Steuern zahlen für die Rente: Unzulässige Doppelbesteuerung?
04.05.2021, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Zum 1. Januar 2005 wurde durch das Alterseinkünftegesetz die Besteuerung der Altersrente neu geregelt. Diese Reform beruhte auf einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2002. Damals hatte das Gericht in der bis dahin unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von gesetzlichen Renten mit dem Ertragsanteil und den voll zu versteuernden Beamtenpensionen einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gesehen und dem Gesetzgeber eine Frist zur Änderung gesetzt. Nun wird seit 2005 schrittweise die sogenannte nachgelagerte Besteuerung der Alterseinkünfte eingeführt. Dies gilt für die gesetzliche Rentenversicherung, für private Rürup-Renten und Renten aus berufsständischen und landwirtschaftlichen Versorgungswerken.
Vor 2005 wurde der Rentenbeitrag aus dem versteuerten Einkommen gezahlt. Die Renten selbst blieben jedoch steuerfrei. Nach dem neuen System können die Rentenbeiträge von der Steuer abgesetzt werden. Die Rente wird dann bei ihrer Auszahlung besteuert.
Dieses System wird jedoch schrittweise eingeführt. Das heißt: Abhängig vom Jahr des Renteneintritts steigt der Anteil der Rente, der versteuert werden muss. Für einen Rentenbeginn bis 2005 waren es 50 Prozent, danach erhöht sich der steuerpflichtige Anteil in Zwei-Prozent-Schritten pro Jahr bis auf 80 Prozent im Jahr 2020 und anschließend in Ein-Prozent Schritten bis auf 100 Prozent im Jahr 2040.
Gesetzlich Versicherte können während der Einzahlungsphase Beiträge zur Rente als Sonderausgaben von der Einkommenssteuer absetzen. Allerdings nicht unbegrenzt. Der abzugsfähige Anteil steigt ebenfalls in zwei-Prozent-Schritten von 60 Prozent im Jahr 2005 bis auf 100 Prozent im Jahr 2025 an.
Versorgungs- und Entschädigungsrenten sind steuerfrei. Dies betrifft beispielsweise Unfallrenten der Berufsgenossenschaft. Private Leibrenten, die keine Riester-Renten oder Basisrenten sind, werden nach dem Ertragsanteil besteuert. Dies gilt auch für Direktversicherungen. Der Ertragsanteil richtet sich wieder nach dem Alter bei Rentenbeginn.
In zwei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wandten sich die Kläger dagegen, dass sie ihre Beiträge zur Rente nur als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten steuerlich geltend machen konnten. Beide hatten versucht, den Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten von der Steuer abzusetzen. Ihrer Meinung nach stellte auch das derzeitige System mit seiner schrittweisen Übergangsregelung eine Ungleichbehandlung dar. Schließlich profitierten nicht alle Rentner gleichermaßen von den Möglichkeiten, Rentenbeiträge abzusetzen.
Allerdings waren beide Klagen nicht erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Gesetzgeber berechtigt gewesen sei, die Rentenbeiträge per Gesetz als Sonderausgaben und gerade nicht als Werbungskosten zu deklarieren. Immerhin dienten Rentenbeiträge nicht nur der künftigen Erzielung von Einnahmen, sondern hätten auch vermögensbildende oder versicherungsspezifische Komponenten. Daher habe der Gesetzgeber den ihm zustehenden weiten Spielraum bei der Regelung nicht überschritten.
Als verfassungskonform sah das Gericht die höhenmäßige Beschränkung des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen auf jährlich bis zu 20.000 beziehungsweise 40.000 Euro laut § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) an. Diese Regelung solle verhindern, dass gerade jüngere Steuerpflichtige größere Beträge in Rentenversicherungsprodukte umschichteten.
Auch die Übergangsregelung sei nicht zu beanstanden. Zwar könne ein Arbeitnehmer vor dem Jahr 2025 nur einen Teil seiner Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben steuermindernd geltend machen, obwohl seine Rentenbezüge voraussichtlich zu 100 Prozent besteuert würden, wenn er erst nach 2025 das Rentenalter erreiche. Während einer Übergangszeit seien solche Ungleichbehandlungen verfassungsrechtlich hinnehmbar – solange keine Doppelbesteuerung stattfinde. Diese allerdings müsse vermieden werden (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 14.6.2016, Az. 2 BvR 290/10 und 2 BvR 323/10).
Ende 2020 flammte der Streit um die Rentenbesteuerung wieder auf. Ende Mai 2021 wird eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes in zwei Fällen erwartet, des höchsten deutschen Gerichts in Steuerfragen. Dabei geht es nun tatsächlich um eine Doppelbesteuerung.
