Sonderangebot: Wie lange muss die Ware im Laden vorrätig sein?

22.10.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
Sonderangebot,vorrätig,Dauer,Laden Wie lange müssen Händler Sonderangebote vorrätig halten? © Bu - Anwalt-Suchservice

Sobald die Weihnachtseinkäufe erledigt sind, hört man das Wort "Winterschlussverkauf". Wieder einmal locken günstige Angebote. Nur: Was ist, wenn die Ware schnell vergriffen ist?

Der Winterschlussverkauf fängt am 28.1. an und dauert dann rund zwei Wochen. Er ist eine vollkommen freiwillige Sache: Rechtlich gesehen dürfen Händler das ganze Jahr über Sonderangebote und Rabattaktionen veranstalten. Unabhängig vom Termin haben Kunden bei solchen Sonderaktionen aber oft ein bestimmtes Problem: Was ist zu tun, wenn das angebotene Schnäppchen schon nach kurzer Zeit vergriffen ist? Dürfen Händler überhaupt Ware anbieten, die sie nur in geringer Menge oder gar nicht vorrätig haben?

Sonderangebot als sogenanntes Lockvogelangebot


Ein "Lockvogelangebot" ist ein besonders günstiges Angebot, bei dem ein Händler vielleicht gar nicht unbedingt Gewinn machen möchte. Der Sinn des Angebots ist es stattdessen, Kunden in den Laden zu locken, damit diese dann andere Ware zum regulären Preis kaufen. Das Lockangebot darf daher ruhig besonders günstig sein. Allerdings kommt es gerade bei solchen Angeboten oft vor, dass die Ware schon nach ein paar Stunden vergriffen ist. Sind Händler nun dazu verpflichtet, vergünstigte Ware für einen bestimmten Zeitraum in ausreichender Menge vorzuhalten? Oder ist dies allein die Entscheidung der Händler?

Gibt es eine Ein-Tages-Frist für Sonderangebote?


Manchmal hört man, dass Händler ein Sonderangebot zumindest einen Tag lang vorrätig haben müssen. Damit hat sich sogar der Bundesgerichtshof schon beschäftigt - im damaligen Fall ging es um irische Butter. Die Richter entschieden, dass eine Werbung mit besonders günstigen Gelegenheiten beim Kunden für den Eindruck sorge, dass dieses Produkt etwas Besonderes sei und daher auch in besonderem Maße auf Vorrat gehalten werden müsse. Daher müsse ein Sonderangebot jedenfalls am ersten Tag vorrätig sein. Sei dies nicht der Fall, müsse der Händler in seiner Werbung darauf hinweisen. Sonst liege eine Irreführung des Verbrauchers vor. Diese kann für den Händler zu teuren Abmahnungen und Unterlassungsklagen durch Konkurrenten und Verbraucherschutzverbänden führen (Urteil vom 10.2.2011, Az. I ZR 183/09). Private Kunden können zwar dagegen nicht direkt einschreiten. Sie können sich jedoch bei einem Verbraucherschutzverband beschweren, der dann unter Umständen den Händler abmahnt.

Reicht ein Sternchenhinweis im Prospekt?


Also muss ein Kaufmann darauf hinweisen, dass er eine vergünstigte Ware nur eine begrenzte Zeit lang anbietet. Nur: Wie deutlich muss er dies tun?
Bei Händlern sind sogenannte Sternchenhinweise beliebt. Mit diesen verweist man im Verkaufsprospekt auf eine kleingedruckte Bemerkung an anderer Stelle - womöglich in der Hoffnung, dass sowieso kein Kunde genauer nachlesen wird. Schließlich muss man meist erst suchen, wo denn nun das Sternchen erklärt wird.

