Wer haftet bei einem Sportunfall?
23.10.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Beim Sport sind Verletzungen keine Seltenheit. Dies gilt nicht allein für Fußball, Eishockey oder die verschiedenen Kampfsportarten. So kann es zum Beispiel bei allen Mannschaftsspielen zu Kollisionen mit anderen Spielern kommen. Bei jeder Sportart kann man Sehnen überdehnen oder unglücklich stürzen. Bei vielen Sportunfällen ist es anschließend nicht mit einem Verband und ein paar Wochen Pause getan. Auch bleibende Schäden sind möglich. Dann ist es sehr schnell mit Freundschaft und Rücksichtnahme unter Vereinskollegen, Sportkameraden oder gegenüber dem Trainer vorbei und es stellt sich die Frage nach der Haftung.
Dies lässt sich nicht pauschal sagen. Verletzt sich zum Beispiel ein Skifahrer an einem unerwarteten Hindernis wie einer falsch geparkten Pistenraupe, muss unter Umständen der Skipistenbetreiber haften.
Viele Unfälle spielen sich beim Sport im Verein ab. Der Sportverein muss grundsätzlich sicherstellen, dass seine Mitglieder keinen Gefahren ausgesetzt sind, die über das Maß hinausgehen, mit dem man vernünftigerweise bei einem üblichen Training rechnen muss. Der Verein muss sich also Gedanken über Sicherheit machen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Wird dies vernachlässigt, kann es zu einer Haftung des Vereins kommen. Hat ein Trainer seine Pflichten verletzt und ist es deshalb zur Verletzung eines Sportlers gekommen, ist eine Haftung von Verein und Trainer nicht ausgeschlossen.
Allerdings bringen manche Sportarten von Natur aus ein höheres Verletzungsrisiko mit sich. Dazu gehören etwa Fußball, Judo oder Reiten. Kommt es dabei zu einem Unfall, können die Geschädigten nicht automatisch jemand anderen für ihren Schaden haftbar machen. Allerdings sind manche Vereine für diesen Fall versichert.
Ein Trainer oder eine Trainerin haftet nur, wenn durch eine Verletzung von Sorgfaltspflichten ein Sportler verletzt wurde und einen Schaden erlitten hat. Ein solcher Fall würde zum Beispiel vorliegen, wenn ein Trainer Kinder an einem defekten Trainingsgerät trainieren lässt oder wenn er bei Turnübungen zu wenig oder unsachgemäß Hilfestellung leistet. Ein weiteres Beispiel ist die Verletzung der Aufsichtspflicht gegenüber Kindern, indem man diese allein in der Sporthalle herumtoben lässt.
Auch wenn ein Sportunfall durch eine Pflichtverletzung des Trainers verursacht wurde, kann es zu einer Haftung des Vereins kommen. Rechtlich gesehen ist der Trainer nämlich der "Verrichtungsgehilfe" des Vereins: Er hilft dem Verein bei dessen Aufgaben und der Verein hat daher auch für Schäden geradezustehen, die der Trainer bei seiner Tätigkeit verursacht. Der Verein kann allerdings um eine Haftung für ein Verschulden des Trainers auch herumkommen, wenn nachgewiesen werden kann, dass dieser ausreichend qualifiziert war, der Verein ihn sorgfältig ausgesucht hat und seine Tätigkeit auch kontrolliert worden ist.
Außerdem kann es zu einer direkten Haftung des Vereins auch wegen eines organisatorischen Verschuldens kommen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Personalplanung nicht richtig funktioniert und die Kinder unbeaufsichtigt durch die Sporthalle toben, weil kein Trainer anwesend ist.
Die meisten Sportvereine haben eine Sportversicherung, eine sogenannte Gruppenversicherung. Durch diese sind Unfälle von Vereinsmitgliedern und -mitarbeitern abgesichert. Solche Versicherungen haben jedoch keinen Standardumfang. Es handelt sich dabei um Versicherungspakete, die individuell auf den Bedarf des einzelnen Vereins abgestimmt werden müssen. Oft schließen sie eine Unfallversicherung ein, häufig auch eine Haftpflichtversicherung etwa für Trainer und manchmal sogar eine Rechtsschutzversicherung. Manche Gruppenversicherungen von Sportvereinen decken sogar Unfälle auf dem Weg zum Training ab.
Mit einem Wegeunfall hat sich der Bundesgerichtshof 2015 beschäftigt. Eine Großmutter hatte ihre Enkelin zu einem Mädchen-Fußballspiel gefahren. Auf dem Weg dorthin kam es zu einem Autounfall. Die Großmutter wurde erheblich verletzt. Zunächst versuchte sie, die Versicherung des Sportvereins in Anspruch zu nehmen. Diese wollte jedoch nicht zahlen, da die Großmutter gar kein Vereinsmitglied und auch keine offizielle Mitarbeiterin war. Diese reichte daraufhin Klage ein. Ihre Begründung: Das Herumfahren der Spielerin sei eine "Geschäftsführung ohne Auftrag" für den Verein gewesen. Deswegen verlange sie den Ersatz ihrer Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld als Aufwendungsersatz.
Der Bundesgerichtshof schloss sich ihrer Argumentation nicht an. Nach Meinung der Richter hatte es sich hier lediglich um eine Gefälligkeit für das Kind und dessen Eltern gehandelt (Urteil vom 23. Juli 2015, Az. III ZR 346/14).
