Sturmschäden an Haus und Auto: Wer trägt die Kosten?
25.01.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© Bu - Anwalt-Suchservice Gerade in Frühjahr und Herbst kommt es oft zu Stürmen und Unwettern mit großen Schäden. Oft sind die Folgen abgedeckte Dächer, umgefallene Bäume und abgerissene Äste auf den Straßen, zertrümmerte Autos und jede Menge zerbrochenes Glas. In einigen Fällen zahlen Versicherungen den Schaden. Aber: Dabei gibt es einige Einschränkungen. Und in manchen Fällen kann auch eine bestimmte Person für den Schaden haftbar gemacht werden. Dabei kann dem Geschädigten unter Umständen ein Mitverschulden vorgeworfen werden.
Wichtig sind hier eine Hausratsversicherung und eine Wohngebäudeversicherung. Die Hausratsversicherung sichert Sturmschäden an allen beweglichen Gegenständen ab, die sich im Haus befinden. Beschädigt also etwa ein Sturm das Dach und werden der neue Fernseher und die teure Couchgarnitur durch Regenwasser zerstört, sind Fernseher und Sitzmöbel ein Fall für die Hausratsversicherung. Die Wohngebäudeversicherung ist dagegen für das Dach selbst zuständig. Sie sichert nämlich die Substanz des Gebäudes ab und betrifft nicht dessen beweglichen Inhalt.
Der Glasbruch an Fenstern oder Möbeln ist ein besonderes Thema. Glasbruch ist nicht selbstverständlich in alle Versicherungsverträge eingeschlossen. Oft muss eine entsprechende Versicherung als Zusatzbaustein oder als besondere Glasversicherung gesondert abgeschlossen werden.
Für Hauseigentümer und auch für Mieter ist außerdem eine Haftpflichtversicherung wichtig. Falls zum Beispiel ein Sturm die Satellitenantenne vom Dach fegt oder einen Blumentopf vom Balkon weht und Autos oder Passanten geschädigt werden, können auf die Verantwortlichen schnell hohe Schadensersatzforderungen zukommen. Hier haftet derjenige, der sein Eigentum nicht ausreichend gegen Sturm gesichert hat.
Was und wie viel die Versicherungen im Einzelfall bezahlen, ist von den jeweiligen Versicherungsbedingungen abhängig, die Teil des Versicherungsvertrages sind. Die Versicherungen müssen sich dabei aber auch an die Regeln des Versicherungsvertragsgesetzes halten.
Versicherungen und Gerichte gehen von einem Sturmschaden aus, wenn der Wind Stärke acht erreicht. Diese Windstärke entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 bis 74 km/h. Alles darunter gilt nicht als Sturm, sondern lediglich als schlechtes Wetter.
Wichtig zu wissen: Der Versicherungsnehmer muss den Grad der Windstärke nicht beweisen. So urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 12 U 251/04). Demzufolge reicht es aus, wenn diese Windstärke zum Zeitpunkt des Schadens in der näheren Umgebung des Hauses gemessen worden ist. Welche Windstärke ein Sturm in einer bestimmten Region hatte, kann man beim Deutschen Wetterdienst erfragen. Natürlich gelten auch zeitgleiche ähnliche Schäden in der Nachbarschaft als gutes Indiz für einen Sturmschaden.
Mit dieser Frage befasste sich das OLG Saarbrücken in einem Urteil von 2020. Ein Hauseigentümer hatte seiner Gebäudeversicherung einen Sturmschaden gemeldet, bei dem sich Verkleidungsplatten von drei Schornsteinen abgelöst hatten. Ein erstes Gutachten ergab, dass die Platten auf vollkommen morschen Holzlatten befestigt waren und auch bei normalem Wind heruntergefallen wären. Ein zweites Gutachten ging von einer fachgerechten Befestigung aus. Die Versicherung zahlte nicht und bezweifelte einen Sturmschaden.
