Führungszeugnis: Ab wann ist man vorbestraft?
09.09.2024, Redaktion Anwalt-Suchservice
© - freepik Im Alltag kann schnell eine Situation eintreten, in der man sich strafbar macht. Oft passiert es im Straßenverkehr: Beschädigt man etwa beim Einparken ein anderes Auto und ergreift in einer Kurzschlussreaktion die Flucht, handelt es sich um eine Straftat. Man macht sich auch strafbar, wenn man ohne gültige Haftpflichtversicherung mit einem Kraftfahrzeug unterwegs ist oder in dem Glauben, ein Kavaliersdelikt zu begehen, mal eben für eine Probefahrt ein fremdes Kennzeichen an einen nicht zugelassenen PKW schraubt. Ebenso können eine unterlassene Hilfeleistung bei einem Unfall oder die Beleidigung einer Politesse zu einem Strafverfahren führen.
An sich ist die "Vorstrafe" ein umgangssprachlicher Begriff. Üblicherweise spricht man von einer Vorstrafe, wenn jemand durch ein Strafgericht zu einer Strafe verurteilt wurde und das Urteil rechtskräftig ist, also kein Rechtsmittel mehr dagegen eingelegt werden kann. Dabei kann es durchaus nur um eine Geldstrafe gehen. Dabei muss man die Geldstrafe wegen einer Straftat von einem Bußgeld für eine Ordnungswidrigkeit unterscheiden: Bei letzterer spricht man nicht von einer Vorstrafe.
In Deutschland gilt eine Person als vorbestraft, wenn diese zu einer Geldstrafe von über 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von über drei Monaten verurteilt wurde.
Strafrechtliche Verurteilungen werden im Bundeszentralregister eingetragen. Dieses wird vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführt. Eine Eintragung im Zentralregister hängt nicht von einem bestimmten Strafmaß ab. Sie findet gleichermaßen bei Geldstrafen und Freiheitsstrafen statt. Daher ist es egal, ob Sie eine Bank ausgeraubt oder nach dem Verkratzen eines anderen Autos beim Einparken das Weite gesucht haben – Ihre Verurteilung wird eingetragen. Auch ein Strafbefehl wird im Register vermerkt.
Im Bundeszentralregister werden auch weitere Informationen zu Ihrer Person eingetragen: Zum Beispiel Entscheidungen von Verwaltungsbehörden (etwa den Widerruf einer Gewerbeerlaubnis) und Gerichten, Vermerke über Ihre Schuldunfähigkeit, Strafzurückstellungen bei einer Verurteilung wegen Betäubungsmittelsucht und auch nachträgliche Entscheidungen hinsichtlich schon bestehender Eintragungen.
Ebenso kommt die Verhängung sogenannter Maßnahmen der Besserung und Sicherung nach Straftaten (etwa Führungsaufsicht, Entziehung der Fahrerlaubnis, Berufsverbot, Unterbringung in Entziehungsklinik) in das Bundeszentralregister. Und dort werden zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen mit festgestellter Schuld eingetragen.
Sind Sie sich nicht sicher, ob Sie vorbestraft sind, können Sie selbst ein Führungszeugnis beantragen. Manchmal wird dieses auch als "polizeiliches Führungszeugnis" bezeichnet. Es ist ein Auszug aus Ihren beim Bundeszentralregister gespeicherten Daten. Sie können es beim örtlichen Einwohnermeldeamt beantragen oder online beim Bundeszentralregister. Beim Bundeszentralregister ist ein elektronischer Personalausweis erforderlich. Ein Führungszeugnis kostet 13 Euro.
Bei einigen Berufen kann der Arbeitgeber im Rahmen der Bewerbung ein Führungszeugnis bzw. "polizeiliches Führungszeugnis" verlangen. Dies ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister. Ein solches Führungszeugnis über Ihre Person können Sie selbst beantragen. Ein Führungszeugnis kann nicht durch Ihren Chef, Ihre Bank, Ihren Vermieter oder andere dritte Personen und Unternehmen beantragt werden. Allerdings können Behörden unter bestimmten Voraussetzungen Registerauskünfte über eine Person beantragen.
