Steuerschulden: Achtung, Reisepass kann eingezogen werden!
28.08.2023, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Ein Reisepass ermöglicht das Reisen in viele Länder auch außerhalb der EU, bei denen der Personalausweis zur Einreise nicht ausreicht. Diese Reisefreiheit kann jedoch unter Umständen auch eingeschränkt werden. Nach § 7 des deutschen Passgesetzes (PassG) kann Personen ein Reisepass auch versagt, also verweigert werden. Dies betrifft zum Beispiel Menschen, die sich einer Strafverfolgung entziehen wollen, die sich ins Ausland absetzen wollen, um in Deutschland Unterhaltspflichten zu entkommen, oder die ihren steuerlichen Verpflichtungen nicht nachkommen. § 8 PassG ermöglicht es den Behörden, jemandem aus den gleichen Gründen auch nachträglich einen bereits erteilten Reisepass zu entziehen.
Grundsätzlich ist ein Entzug des Reisepasses wegen Steuerschulden in Deutschland nicht zulässig. Eine Ausnahme besteht nur in Fällen, in denen zu befürchten ist, dass der Steuerschuldner sich durch Ausreise vor seinen Zahlungsverpflichtungen drücken will. Nachfolgend zwei Beispiele für den Entzug des Reisepasses aus dem echten Leben.
Ein 60-jähriger Mann schuldete dem Land Baden-Württemberg Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 250.090,43 Euro. Zusätzlich forderte das Finanzamt von ihm auch Umsatzsteuer. Einschließlich aller Säumniszuschläge hatten sich bei ihm Steuerschulden in Höhe von 531.981,13 Euro angesammelt. Aber: Ein Teil dieser Steuerschulden beruhte auf Aussagen in einer unter falschem Namen an das Finanzamt geschickten E-Mail eines anonymen Informanten und auf darauf beruhenden Schätzungen.
Der Steuerpflichtige lebte an verschiedenen Wohnorten innerhalb Deutschlands. Er war allerdings seiner Meldepflicht nicht nachgekommen. Der 60-Jährige betrieb ein Gewerbe unter falschem Namen und hielt sich immer wieder für längere Zeiträume im Ausland auf. Er besaß drei Bankkonten in der Schweiz. Hier sah das Finanzamt wohl die Gefahr einer Steuerflucht ins Ausland.
Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten ließ seinen Reisepass bei seiner Einreise von Thailand nach Deutschland durch die Bundespolizei am Flughafen Berlin-Tegel einziehen. Außerdem wurde der Geltungsbereich seines Personalausweises so eingeschränkt, dass der Mann Deutschland damit nicht mehr verlassen konnte.
Nun wollte der Mann gegen den Passentzug rechtlich vorgehen. Das Verwaltungsgericht Berlin sah jedoch den Entzug seines Reisepasses als zulässig an. Diese Maßnahme könne nach dem Passgesetz vorgenommen werden, wenn Tatsachen die Annahme begründeten, dass der Passinhaber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen wolle. Davon sei in diesem Fall auszugehen.
Der Mann habe objektiv gesehen erhebliche Steuerschulden. Schon allein deshalb könne man von einem Steuerfluchtwillen ausgehen. Hinzu komme, dass er zu keinem Zeitpunkt Bemühungen unternommen habe, seine seit Jahren bestehenden Steuerschulden zu begleichen, und auch wiederholt seine Meldepflichten verletzt habe, um nicht auffindbar zu sein.
Er habe sogar den Eilantrag gegen den Entzug des Reisepasses bei Gericht zunächst ohne Angabe einer Adresse eingereicht. Das Gericht habe ihm erst ankündigen müssen, dass der Antrag daher als unzulässig zurückgewiesen werde. Erst dann habe er eine Meldeanschrift nachgereicht (Verwaltungsgericht Berlin, 27.8.2014, Az. VG 23 L 410.14).
