Schwarzbau ohne Baugenehmigung: Wann droht der Abriss?

28.08.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
Schwarzbau,Gebäude,Abrissverfügung,Baugenehmigung Nicht jedes Gebäude ohne Baugenehmigung muss dem Bagger weichen. © - freepik
Das Wichtigste in Kürze

1. Folgen eines Schwarzbaus: Wird ein Gebäude ohne Baugenehmigung errichtet oder erweitert, kann die Baubehörde den Rückbau bzw. Abriss verfügen. Es droht zudem ein Bußgeld.

2. nachträgliche Genehmigung: Ein Schwarzbau kann nachträglich genehmigt werden, wenn das Bauwerk nach den aktuellen Bauvorschriften genehmigungsfähig ist.

3. Bestandsschutz: Ein Schwarzbau kann unter engen Voraussetzungen Bestandsschutz erlangen, so dass eine Rückbau- oder Abrissverfügung unzulässig wäre.
Schwarzbauten sorgen immer wieder für Schlagzeilen und für Aufregung unter Hauseigentümern. Unter Umständen können Bauämter sogar für den Abriss von Gebäuden sorgen. Allerdings können Bauherren solche extremen Maßnahmen in einigen Fällen durch rechtliche Schritte verhindern.

Was ist ein Schwarzbau?


Als Schwarzbau bezeichnet man ein Gebäude oder einen Gebäudeteil, das ohne Baugenehmigung errichtet wurde. Die Bauämter verstehen in diesem Punkt in der Regel keinen Spaß. So fahndet man in vielen Städten heute sogar per Luftbild nach ungenehmigten Gebäuden, Anbauten, Garagen, Schuppen oder auch fest in die Erde eingebauten Pools. Stellt sich heraus, dass ein Gebäude nicht genehmigt und in der bestehenden Form auch nicht genehmigungsfähig ist, bekommen dessen Eigentümer bald eine Abrissverfügung. Besonders bitter ist dies, wenn es sich nicht um einen entbehrlichen Anbau, Wintergarten oder Gartenschuppen handelt, sondern um das jahrelang genutzte Wohnhaus.

Welche Folgen hat ein Schwarzbau?


Eine mögliche Folge ist, dass die Baubehörde die Beseitigung und den Rückbau bzw. Abriss des Schwarzbaus verfügt. Möglich sind darüber hinaus auch Bußgelder. Handelt es sich um ein laufendes Bauprojekt, wird dieses erheblich verzögert werden, da womöglich ein Baugenehmigungsverfahren nachgeschoben werden muss. Bei einem Schwarzbau kann es auch zu Problemen mit der Gebäudeversicherung kommen. Entspricht das Gebäude nicht den Bauvorschriften, ist der Versicherungsschutz in Gefahr. Wurden zusätzliche Räume geschaffen oder zu Wohnräumen umgebaut, handelt es sich um eine nicht versicherte Werterhöhung des Gebäudes. Bei einem Verkauf gilt eine fehlende Baugenehmigung als Sachmangel.

Was versteht man unter Bestandsschutz?


Bestandsschutz bedeutet, dass ein Bauwerk oder Gebäude in der bisherigen Form weiter bestehen bleiben darf. Die Baubehörde darf dann zum Beispiel keine Abrissverfügung erlassen. Ein häufiger Rechtsirrtum ist, dass ein Bauwerk schon deshalb Bestandsschutz genießt, weil es jahrelang unbehelligt von der Baubehörde existiert hat. Dies ist so jedoch nicht richtig. Durch Zeitablauf allein entsteht noch kein Bestandsschutz. Vielmehr muss das Gebäude in Übereinstimmung mit dem Baurecht errichtet worden sein. Dies kann sich darin äußern, dass dafür eine Baugenehmigung erteilt wurde und seitdem keine wesentlichen Umbauten oder Änderungen stattgefunden haben. Eine weitere Möglichkeit ist, dass das Bauwerk zum Zeitpunkt seiner Errichtung zwar keine Baugenehmigung hatte, sich aber im Einklang mit den damaligen Bauvorschriften befand. Ändern sich Bauvorschriften oder Bebauungspläne nachträglich, sorgt der Bestandsschutz dafür, dass das Haus so stehen bleiben darf, wie es ist. Beweisen muss den Bestandsschutz im Zweifel der Eigentümer.

