Strafvollstreckung – Versagung der Rückstellung nach § 35 BtMG
28.06.2012, Autor: Frau Nina Wittrowski / Lesedauer ca. 2 Min. (2376 mal gelesen)
Wenn ein betäubungsmittelabhängiger Verurteilter die Rückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG beantragt und eben diese Rückstellung versagt wird, bietet sich die Möglichkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG. Fest steht: Der Antrag muss unbedingt fristgerecht erfolgen. Welchen Anforderungen muss dabei Begründung des Antrags im Sinne des § 24 EGGVG genügen?
Der 4. Strafsenat des Kammergerichts hat sich in seinem Beschluss vom 01.02.2012 zum Aktenzeichen 4 VAs 6/12, 4 VAs 6/12-121 Zs 3382/11, 4VAs 6/12 – 121 Zs 3392/11 eingehend mit der Frage beschäftigt (https://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE216802012&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10). Hier die Leitsätze:
1. Zur Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG sind eine aus sich heraus verständliche Sachdarstellung sowie der Vortrag von Tatsachen erforderlich, aus denen sich schlüssig eine Rechtsverletzung durch die angegriffene Entscheidung ergibt.
2. Im Antragsverfahren nach den §§ 23 ff EGGVG nimmt der Senat nicht, entsprechend einem strafprozessualen Beschwerdeverfahren, die Beiziehung und Auswertung der nötigen Akten und Unterlagen vor, um sich durch Aktenstudium die Gegenstände und Gründe für das Antragsbegehren selbst zu erschließen.
3. Die Begründungsanforderungen kann der Antragsteller nicht zur Minimierung des eigenen Aufwands umgehen, indem er einem untauglichen Antragsvorbringen Anlagen beifügt, aus denen das Gericht den Sachverhalt selbst zusammenfügen muss. Offen bleibt, ob der Senat gehalten ist, eine ohne jede Erläuterung in Kopie beigefügte angefochtene Entscheidung auszuwerten und gedanklich in das (vermutlich gewollte) Begründungsvorbringen einzufügen.
4. Zu den Anforderungen an die Substantiierung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen die Versagung einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG.
Quintessenz der Entscheidung: Die Begründung muss sorgfältig erfolgen, um die Chance auf einen Erfolg des Antrages nicht vorneherein zu minimieren. Da der zuständige Senat anders als in strafprozessualen Beschwerdeverfahren nicht die nötigen Akten und Unterlagen beizieht und auswertet, um sich so Sachverhalt, Gründe und Gegenstand des Antragsbegehren unmittelbar anhand der Akten zu vergegenwärtigen und zu erschließen ist es zwingend notwendig, „sich aufgrund einer geschlossenen Sachverhaltsdarstellung mit den Begründungen der Ablehnungsentscheidungen auseinanderzusetzen und substantiiert (…)darlegen müssen, warum diese Entscheidungen ihn nach seiner Auffassung in seinen Rechten verletzen.“
Das sehen andere Oberlandesgerichte entsprechend (vgl. OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 19.08.2005 – 3 VAs 36/05). Um also die Chance auf eine inhaltliche und damit möglicherweise positive Entscheidung bei einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG zu wahren, muss das Antragsbegehren substantiiert, d.h. schlüssig, begründet werden. Das Kammergericht verlangt die Angabe von entsprechenden Tatsachen, die dem Senat die erforderliche Schlüssigkeitsprüfung ermöglichen.
Eine solche schlüssige Darstellung soll dem 4. Strafsenat des Kammergerichts nach zumindest in wesentlichen Inhalten die Vollstreckungsgrundlagen und alle angefochtenen Entscheidungen sowie die tatsächlichen und rechtlichen Gründe erkennen lassen, aufgrund derer sich der Antragsteller gegen diese wendet.
Daneben soll vom Antragsteller die angefochtene Entscheidung der Staatsanwaltschaft zumindest in Kopie beigefügt werde. Man muss darlegen, wegen welcher konkreten Taten die Verurteilungen zu welchen Zeitpunkten erfolgt sind und welche der maßgeblichen Straftaten aufgrund einer Abhängigkeit von welchen Betäubungsmitteln begangen waren. Es muss weiterhin ausgeführt werden, welche Tatsachen die Urteilsgründe und die von ihm angesprochenen Unterlagen zur Abhängigkeit und insbesondere zur Kausalität enthalten, um dem Senat eine angemessene Beurteilung zu ermöglichen. Weiter sind Angaben zum eigenen Betäubungsmittelkonsum zu machen und zu erläutern, weshalb dieser zu welcher Zeit sein konkretes Tatverhalten bestimmt haben soll. Erforderlich sind auch substantiierte Ausführungen zum Vollstreckungsverlauf, zu den Strafresten und insbesondere zu einer aktuellen Suchtmittelabhängigkeit, die ebenfalls Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 35 BtMG wäre.