Um den Entzug des Reisepasses wegen Steuerschulden ging es auch vor dem Verwaltungsgericht Ansbach. Ein Mann war jahrelang als selbstständiger Immobilienmakler tätig gewesen. Er war mit einer Thailänderin verheiratet und war schon zehn Mal wegen Betruges und auch wegen Urkundenfälschung vorbestraft. Immer wieder gingen auf dem deutschen Konto seiner Ehefrau große Geldsummen ein, die nicht versteuert und zum Großteil in bar abgehoben wurden. Es gab auch immer wieder Flüge nach Thailand. Die Steuerfahndung ermittelte und entwickelte den Verdacht, dass hier Geld kofferweise ins Ausland geschafft werde. 2015 hatte der Mann vollstreckbare Steuerrückstände in Höhe von 404.733,48 Euro. Hinzu kamen etwa 135.000 Euro Gewerbesteuer.
Der Steuerschuldner erklärte, er habe zwar Umsätze als Immobilienmakler erzielt, in vielen Fällen jedoch seinen Kunden Provisionen zurückzahlen müssen. Seine Frau gehöre in Thailand einer wohlhabenden Familie an und habe eigenes Einkommen.
Auch hier wurde der Reisepass des Steuerschuldners behördlich eingezogen. Grund waren unter anderem seine Beziehungen nach Thailand.
Auch dieser Steuerschuldner versuchte, sich vor Gericht gegen den Passentzug zu wehren. Im Prozess ging es hauptsächlich darum, ob die Höhe der Steuerschulden und die Ehe mit einer Ausländerin ausreichten, um ihm seinen Pass zu entziehen.
Das Gericht betonte, dass sich ein Wille zur Steuerflucht nur aufgrund von Indizien feststellen lasse. Dabei müsse man das gesamte Verhalten des Betroffenen einbeziehen. Hier könne man schon wegen der Höhe der Steuerrückstände von einem mutmaßlichen Steuerfluchtwillen ausgehen. Zwar sei die Ehe mit einer Thailänderin allein kein Grund, um einen Steuerfluchtwillen anzunehmen. Anders sei es jedoch mit seinen Beziehungen nach Thailand und der Tatsache, dass seine Frau dort zumindest Miteigentümerin eines Grundstücks sei.
Beim Kläger seien Belege über Hausbaukosten auf diesem Grundstück gefunden worden. Auch habe die Steuerfahndung festgestellt, dass er große Geldsummen nach Thailand gebracht habe. Diese Anhaltspunkte zusammen reichten aus, um einen Willen zur Steuerflucht anzunehmen und ihm daher seinen Reisepass zu entziehen (VG Ansbach, Urteil vom 23.2.2017, Az. AN 5 K 15.01676).
Zu einem Passentzug wegen Steuerschulden kommt es nur im Ausnahmefall. Beziehungen ins Ausland und häufige Reisen können jedoch in Verbindung mit hohen Steuerschulden beim Finanzamt dazu führen, dass die zuständigen Behörden zu dieser drastischen Maßnahme greifen. In solchen Fällen ist Hilfe durch einen Anwalt in zwei Richtungen möglich: Bei Fragen zur Steuererklärung oder zum Umgang mit dem Finanzamt in Problemfällen kann ein Fachanwalt für Steuerrecht helfen. Um gegen den Entzug des Reisepasses vorzugehen, ist ein Anwalt mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht der richtige Ansprechpartner.
Das Wichtigste in Kürze
1. Vollstreckbarer Titel: Wenn ein Vollstreckungstitel, z.B. ein Urteil, vorliegt und die Steuerschuld uneinbringlich erscheint, kann die Passbehörde den Reisepass vorübergehend einziehen.
2. Verweigerung der Abgabe der Vermögensauskunft: Verweigert der Steuerschuldner die Abgabe einer Vermögensauskunft (früher: Eidesstattliche Versicherung), kann dies zum Entzug des Reisepasses führen.
3. Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr: Besteht die ernsthafte Gefahr, dass sich der Steuerschuldner ins Ausland absetzen oder Beweismittel vernichten will, kann der Pass eingezogen werden.