Das Oberlandesgericht erklärte: Sturm sei definiert als eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/Stunde). Dass diese Wetterverhältnisse zumindest irgendwann am Schadenstag vorgelegen hätten, müsse der Versicherungsnehmer beweisen. Dazu könne auf Messungen von Wetterstationen in der Nähe zurückgegriffen werden. Die Versicherungsbedingungen gewährten allerdings einige Beweiserleichterungen: Sei die Windstärke für den konkreten Schadenort nicht feststellbar, könne man Sturm unterstellen, wenn der Versicherungsnehmer nachweise, dass entweder
- die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet habe oder dass
- der Schaden wegen des einwandfreien Zustands des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein könne.
Der Versicherungsnehmer konnte diese Beweise jedoch nicht erbringen. Eine vom Gericht eingeholte amtliche Auskunft des Deutschen Wetterdienstes ergab, dass vier nahegelegene Wetterstationen zwar stärkeren Wind, aber keinen Sturm mit Windstärke 8 gemeldet hatten. Auch Sturmschäden an Nachbargebäuden oder einen einwandfreien Zustand seines Gebäudes konnte der Hauseigentümer nicht nachweisen. Ein vom Gericht bestellter Gutachter hatte wie auch der erste vom Kläger bestellte Sachverständige festgestellt, dass die Abdeckplatten auf maroden Holzlatten befestigt gewesen seien. Der Hauseigentümer musste seinen Schaden daher selbst bezahlen (Saarländisches OLG, Urteil vom 9.10.2020, Az. 5 U 61/19).
Schäden am Haus selbst sind in der Wohngebäudeversicherung versichert. Diese kann nur der Eigentümer abschließen. Die meisten Versicherungspolicen schließen auch Schäden durch Sturm- und Hagel ein. Typische Sturmschäden an Gebäuden sind etwa davongeflogene Dacheindeckungen oder Schäden an Dächern und Fassaden durch umgestürzte Bäume oder abgebrochene Äste.
Ein eigenes Verschulden kann den Versicherungsschutz in Gefahr bringen. Unterlässt es ein Immobilieneigentümer zum Beispiel vor einem Sturm, die Außenmarkise einzufahren, wird seine Versicherung ihm anschließend sehr wahrscheinlich keine neue Markise bezahlen. Er hat nämlich grob fahrlässig gehandelt (Amtsgericht München, Urteil vom 14. Januar 2009, Az. 112 C 31663/08). Hier kommt es jedoch sehr auf den Vertragsinhalt an: Immer mehr moderne Versicherungsverträge schließen den „Einwand der groben Fahrlässigkeit“ aus. Mit dieser Regelung sichert die Versicherung ihrem Kunden zu, dass sie sich nicht auf dessen grobe Fahrlässigkeit berufen wird, um seinen Anspruch zu kürzen.
Wenn ein Wohnhaus schon Vorschäden hatte, die weitere Schäden durch einen Sturm begünstigt haben, hat die Gebäudeversicherung den Sturmschaden trotzdem zu ersetzen. So entschied das Oberlandesgericht Saarbrücken. In diesem Fall hatte sich bei Sturm der durch Hohlstellen geschwächte Außenputz eines Hauses gelöst (Urteil vom 12.4.2006, Az. 5 U 496/05-53).
Direkte Sturmschäden am beweglichen Hausrat sind über die Hausratsversicherung versichert. Sie kann von Mietern und Eigentümern für selbst bewohnte Immobilien abgeschlossen werden. Zu entsprechenden Schäden kommt es zum Beispiel, wenn ein Fenster oder das Dach beschädigt wird und Regenwasser das bewegliche Inventar beschädigt.
Der Hausrat ist jedoch nicht gegen selbst verschuldete Schäden versichert. Lässt man bei Sturm ein Fenster offen oder Möbel im Freien stehen, bekommt man nichts. Nicht versichert sind auch auf der Terrasse stehende Gartenmöbel oder andere Gegenstände wie etwa ein Grill. Was draußen steht, sollte man daher vor einem Sturm sicher unterstellen.
