Sexting: Müssen Eltern WhatsApp von Smartphones der Kinder löschen?
16.09.2022, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Das Wort Sexting setzt sich aus den Wörtern "Sex" und "Texting" zusammen. Es steht für das Versenden und Empfangen selbst hergestellter, freizügiger Bilder per Computer oder Smartphone. Oft kommt es dabei jedoch zu sexueller Belästigung.
Für Eltern ist es mitunter nicht einfach, über die Netz-Aktivitäten ihrer minderjährigen Kinder die Übersicht zu behalten. Meist wird diesem Thema auch wenig bis keine Aufmerksamkeit geschenkt. Manchmal geht dies ins Auge. Vor einiger Zeit hat ein Gericht einen Vater dazu verurteilt, die Smartphones seiner Töchter regelmäßig zu kontrollieren und bestimmte Anwendungen von den Geräten zu löschen.
Ein Ehepaar hatte sich 2006 getrennt und sich dann scheiden lassen. Zunächst waren die beiden heute zehn und 15 Jahre alten Töchter bei der Mutter geblieben. Später dann hatte das Familiengericht dem Vater das Recht zur Aufenthaltsbestimmung übertragen. Danach wohnten die Kinder bei ihm. Die jüngere Tochter besaß ein Smartphone, die ältere zwei. Auf beiden Geräten waren diverse Apps installiert, darunter auch die bekannte Messenger-App "WhatsApp."
Nun kam heraus, dass ein alter Schulfreund des Vaters der älteren Tochter lange Zeit per WhatsApp sexuell belästigende Text- und Bildmitteilungen geschickt hatte. Der Mann wohnte im Nachbarort. Wenn eine der Töchter Arzt- oder Therapietermine hatte, verbrachte der Vater bei diesem Freund in Begleitung der jeweils anderen Tochter die Wartezeit.
Einer Lehrerin hatte die ältere Tochter erzählt, dass der Freund ihres Vaters bei den Besuchen auch Fotos von den Kindern gemacht habe. Schließlich erstattete die Tochter gemeinsam mit ihrer Mutter Strafanzeige wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den Schulfreund des Vaters.
Ihren Töchtern hatte die Mutter empfohlen, den Bekannten des Vaters als Kontakt bei WhatsApp zu blockieren. Es kam jedoch trotzdem zu weiteren Belästigungen. Der Vater vertraute zunächst noch seinem alten Freund weiter. Er erfuhr sehr spät vom Inhalt der Mitteilungen, da seine Tochter sich geschämt hatte, ihm davon zu erzählen. Vor dem Familiengericht wurde darüber verhandelt, wie die Kinder am besten geschützt werden könnten.
Das Gericht sah sich die Lebensumstände der Beteiligten genau an. Beide Elternteile hatten neue Partner, mit denen sich die Kinder gut verstanden. Der Vater plante, mit den Kindern zu seiner neuen Partnerin in einen 12 Kilometer entfernten Ort zu ziehen, worauf diese sich freuten. Er konnte glaubhaft versichern, den Kontakt zu seinem alten Schulfreund ganz abgebrochen zu haben. Um sicherzugehen, verhängte das Gericht zum Schutz der Kinder jedoch verschiedene Auflagen hinsichtlich der Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel.
Das Gericht verpflichtete den Vater dazu, jeden Kontakt der Kinder zu seinem alten Schulfreund aktiv zu unterbinden. Außerdem durfte er den Töchtern nur jeweils maximal ein internetfähiges mobiles Smart-Gerät (Smartphone oder Tablet) zur Verfügung stellen. WhatsApp müsse von den Geräten der Kinder entfernt werden. Auf Wunsch der Töchter könne man vorher ihre Chat-Verläufe speichern oder ausdrucken.
Außerdem wurde der Vater dazu verurteilt, jegliche Messenger-Apps von den Smartphones seiner Kinder fernzuhalten, die eine zwangsweise automatische Vernetzung des Nutzers mittels der eigenen sowie fremder im Gerät hinterlegter Mobiltelefonnummern zwingend vorsehen. Dies ist zum Beispiel bei WhatsApp der Fall. Bei der älteren Tochter galt dies bis einen Tag vor ihrem 18. und bei der jüngeren bis einen Tag vor ihrem 16. Geburtstag.