Nicht jede Sünde erscheint im Führungszeugnis. Nicht wiedergegeben werden zum Beispiel:
- erstmalige Geldstrafen von maximal 90 Tagessätzen und erstmalige Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten, wenn im Register keine andere Strafe eingetragen ist,
- erstmalige Verurteilungen zu Jugendstrafen von höchstens zwei Jahren unter Zurückstellung wegen Betäubungsmittelsucht (zugunsten einer stationären Therapie) oder mit Aussetzung zur Bewährung.
Dies gilt jedoch nicht, sobald es um Sexualstraftaten gegen Minderjährige und Schutzbefohlene geht. Diese Verurteilungen werden also trotzdem wiedergegeben.
Nicht im Führungszeugnis erscheinen außerdem Vermerke über eine Verweigerung, Rücknahme oder den Widerruf von Gewerbeerlaubnissen und Berufsverboten.
Das bedeutet: Ein neuer Arbeitgeber erfährt von den hier genannten Eintragungen nichts, auch wenn ihm ein Führungszeugnis vorgelegt wird. Über alles, was nicht per Gesetz im Führungszeugnis erwähnt werden muss, müssen Sie Ihren Arbeitgeber in der Regel auch nicht von sich aus informieren. Dementsprechend dürfen Sie sich dann als "nicht vorbestraft" bezeichnen.
Arbeitgeber können in bestimmten Fällen ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis verlangen. Dies ist zum Beispiel bei Bewerbungen im Betreuungs- und Erziehungsbereich der Fall. Das erweiterte Führungszeugnis gibt auch Verurteilungen wegen Sexualdelikten wieder, die wegen ihrer Geringfügigkeit nicht in das normale Führungszeugnis aufgenommen werden. Dies sind beispielsweise Erstverurteilungen unter 90 Tagessätzen Geldstrafe oder drei Monaten Freiheitsstrafe. Darüber hinaus haben einige Behörden das Recht auf uneingeschränkte Einsicht in das Bundeszentralregister.
Bewerber müssen Ihrem künftigen Arbeitgeber grundsätzlich nur Informationen über sich geben, an denen dieser ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse hat. Beim Strafregister sind dies nur im Ausnahmefall Informationen, die über den Inhalt des Führungszeugnisses hinaus gehen. Der Arbeitgeber kann ein berechtigtes Interesse an solchen Informationen haben, wenn Vorstrafen direkt mit der geplanten Tätigkeit in Zusammenhang stehen – zum Beispiel eine Strafe wegen Unterschlagung bei einem Kassierer. Bewerber können in solchen Fällen eine Mitteilungspflicht haben. Bei Nichtbeachtung droht ihnen die Kündigung.
Beispiel: Einem Mitarbeiter im Justizvollzugsdienst war gekündigt worden. Der Mann war 2003 wegen Körperverletzung und Betrug zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. 2010 hatte er dies bei seiner Bewerbung verschwiegen. Das Bundesarbeitsgericht sah die Kündigung als unwirksam an: Die Strafe sei nach fünf Jahren aus dem Bundeszentralregister gelöscht worden. Daher hätte sie der Bewerber nicht angeben müssen. Sie konnte also auch kein Kündigungsgrund sein (Az. 2 AZR 1071/12).