Auch dazu existieren Gerichtsurteile. Zum Beispiel beschäftigte sich das Landgericht Wiesbaden mit einem Supermarkt, der ein Luftbett und ein Handy günstiger anpriesen hatte. Das Bett war schon nach fünf Minuten ausverkauft, das Handy konnten die Kunden nicht einmal durch Anstellen vor der Öffnungszeit bekommen. Ein Sternchenhinweis im Werbeprospekt wies darauf hin, dass diese Sonderangebote nur vorübergehend zu bekommen seien und dass nicht alle Filialen sie vorrätig hätten. Dem Gericht zufolge war dieser Hinweis nicht ausreichend. Ein Sonderangebot müsse vom angekündigten Verkaufsbeginn an mindestens zwei Tage lang vorrätig sein. Entschuldigt sei das Unternehmen höchstens dann, wenn es beweisen könne, dass es zu einem außergewöhnlichen, nicht vorhersehbaren Kundenansturm gekommen sei (Urteil vom 16.4.2010, Az. 7 O 373/04).

Sonderangebot innerhalb einer Stunde ausverkauft


Das Oberlandesgericht Stuttgart entschied ganz ähnlich im Fall eines Discounters. In dessen Werbung waren ein Computer-Bildschirm und eine Funk-Tastatur zum Schnäppchenpreis angeboten worden. Beide waren nach nur einer Stunde ausverkauft gewesen. Auch hier verlangte das Gericht, dass die vorrätige Ware mindestens zwei Tage lang ausreichen müsse. Dies beziehe sich aber nur auf Waren des täglichen Bedarfs. Laut Gericht schließt dies heute auch Computer und ihr Zubehör ein. Das Gericht ließ hier einen Sternchenhinweis nicht gelten, dem zufolge ein schneller Ausverkauf der Ware möglich sei (Urteil vom 30.6.2005, Az. 2 U 7/05).

Was gilt für Sonderangebote im Onlinehandel?


Auch eine Online-Werbung wird als unlauter angesehen, wenn ein Produkt vollmundig angepriesen wird und dann innerhalb kürzester Zeit ausverkauft ist. Dies passierte auch bei einem Händler, der ein Haushaltsgerät zu einem besonders günstigen Preis im Angebot hatte. Das Gerät war online bereits nach ganzen vier Minuten ausverkauft, in den Filialen nach zwei Stunden.

Das Oberlandesgericht Koblenz entschied dazu, dass die Internetwerbung irreführend gewesen sei. Ein vorhandener Hinweis "nur in limitierter Stückzahl" werde von Kunden nicht so verstanden, dass schon nach vier Minuten alles verkauft sei.

Allerdings unterschied das Gericht zwischen dem Onlinehandel und dem Verkauf in den Filialen. In diesem Fall konnte das Unternehmen beweisen, dass das Gerät bei ähnlichen Aktionen in den Filialen nur von wenigen Kunden nachgefragt worden war. Daher habe man nicht davon ausgehen können, dass es diesmal in den Filialen schon nach zwei Stunden ausverkauft sei. Dieses Argument erkannte das Gericht an (Urteil vom 2.12.2015, Az. 9 U 296/15).

Mit einem Online-Fall beschäftigte sich auch das Oberlandesgericht Hamm: Ein Händler hatte ein E-Bike angeboten, das er gar nicht auf Lager hatte. Die Kunden bekamen erst nach Bestellung und Zahlungsaufforderung eine E-Mail, dass die Ware nicht vorrätig sei und man demnächst ein ähnliches Modell anbiete. Das Gericht sah hier in erster Linie die mangelnde Aufklärung der Kunden als wettbewerbswidrig an. Der Hinweis "nur noch wenige Exemplare auf Lager" reiche nicht aus. Auch müsse der Händler nicht vorrätige Ware aus dem Angebot nehmen (Urteil vom 11.8.2015, Az. 4 U 69/15).

Praxistipp


Zumindest eine Zeit lang muss beworbene Ware wirklich verfügbar sein. Wer als Kunde das Gefühl hat, einem Lockvogelangebot aufgesessen zu sein, kann sich bei den Verbraucherschutzverbänden beschweren. Händler, die Beratung zum Thema Wettbewerbsrecht benötigen, sollten zu einem Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Kontakt aufnehmen.

(Bu)


 Stephan Buch
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