Die Meldung kann sowohl durch den Sportverein oder Verband, als auch durch die verletzte Person erfolgen. Verletzte Sportler sollten auch vor Ort im Verein an den Datenschutz denken und persönliche Angaben nur selbst und unbeobachtet machen.
Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt nur bei Unfällen, die im Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen, also der versicherten Tätigkeit eines Arbeitnehmers. Dazu gehört grundsätzlich auch der Betriebssport. Nicht gesetzlich versichert sind jedoch Sportunfälle im Rahmen privater Sport-Aktivitäten, etwa im Sportverein, oder auch Wettkämpfe.
Grundsätzlich sind Unfälle beim Betriebssport von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt. Voraussetzung ist laut Bundessozialgericht, dass fünf Kriterien erfüllt sind:
1. Der Betriebssport findet regelmäßig, mindestens einmal im Monat, statt. Die Beschäftigten nehmen regelmäßig teil. Gelegentliche Sportangebote sind nicht versichert.
2. Die Teilnahme ist im Wesentlichen auf die Beschäftigten des Betriebes beschränkt. Mehrere Unternehmen dürfen sich zusammenschließen.
3. Der Sport muss in zeitlichem Zusammenhang mit der Tätigkeit im Betrieb stehen. Er sollte vor oder nach der Arbeit oder in den Pausen stattfinden.
4. Die Organisation der sportlichen Veranstaltungen wird unternehmensbezogen durchgeführt. Das Unternehmen finanziert den Sport und hat Einfluss auf Übungszeiten, Ort und Trainer.
5. Die gesetzliche Unfallversicherung haftet nicht bei vorsätzlich verursachten Verletzungen oder solchen durch Alkohol- oder Drogeneinfluss.
Bei als Einzelevent veranstalteten Firmenläufen entscheiden die Gerichte nicht einheitlich. Hier kommt es auf viele verschiedene Faktoren an, zum Beispiel darauf, ob an der Veranstaltung alle Mitarbeiter teilnehmen konnten. Ein häufiges Gegenargument der Gerichte ist, dass nur wenige Kollegen teilgenommen haben und es sich deshalb nicht um eine betriebliche Veranstaltung gehandelt hat. Für das Sozialgericht Detmold reichte eine Einladung an alle Mitarbeiter aus. Dazu kam in diesem Fall, dass die Laufstrecke auch für Untrainierte einfach genug war (Urteil vom 19.3.2015, Az. S 1 U 99/14).
Wenn ein Übungsleiter oder Trainer eine Turnstunde mit Kindern durchführt, hat er die Verantwortung dafür, dass sich diese nicht verletzen. Rechtlich gesehen gilt er als ein sogenannter "Verrichtungsgehilfe" des Vereins. Daher muss der Verein auch für Pflichtverletzungen des Übungsleiters haften. Der Verein ist dazu verpflichtet, durch sinnvolle Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass der Übungsleiter wirklich eine ausreichende Sachkunde besitzt. Dies geht auch aus einem Urteil des Landgerichts Kaiserslautern hervor. Im entsprechenden Verfahren wurden sowohl der Verein, als auch zwei Trainer zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Hier hatten sich Kinder beim Herumturnen an Ringen aufgrund mangelnder Beaufsichtigung und Anleitung verletzt (Urteil vom 4.4.2006, Az: 1 S 145/05).
Im Januar 2021 befasste sich der Bundesgerichtshof mit einem Haftungsfall. Ein 15-Jähriger hatte an einem Kreiskadertraining für minderjährige Tischtennisspieler teilgenommen. Veranstalter war ein Verband mehrerer Vereine. Nach einem Schnelligkeitstraining war der Junge bewusstlos zusammengebrochen. Ein Betreuer brachte ihn in die stabile Seitenlage. Andere Leute suchten nach seinem Asthmaspray. Der Notarzt wurde erst mit einiger Verzögerung gerufen. Dieser stellte einen kompletten Herz- und Kreislaufstillstand sowie Blaufärbung von Haut und Schleimhäuten fest und leitete erfolgreich Wiederbelebungsmaßnahmen ein. Der Junge erlitt jedoch eine dauerhafte Hirnschädigung durch Sauerstoffmangel und wurde auf Dauer zum Pflegefall. Die Eltern verklagten in seinem Namen den Verband sowie die zwei zuständigen Betreuer auf Schmerzensgeld und Schadensersatz auch für künftige Schäden.
Der Bundesgerichtshof entschied im Gegensatz zur Vorinstanz, dass die Beklagten in diesem Fall haften müssten - und zwar aufgrund einer Vertragsbeziehung. Diese sei auch ohne ausdrückliche Absprachen stillschweigend zustande gekommen, als der Junge bei der vom Verband organisierten Veranstaltung das Training aufnahm. Der Verband als Veranstalter sei dazu verpflichtet gewesen, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Dabei hafte er ohne Rücksicht darauf, ob es sich nun um grobe oder leichte Fahrlässigkeit handle. Nicht anwendbar sei der Haftungsausschluss nach § 680 BGB ("Geschäftsführung ohne Auftrag").
