Sittenwidrige Mithaftung in Darlehensverträgen
21.06.2017, Autor: Frau Sabine Burges / Lesedauer ca. 2 Min. (147 mal gelesen)
Ist der Mitverpflichtete eines Darlehensvertrages finanziell krass überfordert und mit dem Darlehensnehmer persönlich eng verbunden, ist von einer sittenwidrigen Mithaftung auszugehen.
BGH bekräftigt Rechtsprechung zur sittenwidrigen Mithaftung in Darlehensverträgen
Der BGH hat sich in seiner Entscheidung XI ZR 32/16 vom 15.11.2016 erneut mit der Frage der Sittenwidrigkeit der Mithaftungserklärung bei Vorliegen einer krassen finanziellen Überforderung befasst und seine bisherige Rechtsprechung zur Thema bekräftig.
Bei Darlehensbewilligung bestehen die Banken in der Regel auf eine Mithaftung des Ehegatten oder sonstiger Familienangehöriger. Dabei ist jedoch nicht jeder der im Darlehensvertrag als "Darlehensnehmer" bezeichnet wird, wie ein solcher zu behandeln. Nach der zitierten Rechtsprechung ist der Wortlaut im Vertrag nicht entscheidend, sondern es ist auf die Interessenlage der Vertragspartner abzustellen. Demnach hängt die rechtliche Qualifizierung als eigene Darlehensschuld oder als reine Mithaftung davon ab, ob der Angehörige als gleichberechtigter Vertragspartner neben dem Darlehensnehmer einen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta haben und im Gegenzug zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein soll, oder ob er ausschließlich zu Sicherungszwecken mithaften soll. Mitdarlehensnehmer ist daher nur derjenige, der ein eigenes sachliches und persönliches Interesse an der Kreditaufnahme hat und gleichberechtigt über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta mit entscheiden darf. Ein Anhaltspunkt kann dabei z.B. sein, ob der Mithaftende einer Immobilienfinanzierung als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
Soweit es sich bei der in die Finanzierung hereingenommenen Person nur um einen Mithaftenden handelt, ist nach der Rechtsprechung dann weiter zu prüfen, ob dessen Mithaftung sittenwidrig ist. Dies wäre der Fall, wenn der Mithaftende bei Aufnahme des Darlehens von Anfang an in finanziell krasser Weise überfordert war. Es gilt dann zu Gunsten des Mithaftenden die tatsächliche Vermutung, dass dieser die ruinöse Mithaftung alleine aus emotionaler Verbundenheit dem Darlehensnehmer gegenüber übernommen hat, und die Bank dies sittenwidrig ausgenutzt hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (u.a. XI ZR 121/02 vom 14.10.2003; XI ZR 325/03 vom 25.01.2005; XI ZR 330/05 vom 25.04.2006; XI ZR 539/07 vom 16.06.2009), ist von der Sittenwidrigkeit der Mithaftungserklärung dann auszugehen, wenn der Hauptschuldner dem Mithaftenden persönlich besonders nahe steht. Dann kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass der Mithaftende die ihn vielleicht bis an das Lebensende übermäßig belastende finanzielle Verpflichtung alleine aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner eingegangen ist und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat. Ob eine krasse finanzielle Überforderung vorliegt ist daran zu bewerten, ob der Mithaftende im Zeitpunkt des Zinsbeginns des Darlehens die Zinslast aus eigenem Einkommen aufbringen kann. Ist dies nicht der Fall, etwa weil der Ehegatte gar nicht oder nur geringfügig beruflich beschäftigt ist, wird von einer krassen finanziellen Überforderung des Mithaftenden und dessen sittenwidriger Mitverpflichtung auszugehen sein. In der Konsequenz sollte in diesen Fällen bei der Bank eine Haftungsentlassung des Mitverpflichteten aus dem Darlehensvertrag beantragt werden.