Nina Wittrowski
Rechtsanwältin
https://www.kanzlei-wittrowski.de
Der 4. Strafsenat des Kammergerichts hat sich in seinem Beschluss vom 01.02.2012 zum Aktenzeichen 4 VAs 6/12, 4 VAs 6/12-121 Zs 3382/11, 4VAs 6/12 – 121 Zs 3392/11 eingehend mit der Frage beschäftigt (https://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE216802012&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10). Hier die Leitsätze:
1. Zur Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG sind eine aus sich heraus verständliche Sachdarstellung sowie der Vortrag von Tatsachen erforderlich, aus denen sich schlüssig eine Rechtsverletzung durch die angegriffene Entscheidung ergibt.
2. Im Antragsverfahren nach den §§ 23 ff EGGVG nimmt der Senat nicht, entsprechend einem strafprozessualen Beschwerdeverfahren, die Beiziehung und Auswertung der nötigen Akten und Unterlagen vor, um sich durch Aktenstudium die Gegenstände und Gründe für das Antragsbegehren selbst zu erschließen.
3. Die Begründungsanforderungen kann der Antragsteller nicht zur Minimierung des eigenen Aufwands umgehen, indem er einem untauglichen Antragsvorbringen Anlagen beifügt, aus denen das Gericht den Sachverhalt selbst zusammenfügen muss. Offen bleibt, ob der Senat gehalten ist, eine ohne jede Erläuterung in Kopie beigefügte angefochtene Entscheidung auszuwerten und gedanklich in das (vermutlich gewollte) Begründungsvorbringen einzufügen.
4. Zu den Anforderungen an die Substantiierung eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gegen die Versagung einer Zurückstellung der Strafvollstreckung nach § 35 BtMG.
Quintessenz der Entscheidung: Die Begründung muss sorgfältig erfolgen, um die Chance auf einen Erfolg des Antrages nicht vorneherein zu minimieren. Da der zuständige Senat anders als in strafprozessualen Beschwerdeverfahren nicht die nötigen Akten und Unterlagen beizieht und auswertet, um sich so Sachverhalt, Gründe und Gegenstand des Antragsbegehren unmittelbar anhand der Akten zu vergegenwärtigen und zu erschließen ist es zwingend notwendig, „sich aufgrund einer geschlossenen Sachverhaltsdarstellung mit den Begründungen der Ablehnungsentscheidungen auseinanderzusetzen und substantiiert (…)darlegen müssen, warum diese Entscheidungen ihn nach seiner Auffassung in seinen Rechten verletzen.“
Das sehen andere Oberlandesgerichte entsprechend (vgl. OLG Frankfurt am Main Beschluss vom 19.08.2005 – 3 VAs 36/05). Um also die Chance auf eine inhaltliche und damit möglicherweise positive Entscheidung bei einem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG zu wahren, muss das Antragsbegehren substantiiert, d.h. schlüssig, begründet werden. Das Kammergericht verlangt die Angabe von entsprechenden Tatsachen, die dem Senat die erforderliche Schlüssigkeitsprüfung ermöglichen.
Eine solche schlüssige Darstellung soll dem 4. Strafsenat des Kammergerichts nach zumindest in wesentlichen Inhalten die Vollstreckungsgrundlagen und alle angefochtenen Entscheidungen sowie die tatsächlichen und rechtlichen Gründe erkennen lassen, aufgrund derer sich der Antragsteller gegen diese wendet.
Daneben soll vom Antragsteller die angefochtene Entscheidung der Staatsanwaltschaft zumindest in Kopie beigefügt werde. Man muss darlegen, wegen welcher konkreten Taten die Verurteilungen zu welchen Zeitpunkten erfolgt sind und welche der maßgeblichen Straftaten aufgrund einer Abhängigkeit von welchen Betäubungsmitteln begangen waren. Es muss weiterhin ausgeführt werden, welche Tatsachen die Urteilsgründe und die von ihm angesprochenen Unterlagen zur Abhängigkeit und insbesondere zur Kausalität enthalten, um dem Senat eine angemessene Beurteilung zu ermöglichen. Weiter sind Angaben zum eigenen Betäubungsmittelkonsum zu machen und zu erläutern, weshalb dieser zu welcher Zeit sein konkretes Tatverhalten bestimmt haben soll. Erforderlich sind auch substantiierte Ausführungen zum Vollstreckungsverlauf, zu den Strafresten und insbesondere zu einer aktuellen Suchtmittelabhängigkeit, die ebenfalls Voraussetzung für eine Entscheidung nach § 35 BtMG wäre.
Nina Wittrowski
Rechtsanwältin
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