Wann haben Schwarzbauten Bestandsschutz?


Einen allgemeinen Bestandsschutz für Gebäude, die ohne Baugenehmigung errichtet worden sind, gibt es nicht. Es gibt jedoch mehrere Fälle, in denen die Baubehörde nichts gegen ein solches Gebäude unternehmen darf. Streng genommen handelt es sich hier jedoch nicht um einen Bestandsschutz.

In der ehemaligen DDR konnte die zuständige Behörde keinen Abriss mehr fordern, wenn ein Schwarzbau bereits fünf Jahre lang bestanden hatte. Diese alte Regelung müssen auch heutige Behörden in den entsprechenden Bundesländern akzeptieren. Die Bauämter dort dürfen also nicht nachträglich einen Abriss von Gebäuden fordern, die zu DDR-Zeiten von der Fünf-Jahres-Regel profitiert haben (Oberverwaltungsgericht Weimar, Urteil vom 18.12.2002).

Drastische Maßnahmen der Baubehörde können auch verwirkt sein. Von Verwirkung spricht man, wenn die Baubehörde allzu lange wissentlich einen Schwarzbau geduldet hat. Dann verliert sie das Recht, einen Abriss zu verlangen. Dafür gibt es jedoch keine festen Fristen. Es ist also nicht klar festgelegt, wann eine solche Verwirkung eintritt. Dies richtet sich nach dem Einzelfall. Dabei wird nicht nur der reine Zeitablauf berücksichtigt. Die Baubehörde muss zusätzlich durch ihr Verhalten Anlass zu der Annahme gegeben haben, dass sie den Bau dulden wird (Bundesverwaltungsgericht, Leipzig, 5.8.1991, Az. 4 B 130.91).

Kann ein Schwarzbau nachträglich genehmigt werden?


Ein Schwarzbau kann nachträglich genehmigt werden, wenn das Bauwerk genehmigungsfähig ist. Wurde zum Beispiel eine Garage fachgerecht und im Einklang mit den Bauvorschriften errichtet, kann die Baubehörde auch nachträglich eine Baugenehmigung erteilen. Allerdings gelten dann in der Regel die heutigen Bauvorschriften - also die bei Antragstellung - und nicht die zur Zeit der Errichtung des Schwarzbaus. Dies kann größere Umbauten oder Modernisierungen erforderlich machen. Auch muss das Bauwerk natürlich den Bebauungsplan einhalten und darf nicht auf den vorgeschriebenen Abstandsflächen zum Nachbargrundstück stehen. Trotz nachträglicher Genehmigung kann die Baubehörde ein Bußgeld verhängen, da ein Schwarzbau eine Ordnungswidrigkeit darstellt.

Fall: Abrissverfügung für Vorkriegshaus?


Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen befasste sich mit der Abrissverfügung gegen die Eigentümerin eines zwischen 1936 und 1944 errichteten Hauses. Dieses stand im Außenbereich der Gemeinde und war aus heutiger Sicht nicht genehmigungsfähig. Die Baubehörde meinte, dass für das Haus niemals eine Baugenehmigung beantragt worden war. Sie forderte die Eigentümerin unter Androhung von Zwangsgeld auf, das Gebäude zu beseitigen. Diese ging dagegen gerichtlich vor.

Die Hauseigentümerin hatte vor dem Oberverwaltungsgericht Erfolg. Zwar galt für das Wohnhaus in diesem Fall kein Bestandsschutz. Dem Gericht zufolge war das Haus schon wegen eines zu geringen Grenzabstandes zum Nachbarn nicht genehmigungsfähig. Die fehlende Baugenehmigung gehe zulasten der Eigentümerin. Aber: Die Baubehörde habe ihren Ermessensspielraum fehlerhaft ausgeübt. Gebe es konkrete Anhaltspunkte für eine vorübergehende oder dauerhafte Duldung des Gebäudes, müsse eine weitergehende Abwägung des "Für und Wider" einer Abrissanordnung stattfinden. Diese habe hier gefehlt.

