Sportrecht: Wer haftet für die Folgen beim Fußball-Foul?
Wer seinen Gegenspieler beim Fußball rücksichtslos foult, haftet für die Verletzungen, die er dem Gegner bei dem unfairen Zweikampf zufügt. So lautet eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Aktenzeichen I-6 U 241/11) im Fall eines Kreisklasse-Spielers, der von seinem Gegenspieler mit gestrecktem Bein gefoult wurde. Er erlitt eine Knieverletzung, die ihn letztlich berufsunfähig machte. Aus diesem Grund verklagte er den Gegenspieler auf Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 Euro und Schadensersatz. Zu Recht, wie die Hammer Richter empfanden. Mangels Fahrlässigkeit hafte ein Fußballspieler zwar nicht, wenn er seinen Gegenspieler bei regelgerechter und dem Fairnessgebot entsprechender Spielweise verletze. Im vorliegenden Fall aber hafte der Gegenspieler, weil er unter Verstoß gegen die DFB-Fußballregel Nr. 12 rücksichtslos gehandelt habe. Er habe den zur Verletzung des Klägers führenden Zweikampf ohne jede Rücksicht auf die Gefahr und die Folgen seines Einsteigens für den Gegner geführt. Hiervon sei das Landgericht nach einer umfangreichen Beweisaufnahme zu Recht ausgegangen.
Ein Privathaftpflichtversicherer eines Fußballspielers muss bei grobem Foul mit Verletzungsvorsatz nicht zahlen, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (Aktenzeichen 9 U 162/11). Ein Amateurfußballspieler verlangte von seinem Privathaftpflichtversicherer Freistellung von Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüchen eines bei einem Foul verletzten Gegenspielers. Beim Landesligaspiel verletzte der Amateurfußballspieler den Gegenspieler schwer am rechten Bein. Er erlitt einen Wadenbeinbruch, ein ausgekugeltes Sprunggelenk und mehrere Bänderrisse. Der Schiedsrichter erkannte auf grobes Foul im Sinne der Regel Nummer 12 (Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen) und zeigte ihm die rote Karte. Kurz vor dem Angriff hatte der Kläger dem G gedroht, ihm bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen.
Das Gericht sprach den Privathaftpflichtversicherer von seiner Leistungspflicht frei. Der Amateurfußballspieler habe ein grobes Foulspiel im Sinne der Spielregeln des DFB begangen, sein Verhalten liege nicht mehr im Grenzbereich zwischen der im Fußball noch gerechtfertigten Härte und der auch bei sportlichen Kampfspielen unzulässigen Unfairness. Er habe auch vorsätzlich gehandelt. Der Amateurfußballspieler habe die Verletzung des Gegenspielers und deren Umfang zumindest als möglich vorausgesehen und billigend in Kauf genommen. Bei einem derart gefährlichen Einsteigen rechne der eingreifende Spieler stets mit einer ernsthaften Verletzung des Gegners und dürfe nicht darauf vertrauen, dass alles gut gehen werde. Für sich allein rechtfertige der gravierende Regelverstoß jedoch nur den Vorwurf der einfachen oder groben Fahrlässigkeit und auch die evidente Gefahr erheblicher Verletzungen lasse noch nicht auf den erforderlichen Verletzungsvorsatz, allenfalls auf einen rechtlich unerheblichen Gefährdungsvorsatz schließen. Es gehe hier nicht um einen gezielten Schlag oder eine ähnliche Tätlichkeit, die sich schon nach ihrem äußeren Bild auf eine Körperverletzung richte, sondern um eine "Grätsche", die im Fußball üblich und durchaus erlaubt sei, solange sie dem Ball und nicht dem Gegner gelte. Auch sei bei der Prüfung des Vorsatzes zu berücksichtigen, dass Fußball ein ebenso schnelles wie kampfbetontes Spiel sei, dessen Hektik und Eigenart den Spieler oft zwinge, im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen und Risiken einzugehen. Der äußere Hergang des Foulspiels habe hier jedoch eine erhebliche, wenn auch nicht ausreichende Indizwirkung für einen zumindest bedingten Verletzungsvorsatz. Entscheidend für die Annahme des Verletzungsvorsatzes sei vielmehr die weitere Feststellung des Landgerichts, dass der Kläger vor dem Foulspiel gedroht habe, dem G bei der nächsten Aktion die Beine zu brechen. Diese Drohung lasse in der Zusammenschau mit den besonderen Umständen im äußeren Hergang des Foulspiels auf einen entsprechenden Vorsatz schließen.