Wichtig zu wissen: Jeder Versicherungsnehmer hat eine sogenannte Schadensminderungspflicht. Er muss also alles Zumutbare dafür tun, den Schaden nach Möglichkeit gering zu halten. Es gilt zum Beispiel als zumutbar, teure Möbel und den Plasmafernseher vom zerstörten Fenster wegzurücken oder einen teuren Orientteppich beiseite zu räumen, wenn darauf von oben Wasser tropft.
Bei der Hausratsversicherung ist es besonders wichtig, den echten Wert des Hausrats zu versichern. Dies gilt besonders bei Wertgegenständen wie teurer Elektronik, Designermöbeln oder Antiquitäten. Der meist nach Quadratmetern Wohnfläche berechnete Standardbetrag der Versicherung reicht oft nicht aus. Auch sollte man Kaufbelege von Wertgegenständen aufbewahren, um später deren Wert nachweisen zu können.
Zwar schützt eine herkömmliche Wohngebäudeversicherung vor Schäden durch Sturm und Hagel. Sie zahlt jedoch nicht die Schäden durch unwetterbedingt überflutete Keller oder Wasserschäden durch einen Rückstau in den Abwasserleitungen. So etwas kommt bei Überschwemmungen durch Unwetter sehr oft vor. Hier hilft dann nur eine Elementarschadenversicherung. Diese schützt vor Schäden durch Naturereignisse wie beispielsweise Starkregen, Überschwemmung, Hochwasser, Schneedruck, Lawinen, Erdrutsch, Erdsenkung, Erdbeben.
Sie kann als Zusatzbaustein für die Hausrats- und die Wohngebäudeversicherung abgeschlossen werden.
Achtung: Schäden durch einen Rückstau in Abwasserleitungen sind auch bei ihr oft nur versichert, wenn die Leitung mit einer Rückstausicherung ausgestattet ist.
Risiken während der Bauphase können Bauherren mit besonderen Versicherungen absichern. Zum Beispiel können durch eine Rohbauversicherung Sturmschäden abgedeckt werden. Sie zahlt für Schäden am Rohbau selbst und auch an dem auf der Baustelle gelagerten Baumaterial. Auch Elementarschäden kann man versichern. Eine Rohbauversicherung lässt sich gesondert abschließen. Kostengünstiger ist es meist, vor Baubeginn eine Wohngebäudeversicherung mit eingeschlossener Rohbauversicherung abzuschließen.
Manche Autofahrer haben für ihr Auto nur die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung. Bei einem Schaden infolge eines Sturms haben sie Pech und gehen leer aus. Eine Teilkaskoversicherung leistet bei Sturmschäden am Auto ab Windstärke 8 oder auch bei nachvollziehbaren Hagelschäden. Mit Hilfe des deutschen Wetterdienstes oder von ähnlichen Schäden in der Nachbarschaft kann der Geschädigte solche Schäden glaubhaft machen. Aber: Der Schaden muss direkt durch die Naturgewalten entstanden sein und nicht unter Mitwirkung des Fahrers.
Dazu ein Beispiel: Wenn ein Baum bei Sturm auf ein geparktes Auto fällt, zahlt die Teilkasko. Rammt nun aber der Fahrer einen Baum, der bei Sturm vor ihm auf die Straße gefallen ist, zahlt diese Versicherung nicht. Ebenso zahlt sie nicht, wenn ein Baum hauptsächlich deshalb umgefallen ist, weil er morsch war. Allenfalls bekommt der Fahrzeughalter hier den Glasbruch ersetzt. In den genannten Fällen zahlt höchstens eine Vollkaskoversicherung den kompletten Schaden.
Ein vom Wasser überflutetes Auto ist ein Fall für die Teilkasko. Wer aktiv in eine Überschwemmung hineinfährt, bekommt nichts. Auch beim Parken ist das Verhalten des Autofahrers wichtig: Stellt er sein Auto an einer besonderen Gefahrenstelle ab, zum Beispiel unter einem morschen Baum oder neben einer Baustelle mit schlecht gesicherten Gegenständen, verringert die Versicherung ihre Zahlungen. Immerhin schließen auch viele Autoversicherungen den Einwand der groben Fahrlässigkeit aus. Für ihre Kunden ist dies ein großer Vorteil.