Nach einer gewissen Zeit werden Eintragungen im Bundeszentralregister zwar nicht gelöscht, aber nicht mehr im Führungszeugnis angegeben. Gelöschte Sünden aus der Vergangenheit müssen bei Bewerbungen nicht mitgeteilt werden. Die Fristen sind in § 34 des Bundeszentralregistergesetzes geregelt:
Drei Jahre sind es bei
- Verurteilungen zu einer Geldstrafe oder zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten,
- Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr, wenn die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde und im Register keine weitere Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe eingetragen ist,
- Verurteilungen zu einer Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr,
- Verurteilungen zu einer Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren, wenn ein Strafrest nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist,
Zehn Jahre sind es bei
Verurteilungen wegen einer Sexualstraftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr,
Fünf Jahre sind es in den übrigen Fällen.
Lebenslange Freiheitsstrafen und Sicherungsverwahrung werden für immer im Führungszeugnis angegeben.
Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe komplett verbüßt ist. Es dürfen zwischenzeitlich keine neuen Verurteilungen hinzugekommen sein.
Ist jemand der Ansicht, dass eine Vorstrafe unberechtigt im Führungszeugnis eingetragen ist, kann sie folgende Rechtsmittel einlegen:
1. Beim Bundesamt für Justiz (zuständig für das Führungszeugnis) kann ein Antrag auf Berichtigung gestellt werden. Es muss mit Nachweisen begründet werden, warum die Eintragung falsch ist.
2. Wird der Antrag auf Berichtigung abgelehnt, kann Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden, um die Eintragung gerichtlich überprüfen zu lassen.
1. Wann ist man vorbestraft?
Man gilt als vorbestraft, wenn eine strafrechtliche Verurteilung im polizeilichen Führungszeugnis eingetragen wird.
2. Was wird ins Führungszeugnis eingetragen?
Freiheitsstrafen über 3 Monate, Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen und jede Jugendstrafe über 2 Jahre.
3. Kommen kleinere Strafen ins Führungszeugnis?
Geldstrafen bis 90 Tagessätze und Freiheitsstrafen bis zu 3 Monaten werden nur eingetragen, wenn man bereits vorbestraft ist.
4. Wann werden Vorstrafen aus dem Führungszeugnis gelöscht?
Vorstrafen werden je nach Schwere der Strafe nach unterschiedlich langen Fristen automatisch aus dem Führungszeugnis gelöscht.
5. Wird jede Straftat ins Führungszeugnis eingetragen?
Nein. Kleinere Strafen, z.B. geringe Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen, werden nicht eingetragen.
6. Wer hat Einsicht in mein Führungszeugnis?
Die betreffende Person selbst, sowie bestimmte Behörden oder Arbeitgeber bei berechtigtem Interesse.
7. Kann ich eine Vorstrafe aus dem Führungszeugnis löschen lassen?
Nein, die Löschung erfolgt automatisch nach Ablauf der gesetzlichen Fristen.
Bei Fragen zum Thema Vorstrafen kann Sie ein Fachanwalt für Strafrecht am besten beraten. Bei Problemen mit dem Arbeitgeber sollten Sie einen Rechtsanwalt aufsuchen, der sich auf das Arbeitsrecht spezialisiert hat.
Das Wichtigste in Kürze
1. Begriff: Eine Person gilt als vorbestraft, wenn sie von einem Strafgericht zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde.
2. Führungszeugnis: Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten werden im polizeilichen Führungszeugnis eingetragen. Dann gilt man offiziell als vorbestraft.
3. Löschung: Vorstrafen werden je nach Schwere der vom Strafgericht verhängten Strafe nach unterschiedlich langen Fristen automatisch aus dem Führungszeugnis gelöscht.
1. Begriff: Eine Person gilt als vorbestraft, wenn sie von einem Strafgericht zu einer Geldstrafe von mehr als 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt wurde.
2. Führungszeugnis: Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten werden im polizeilichen Führungszeugnis eingetragen. Dann gilt man offiziell als vorbestraft.
3. Löschung: Vorstrafen werden je nach Schwere der vom Strafgericht verhängten Strafe nach unterschiedlich langen Fristen automatisch aus dem Führungszeugnis gelöscht.