Zu einer solchen kann es insbesondere bei Angehörigen der jetzigen mittleren Generation kommen, die um 2040 in den Rentenbezug eintreten. Einerseits müssen diese Personen nämlich denn ihre Rente zu 100 Prozent versteuern, andererseits konnten sie ihre Beiträge nur 15 Jahre lang ohne prozentuale Beschränkung absetzen, nämlich von 2025 bis 2039. Denn: Hier kommt die Übergangsregelung zum Zuge. Im Jahr 2021 sind 91 Prozent der Rentenbeiträge steuerlich absetzbar, erst 2025 sind es 100 Prozent. Wer also 2040 in Rente geht, muss seine Rente komplett versteuern - obwohl er einen Teil der Beiträge aus seinem versteuerten Einkommen bezahlt und somit dafür Steuern entrichtet hat.
Ob wirklich eine Doppelbesteuerung vorliegt, richtet sich jedoch letztendlich danach, wie man rechnet. So möchte das Bundesfinanzministerium zum Beispiel bei der Berechnung des steuerfreien Teils der Rente nicht nur den Rentenfreibetrag, sondern auch den Grundfreibetrag mit einbeziehen. Ebenso wie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Pflege- und Krankenversicherungsbeiträgen bei Rentnern. Wenn man all dies mit einrechnet, ist die steuerfreie Summe am Ende weit höher - und eine Doppelbesteuerung scheidet rechnerisch aus.
Eine Gegenansicht möchte jedoch nur die Werbungskostenpauschale zum Rentenfreibetrag hinzurechnen und die anderen Punkte nicht. Dann wäre der steuerfreie Betrag kleiner und die Doppelbesteuerung wieder auf dem Tisch. Der Bundesfinanzhof wird nun also hauptsächlich zu klären haben, wie man den steuerfreien Betrag der Rente berechnet.
Dass eine Doppelbesteuerung der Rente unzulässig ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits deutlich festgestellt. Ob eine solche vorhanden ist, wird nun der Bundesfinanzhof zu entscheiden haben. Haben Sie ein Problem in Sachen Steuer und Altersvorsorge? Ein Fachanwalt für Steuerrecht kann Ihre Fragen beantworten.
Das derzeitige System der Besteuerung der Rente wurde mehrfach gerichtlich angegriffen. Auch 2021 stehen wieder wichtige Gerichtsverfahren an. Nun geht es um eine mögliche Doppelbesteuerung.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was versteht man unter der nachgelagerten Besteuerung? Wie werden andere Rentenarten besteuert? Zwei Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht: Worum ging es? Einstufung als Sonderausgaben ist korrekt 2021: Streit um mögliche Doppelbesteuerung Unterschiedliche Berechnungsverfahren Praxistipp Was versteht man unter der nachgelagerten Besteuerung?
Vor 2005 wurde der Rentenbeitrag aus dem versteuerten Einkommen gezahlt. Die Renten selbst blieben jedoch steuerfrei. Nach dem neuen System können die Rentenbeiträge von der Steuer abgesetzt werden. Die Rente wird dann bei ihrer Auszahlung besteuert.
Dieses System wird jedoch schrittweise eingeführt. Das heißt: Abhängig vom Jahr des Renteneintritts steigt der Anteil der Rente, der versteuert werden muss. Für einen Rentenbeginn bis 2005 waren es 50 Prozent, danach erhöht sich der steuerpflichtige Anteil in Zwei-Prozent-Schritten pro Jahr bis auf 80 Prozent im Jahr 2020 und anschließend in Ein-Prozent Schritten bis auf 100 Prozent im Jahr 2040.
Gesetzlich Versicherte können während der Einzahlungsphase Beiträge zur Rente als Sonderausgaben von der Einkommenssteuer absetzen. Allerdings nicht unbegrenzt. Der abzugsfähige Anteil steigt ebenfalls in zwei-Prozent-Schritten von 60 Prozent im Jahr 2005 bis auf 100 Prozent im Jahr 2025 an.
Wie werden andere Rentenarten besteuert?
Versorgungs- und Entschädigungsrenten sind steuerfrei. Dies betrifft beispielsweise Unfallrenten der Berufsgenossenschaft. Private Leibrenten, die keine Riester-Renten oder Basisrenten sind, werden nach dem Ertragsanteil besteuert. Dies gilt auch für Direktversicherungen. Der Ertragsanteil richtet sich wieder nach dem Alter bei Rentenbeginn.
Zwei Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht: Worum ging es?