Wenn sich Gegenstände im Sturm selbstständig machen und dabei fremdes Eigentum beschädigen, haften oft ihre Besitzer. Diese haben eine Verkehrssicherungspflicht. Daher müssen sie so gut wie möglich verhindern, dass durch ihre Gegenstände andere einen Schaden erleiden.
Das Amtsgericht Ratingen befasste sich zum Beispiel mit einem vom Sturm umgeworfenen Mobilklo. Dieses hatte einen geparkten PKW getroffen. Das Gericht entschied, dass der Aufsteller des Baustellenklos den Schaden tragen musste: Er hätte die Pflicht gehabt, es vor dem Sturm zu sichern und den Standort so zu wählen, dass kein fremdes Eigentum in Gefahr sei. Der Autobesitzerin wurde aber ein Mitverschulden von 50 Prozent auferlegt, weil sie ihr Auto bei Sturm neben dem Baustellenklo abgestellt hatte (Urteil vom 21.12.1990, Az. 8 C 1768/90).
Bei Sturm machen sich nicht selten auch Müllcontainer auf Rollen selbstständig. Kollidieren sie mit geparkten Autos, hängt die Haftung stark vom Einzelfall ab. Einige Gerichte lehnen eine Haftung des Container-Eigentümers ab, wenn dieser die Feststellbremse des Containers angezogen hatte (LG Coburg, Beschluss vom 9.6.2006, Az. 33 S 38/06). War jedoch ein starker Sturm angekündigt, muss der für den Container Verantwortliche unter Umständen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen treffen.
Einen sturmbedingten Schaden an Haus oder Auto sollten Sie Ihrer Versicherung unverzüglich melden. Dafür setzen die Vertragsbedingungen kurze Fristen. Wenn Sie sich zu viel Zeit lassen, kann Ihre Versicherung die Leistung verweigern. Auch muss der Versicherung meist Gelegenheit zur Besichtigung des Schadens gegeben werden – und zwar, bevor Reparaturen stattfinden oder beschädigte Gegenstände entsorgt werden. Darauf kann man höchstens im Ausnahmefall verzichten, wenn etwa ohne sofortiges Handeln Folgeschäden drohen. Auch dann sollte man aber sinnvollerweise das Vorgehen mit der Versicherung absprechen. Ein im Zivilrecht tätiger Anwalt oder ein Fachanwalt für Versicherungsrecht kann Sie beraten oder Sie im Prozess vertreten.
Das Wichtigste in Kürze
1. Definition: Versicherungen und Gerichte gehen ab Windstärke 8 von einem Sturmschaden aus. Das entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 bis 74 km/h.
2. Beweislast: Der Versicherungsnehmer muss den Grad der Windstärke nicht beweisen. Beweisen muss er aber, dass die Wetterverhältnisse, die zum Schaden geführt haben sollen, zumindest irgendwann am Schadenstag vorgelegen haben.
3. Meldung: Für das Melden sturmbedingter Schäden an Haus und Auto gelten laut der Versicherungsbedingungen kurze Fristen. Diese sollten eingehalten werden.
1. Definition: Versicherungen und Gerichte gehen ab Windstärke 8 von einem Sturmschaden aus. Das entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 bis 74 km/h.
2. Beweislast: Der Versicherungsnehmer muss den Grad der Windstärke nicht beweisen. Beweisen muss er aber, dass die Wetterverhältnisse, die zum Schaden geführt haben sollen, zumindest irgendwann am Schadenstag vorgelegen haben.