Was sprach gegen den Abriss?


Laut Gericht war ein Argument gegen den Abriss, dass das Haus schon vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges als Wohnhaus genutzt worden war. Die Baubehörden dürften durchaus sogenannte Stichtagsregelungen in ihre Entscheidung einbeziehen. Das Kriegsende sei ein derartiger Stichtag. 70 Jahre lang habe das Haus gestanden, ohne dass jemals eine Behörde eingeschritten sei. Auch sei zu berücksichtigen, dass im Krieg viele Akten verloren gegangen seien. Dies habe nicht nur Behörden betroffen, sondern auch private Hauseigentümer. Zeugenvernehmungen über die tatsächlichen Verhältnisse seien aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr möglich. Die Baubehörde hätte alle diese Punkte in ihre Erwägungen einbeziehen müssen, anstatt nur zu argumentieren: keine Baugenehmigung = Abriss. Damit war die Abrissverfügung des Bauamts rechtswidrig.

Muss in jedem Fall eine Stichtagsregelung angewendet werden?


Das Gericht erläuterte aber auch, dass selbst in einem solchen Fall eine rechtsgültige Abrissverfügung denkbar sei. Voraussetzung sei, dass die Baubehörde die genannten Erwägungen korrekt in eine Abwägung einbeziehe. Auch die Anwendung einer Stichtagsregelung liege letztendlich im Ermessen der Behörde und bedeute nicht automatisch, dass jedes vor dem Stichtag errichtete Haus stehen bleiben dürfe. Natürlich seien auch Ausnahmen von einer Stichtagsregelung denkbar, wenn das Bauamt diese ordentlich begründe (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 24.2.2016, Az. 7 A 19/14).

Nochmals kurz gefragt und kurz geantwortet



1. Was ist ein Schwarzbau?
Ein Schwarzbau ist ein Bauwerk oder ein Teil davon, das ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet wurde.

2. Welche Konsequenzen drohen bei einem Schwarzbau?
Mögliche Konsequenzen sind Abrissverfügungen, Nutzungsverbote und Bußgelder.

3. Kann ein Schwarzbau nachträglich genehmigt werden?
Ja, ein Schwarzbau kann unter bestimmten Voraussetzungen nachträglich genehmigt werden, wenn er den geltenden Bauvorschriften entspricht.

4. Wie kann man herausfinden, ob ein Bauwerk ein Schwarzbau ist?
Dies lässt sich durch Einsicht in die Bauakte bei der zuständigen Baubehörde klären. Dort sind alle genehmigten Bauvorhaben dokumentiert.

5. Welche Fristen gelten bei der Verfolgung von Schwarzbauten?
Für die Verfolgung von Schwarzbauten durch die zuständige Behörde gibt es keine bestimmten Frist.

6. Haben Schwarzbauten Bestandsschutz?
Grundsätzlich haben Schwarzbauten keinen Bestandsschutz. Eine Ausnahme gilt, wenn die zuständige Behörde das Bauwerk wissentlich über einen längeren Zeitraum geduldet hat.

7. Was passiert mit einem Schwarzbau im Außenbereich?
Der Außenbereich ist grundsätzlich bebauungsfreies Gebiet. Eine Abrissverfügung ist deshalb sehr wahrscheinlich.

8. Wie kann man gegen eine Abrissverfügung vorgehen?
Eine Abrissverfügung ist ein Verwaltungsakt, gegen den Widerspruch eingelegt und gegebenenfalls Klage erhoben werden kann.

Praxistipp zum Schwarzbau


Die Baubehörde kann nicht in jedem Fall den Abriss eines Gebäudes verlangen, der wegen mangelnder Baugenehmigung als Schwarzbau gilt. Chancen vor Gericht haben Hauseigentümer insbesondere, wenn es sich die Behörde bei ihrer Entscheidung zu einfach gemacht und den Fall nicht gründlich genug abgewogen hat. Ein Fachanwalt für Baurecht kann betroffene Hauseigentümer dazu beraten, wie sie am besten vorgehen.

(Ma)


 Ulf Matzen
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