Dem BGH zufolge hafteten die Betreuer als Erfüllungsgehilfen des Verbandes. Die Haftungsgrundlage war dabei § 823 Abs. 1 BGB. Beide hätten über eine Ausbildung in Erster Hilfe verfügt. Hätten sie den Notarzt tatsächlich erst zehn Minuten nach dem Zusammenbruch mit Atemstillstand gerufen und auf erkennbar notwendige Wiederbelebungsmaßnahmen verzichtet, liege eine Pflichtverletzung vor. Da die Vorinstanz diese Fragen nicht ausreichend geklärt hatte, wurde der Fall dorthin zurückverwiesen (Urteil vom 19.1.2021, Az. VI ZR 188/17).
Bei vielen Sportarten ist Körperkontakt üblich - nicht nur beim Fußball oder Kampfsport. Der Bundesgerichtshof hat vor Jahren zum Fall eines Fußballers entschieden, der sich beim Gerangel um den Ball verletzt hatte. Das Urteil: Bei einem normalen Aufeinandertreffen im Rahmen des Sports führt eine Verletzung noch nicht zu einem Anspruch auf Schadensersatz. Ein solcher komme nur in Frage, wenn der andere Spieler schuldhaft gegen die Wettkampfregeln verstoßen habe. Auch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit führen zu einer Haftung. Die Beweislast trägt der Geschädigte. Vorteilhaft sind Zeugen, die einen Regelverstoß beobachtet und trotz des hohen Spieltempos genau gesehen haben.
Der Bundesgerichtshof sieht einen Kampf um den Ball beim Fußball als normal an. Wird bei einer den Regeln und dem Fairnessgebot entsprechenden Aktion jemand verletzt, kann der Geschädigte daher keinen Schadensersatz verlangen (Urteil vom 27.10.2009, Az. VI ZR 296/08).
Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil auch mit einer bis dahin verbreiteten Rechtsansicht aufgeräumt: Dass nämlich das reine Bestehen einer Haftpflichtversicherung beim Schädiger schon die Anerkennung eines Schadenersatzanspruches zur Folge haben müsse. Die BGH-Richter erklärten, dass es für einen solchen Anspruch überhaupt nicht relevant sei, ob der Schuldige versichert sei oder nicht.
Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass der Gegenspieler erst dann haftet, wenn er einen vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Regelverstoß begangen und dabei die Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß überschritten hat. Dies nennt man auch "grobe Unsportlichkeit." Um dies zu beurteilen, schauen sich die Gerichte zum Beispiel an, ob der Angriff eines Fußballspielers dem Ball gegolten hat. Ist dies nicht der Fall und sollte nur der andere Spieler getreten werden, besteht die Gefahr einer Haftung. Noch nicht einmal ein Grätschsprung soll jedoch dafür ausreichen. Oft wird dem Verletzten ein Anspruch erst dann zugestanden, wenn der Gegner von hinten angegriffen hat oder es sich zweifelsfrei um eine "Blutgrätsche" handelte – was vom Verletzten zu beweisen ist (OLG Köln, Urteil vom 16. August 2010, Az. 11 U 96/10).
Vor einigen Jahren hat das OLG Hamm ein zivilrechtliches Urteil aus Bochum bestätigt, das einem verletzten Spieler einen Schadensersatz von 6.000 Euro für Arzt- und Krankenhauskosten zuerkannte. Es ging dabei um eine sogenannte Blutgrätsche. Bei dieser grätscht ein Spieler, ohne den Ball zu spielen, in die Beine seines Gegenspielers.
Dazu erklärte das OLG Hamm: Teilnehmer an einem sportlichen Kampfspiel würden Verletzungen in Kauf nehmen, zu denen es bei Verhalten nach den Regeln oder auch bei leichten Regelverstößen kommen könne. Dazu würden auch noch Verhaltensweisen gehören, die sich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewegten. Aber: Werde die Grenze zur unzulässigen Unfairness überschritten, sei es mit dem stillschweigenden Einverständnis vorbei. Dann hafte der Verursacher auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. So sei es auch im verhandelten Fall (OLG Hamm, Az. 34 U 81/05).
Das Landgericht Koblenz hat sich mit der Frage befasst, ob ein Foul, also ein objektiver Regelverstoß, automatisch ein Verschulden und damit eine Haftung auf Schmerzensgeld begründet.
Ein Spieler hatte bei einem Foul einem Spieler der gegnerischen Mannschaft ins Sprunggelenk getreten. Der Schiedsrichter hatte dies als Foul angesehen, aber keine gelbe oder rote Karte verteilt. Es gab eine Vorgeschichte: Nach Aussage des Verletzten war der andere schon vor Spielbeginn darüber erbost gewesen, dass er während des Turniers für zwei verschiedene Mannschaften gespielt habe. Nachdem seine Beschwerde darüber erfolglos geblieben sei, habe er angekündigt, dies selbst zu regeln. Auch von der gegnerischen Mannschaft sei angekündigt worden, die Gegner "umzuhauen". Die durch das Foul verursachte Verletzung führte dazu, dass der verletzte Spieler nie mehr Fußball spielen und auch nicht schmerzfrei anderen Sport ausüben kann. Drei Operationen waren erforderlich. Er verlangte 10.000 Euro Schmerzensgeld und einen kleineren Betrag für Eigenanteile von Behandlungen.
Das Landgericht wies die Klage jedoch ab. Ein objektiver Regelverstoß lasse nicht automatisch auf ein schuldhaftes Verhalten schließen. Solange sich das Verhalten des Spielers noch im Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewege, liege trotz eines Regelverstoßes kein Verschulden vor.