Das Gericht erlegte dem Vater außerdem auf, künftig am ersten Wochenende eines jeden Monats mit seinen Töchtern ein Gespräch über ihre Handynutzung und eventuelle Fragen dazu oder Vorfälle dabei zu führen. Er muss ferner einmal pro Quartal die Smartphones der Kinder selbst auf installierte Apps und jugendgefährdende Inhalte überprüfen. Dies gilt ebenfalls bis zum Erreichen der genannten Altersgrenzen. Anfangs musste er zusätzlich die Erfüllung dieser Pflichten auch gegenüber dem Gericht nachweisen.
In dem Urteil befasste sich das Gericht ausführlich mit der Funktionsweise von WhatsApp. Es erklärte, dass es durchaus möglich ist, bei Kenntnis der Handynummer eine auf WhatsApp erfolgte Blockade zu umgehen. Dies könne mit mäßigem Aufwand geschehen. Es sei daher zu befürchten, dass der Belästiger immer wieder Kontakt zu den Kindern aufnehme. Allein die Entfernung der App schütze die Kinder vor einer wahrscheinlichen Wiederholung der sexuellen Belästigungen (Amtsgericht Bad Hersfeld, Beschluss vom 22.7.2016, Az. F 361/16 EASO).
Auch, wenn die Kontrolle der Handys reichlich Konfliktstoff birgt: Eltern sollten sich damit befassen, wie der Nachwuchs das Smartphone nutzt. Nur so lässt sich bösen Überraschungen vorbeugen, oder man kann diese zumindest frühestmöglich erkennen. Kommt es, wie im obigen Fall, zu sexuellen Belästigungen über Messengerdienste wie Whatsapp, ist die Einschränkung der Nutzung bis hin zum Löschen entsprechender Apps unvermeidlich, um der elterlichen Fürsorgepflicht gerecht zu werden. Bei einem solchen Prozess geht es sehr schnell auch um die Frage, ob der jeweilige Elternteil die Kinder behalten darf. Kommt es - wie hier - zu einem Verfahren vor dem Familiengericht, empfiehlt sich die Beratung durch einen Anwalt für Familienrecht.
Für Eltern ist es oft schwierig, die Nutzung von WhatsApp & Co durch ihre Kinder nachzuvollziehen. Aber: Müssen Eltern die Smartphones ihrer Kinder regelmäßig kontrollieren und sogar bestimmte Apps löschen?
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was war passiert? Was geschah dann? Was ordnete das Gericht an? Kein WhatsApp mehr Löschung von bestimmten Messengern Zusätzlich Gesprächspflicht und Telefonkontrolle Warum reicht ein Blockieren des Belästigers nicht aus? Praxistipp zur Nutzung von WhatsApp durch Kinder Für Eltern ist es mitunter nicht einfach, über die Netz-Aktivitäten ihrer minderjährigen Kinder die Übersicht zu behalten. Meist wird diesem Thema auch wenig bis keine Aufmerksamkeit geschenkt. Manchmal geht dies ins Auge. Vor einiger Zeit hat ein Gericht einen Vater dazu verurteilt, die Smartphones seiner Töchter regelmäßig zu kontrollieren und bestimmte Anwendungen von den Geräten zu löschen.
Was war passiert?
Ein Ehepaar hatte sich 2006 getrennt und sich dann scheiden lassen. Zunächst waren die beiden heute zehn und 15 Jahre alten Töchter bei der Mutter geblieben. Später dann hatte das Familiengericht dem Vater das Recht zur Aufenthaltsbestimmung übertragen. Danach wohnten die Kinder bei ihm. Die jüngere Tochter besaß ein Smartphone, die ältere zwei. Auf beiden Geräten waren diverse Apps installiert, darunter auch die bekannte Messenger-App "WhatsApp."
Nun kam heraus, dass ein alter Schulfreund des Vaters der älteren Tochter lange Zeit per WhatsApp sexuell belästigende Text- und Bildmitteilungen geschickt hatte. Der Mann wohnte im Nachbarort. Wenn eine der Töchter Arzt- oder Therapietermine hatte, verbrachte der Vater bei diesem Freund in Begleitung der jeweils anderen Tochter die Wartezeit.
Einer Lehrerin hatte die ältere Tochter erzählt, dass der Freund ihres Vaters bei den Besuchen auch Fotos von den Kindern gemacht habe. Schließlich erstattete die Tochter gemeinsam mit ihrer Mutter Strafanzeige wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung gegen den Schulfreund des Vaters.
Was geschah dann?
