskosten pro Jahr der Nutzung (Urteil vom 20.8.2019, Az. 4 U 665/19).
Praxistipp zum Schlüsselverlust
Eine private Haftpflichtversicherung zahlt möglicherweise für die Kosten eines Schlüsselverlustes. Dies ist jedoch vom Vertragsinhalt abhängig, denn zur Grundausstattung einer Privathaftpflicht-Versicherung gehört ein solcher Schaden nicht. Berufliche Schlüssel sind davon nicht umfasst. Wer beruflich mit Schlüsseln für größere Gebäude umgeht, kann jedoch eine spezielle Versicherung gegen Schlüsselverlust abschließen. Wenn Mieter und Vermieter über verschwundene Schlüssel in Streit geraten, kann ein Fachanwalt für Mietrecht klären, welche Ansprüche im konkreten Fall bestehen.
(Bu)