Bei dem Verfahren spielten auch die sehr unterschiedlichen Darstellungen von Zeugen eine Rolle. Das Gericht sah hier keine Beweise für ein grobes unentschuldbares Foul. Auch die Entscheidung des Schiedsrichters, keine Karte zu verteilen, deute darauf hin, dass dieser die Aktion nicht als besonders schlimmes Foulspiel angesehen habe (Landgericht Koblenz, Urteil vom 7.8.2024, Az. 15 O 399/22).
Zwei Fußballvereine der Frauen-Bezirksliga hatten ein Spiel ausgetragen. Kurz nach Spielbeginn gab eine Mittelfeldspielerin einen Schuss auf das gegnerische Tor ab. Unmittelbar danach wurde sie von der gegnerischen Torhüterin so heftig in den Unterschenkel getreten, dass sie sich verletzte. Sie schied aus dem Spiel aus. Der Schiedsrichter hatte kein Foul gesehen. Die Mittelfeldspielerin erlitt einen Unterschenkelbruch, der eine Notoperation nötig machte. Bei der Heilung gab es Komplikationen. Weitere Operationen und eine dauerhafte Nervenschädigung mit langfristiger Gehbehinderung waren die Folge. Die Mittelfeldspielerin verlangte Schadensersatz und 50.000 Euro Schmerzensgeld. Die Torhüterin habe sie absichtlich mit gestreckten Bein gefoult, nachdem sie selbst einen aus dem Mittelfeld heraus geflankten Ball ins Tor geschossen habe. Die Torhüterin verteidigte sich damit, dass beide mit hoher Geschwindigkeit auf den Ball zugelaufen seien. Sie habe nicht mehr rechtzeitig abbremsen können und die Klägerin versehentlich kurz nach deren Torschuss umgerannt.
Laut Oberlandesgericht Hamm konnte die Klägerin nicht beweisen, dass hier ein Regelverstoß im Sinne einer groben Unsportlichkeit stattgefunden habe. Zeugen hätten ausgesagt, dass das Zusammentreffen der beiden Spielerinnen noch als normaler Zweikampf um den Ball angesehen werden könne. Jedenfalls deute nichts darauf hin, dass die Torhüterin die Mittelfeldspielerin absichtlich verletzt habe, um sie zum Beispiel für den erfolgreichen Torschuss zu bestrafen. Das Gericht erließ einen entsprechenden Hinweisbeschluss und die verletzte Spielerin nahm ihre Klage zurück (Beschluss vom 22.12.2016, Az. 9 U 138/16).
Auch eine private Unfallversicherung zahlt unter Umständen bei einem Sportunfall – insbesondere bei dauerhaften Schäden. Dann hängt der Umfang der Zahlung davon ab, welche Gliedmaßen zu wie viel Prozent ihre Funktion verloren haben. Im Versicherungsvertrag kann eine Unfallrente vereinbart werden, sowie ein Krankenhaustagegeld oder auch eine Kostenübernahme für kosmetische Operationen. Diese bezahlt die gesetzliche Krankenkasse oft nicht. Entscheidend ist also der vereinbarte Versicherungsumfang. Ausgeschlossen ist meist alles, was mit dem Flugsport zusammenhängt, ferner Unfälle beim Paragliding und beim Rennsport mit Fahrzeugen. Auch Klettern, Eishockey und andere Risikosportarten können ausgeschlossen sein – man sollte also seinen Vertrag sehr genau lesen.
Wer eine verletzungsträchtige Sportart ausüben will, sollte sich vorher darüber informieren, ob der Verein eigene Versicherungen für seine Mitglieder unterhält. Auch die eigenen Versicherungen sollte man genau prüfen. Bei Rechtsproblemen im Zusammenhang mit Sportverletzungen und der Haftung von Vereinen und Trainern ist ein Fachanwalt für Sportrecht der kompetenteste Ansprechpartner.
Das Wichtigste in Kürze
1. Eigenverantwortung: Bei Sportunfällen gilt in der Regel, dass jeder Teilnehmer das allgemeine Verletzungsrisiko des Sports selbst trägt.
2. Haftung bei Fahrlässigkeit / Vorsatz: Eine Haftung kann bestehen, wenn ein Trainer bzw. Sportkollege grob fahrlässig oder vorsätzlich handelt und dadurch den Unfall verursacht.
3. Haftungsausschluss: Viele Sportveranstaltungen oder Vereine haben Haftungsausschlüsse, die das Risiko auf die Teilnehmer übertragen, solange keine grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Handlungen vorliegen.
1. Eigenverantwortung: Bei Sportunfällen gilt in der Regel, dass jeder Teilnehmer das allgemeine Verletzungsrisiko des Sports selbst trägt.
2. Haftung bei Fahrlässigkeit / Vorsatz: Eine Haftung kann bestehen, wenn ein Trainer bzw. Sportkollege grob fahrlässig oder vorsätzlich handelt und dadurch den Unfall verursacht.