3. Meldung: Für das Melden sturmbedingter Schäden an Haus und Auto gelten laut der Versicherungsbedingungen kurze Fristen. Diese sollten eingehalten werden.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Sturmschäden am Haus: Welche Versicherungen gibt es? Wann liegt überhaupt ein Sturmschaden vor? Muss der Versicherungsnehmer die Windstärke beweisen? Wann zahlt die Wohngebäudeversicherung für Sturmschäden am Haus? Strumschäden: Zahlt die Gebäudeversicherung auch für Häuser mit Vorschäden? Wann zahlt die Hausratsversicherung für Sturmschäden? Wofür zahlt eine Elementarschadenversicherung? Welche Versicherung deckt Sturmschäden am Bau ab? Wann zahlt die Versicherung für Sturmschaden am Auto? Fälle vor Gericht: Fliegende Baustellenklos und rasende Müllcontainer Praxistipp zu Sturmschäden an Haus und Auto Sturmschäden am Haus: Welche Versicherungen gibt es?
Wichtig sind hier eine Hausratsversicherung und eine Wohngebäudeversicherung. Die Hausratsversicherung sichert Sturmschäden an allen beweglichen Gegenständen ab, die sich im Haus befinden. Beschädigt also etwa ein Sturm das Dach und werden der neue Fernseher und die teure Couchgarnitur durch Regenwasser zerstört, sind Fernseher und Sitzmöbel ein Fall für die Hausratsversicherung. Die Wohngebäudeversicherung ist dagegen für das Dach selbst zuständig. Sie sichert nämlich die Substanz des Gebäudes ab und betrifft nicht dessen beweglichen Inhalt.
Der Glasbruch an Fenstern oder Möbeln ist ein besonderes Thema. Glasbruch ist nicht selbstverständlich in alle Versicherungsverträge eingeschlossen. Oft muss eine entsprechende Versicherung als Zusatzbaustein oder als besondere Glasversicherung gesondert abgeschlossen werden.
Für Hauseigentümer und auch für Mieter ist außerdem eine Haftpflichtversicherung wichtig. Falls zum Beispiel ein Sturm die Satellitenantenne vom Dach fegt oder einen Blumentopf vom Balkon weht und Autos oder Passanten geschädigt werden, können auf die Verantwortlichen schnell hohe Schadensersatzforderungen zukommen. Hier haftet derjenige, der sein Eigentum nicht ausreichend gegen Sturm gesichert hat.
Was und wie viel die Versicherungen im Einzelfall bezahlen, ist von den jeweiligen Versicherungsbedingungen abhängig, die Teil des Versicherungsvertrages sind. Die Versicherungen müssen sich dabei aber auch an die Regeln des Versicherungsvertragsgesetzes halten.
Wann liegt überhaupt ein Sturmschaden vor?
Versicherungen und Gerichte gehen von einem Sturmschaden aus, wenn der Wind Stärke acht erreicht. Diese Windstärke entspricht einer Windgeschwindigkeit von 62 bis 74 km/h. Alles darunter gilt nicht als Sturm, sondern lediglich als schlechtes Wetter.
Wichtig zu wissen: Der Versicherungsnehmer muss den Grad der Windstärke nicht beweisen. So urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe (Az. 12 U 251/04). Demzufolge reicht es aus, wenn diese Windstärke zum Zeitpunkt des Schadens in der näheren Umgebung des Hauses gemessen worden ist. Welche Windstärke ein Sturm in einer bestimmten Region hatte, kann man beim Deutschen Wetterdienst erfragen. Natürlich gelten auch zeitgleiche ähnliche Schäden in der Nachbarschaft als gutes Indiz für einen Sturmschaden.
Muss der Versicherungsnehmer die Windstärke beweisen?
Mit dieser Frage befasste sich das OLG Saarbrücken in einem Urteil von 2020. Ein Hauseigentümer hatte seiner Gebäudeversicherung einen Sturmschaden gemeldet, bei dem sich Verkleidungsplatten von drei Schornsteinen abgelöst hatten. Ein erstes Gutachten ergab, dass die Platten auf vollkommen morschen Holzlatten befestigt waren und auch bei normalem Wind heruntergefallen wären. Ein zweites Gutachten ging von einer fachgerechten Befestigung aus. Die Versicherung zahlte nicht und bezweifelte einen Sturmschaden.