Ihren Töchtern hatte die Mutter empfohlen, den Bekannten des Vaters als Kontakt bei WhatsApp zu blockieren. Es kam jedoch trotzdem zu weiteren Belästigungen. Der Vater vertraute zunächst noch seinem alten Freund weiter. Er erfuhr sehr spät vom Inhalt der Mitteilungen, da seine Tochter sich geschämt hatte, ihm davon zu erzählen. Vor dem Familiengericht wurde darüber verhandelt, wie die Kinder am besten geschützt werden könnten.
Was ordnete das Gericht an?
Das Gericht sah sich die Lebensumstände der Beteiligten genau an. Beide Elternteile hatten neue Partner, mit denen sich die Kinder gut verstanden. Der Vater plante, mit den Kindern zu seiner neuen Partnerin in einen 12 Kilometer entfernten Ort zu ziehen, worauf diese sich freuten. Er konnte glaubhaft versichern, den Kontakt zu seinem alten Schulfreund ganz abgebrochen zu haben. Um sicherzugehen, verhängte das Gericht zum Schutz der Kinder jedoch verschiedene Auflagen hinsichtlich der Nutzung elektronischer Kommunikationsmittel.
Kein WhatsApp mehr
Das Gericht verpflichtete den Vater dazu, jeden Kontakt der Kinder zu seinem alten Schulfreund aktiv zu unterbinden. Außerdem durfte er den Töchtern nur jeweils maximal ein internetfähiges mobiles Smart-Gerät (Smartphone oder Tablet) zur Verfügung stellen. WhatsApp müsse von den Geräten der Kinder entfernt werden. Auf Wunsch der Töchter könne man vorher ihre Chat-Verläufe speichern oder ausdrucken.
Löschung von bestimmten Messengern
Außerdem wurde der Vater dazu verurteilt, jegliche Messenger-Apps von den Smartphones seiner Kinder fernzuhalten, die eine zwangsweise automatische Vernetzung des Nutzers mittels der eigenen sowie fremder im Gerät hinterlegter Mobiltelefonnummern zwingend vorsehen. Dies ist zum Beispiel bei WhatsApp der Fall. Bei der älteren Tochter galt dies bis einen Tag vor ihrem 18. und bei der jüngeren bis einen Tag vor ihrem 16. Geburtstag.
Zusätzlich Gesprächspflicht und Telefonkontrolle
Das Gericht erlegte dem Vater außerdem auf, künftig am ersten Wochenende eines jeden Monats mit seinen Töchtern ein Gespräch über ihre Handynutzung und eventuelle Fragen dazu oder Vorfälle dabei zu führen. Er muss ferner einmal pro Quartal die Smartphones der Kinder selbst auf installierte Apps und jugendgefährdende Inhalte überprüfen. Dies gilt ebenfalls bis zum Erreichen der genannten Altersgrenzen. Anfangs musste er zusätzlich die Erfüllung dieser Pflichten auch gegenüber dem Gericht nachweisen.
Warum reicht ein Blockieren des Belästigers nicht aus?
In dem Urteil befasste sich das Gericht ausführlich mit der Funktionsweise von WhatsApp. Es erklärte, dass es durchaus möglich ist, bei Kenntnis der Handynummer eine auf WhatsApp erfolgte Blockade zu umgehen. Dies könne mit mäßigem Aufwand geschehen. Es sei daher zu befürchten, dass der Belästiger immer wieder Kontakt zu den Kindern aufnehme. Allein die Entfernung der App schütze die Kinder vor einer wahrscheinlichen Wiederholung der sexuellen Belästigungen (Amtsgericht Bad Hersfeld, Beschluss vom 22.7.2016, Az. F 361/16 EASO).
Praxistipp zur Nutzung von WhatsApp durch Kinder
Auch, wenn die Kontrolle der Handys reichlich Konfliktstoff birgt: Eltern sollten sich damit befassen, wie der Nachwuchs das Smartphone nutzt. Nur so lässt sich bösen Überraschungen vorbeugen, oder man kann diese zumindest frühestmöglich erkennen. Kommt es, wie im obigen Fall, zu sexuellen Belästigungen über Messengerdienste wie Whatsapp, ist die Einschränkung der Nutzung bis hin zum Löschen entsprechender Apps unvermeidlich, um der elterlichen Fürsorgepflicht gerecht zu werden. Bei einem solchen Prozess geht es sehr schnell auch um die Frage, ob der jeweilige Elternteil die Kinder behalten darf. Kommt es - wie hier - zu einem Verfahren vor dem Familiengericht, empfiehlt sich die Beratung durch einen Anwalt für Familienrecht.
(Ma)