Sabine Burges
Rechtsanwältin und Fachanwältin
für Bank- und Kapitalmarktrecht
Frankfurt
BGH bekräftigt Rechtsprechung zur sittenwidrigen Mithaftung in Darlehensverträgen
Der BGH hat sich in seiner Entscheidung XI ZR 32/16 vom 15.11.2016 erneut mit der Frage der Sittenwidrigkeit der Mithaftungserklärung bei Vorliegen einer krassen finanziellen Überforderung befasst und seine bisherige Rechtsprechung zur Thema bekräftig.
Bei Darlehensbewilligung bestehen die Banken in der Regel auf eine Mithaftung des Ehegatten oder sonstiger Familienangehöriger. Dabei ist jedoch nicht jeder der im Darlehensvertrag als "Darlehensnehmer" bezeichnet wird, wie ein solcher zu behandeln. Nach der zitierten Rechtsprechung ist der Wortlaut im Vertrag nicht entscheidend, sondern es ist auf die Interessenlage der Vertragspartner abzustellen. Demnach hängt die rechtliche Qualifizierung als eigene Darlehensschuld oder als reine Mithaftung davon ab, ob der Angehörige als gleichberechtigter Vertragspartner neben dem Darlehensnehmer einen Anspruch auf Auszahlung der Darlehensvaluta haben und im Gegenzug zur Rückzahlung des Darlehens verpflichtet sein soll, oder ob er ausschließlich zu Sicherungszwecken mithaften soll. Mitdarlehensnehmer ist daher nur derjenige, der ein eigenes sachliches und persönliches Interesse an der Kreditaufnahme hat und gleichberechtigt über die Auszahlung bzw. Verwendung der Darlehensvaluta mit entscheiden darf. Ein Anhaltspunkt kann dabei z.B. sein, ob der Mithaftende einer Immobilienfinanzierung als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen ist.
Soweit es sich bei der in die Finanzierung hereingenommenen Person nur um einen Mithaftenden handelt, ist nach der Rechtsprechung dann weiter zu prüfen, ob dessen Mithaftung sittenwidrig ist. Dies wäre der Fall, wenn der Mithaftende bei Aufnahme des Darlehens von Anfang an in finanziell krasser Weise überfordert war. Es gilt dann zu Gunsten des Mithaftenden die tatsächliche Vermutung, dass dieser die ruinöse Mithaftung alleine aus emotionaler Verbundenheit dem Darlehensnehmer gegenüber übernommen hat, und die Bank dies sittenwidrig ausgenutzt hat.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (u.a. XI ZR 121/02 vom 14.10.2003; XI ZR 325/03 vom 25.01.2005; XI ZR 330/05 vom 25.04.2006; XI ZR 539/07 vom 16.06.2009), ist von der Sittenwidrigkeit der Mithaftungserklärung dann auszugehen, wenn der Hauptschuldner dem Mithaftenden persönlich besonders nahe steht. Dann kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass der Mithaftende die ihn vielleicht bis an das Lebensende übermäßig belastende finanzielle Verpflichtung alleine aus emotionaler Verbundenheit mit dem Hauptschuldner eingegangen ist und der Kreditgeber dies in sittlich anstößiger Weise ausgenutzt hat. Ob eine krasse finanzielle Überforderung vorliegt ist daran zu bewerten, ob der Mithaftende im Zeitpunkt des Zinsbeginns des Darlehens die Zinslast aus eigenem Einkommen aufbringen kann. Ist dies nicht der Fall, etwa weil der Ehegatte gar nicht oder nur geringfügig beruflich beschäftigt ist, wird von einer krassen finanziellen Überforderung des Mithaftenden und dessen sittenwidriger Mitverpflichtung auszugehen sein. In der Konsequenz sollte in diesen Fällen bei der Bank eine Haftungsentlassung des Mitverpflichteten aus dem Darlehensvertrag beantragt werden.
Sabine Burges
Rechtsanwältin und Fachanwältin
für Bank- und Kapitalmarktrecht
Frankfurt