3. Haftungsausschluss: Viele Sportveranstaltungen oder Vereine haben Haftungsausschlüsse, die das Risiko auf die Teilnehmer übertragen, solange keine grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Handlungen vorliegen.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Wer haftet bei einem Sportunfall? Wann haftet der Trainer nach einem Sportunfall? Wann haftet der Sportverein für Sportunfälle? Sind Sportler über den Sportverein versichert? Zahlt die Vereinsversicherung für einen Unfall auf dem Weg zum Sport? Wer meldet der Versicherung einen Sportunfall? Zahlt die gesetzliche Unfallversicherung nach einem Sportunfall? Zahlt die gesetzliche Unfallversicherung beim Betriebssport? Wann haftet ein Trainer beim Turnen mit Kindern? Fall: Notarzt zu spät gerufen Wann haftet ein Sportkollege? Haftet man im Sport nach einem Regelverstoß? Blutgrätsche: Haftung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld Update vom 23.10.2024: Spricht Regelverstoß immer für Schmerzensgeldanspruch? Fall: Verletzung beim Frauenfußball Wann zahlt die private Unfallversicherung? Praxistipp zur Haftung bei Sportunfällen Wer haftet bei einem Sportunfall?
Dies lässt sich nicht pauschal sagen. Verletzt sich zum Beispiel ein Skifahrer an einem unerwarteten Hindernis wie einer falsch geparkten Pistenraupe, muss unter Umständen der Skipistenbetreiber haften.
Viele Unfälle spielen sich beim Sport im Verein ab. Der Sportverein muss grundsätzlich sicherstellen, dass seine Mitglieder keinen Gefahren ausgesetzt sind, die über das Maß hinausgehen, mit dem man vernünftigerweise bei einem üblichen Training rechnen muss. Der Verein muss sich also Gedanken über Sicherheit machen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Wird dies vernachlässigt, kann es zu einer Haftung des Vereins kommen. Hat ein Trainer seine Pflichten verletzt und ist es deshalb zur Verletzung eines Sportlers gekommen, ist eine Haftung von Verein und Trainer nicht ausgeschlossen.
Allerdings bringen manche Sportarten von Natur aus ein höheres Verletzungsrisiko mit sich. Dazu gehören etwa Fußball, Judo oder Reiten. Kommt es dabei zu einem Unfall, können die Geschädigten nicht automatisch jemand anderen für ihren Schaden haftbar machen. Allerdings sind manche Vereine für diesen Fall versichert.
Wann haftet der Trainer nach einem Sportunfall?
Ein Trainer oder eine Trainerin haftet nur, wenn durch eine Verletzung von Sorgfaltspflichten ein Sportler verletzt wurde und einen Schaden erlitten hat. Ein solcher Fall würde zum Beispiel vorliegen, wenn ein Trainer Kinder an einem defekten Trainingsgerät trainieren lässt oder wenn er bei Turnübungen zu wenig oder unsachgemäß Hilfestellung leistet. Ein weiteres Beispiel ist die Verletzung der Aufsichtspflicht gegenüber Kindern, indem man diese allein in der Sporthalle herumtoben lässt.
Wann haftet der Sportverein für Sportunfälle?
Auch wenn ein Sportunfall durch eine Pflichtverletzung des Trainers verursacht wurde, kann es zu einer Haftung des Vereins kommen. Rechtlich gesehen ist der Trainer nämlich der "Verrichtungsgehilfe" des Vereins: Er hilft dem Verein bei dessen Aufgaben und der Verein hat daher auch für Schäden geradezustehen, die der Trainer bei seiner Tätigkeit verursacht. Der Verein kann allerdings um eine Haftung für ein Verschulden des Trainers auch herumkommen, wenn nachgewiesen werden kann, dass dieser ausreichend qualifiziert war, der Verein ihn sorgfältig ausgesucht hat und seine Tätigkeit auch kontrolliert worden ist.
Außerdem kann es zu einer direkten Haftung des Vereins auch wegen eines organisatorischen Verschuldens kommen. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn die Personalplanung nicht richtig funktioniert und die Kinder unbeaufsichtigt durch die Sporthalle toben, weil kein Trainer anwesend ist.
Sind Sportler über den Sportverein versichert?
Die meisten Sportvereine haben eine Sportversicherung, eine sogenannte Gruppenversicherung. Durch diese sind Unfälle von Vereinsmitgliedern und -mitarbeitern abgesichert. Solche Versicherungen haben jedoch keinen Standardumfang. Es handelt sich dabei um Versicherungspakete, die individuell auf den Bedarf des einzelnen Vereins abgestimmt werden müssen. Oft schließen sie eine Unfallversicherung ein, häufig auch eine Haftpflichtversicherung etwa für Trainer und manchmal sogar eine Rechtsschutzversicherung. Manche Gruppenversicherungen von Sportvereinen decken sogar Unfälle auf dem Weg zum Training ab.
Zahlt die Vereinsversicherung für einen Unfall auf dem Weg zum Sport?
Mit einem Wegeunfall hat sich der Bundesgerichtshof 2015 beschäftigt. Eine Großmutter hatte ihre Enkelin zu einem Mädchen-Fußballspiel gefahren. Auf dem Weg dorthin kam es zu einem Autounfall. Die Großmutter wurde erheblich verletzt. Zunächst versuchte sie, die Versicherung des Sportvereins in Anspruch zu nehmen. Diese wollte jedoch nicht zahlen, da die Großmutter gar kein Vereinsmitglied und auch keine offizielle Mitarbeiterin war. Diese reichte daraufhin Klage ein. Ihre Begründung: Das Herumfahren der Spielerin sei eine "Geschäftsführung ohne Auftrag" für den Verein gewesen. Deswegen verlange sie den Ersatz ihrer Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld als Aufwendungsersatz.