Das Oberlandesgericht erklärte: Sturm sei definiert als eine wetterbedingte Luftbewegung von mindestens Windstärke 8 (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km/Stunde). Dass diese Wetterverhältnisse zumindest irgendwann am Schadenstag vorgelegen hätten, müsse der Versicherungsnehmer beweisen. Dazu könne auf Messungen von Wetterstationen in der Nähe zurückgegriffen werden. Die Versicherungsbedingungen gewährten allerdings einige Beweiserleichterungen: Sei die Windstärke für den konkreten Schadenort nicht feststellbar, könne man Sturm unterstellen, wenn der Versicherungsnehmer nachweise, dass entweder
- die Luftbewegung in der Umgebung Schäden an Gebäuden in einwandfreiem Zustand oder an ebenso widerstandsfähigen anderen Sachen angerichtet habe oder dass
- der Schaden wegen des einwandfreien Zustands des versicherten Gebäudes nur durch Sturm entstanden sein könne.
Der Versicherungsnehmer konnte diese Beweise jedoch nicht erbringen. Eine vom Gericht eingeholte amtliche Auskunft des Deutschen Wetterdienstes ergab, dass vier nahegelegene Wetterstationen zwar stärkeren Wind, aber keinen Sturm mit Windstärke 8 gemeldet hatten. Auch Sturmschäden an Nachbargebäuden oder einen einwandfreien Zustand seines Gebäudes konnte der Hauseigentümer nicht nachweisen. Ein vom Gericht bestellter Gutachter hatte wie auch der erste vom Kläger bestellte Sachverständige festgestellt, dass die Abdeckplatten auf maroden Holzlatten befestigt gewesen seien. Der Hauseigentümer musste seinen Schaden daher selbst bezahlen (Saarländisches OLG, Urteil vom 9.10.2020, Az. 5 U 61/19).
Wann zahlt die Wohngebäudeversicherung für Sturmschäden am Haus?
Schäden am Haus selbst sind in der Wohngebäudeversicherung versichert. Diese kann nur der Eigentümer abschließen. Die meisten Versicherungspolicen schließen auch Schäden durch Sturm- und Hagel ein. Typische Sturmschäden an Gebäuden sind etwa davongeflogene Dacheindeckungen oder Schäden an Dächern und Fassaden durch umgestürzte Bäume oder abgebrochene Äste.
Ein eigenes Verschulden kann den Versicherungsschutz in Gefahr bringen. Unterlässt es ein Immobilieneigentümer zum Beispiel vor einem Sturm, die Außenmarkise einzufahren, wird seine Versicherung ihm anschließend sehr wahrscheinlich keine neue Markise bezahlen. Er hat nämlich grob fahrlässig gehandelt (Amtsgericht München, Urteil vom 14. Januar 2009, Az. 112 C 31663/08). Hier kommt es jedoch sehr auf den Vertragsinhalt an: Immer mehr moderne Versicherungsverträge schließen den „Einwand der groben Fahrlässigkeit“ aus. Mit dieser Regelung sichert die Versicherung ihrem Kunden zu, dass sie sich nicht auf dessen grobe Fahrlässigkeit berufen wird, um seinen Anspruch zu kürzen.
Strumschäden: Zahlt die Gebäudeversicherung auch für Häuser mit Vorschäden?
Wenn ein Wohnhaus schon Vorschäden hatte, die weitere Schäden durch einen Sturm begünstigt haben, hat die Gebäudeversicherung den Sturmschaden trotzdem zu ersetzen. So entschied das Oberlandesgericht Saarbrücken. In diesem Fall hatte sich bei Sturm der durch Hohlstellen geschwächte Außenputz eines Hauses gelöst (Urteil vom 12.4.2006, Az. 5 U 496/05-53).