Dieser Rechtstipp behandelt folgende Themen:
Was bedeutet "vorbestraft"? Ab wann bin ich vorbestraft? Wo werden Vorstrafen eingetragen? Welche Eintragungen über mich gibt es außerdem noch? Woher weiß ich, ob ich vorbestraft bin? Wozu brauche ich ein Führungszeugnis? Werden alle Strafen im Führungszeugnis wiedergegeben? Was steht in einem erweiterten Führungszeugnis? Über welche Vorstrafen muss ich meinen Arbeitgeber informieren? Wann werden Vorstrafen gelöscht? Was tun, wenn ein unrichtiger Eintrag im Führunszeugnis steht? Nochmals kurz gefragt und kurz geantwortet Praxistipp zu Vorstrafen Was bedeutet "vorbestraft"?
An sich ist die "Vorstrafe" ein umgangssprachlicher Begriff. Üblicherweise spricht man von einer Vorstrafe, wenn jemand durch ein Strafgericht zu einer Strafe verurteilt wurde und das Urteil rechtskräftig ist, also kein Rechtsmittel mehr dagegen eingelegt werden kann. Dabei kann es durchaus nur um eine Geldstrafe gehen. Dabei muss man die Geldstrafe wegen einer Straftat von einem Bußgeld für eine Ordnungswidrigkeit unterscheiden: Bei letzterer spricht man nicht von einer Vorstrafe.
Ab wann bin ich vorbestraft?
In Deutschland gilt eine Person als vorbestraft, wenn diese zu einer Geldstrafe von über 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe von über drei Monaten verurteilt wurde.
Wo werden Vorstrafen eingetragen?
Strafrechtliche Verurteilungen werden im Bundeszentralregister eingetragen. Dieses wird vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführt. Eine Eintragung im Zentralregister hängt nicht von einem bestimmten Strafmaß ab. Sie findet gleichermaßen bei Geldstrafen und Freiheitsstrafen statt. Daher ist es egal, ob Sie eine Bank ausgeraubt oder nach dem Verkratzen eines anderen Autos beim Einparken das Weite gesucht haben – Ihre Verurteilung wird eingetragen. Auch ein Strafbefehl wird im Register vermerkt.
Welche Eintragungen über mich gibt es außerdem noch?
Im Bundeszentralregister werden auch weitere Informationen zu Ihrer Person eingetragen: Zum Beispiel Entscheidungen von Verwaltungsbehörden (etwa den Widerruf einer Gewerbeerlaubnis) und Gerichten, Vermerke über Ihre Schuldunfähigkeit, Strafzurückstellungen bei einer Verurteilung wegen Betäubungsmittelsucht und auch nachträgliche Entscheidungen hinsichtlich schon bestehender Eintragungen.
Ebenso kommt die Verhängung sogenannter Maßnahmen der Besserung und Sicherung nach Straftaten (etwa Führungsaufsicht, Entziehung der Fahrerlaubnis, Berufsverbot, Unterbringung in Entziehungsklinik) in das Bundeszentralregister. Und dort werden zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen mit festgestellter Schuld eingetragen.
Woher weiß ich, ob ich vorbestraft bin?
Sind Sie sich nicht sicher, ob Sie vorbestraft sind, können Sie selbst ein Führungszeugnis beantragen. Manchmal wird dieses auch als "polizeiliches Führungszeugnis" bezeichnet. Es ist ein Auszug aus Ihren beim Bundeszentralregister gespeicherten Daten. Sie können es beim örtlichen Einwohnermeldeamt beantragen oder online beim Bundeszentralregister. Beim Bundeszentralregister ist ein elektronischer Personalausweis erforderlich. Ein Führungszeugnis kostet 13 Euro.
Wozu brauche ich ein Führungszeugnis?