Der Bundesgerichtshof schloss sich ihrer Argumentation nicht an. Nach Meinung der Richter hatte es sich hier lediglich um eine Gefälligkeit für das Kind und dessen Eltern gehandelt (Urteil vom 23. Juli 2015, Az. III ZR 346/14).
Wer meldet der Versicherung einen Sportunfall?
Die Meldung kann sowohl durch den Sportverein oder Verband, als auch durch die verletzte Person erfolgen. Verletzte Sportler sollten auch vor Ort im Verein an den Datenschutz denken und persönliche Angaben nur selbst und unbeobachtet machen.
Zahlt die gesetzliche Unfallversicherung nach einem Sportunfall?
Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt nur bei Unfällen, die im Zusammenhang mit der Berufsausübung stehen, also der versicherten Tätigkeit eines Arbeitnehmers. Dazu gehört grundsätzlich auch der Betriebssport. Nicht gesetzlich versichert sind jedoch Sportunfälle im Rahmen privater Sport-Aktivitäten, etwa im Sportverein, oder auch Wettkämpfe.
Zahlt die gesetzliche Unfallversicherung beim Betriebssport?
Grundsätzlich sind Unfälle beim Betriebssport von der gesetzlichen Unfallversicherung abgedeckt. Voraussetzung ist laut Bundessozialgericht, dass fünf Kriterien erfüllt sind:
1. Der Betriebssport findet regelmäßig, mindestens einmal im Monat, statt. Die Beschäftigten nehmen regelmäßig teil. Gelegentliche Sportangebote sind nicht versichert.
2. Die Teilnahme ist im Wesentlichen auf die Beschäftigten des Betriebes beschränkt. Mehrere Unternehmen dürfen sich zusammenschließen.
3. Der Sport muss in zeitlichem Zusammenhang mit der Tätigkeit im Betrieb stehen. Er sollte vor oder nach der Arbeit oder in den Pausen stattfinden.
4. Die Organisation der sportlichen Veranstaltungen wird unternehmensbezogen durchgeführt. Das Unternehmen finanziert den Sport und hat Einfluss auf Übungszeiten, Ort und Trainer.
5. Die gesetzliche Unfallversicherung haftet nicht bei vorsätzlich verursachten Verletzungen oder solchen durch Alkohol- oder Drogeneinfluss.
Bei als Einzelevent veranstalteten Firmenläufen entscheiden die Gerichte nicht einheitlich. Hier kommt es auf viele verschiedene Faktoren an, zum Beispiel darauf, ob an der Veranstaltung alle Mitarbeiter teilnehmen konnten. Ein häufiges Gegenargument der Gerichte ist, dass nur wenige Kollegen teilgenommen haben und es sich deshalb nicht um eine betriebliche Veranstaltung gehandelt hat. Für das Sozialgericht Detmold reichte eine Einladung an alle Mitarbeiter aus. Dazu kam in diesem Fall, dass die Laufstrecke auch für Untrainierte einfach genug war (Urteil vom 19.3.2015, Az. S 1 U 99/14).
Wann haftet ein Trainer beim Turnen mit Kindern?
Wenn ein Übungsleiter oder Trainer eine Turnstunde mit Kindern durchführt, hat er die Verantwortung dafür, dass sich diese nicht verletzen. Rechtlich gesehen gilt er als ein sogenannter "Verrichtungsgehilfe" des Vereins. Daher muss der Verein auch für Pflichtverletzungen des Übungsleiters haften. Der Verein ist dazu verpflichtet, durch sinnvolle Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen dafür zu sorgen, dass der Übungsleiter wirklich eine ausreichende Sachkunde besitzt. Dies geht auch aus einem Urteil des Landgerichts Kaiserslautern hervor. Im entsprechenden Verfahren wurden sowohl der Verein, als auch zwei Trainer zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Hier hatten sich Kinder beim Herumturnen an Ringen aufgrund mangelnder Beaufsichtigung und Anleitung verletzt (Urteil vom 4.4.2006, Az: 1 S 145/05).
Fall: Notarzt zu spät gerufen
Im Januar 2021 befasste sich der Bundesgerichtshof mit einem Haftungsfall. Ein 15-Jähriger hatte an einem Kreiskadertraining für minderjährige Tischtennisspieler teilgenommen. Veranstalter war ein Verband mehrerer Vereine. Nach einem Schnelligkeitstraining war der Junge bewusstlos zusammengebrochen. Ein Betreuer brachte ihn in die stabile Seitenlage. Andere Leute suchten nach seinem Asthmaspray. Der Notarzt wurde erst mit einiger Verzögerung gerufen. Dieser stellte einen kompletten Herz- und Kreislaufstillstand sowie Blaufärbung von Haut und Schleimhäuten fest und leitete erfolgreich Wiederbelebungsmaßnahmen ein. Der Junge erlitt jedoch eine dauerhafte Hirnschädigung durch Sauerstoffmangel und wurde auf Dauer zum Pflegefall. Die Eltern verklagten in seinem Namen den Verband sowie die zwei zuständigen Betreuer auf Schmerzensgeld und Schadensersatz auch für künftige Schäden.