Wann zahlt die Hausratsversicherung für Sturmschäden?
Direkte Sturmschäden am beweglichen Hausrat sind über die Hausratsversicherung versichert. Sie kann von Mietern und Eigentümern für selbst bewohnte Immobilien abgeschlossen werden. Zu entsprechenden Schäden kommt es zum Beispiel, wenn ein Fenster oder das Dach beschädigt wird und Regenwasser das bewegliche Inventar beschädigt.
Der Hausrat ist jedoch nicht gegen selbst verschuldete Schäden versichert. Lässt man bei Sturm ein Fenster offen oder Möbel im Freien stehen, bekommt man nichts. Nicht versichert sind auch auf der Terrasse stehende Gartenmöbel oder andere Gegenstände wie etwa ein Grill. Was draußen steht, sollte man daher vor einem Sturm sicher unterstellen.
Wichtig zu wissen: Jeder Versicherungsnehmer hat eine sogenannte Schadensminderungspflicht. Er muss also alles Zumutbare dafür tun, den Schaden nach Möglichkeit gering zu halten. Es gilt zum Beispiel als zumutbar, teure Möbel und den Plasmafernseher vom zerstörten Fenster wegzurücken oder einen teuren Orientteppich beiseite zu räumen, wenn darauf von oben Wasser tropft.
Bei der Hausratsversicherung ist es besonders wichtig, den echten Wert des Hausrats zu versichern. Dies gilt besonders bei Wertgegenständen wie teurer Elektronik, Designermöbeln oder Antiquitäten. Der meist nach Quadratmetern Wohnfläche berechnete Standardbetrag der Versicherung reicht oft nicht aus. Auch sollte man Kaufbelege von Wertgegenständen aufbewahren, um später deren Wert nachweisen zu können.
Wofür zahlt eine Elementarschadenversicherung?
Zwar schützt eine herkömmliche Wohngebäudeversicherung vor Schäden durch Sturm und Hagel. Sie zahlt jedoch nicht die Schäden durch unwetterbedingt überflutete Keller oder Wasserschäden durch einen Rückstau in den Abwasserleitungen. So etwas kommt bei Überschwemmungen durch Unwetter sehr oft vor. Hier hilft dann nur eine Elementarschadenversicherung. Diese schützt vor Schäden durch Naturereignisse wie beispielsweise Starkregen, Überschwemmung, Hochwasser, Schneedruck, Lawinen, Erdrutsch, Erdsenkung, Erdbeben.
Sie kann als Zusatzbaustein für die Hausrats- und die Wohngebäudeversicherung abgeschlossen werden.
Achtung: Schäden durch einen Rückstau in Abwasserleitungen sind auch bei ihr oft nur versichert, wenn die Leitung mit einer Rückstausicherung ausgestattet ist.
Welche Versicherung deckt Sturmschäden am Bau ab?
Risiken während der Bauphase können Bauherren mit besonderen Versicherungen absichern. Zum Beispiel können durch eine Rohbauversicherung Sturmschäden abgedeckt werden. Sie zahlt für Schäden am Rohbau selbst und auch an dem auf der Baustelle gelagerten Baumaterial. Auch Elementarschäden kann man versichern. Eine Rohbauversicherung lässt sich gesondert abschließen. Kostengünstiger ist es meist, vor Baubeginn eine Wohngebäudeversicherung mit eingeschlossener Rohbauversicherung abzuschließen.
Wann zahlt die Versicherung für Sturmschaden am Auto?
Manche Autofahrer haben für ihr Auto nur die vorgeschriebene Haftpflichtversicherung. Bei einem Schaden infolge eines Sturms haben sie Pech und gehen leer aus. Eine Teilkaskoversicherung leistet bei Sturmschäden am Auto ab Windstärke 8 oder auch bei nachvollziehbaren Hagelschäden. Mit Hilfe des deutschen Wetterdienstes oder von ähnlichen Schäden in der Nachbarschaft kann der Geschädigte solche Schäden glaubhaft machen. Aber: Der Schaden muss direkt durch die Naturgewalten entstanden sein und nicht unter Mitwirkung des Fahrers.