In zwei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht wandten sich die Kläger dagegen, dass sie ihre Beiträge zur Rente nur als Sonderausgaben und nicht als Werbungskosten steuerlich geltend machen konnten. Beide hatten versucht, den Arbeitnehmeranteil zur gesetzlichen Rentenversicherung als vorweggenommene Werbungskosten von der Steuer abzusetzen. Ihrer Meinung nach stellte auch das derzeitige System mit seiner schrittweisen Übergangsregelung eine Ungleichbehandlung dar. Schließlich profitierten nicht alle Rentner gleichermaßen von den Möglichkeiten, Rentenbeiträge abzusetzen.
Einstufung als Sonderausgaben ist korrekt
Allerdings waren beide Klagen nicht erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Gesetzgeber berechtigt gewesen sei, die Rentenbeiträge per Gesetz als Sonderausgaben und gerade nicht als Werbungskosten zu deklarieren. Immerhin dienten Rentenbeiträge nicht nur der künftigen Erzielung von Einnahmen, sondern hätten auch vermögensbildende oder versicherungsspezifische Komponenten. Daher habe der Gesetzgeber den ihm zustehenden weiten Spielraum bei der Regelung nicht überschritten.
Als verfassungskonform sah das Gericht die höhenmäßige Beschränkung des Sonderausgabenabzugs für Altersvorsorgeaufwendungen auf jährlich bis zu 20.000 beziehungsweise 40.000 Euro laut § 10 Abs. 3 Sätze 1 und 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) an. Diese Regelung solle verhindern, dass gerade jüngere Steuerpflichtige größere Beträge in Rentenversicherungsprodukte umschichteten.
Auch die Übergangsregelung sei nicht zu beanstanden. Zwar könne ein Arbeitnehmer vor dem Jahr 2025 nur einen Teil seiner Altersvorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben steuermindernd geltend machen, obwohl seine Rentenbezüge voraussichtlich zu 100 Prozent besteuert würden, wenn er erst nach 2025 das Rentenalter erreiche. Während einer Übergangszeit seien solche Ungleichbehandlungen verfassungsrechtlich hinnehmbar – solange keine Doppelbesteuerung stattfinde. Diese allerdings müsse vermieden werden (Bundesverfassungsgericht, Beschlüsse vom 14.6.2016, Az. 2 BvR 290/10 und 2 BvR 323/10).
2021: Streit um mögliche Doppelbesteuerung
Ende 2020 flammte der Streit um die Rentenbesteuerung wieder auf. Ende Mai 2021 wird eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes in zwei Fällen erwartet, des höchsten deutschen Gerichts in Steuerfragen. Dabei geht es nun tatsächlich um eine Doppelbesteuerung.
Zu einer solchen kann es insbesondere bei Angehörigen der jetzigen mittleren Generation kommen, die um 2040 in den Rentenbezug eintreten. Einerseits müssen diese Personen nämlich denn ihre Rente zu 100 Prozent versteuern, andererseits konnten sie ihre Beiträge nur 15 Jahre lang ohne prozentuale Beschränkung absetzen, nämlich von 2025 bis 2039. Denn: Hier kommt die Übergangsregelung zum Zuge. Im Jahr 2021 sind 91 Prozent der Rentenbeiträge steuerlich absetzbar, erst 2025 sind es 100 Prozent. Wer also 2040 in Rente geht, muss seine Rente komplett versteuern - obwohl er einen Teil der Beiträge aus seinem versteuerten Einkommen bezahlt und somit dafür Steuern entrichtet hat.
Unterschiedliche Berechnungsverfahren
Ob wirklich eine Doppelbesteuerung vorliegt, richtet sich jedoch letztendlich danach, wie man rechnet. So möchte das Bundesfinanzministerium zum Beispiel bei der Berechnung des steuerfreien Teils der Rente nicht nur den Rentenfreibetrag, sondern auch den Grundfreibetrag mit einbeziehen. Ebenso wie die steuerliche Abzugsfähigkeit von Pflege- und Krankenversicherungsbeiträgen bei Rentnern. Wenn man all dies mit einrechnet, ist die steuerfreie Summe am Ende weit höher - und eine Doppelbesteuerung scheidet rechnerisch aus.
Eine Gegenansicht möchte jedoch nur die Werbungskostenpauschale zum Rentenfreibetrag hinzurechnen und die anderen Punkte nicht. Dann wäre der steuerfreie Betrag kleiner und die Doppelbesteuerung wieder auf dem Tisch. Der Bundesfinanzhof wird nun also hauptsächlich zu klären haben, wie man den steuerfreien Betrag der Rente berechnet.
Praxistipp
Dass eine Doppelbesteuerung der Rente unzulässig ist, hat das Bundesverfassungsgericht bereits deutlich festgestellt. Ob eine solche vorhanden ist, wird nun der Bundesfinanzhof zu entscheiden haben. Haben Sie ein Problem in Sachen Steuer und Altersvorsorge? Ein Fachanwalt für Steuerrecht kann Ihre Fragen beantworten.
(Bu)