Der Bundesgerichtshof entschied im Gegensatz zur Vorinstanz, dass die Beklagten in diesem Fall haften müssten - und zwar aufgrund einer Vertragsbeziehung. Diese sei auch ohne ausdrückliche Absprachen stillschweigend zustande gekommen, als der Junge bei der vom Verband organisierten Veranstaltung das Training aufnahm. Der Verband als Veranstalter sei dazu verpflichtet gewesen, die notwendigen Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. Dabei hafte er ohne Rücksicht darauf, ob es sich nun um grobe oder leichte Fahrlässigkeit handle. Nicht anwendbar sei der Haftungsausschluss nach § 680 BGB ("Geschäftsführung ohne Auftrag").
Dem BGH zufolge hafteten die Betreuer als Erfüllungsgehilfen des Verbandes. Die Haftungsgrundlage war dabei § 823 Abs. 1 BGB. Beide hätten über eine Ausbildung in Erster Hilfe verfügt. Hätten sie den Notarzt tatsächlich erst zehn Minuten nach dem Zusammenbruch mit Atemstillstand gerufen und auf erkennbar notwendige Wiederbelebungsmaßnahmen verzichtet, liege eine Pflichtverletzung vor. Da die Vorinstanz diese Fragen nicht ausreichend geklärt hatte, wurde der Fall dorthin zurückverwiesen (Urteil vom 19.1.2021, Az. VI ZR 188/17).
Wann haftet ein Sportkollege?
Bei vielen Sportarten ist Körperkontakt üblich - nicht nur beim Fußball oder Kampfsport. Der Bundesgerichtshof hat vor Jahren zum Fall eines Fußballers entschieden, der sich beim Gerangel um den Ball verletzt hatte. Das Urteil: Bei einem normalen Aufeinandertreffen im Rahmen des Sports führt eine Verletzung noch nicht zu einem Anspruch auf Schadensersatz. Ein solcher komme nur in Frage, wenn der andere Spieler schuldhaft gegen die Wettkampfregeln verstoßen habe. Auch Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit führen zu einer Haftung. Die Beweislast trägt der Geschädigte. Vorteilhaft sind Zeugen, die einen Regelverstoß beobachtet und trotz des hohen Spieltempos genau gesehen haben.
Der Bundesgerichtshof sieht einen Kampf um den Ball beim Fußball als normal an. Wird bei einer den Regeln und dem Fairnessgebot entsprechenden Aktion jemand verletzt, kann der Geschädigte daher keinen Schadensersatz verlangen (Urteil vom 27.10.2009, Az. VI ZR 296/08).
Der Bundesgerichtshof hat in diesem Urteil auch mit einer bis dahin verbreiteten Rechtsansicht aufgeräumt: Dass nämlich das reine Bestehen einer Haftpflichtversicherung beim Schädiger schon die Anerkennung eines Schadenersatzanspruches zur Folge haben müsse. Die BGH-Richter erklärten, dass es für einen solchen Anspruch überhaupt nicht relevant sei, ob der Schuldige versichert sei oder nicht.
Haftet man im Sport nach einem Regelverstoß?
Das Oberlandesgericht Köln hat entschieden, dass der Gegenspieler erst dann haftet, wenn er einen vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Regelverstoß begangen und dabei die Grenze zwischen noch gerechtfertigter Härte und unfairem Regelverstoß überschritten hat. Dies nennt man auch "grobe Unsportlichkeit." Um dies zu beurteilen, schauen sich die Gerichte zum Beispiel an, ob der Angriff eines Fußballspielers dem Ball gegolten hat. Ist dies nicht der Fall und sollte nur der andere Spieler getreten werden, besteht die Gefahr einer Haftung. Noch nicht einmal ein Grätschsprung soll jedoch dafür ausreichen. Oft wird dem Verletzten ein Anspruch erst dann zugestanden, wenn der Gegner von hinten angegriffen hat oder es sich zweifelsfrei um eine "Blutgrätsche" handelte – was vom Verletzten zu beweisen ist (OLG Köln, Urteil vom 16. August 2010, Az. 11 U 96/10).
Blutgrätsche: Haftung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld
Vor einigen Jahren hat das OLG Hamm ein zivilrechtliches Urteil aus Bochum bestätigt, das einem verletzten Spieler einen Schadensersatz von 6.000 Euro für Arzt- und Krankenhauskosten zuerkannte. Es ging dabei um eine sogenannte Blutgrätsche. Bei dieser grätscht ein Spieler, ohne den Ball zu spielen, in die Beine seines Gegenspielers.
Dazu erklärte das OLG Hamm: Teilnehmer an einem sportlichen Kampfspiel würden Verletzungen in Kauf nehmen, zu denen es bei Verhalten nach den Regeln oder auch bei leichten Regelverstößen kommen könne. Dazu würden auch noch Verhaltensweisen gehören, die sich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewegten. Aber: Werde die Grenze zur unzulässigen Unfairness überschritten, sei es mit dem stillschweigenden Einverständnis vorbei. Dann hafte der Verursacher auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. So sei es auch im verhandelten Fall (OLG Hamm, Az. 34 U 81/05).
Update vom 23.10.2024: Spricht Regelverstoß immer für Schmerzensgeldanspruch?
Das Landgericht Koblenz hat sich mit der Frage befasst, ob ein Foul, also ein objektiver Regelverstoß, automatisch ein Verschulden und damit eine Haftung auf Schmerzensgeld begründet.