Dazu ein Beispiel: Wenn ein Baum bei Sturm auf ein geparktes Auto fällt, zahlt die Teilkasko. Rammt nun aber der Fahrer einen Baum, der bei Sturm vor ihm auf die Straße gefallen ist, zahlt diese Versicherung nicht. Ebenso zahlt sie nicht, wenn ein Baum hauptsächlich deshalb umgefallen ist, weil er morsch war. Allenfalls bekommt der Fahrzeughalter hier den Glasbruch ersetzt. In den genannten Fällen zahlt höchstens eine Vollkaskoversicherung den kompletten Schaden.
Ein vom Wasser überflutetes Auto ist ein Fall für die Teilkasko. Wer aktiv in eine Überschwemmung hineinfährt, bekommt nichts. Auch beim Parken ist das Verhalten des Autofahrers wichtig: Stellt er sein Auto an einer besonderen Gefahrenstelle ab, zum Beispiel unter einem morschen Baum oder neben einer Baustelle mit schlecht gesicherten Gegenständen, verringert die Versicherung ihre Zahlungen. Immerhin schließen auch viele Autoversicherungen den Einwand der groben Fahrlässigkeit aus. Für ihre Kunden ist dies ein großer Vorteil.
Fälle vor Gericht: Fliegende Baustellenklos und rasende Müllcontainer
Wenn sich Gegenstände im Sturm selbstständig machen und dabei fremdes Eigentum beschädigen, haften oft ihre Besitzer. Diese haben eine Verkehrssicherungspflicht. Daher müssen sie so gut wie möglich verhindern, dass durch ihre Gegenstände andere einen Schaden erleiden.
Das Amtsgericht Ratingen befasste sich zum Beispiel mit einem vom Sturm umgeworfenen Mobilklo. Dieses hatte einen geparkten PKW getroffen. Das Gericht entschied, dass der Aufsteller des Baustellenklos den Schaden tragen musste: Er hätte die Pflicht gehabt, es vor dem Sturm zu sichern und den Standort so zu wählen, dass kein fremdes Eigentum in Gefahr sei. Der Autobesitzerin wurde aber ein Mitverschulden von 50 Prozent auferlegt, weil sie ihr Auto bei Sturm neben dem Baustellenklo abgestellt hatte (Urteil vom 21.12.1990, Az. 8 C 1768/90).
Bei Sturm machen sich nicht selten auch Müllcontainer auf Rollen selbstständig. Kollidieren sie mit geparkten Autos, hängt die Haftung stark vom Einzelfall ab. Einige Gerichte lehnen eine Haftung des Container-Eigentümers ab, wenn dieser die Feststellbremse des Containers angezogen hatte (LG Coburg, Beschluss vom 9.6.2006, Az. 33 S 38/06). War jedoch ein starker Sturm angekündigt, muss der für den Container Verantwortliche unter Umständen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen treffen.
Praxistipp zu Sturmschäden an Haus und Auto
Einen sturmbedingten Schaden an Haus oder Auto sollten Sie Ihrer Versicherung unverzüglich melden. Dafür setzen die Vertragsbedingungen kurze Fristen. Wenn Sie sich zu viel Zeit lassen, kann Ihre Versicherung die Leistung verweigern. Auch muss der Versicherung meist Gelegenheit zur Besichtigung des Schadens gegeben werden – und zwar, bevor Reparaturen stattfinden oder beschädigte Gegenstände entsorgt werden. Darauf kann man höchstens im Ausnahmefall verzichten, wenn etwa ohne sofortiges Handeln Folgeschäden drohen. Auch dann sollte man aber sinnvollerweise das Vorgehen mit der Versicherung absprechen. Ein im Zivilrecht tätiger Anwalt oder ein Fachanwalt für Versicherungsrecht kann Sie beraten oder Sie im Prozess vertreten.
(Bu)