1. Vollstreckbarer Titel: Wenn ein Vollstreckungstitel, z.B. ein Urteil, vorliegt und die Steuerschuld uneinbringlich erscheint, kann die Passbehörde den Reisepass vorübergehend einziehen.
2. Verweigerung der Abgabe der Vermögensauskunft: Verweigert der Steuerschuldner die Abgabe einer Vermögensauskunft (früher: Eidesstattliche Versicherung), kann dies zum Entzug des Reisepasses führen.
3. Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr: Besteht die ernsthafte Gefahr, dass sich der Steuerschuldner ins Ausland absetzen oder Beweismittel vernichten will, kann der Pass eingezogen werden.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Ist der Entzug des Reisepasses wegen Steuerschulden zulässig? Fall 1: Hohe Steuerschulden und Meldeversäumnisse Wann ist der Entzug des Reisepasses wegen Steuerschulden zulässig? Fall 2: Gefahr des Geldtransfers ins Ausland Entzug des Reisepasses wegen Willen zur Steuerflucht? Praxistipp zum Entzug des Passes wegen Steuerschulden Ist der Entzug des Reisepasses wegen Steuerschulden zulässig?
Grundsätzlich ist ein Entzug des Reisepasses wegen Steuerschulden in Deutschland nicht zulässig. Eine Ausnahme besteht nur in Fällen, in denen zu befürchten ist, dass der Steuerschuldner sich durch Ausreise vor seinen Zahlungsverpflichtungen drücken will. Nachfolgend zwei Beispiele für den Entzug des Reisepasses aus dem echten Leben.
Fall 1: Hohe Steuerschulden und Meldeversäumnisse
Ein 60-jähriger Mann schuldete dem Land Baden-Württemberg Einkommenssteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von 250.090,43 Euro. Zusätzlich forderte das Finanzamt von ihm auch Umsatzsteuer. Einschließlich aller Säumniszuschläge hatten sich bei ihm Steuerschulden in Höhe von 531.981,13 Euro angesammelt. Aber: Ein Teil dieser Steuerschulden beruhte auf Aussagen in einer unter falschem Namen an das Finanzamt geschickten E-Mail eines anonymen Informanten und auf darauf beruhenden Schätzungen.
Der Steuerpflichtige lebte an verschiedenen Wohnorten innerhalb Deutschlands. Er war allerdings seiner Meldepflicht nicht nachgekommen. Der 60-Jährige betrieb ein Gewerbe unter falschem Namen und hielt sich immer wieder für längere Zeiträume im Ausland auf. Er besaß drei Bankkonten in der Schweiz. Hier sah das Finanzamt wohl die Gefahr einer Steuerflucht ins Ausland.
Das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten ließ seinen Reisepass bei seiner Einreise von Thailand nach Deutschland durch die Bundespolizei am Flughafen Berlin-Tegel einziehen. Außerdem wurde der Geltungsbereich seines Personalausweises so eingeschränkt, dass der Mann Deutschland damit nicht mehr verlassen konnte.
Wann ist der Entzug des Reisepasses wegen Steuerschulden zulässig?
Nun wollte der Mann gegen den Passentzug rechtlich vorgehen. Das Verwaltungsgericht Berlin sah jedoch den Entzug seines Reisepasses als zulässig an. Diese Maßnahme könne nach dem Passgesetz vorgenommen werden, wenn Tatsachen die Annahme begründeten, dass der Passinhaber sich seinen steuerlichen Verpflichtungen entziehen wolle. Davon sei in diesem Fall auszugehen.
Der Mann habe objektiv gesehen erhebliche Steuerschulden. Schon allein deshalb könne man von einem Steuerfluchtwillen ausgehen. Hinzu komme, dass er zu keinem Zeitpunkt Bemühungen unternommen habe, seine seit Jahren bestehenden Steuerschulden zu begleichen, und auch wiederholt seine Meldepflichten verletzt habe, um nicht auffindbar zu sein.