Bei einigen Berufen kann der Arbeitgeber im Rahmen der Bewerbung ein Führungszeugnis bzw. "polizeiliches Führungszeugnis" verlangen. Dies ist ein Auszug aus dem Bundeszentralregister. Ein solches Führungszeugnis über Ihre Person können Sie selbst beantragen. Ein Führungszeugnis kann nicht durch Ihren Chef, Ihre Bank, Ihren Vermieter oder andere dritte Personen und Unternehmen beantragt werden. Allerdings können Behörden unter bestimmten Voraussetzungen Registerauskünfte über eine Person beantragen.
Werden alle Strafen im Führungszeugnis wiedergegeben?
Nicht jede Sünde erscheint im Führungszeugnis. Nicht wiedergegeben werden zum Beispiel:
- erstmalige Geldstrafen von maximal 90 Tagessätzen und erstmalige Freiheitsstrafen bis zu drei Monaten, wenn im Register keine andere Strafe eingetragen ist,
- erstmalige Verurteilungen zu Jugendstrafen von höchstens zwei Jahren unter Zurückstellung wegen Betäubungsmittelsucht (zugunsten einer stationären Therapie) oder mit Aussetzung zur Bewährung.
Dies gilt jedoch nicht, sobald es um Sexualstraftaten gegen Minderjährige und Schutzbefohlene geht. Diese Verurteilungen werden also trotzdem wiedergegeben.
Nicht im Führungszeugnis erscheinen außerdem Vermerke über eine Verweigerung, Rücknahme oder den Widerruf von Gewerbeerlaubnissen und Berufsverboten.
Das bedeutet: Ein neuer Arbeitgeber erfährt von den hier genannten Eintragungen nichts, auch wenn ihm ein Führungszeugnis vorgelegt wird. Über alles, was nicht per Gesetz im Führungszeugnis erwähnt werden muss, müssen Sie Ihren Arbeitgeber in der Regel auch nicht von sich aus informieren. Dementsprechend dürfen Sie sich dann als "nicht vorbestraft" bezeichnen.
Was steht in einem erweiterten Führungszeugnis?
Arbeitgeber können in bestimmten Fällen ein sogenanntes erweitertes Führungszeugnis verlangen. Dies ist zum Beispiel bei Bewerbungen im Betreuungs- und Erziehungsbereich der Fall. Das erweiterte Führungszeugnis gibt auch Verurteilungen wegen Sexualdelikten wieder, die wegen ihrer Geringfügigkeit nicht in das normale Führungszeugnis aufgenommen werden. Dies sind beispielsweise Erstverurteilungen unter 90 Tagessätzen Geldstrafe oder drei Monaten Freiheitsstrafe. Darüber hinaus haben einige Behörden das Recht auf uneingeschränkte Einsicht in das Bundeszentralregister.
Über welche Vorstrafen muss ich meinen Arbeitgeber informieren?
Bewerber müssen Ihrem künftigen Arbeitgeber grundsätzlich nur Informationen über sich geben, an denen dieser ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse hat. Beim Strafregister sind dies nur im Ausnahmefall Informationen, die über den Inhalt des Führungszeugnisses hinaus gehen. Der Arbeitgeber kann ein berechtigtes Interesse an solchen Informationen haben, wenn Vorstrafen direkt mit der geplanten Tätigkeit in Zusammenhang stehen – zum Beispiel eine Strafe wegen Unterschlagung bei einem Kassierer. Bewerber können in solchen Fällen eine Mitteilungspflicht haben. Bei Nichtbeachtung droht ihnen die Kündigung.
Beispiel: Einem Mitarbeiter im Justizvollzugsdienst war gekündigt worden. Der Mann war 2003 wegen Körperverletzung und Betrug zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt worden. 2010 hatte er dies bei seiner Bewerbung verschwiegen. Das Bundesarbeitsgericht sah die Kündigung als unwirksam an: Die Strafe sei nach fünf Jahren aus dem Bundeszentralregister gelöscht worden. Daher hätte sie der Bewerber nicht angeben müssen. Sie konnte also auch kein Kündigungsgrund sein (Az. 2 AZR 1071/12).