Ein Spieler hatte bei einem Foul einem Spieler der gegnerischen Mannschaft ins Sprunggelenk getreten. Der Schiedsrichter hatte dies als Foul angesehen, aber keine gelbe oder rote Karte verteilt. Es gab eine Vorgeschichte: Nach Aussage des Verletzten war der andere schon vor Spielbeginn darüber erbost gewesen, dass er während des Turniers für zwei verschiedene Mannschaften gespielt habe. Nachdem seine Beschwerde darüber erfolglos geblieben sei, habe er angekündigt, dies selbst zu regeln. Auch von der gegnerischen Mannschaft sei angekündigt worden, die Gegner "umzuhauen". Die durch das Foul verursachte Verletzung führte dazu, dass der verletzte Spieler nie mehr Fußball spielen und auch nicht schmerzfrei anderen Sport ausüben kann. Drei Operationen waren erforderlich. Er verlangte 10.000 Euro Schmerzensgeld und einen kleineren Betrag für Eigenanteile von Behandlungen.
Das Landgericht wies die Klage jedoch ab. Ein objektiver Regelverstoß lasse nicht automatisch auf ein schuldhaftes Verhalten schließen. Solange sich das Verhalten des Spielers noch im Grenzbereich zwischen kampfbetonter Härte und unzulässiger Unfairness bewege, liege trotz eines Regelverstoßes kein Verschulden vor.
Bei dem Verfahren spielten auch die sehr unterschiedlichen Darstellungen von Zeugen eine Rolle. Das Gericht sah hier keine Beweise für ein grobes unentschuldbares Foul. Auch die Entscheidung des Schiedsrichters, keine Karte zu verteilen, deute darauf hin, dass dieser die Aktion nicht als besonders schlimmes Foulspiel angesehen habe (Landgericht Koblenz, Urteil vom 7.8.2024, Az. 15 O 399/22).
Fall: Verletzung beim Frauenfußball
Zwei Fußballvereine der Frauen-Bezirksliga hatten ein Spiel ausgetragen. Kurz nach Spielbeginn gab eine Mittelfeldspielerin einen Schuss auf das gegnerische Tor ab. Unmittelbar danach wurde sie von der gegnerischen Torhüterin so heftig in den Unterschenkel getreten, dass sie sich verletzte. Sie schied aus dem Spiel aus. Der Schiedsrichter hatte kein Foul gesehen. Die Mittelfeldspielerin erlitt einen Unterschenkelbruch, der eine Notoperation nötig machte. Bei der Heilung gab es Komplikationen. Weitere Operationen und eine dauerhafte Nervenschädigung mit langfristiger Gehbehinderung waren die Folge. Die Mittelfeldspielerin verlangte Schadensersatz und 50.000 Euro Schmerzensgeld. Die Torhüterin habe sie absichtlich mit gestreckten Bein gefoult, nachdem sie selbst einen aus dem Mittelfeld heraus geflankten Ball ins Tor geschossen habe. Die Torhüterin verteidigte sich damit, dass beide mit hoher Geschwindigkeit auf den Ball zugelaufen seien. Sie habe nicht mehr rechtzeitig abbremsen können und die Klägerin versehentlich kurz nach deren Torschuss umgerannt.
Laut Oberlandesgericht Hamm konnte die Klägerin nicht beweisen, dass hier ein Regelverstoß im Sinne einer groben Unsportlichkeit stattgefunden habe. Zeugen hätten ausgesagt, dass das Zusammentreffen der beiden Spielerinnen noch als normaler Zweikampf um den Ball angesehen werden könne. Jedenfalls deute nichts darauf hin, dass die Torhüterin die Mittelfeldspielerin absichtlich verletzt habe, um sie zum Beispiel für den erfolgreichen Torschuss zu bestrafen. Das Gericht erließ einen entsprechenden Hinweisbeschluss und die verletzte Spielerin nahm ihre Klage zurück (Beschluss vom 22.12.2016, Az. 9 U 138/16).
Wann zahlt die private Unfallversicherung?
Auch eine private Unfallversicherung zahlt unter Umständen bei einem Sportunfall – insbesondere bei dauerhaften Schäden. Dann hängt der Umfang der Zahlung davon ab, welche Gliedmaßen zu wie viel Prozent ihre Funktion verloren haben. Im Versicherungsvertrag kann eine Unfallrente vereinbart werden, sowie ein Krankenhaustagegeld oder auch eine Kostenübernahme für kosmetische Operationen. Diese bezahlt die gesetzliche Krankenkasse oft nicht. Entscheidend ist also der vereinbarte Versicherungsumfang. Ausgeschlossen ist meist alles, was mit dem Flugsport zusammenhängt, ferner Unfälle beim Paragliding und beim Rennsport mit Fahrzeugen. Auch Klettern, Eishockey und andere Risikosportarten können ausgeschlossen sein – man sollte also seinen Vertrag sehr genau lesen.
Praxistipp zur Haftung bei Sportunfällen
Wer eine verletzungsträchtige Sportart ausüben will, sollte sich vorher darüber informieren, ob der Verein eigene Versicherungen für seine Mitglieder unterhält. Auch die eigenen Versicherungen sollte man genau prüfen. Bei Rechtsproblemen im Zusammenhang mit Sportverletzungen und der Haftung von Vereinen und Trainern ist ein Fachanwalt für Sportrecht der kompetenteste Ansprechpartner.
(Bu)