Er habe sogar den Eilantrag gegen den Entzug des Reisepasses bei Gericht zunächst ohne Angabe einer Adresse eingereicht. Das Gericht habe ihm erst ankündigen müssen, dass der Antrag daher als unzulässig zurückgewiesen werde. Erst dann habe er eine Meldeanschrift nachgereicht (Verwaltungsgericht Berlin, 27.8.2014, Az. VG 23 L 410.14).
Fall 2: Gefahr des Geldtransfers ins Ausland
Um den Entzug des Reisepasses wegen Steuerschulden ging es auch vor dem Verwaltungsgericht Ansbach. Ein Mann war jahrelang als selbstständiger Immobilienmakler tätig gewesen. Er war mit einer Thailänderin verheiratet und war schon zehn Mal wegen Betruges und auch wegen Urkundenfälschung vorbestraft. Immer wieder gingen auf dem deutschen Konto seiner Ehefrau große Geldsummen ein, die nicht versteuert und zum Großteil in bar abgehoben wurden. Es gab auch immer wieder Flüge nach Thailand. Die Steuerfahndung ermittelte und entwickelte den Verdacht, dass hier Geld kofferweise ins Ausland geschafft werde. 2015 hatte der Mann vollstreckbare Steuerrückstände in Höhe von 404.733,48 Euro. Hinzu kamen etwa 135.000 Euro Gewerbesteuer.
Der Steuerschuldner erklärte, er habe zwar Umsätze als Immobilienmakler erzielt, in vielen Fällen jedoch seinen Kunden Provisionen zurückzahlen müssen. Seine Frau gehöre in Thailand einer wohlhabenden Familie an und habe eigenes Einkommen.
Auch hier wurde der Reisepass des Steuerschuldners behördlich eingezogen. Grund waren unter anderem seine Beziehungen nach Thailand.
Entzug des Reisepasses wegen Willen zur Steuerflucht?
Auch dieser Steuerschuldner versuchte, sich vor Gericht gegen den Passentzug zu wehren. Im Prozess ging es hauptsächlich darum, ob die Höhe der Steuerschulden und die Ehe mit einer Ausländerin ausreichten, um ihm seinen Pass zu entziehen.
Das Gericht betonte, dass sich ein Wille zur Steuerflucht nur aufgrund von Indizien feststellen lasse. Dabei müsse man das gesamte Verhalten des Betroffenen einbeziehen. Hier könne man schon wegen der Höhe der Steuerrückstände von einem mutmaßlichen Steuerfluchtwillen ausgehen. Zwar sei die Ehe mit einer Thailänderin allein kein Grund, um einen Steuerfluchtwillen anzunehmen. Anders sei es jedoch mit seinen Beziehungen nach Thailand und der Tatsache, dass seine Frau dort zumindest Miteigentümerin eines Grundstücks sei.
Beim Kläger seien Belege über Hausbaukosten auf diesem Grundstück gefunden worden. Auch habe die Steuerfahndung festgestellt, dass er große Geldsummen nach Thailand gebracht habe. Diese Anhaltspunkte zusammen reichten aus, um einen Willen zur Steuerflucht anzunehmen und ihm daher seinen Reisepass zu entziehen (VG Ansbach, Urteil vom 23.2.2017, Az. AN 5 K 15.01676).
Praxistipp zum Entzug des Passes wegen Steuerschulden
Zu einem Passentzug wegen Steuerschulden kommt es nur im Ausnahmefall. Beziehungen ins Ausland und häufige Reisen können jedoch in Verbindung mit hohen Steuerschulden beim Finanzamt dazu führen, dass die zuständigen Behörden zu dieser drastischen Maßnahme greifen. In solchen Fällen ist Hilfe durch einen Anwalt in zwei Richtungen möglich: Bei Fragen zur Steuererklärung oder zum Umgang mit dem Finanzamt in Problemfällen kann ein Fachanwalt für Steuerrecht helfen. Um gegen den Entzug des Reisepasses vorzugehen, ist ein Anwalt mit Schwerpunkt Verwaltungsrecht der richtige Ansprechpartner.
(Ma)