Wann werden Vorstrafen gelöscht?
Nach einer gewissen Zeit werden Eintragungen im Bundeszentralregister zwar nicht gelöscht, aber nicht mehr im Führungszeugnis angegeben. Gelöschte Sünden aus der Vergangenheit müssen bei Bewerbungen nicht mitgeteilt werden. Die Fristen sind in § 34 des Bundeszentralregistergesetzes geregelt:
Drei Jahre sind es bei
- Verurteilungen zu einer Geldstrafe oder zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten,
- Verurteilungen zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, aber nicht mehr als einem Jahr, wenn die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde und im Register keine weitere Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe eingetragen ist,
- Verurteilungen zu einer Jugendstrafe von nicht mehr als einem Jahr,
- Verurteilungen zu einer Jugendstrafe von mehr als zwei Jahren, wenn ein Strafrest nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist,
Zehn Jahre sind es bei
Verurteilungen wegen einer Sexualstraftat nach den §§ 174 bis 180 oder 182 des Strafgesetzbuches zu einer Freiheitsstrafe oder Jugendstrafe von mehr als einem Jahr,
Fünf Jahre sind es in den übrigen Fällen.
Lebenslange Freiheitsstrafen und Sicherungsverwahrung werden für immer im Führungszeugnis angegeben.
Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe komplett verbüßt ist. Es dürfen zwischenzeitlich keine neuen Verurteilungen hinzugekommen sein.
Was tun, wenn ein unrichtiger Eintrag im Führunszeugnis steht?
Ist jemand der Ansicht, dass eine Vorstrafe unberechtigt im Führungszeugnis eingetragen ist, kann sie folgende Rechtsmittel einlegen:
1. Beim Bundesamt für Justiz (zuständig für das Führungszeugnis) kann ein Antrag auf Berichtigung gestellt werden. Es muss mit Nachweisen begründet werden, warum die Eintragung falsch ist.
2. Wird der Antrag auf Berichtigung abgelehnt, kann Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden, um die Eintragung gerichtlich überprüfen zu lassen.
Nochmals kurz gefragt und kurz geantwortet
1. Wann ist man vorbestraft?
Man gilt als vorbestraft, wenn eine strafrechtliche Verurteilung im polizeilichen Führungszeugnis eingetragen wird.
2. Was wird ins Führungszeugnis eingetragen?
Freiheitsstrafen über 3 Monate, Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen und jede Jugendstrafe über 2 Jahre.
3. Kommen kleinere Strafen ins Führungszeugnis?
Geldstrafen bis 90 Tagessätze und Freiheitsstrafen bis zu 3 Monaten werden nur eingetragen, wenn man bereits vorbestraft ist.
4. Wann werden Vorstrafen aus dem Führungszeugnis gelöscht?
Vorstrafen werden je nach Schwere der Strafe nach unterschiedlich langen Fristen automatisch aus dem Führungszeugnis gelöscht.
5. Wird jede Straftat ins Führungszeugnis eingetragen?
Nein. Kleinere Strafen, z.B. geringe Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen, werden nicht eingetragen.
6. Wer hat Einsicht in mein Führungszeugnis?
Die betreffende Person selbst, sowie bestimmte Behörden oder Arbeitgeber bei berechtigtem Interesse.
7. Kann ich eine Vorstrafe aus dem Führungszeugnis löschen lassen?
Nein, die Löschung erfolgt automatisch nach Ablauf der gesetzlichen Fristen.
Praxistipp zu Vorstrafen
Bei Fragen zum Thema Vorstrafen kann Sie ein Fachanwalt für Strafrecht am besten beraten. Bei Problemen mit dem Arbeitgeber sollten Sie einen Rechtsanwalt aufsuchen, der sich auf das Arbeitsrecht spezialisiert hat.
(Bu)